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100 Jahre Campus Innrain 1923/24 – Universität Innsbruck

Peter Goller

„Uni-Campus Innrain“: 100 Jahre „Neue Universität Innsbruck“ am Innrain (1923/24). Schriftliche Fassung des Referats für die universitätsgeschichtliche Lehrveranstaltung vom 19. und 26. April 2023.

 

Am 28. Juni 1924 wurde das neue Universitätshauptgebäude am Innsbrucker Innrain offiziell eröffnet. Landeshauptmann
Franz Stumpf übergab dem Rektor, dem Chirurgen Hans Haberer einen „Goldenen Schlüssel“.

Im Sommer 1924 wurde auch – ebenfalls mit einem Jahrzehnt Verspätung – das schon vor dem Hauptgebäude 1914 fertig gestellte neue Bibliotheksgebäude bezogen.  200 Fuhren – so Tiroler Tageszeitungen – waren notwendig, um die Bücher aus der Innenstadt an den Innrain zu übersiedeln.

Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde nach einem Standort für ein neues Hauptgebäude gesucht. Das seit 1773 (nach Aufhebung des Jesuitenordens) benützte Haus (heute: Katholisch-Theologische Fakultät) galt als baufälliger „gsprießener Bau“, als stadtbekannte „Universitätsruine“. Die Wahl fiel auf das „Prügelbaugelände“, damals noch militärisches Exerzier- und Übungsgelände am Rande der Stadt, in den Wiltener Feldern am Innufer, dadurch stark Hochwasser gefährdet. Alternativ angedacht waren u.a. der Rennweg, der Saggen, nahe der heutigen Bundesbahndirektion, oder ein Neu- respektive Ausbau am alten Standort.

Maßgeblich für die Innrain-Entscheidung war, dass seit den 1880er Jahren benachbart nach und nach die neuen klinischen Institute, aber auch Neubauten für die theoretisch-naturwissenschaftlich-medizinischen Institute (Chemie in der Peter Mayr-Straße, Physik, Meteorologie oder Psychologie in der Schöpf-Straße) entstanden waren.

Hinzu kam ab 1906 die Übersiedlung des Botanischen Gartens (samt 1913 eröffnetem Institutsgebäude) nach Innsbruck-Hötting.

Von 1912 bis 1914 wurde das Neugebäude der Universitätsbibliothek, heute Innrain 50, errichtet. Im Mai 1914 knapp vor Kriegsbeginn begannen die Rohbauarbeiten am Hauptgebäude, die mit der Firstfeier im Frühjahr 1915 abgeschlossen waren. Dann wurden die Arbeiten kriegsbedingt eingestellt.

Die Geschichte der beiden Innrain-Bauten, der angrenzenden seit den 1880er Jahren in Betrieb genommenen Klinikbauten, des Studentenwohnheims am Innrain nördlich der Bibliothek, östlich vom Hauptgebäude gelegen, heute Geiwi-Forum-Tiefgarage, - der Ergänzungsbau eines sport- und Turninstituts am Nordosteck des Hauptgebäudes, heute Bereich Pharmazie/Josef-Möller-Haus, in den 1920er Jahren sind in der 2019 erschienenen universitären Stadtbaugeschichte „Die Topographie des Wissens“ (iup-Verlag, hrg. von Klaus Tragbar, hier die Beiträge: Christoph Breser, Sophie Gumpold, Lena Ganahl, Christiane Weber, Elmar Kossel) im Detail beschrieben.

In kriegsrevanchistischer Haltung, im Zeichen eines Kampfes gegen den „Versailler Schandvertrag“ hat der scheidende Rektor Ernst Diehl, klassischer Philologie, 1920 durch seine Hetze gegen Karl Kraus‘ Innsbrucker Vorlesungen aufgefallen, die ungelöste Baufrage angesprochen, obwohl das neue Bibliotheksgebäude nicht weiter als Militärlazarett dienen musste, obwohl die italienische Militärverwaltung Ende 1920 aus dem halb fertiggestellten Hauptgebäude abgezogen war. Beide Gebäude waren so massiv beschädigt und verwüstet, dass über zweijährige, extrem kostenintensive Bau- und Sanierungsarbeiten notwendig werden sollten. Diehl klagt 1921 im „Bericht über das Studienjahr 1919/20“: „Die ‚Neue Universität‘ und die ‚Neue Bibliothek‘, welche beim Zusammenbruch dem Zugriff des Feindes nicht entzogen werden konnten, blieben trotz aller Vorstellungen der Regierung, der Stadt und der Universität fast zwei Jahre hindurch bis zum Ende der Besetzung Innsbrucks ‚Wohnstätte‘ und Spital für feindliches Militär. Als dann endlich die der Wissenschaft geweihten stattlichen Bauten geräumt waren, befand sich die neue Universität, deren vorzeitige Besichtigung man ängstlich unterbunden hatte – nur der aus den Fenstern entsteigende Qualm gemahnte an des Dichters Wort: ‚in den öden Fensterhöhlen wohnt das Graun‘ – in einem Zustand der Verwahrlosung, die mutwilligste Zerstörungswut nicht minder verschuldet hatte als jeglicher Mangel an Ordnungssinn, ästhetischem Empfinden und Reinlichkeit einer ‚Kulturnation‘. Die durch Verunreinigung entstandenen Schäden sind nach dem Urteil hygienischer Sachverständiger überhaupt nicht mehr zu beheben, man müßte einen Großteil des Baues niederreißen und neu aufführen, die Beseitigung des Schmutzes sowie die Zerstörungen an Holz- und Mauerwerk erfordert nach dem Geldwert von anno 18 höhere Auslagen, als der ganze Rohbau seinerzeit verschlungen hatte. (…).“

Bedauerlicherweise sei 1918 eine rechtlich verbindliche Dokumentation des Bauzustandes unterblieben, so dass die schon in der Kriegszeit entstandenen Schäden – so gibt Diehl zu – nicht mehr genau einschätzbar waren: „Es befanden sich aber Universität und Bibliothek im Jahr 1918 in wesentlich gleichem Zustand. Die Benutzung der Neuen Bibliothek als Spital hat diese vor dem Ruin bewahrt. (…) Mag auch die feindliche Regierung sich zu einem ‚Ersatz‘ des Riesenschadens verstehen, für unsere Universität ist dies ohne Belang, da es sich im günstigsten Fall um eine Gutschrift auf das ‚Reparationskonto‘ handeln könnte. Dem bettelarmen Staat Deutschösterreich, dem es verwehrt wurde, sofort nach Kriegsende eine der dringendsten Kulturaufgaben in Angriff zu nehmen, sind viele Millionen entwunden, der Universität und mit ihr der Bibliothek bleibt auf Jahre hinaus eine würdige Stätte verwehrt.“

Bei der Eröffnung, bei der der christlichsoziale Unterrichtsminister Emil Schneider Bundespräsident und Bundeskanzler vertrat, sprach Rektor Haberer, selber vor dem Wechsel nach Graz stehend, am 28. Juni 1924 die Folgen eines verzögerten Bauprogramms an, verzögert durch Krieg, Kriegsfolgen, Inflationskrise und einem laufenden Budget-Sparprogramm in Folge der Genfer Währungssanierung [„Völkerbundanleihe“ 1922] an. Mehrere Institute finden keinen Platz im Neugebäude, müssen im alten desolaten, nur notdürftig erneuerten Haus bleiben. Ein weiterer Institutsneubau im Westen des Hauptgebäudes positioniert sei auf unbestimmte Zeit verschoben.

Von Landeshauptmann Stumpf wurden die politischen „Kümmernisse“ im Gefolge der Teilung Tirols, des verweigerten „Anschlusses“ an Deutschland thematisiert. Anton Eder, deutschnationaler Bürgermeister von Innsbruck wurde noch deutlicher: „Der Geist der treudeutschen Bürgerschaft Innsbrucks möge als Genius loci über der Universität walten, (…). Dies Haus sei eine Festung für den Glauben an ein einiges, starkes, deutsches Vaterland.“ (Innsbrucker Nachrichten, 30. Juni 1924)

Ganz in diesem Sinne wurde in den „Innsbrucker Nachrichten“ auch angezeigt, dass Innsbruck 1924 Austragungsort der „Gesamtdeutschen Studententages“ ist, veranstaltet vom offiziell- amtlichen Hochschulverband der „Deutschen Studentenschaft“, in deren Rahmen der „Anschluss“ gleichsam schon vollzogen war, da die österreichischen Universitäten den Kreis VIII dieses großdeutschen Verbundes bildeten. Wenn schon der staatliche „Anschluss“ verwehrt bleibt, so soll doch „Volksgemeinschaft“ auf wirtschaftlicher, kultureller oder rechtlicher Ebene hergestellt werden.

Der Strafrechtler Theodor Rittler, der im Herbst 1924 in das damals einjährige Rektorsamt einrücken sollte, und der 1926 in seiner Ansprache zur Enthüllung des Kriegerdenkmals vor dem Hauptgebäude die „ungebrochene Kraft der deutschen Nation“ mit dem „Deutschland, Dein Reich komme!“ beschwören wird – Rittler widerstand aber trotzdem stets der Versuchung vieler seiner Fachkollegen, das rechtsstaatliche Erbe von 1867 völkischen Blut- und Bodenkategorien (dem „gesunden Volksempfinden“) preiszugeben! – rechtfertigte 1926 in seinem Lehrbuch des Strafrechts mit Blick auf die erhoffte österreichisch-deutsche Rechtsangleichung das Fallenlassen des Strafgesetzentwurfes von 1912, an dem er vor 1914 selbst mitgearbeitet hatte: „Nach dem Weltkrieg lässt die Regierung der Republik Österreich den Entwurf fallen. Zwar war er allgemein als ausgezeichnetes Werk anerkannt worden. Aber einem höheren Ziele zuliebe wollte man ihn zum Opfer bringen: der Rechtseinheit mit dem Deutschen Reiche. War Österreich – vorläufig wenigstens – der Anschluss an das Deutsche Reich versagt, so sollte umso mehr die Volksgemeinschaft auf kulturellem Gebiete hergestellt werden.“ An der Innsbrucker Rechtsfakultät sollte in diesem Sinn auch vermehrt das „reichsdeutsche bürgerliche Recht (BGB“) gelehrt werden.

 

Welle des akademischen Antisemitismus

Seit Kriegsende wurden in revanchistischer, nicht in friedenssichernder Weise von Seite der Universität, deren Vertretern, die „wirtschaftlichen, völkischen und kulturellen Nöte“ beklagt.

Die Jahre seit Kriegsende bis hinaus über die Gebäudeeröffnung 1924 waren von einer antisemitischen Protestwelle geprägt: Der Anteil jüdischer/mosaischer Studierender war in Innsbruck immer sehr gering. Er überschritt selten einen relativen Anteil von 1 Prozent in Richtung 1,5 bis 2 Prozent, sodass von einem „Antisemitismus [fast] ohne Juden“ gesprochen werden kann. In einer 1923 von der Universitätsquästur für den Rektor zwecks Beratung antijüdischer Maßnahmen aufbereiteten „Statistik Israelitischer Hörer“ seit dem Studienjahr 1900 wurde dieser geringe Studierendenanteil Semester für Semester ausgewiesen.

Schon am 4. Dezember 1918 hatte ein „deutschtirolischer“ Ärzteausschuss wegen einer „Überflutung der deutschen Lande durch nicht völkische Ärzte (Nichtarier, Nichtdeutsche)“ gefordert: „Ärzte nichtdeutscher Nationalität, welche derzeit in den Universitätsinstituten bzw. Kliniken angestellt oder zu ihrer weiteren Ausbildung tätig sind, wären daher sofort zu entfernen.“ Am 3. März 1919 verlangte ein Verein der Hochschulassistenten in Innsbruck vom Professorenkollegium der Medizinischen Fakultät, „Assistentenstellen nicht mit volks- oder rassenfremden Personen zu besetzen“.

Die Professoren der nach 1918 als österreichischer Universität liquidierten Czernowitzer Hochschule sollten auf die Hochschulen in Wien, Graz und Innsbruck aufgeteilt werden. Eigentlich weigerte sich Innsbruck, jüdische Gelehrte der aufgelösten Czernowitzer Hochschule „unterzubringen“. In einem Professorenmemorandum hieß es 1290: „Professoren jüdischen Stammes würden hier wegen der eigenartigen Tiroler Verhältnisse einen sehr schweren Stand haben; sie wären auch im Interesse eines ruhigen und ungestörten Wirkens der Fakultät nicht unbedenklich.“ Mit dem Zivilrechtler Karl Wolff kam aber doch ein dann 1938 als „Halbjude“ aus „rassischen Gründen“ verfolgter Kandidat nach Innsbruck.

 Im Februar 1920 hat eine Vorlesung von Karl Kraus in den Innsbrucker Stadtsälen massive Störversuche ausgelöst. Ein Ausschuss der Innsbrucker Studentenschaft, dem „deutsch-freiheitliche“ und „katholisch-deutsche“ Studenten angehörten, protestierte in einer Eingabe an den akademischen Senat gegen den „Juden Karl Kraus“ und gegen den sich mit Kraus solidarisierenden Philosophieordinarius Alfred Kastil: „Professor Dr. Kastil hat es gewagt, nicht nur in der Vorlesung, sondern auch öffentlich das Vorgehen der Studentenschaft zu verurteilen. (...) Die Studentenschaft erhebt gegen das Benehmen des Prof. Dr. Kastil feierlichen Einspruch, denn es wurde dadurch nicht nur das Ansehen unserer Alma mater schwer geschädigt, sondern auch ein Eingriff in die Rechte der Studentenschaft vorgenommen. Die Studentenschaft der Universität Innsbruck erklärt, dass im Falle einer Wiederholung einer derartigen Kritik gegen Prof. Dr. Kastil mit den schärfsten Mitteln vorgegangen wird.“ Diese Drohung wurde vom Akademischen Senat nicht zurückgewiesen, vielmehr wurde einstimmig beschlossen, sie Kastil zur Kenntnis zu bringen. Kastil verzichtete dann 1933 vorzeitig aus Protest gegen die „braune Flut“ an der Universität Innsbruck auf seine Lehrkanzel.

Vergeblich wurde im Juli 1920 vom Wiener Unterrichtsministerium die Wahlordnung für einen allgemeinen Studentenausschuss der Universität Innsbruck zurückgewiesen, da es „untunlich“ wäre, „dass der in Aussicht genommene Hochschulausschuss einerseits die Bezeichnung eines allgemeinen Studentenausschusses führt und berechtigt sein soll, von jedem Studierenden einen Semesterbeitrag einzuheben, andererseits das aktive und passive Wahlrecht auf Studierende deutsch-arischer Abstammung und deutscher Muttersprache beschränkt sein soll“.

Im November 1922 beantragte der Vorstand der „Deutschen Studentenschaft Innsbruck“ in einer Eingabe an den akademischen Senat die Einführung eines Numerus clausus für jüdische Dozenten und Hörer: „Der Akademische Senat möge beschließen, dass 1. nur Professoren deutscher Abstammung und Muttersprache zu Rektoren, Dekanen und sonstigen Amtswaltern der akademischen Behörden gewählt werden können, 2. einen Numerus clausus, nach dem nur 5% der gesamten Anzahl der Lehrenden jüdischer Abstammung sein können, 3. endlich den Numerus clausus, nach dem nur 5% der Gesamtzahl der Studierenden jüdischer Abstammung sein können.“

Im Herbst 1923 – die Universität Innsbruck zählte im Wintersemester 1923/24 insgesamt 1565 Studierende und kann nun endlich mit der Übersiedlung an den Innrain beginnen - eskalierte diese Vorgangsweise. Rektor Hans Haberer trug den vier Dekanen folgenden „internen“ (!) Senatsbeschluss vom Juli 1923 vor: „Der akademische Senat stellt fest, dass kein Ausländer ein Recht auf Immatrikulation oder sonstige Aufnahme an einer inländischen Universität hat. Es steht daher den Dekanen frei, die Aufnahme von Ausländern ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Er empfiehlt den Dekanen auch im Interesse der Aufrechterhaltung der Ruhe an der Universität auf das Nachdrücklichste, jüdische Ausländer, soweit als nur durchführbar weiterhin nicht mehr zu immatrikulieren. Dies gilt in besonderen Maße von den sog. Ostjuden (aus Polen, Ukraine, Rumänien, Russland, Ungarn und der Tschechoslowakei) und von den Juden aus anderen Staaten, die einen numerus clausus für jüdische Studenten einführen. Auch die Neuaufnahme jüdischer Inländer wäre nach Möglichkeit zu vermeiden.“ Vorgeschlagen wurden stille administrative Maßnahmen in Form verschärfter Überprüfung von Personalunterlagen im Zug der Immatrikulation.

Der Senatsbeschluss beruhte auf einem ns-rassistische Überlegungen vorwegnehmendem Ausschussbericht vom Sommersemester 1923. Die Maßnahmen sollten aber „still“ erfolgen, nicht „an die große Glocke“ gehängt werden, um internationale Hilfe (Mensahilfe, Wissenschaftshilfe) nicht zu gefährden, allein diese feige Ängstlichkeit ließ die Innsbrucker Universitätsgremien 1923 zögern: „Was die Zahl jüdischer Hörer anbelangt, können für eine Statistik nur jene in Betracht gezogen werden, die im Nationale sich zum jüdischen Glauben bekennen. Da eine Kontrolle nicht geübt wird, sind die für die Statistik herangezogenen jedenfalls das Mindestausmaß jüdischer Hörer an unserer Hochschule. Da zeigt sich nun, dass die Zahl jüdischer Hörer an unserer Universität in keinem Semester einen nennenswerten Hundertsatz ausmachte. An der juristischen Fakultät spielt sie überhaupt keine Rolle, Jahre hindurch zählten wir keinen oder 1-2 Israeliten. Stärker war bisher der Besuch der medizinischen Fakultät. Die höchste Ziffer ergab an allen drei weltlichen Fakultäten das Wintersemester 1922/23 mit 22, dem sofort das Wintersemester 1921/22 mit 21 folgt. Hievon entfallen in dieser Zeit auf die medizinische Fakultät 13 bzw. 10 Studenten jüdischen Bekenntnisses. Im laufenden Sommersemester zählen wir 20 solcher Hörer, wovon 12 die medizinische Fakultät besuchen. Mithin etwa 1½% der Hörerschaft überhaupt. Dies würde an sich keinen Anlass zur Beunruhigung geben, wenn nicht von diesen 20 Hörern 12 in die Gruppe der so genannten Ostjuden fielen, wovon 11 der medizinischen Fakultät zugehören. Bedenkt man weiter, dass gerade in diesen Staaten mehrfach ein numerus clausus für jüdische Studenten besteht, dass namentlich auch in Wien und Graz diese Elemente bei der Aufnahme Schwierigkeiten finden werden, so wäre es nicht ausgeschlossen, dass wir in Innsbruck, wo man bisher Ostjuden fallweise aufnahm, einen größeren Zuzug dieser Leute zu erwarten haben. Bedenkt man weiter, dass diese Kreise sofort hier Wohnungen zu erlangen wissen und sie so unseren einheimischen Studenten wegnehmen, dass der Raummangel in den Instituten und Kliniken in erster Linie uns wesensfremde Elemente, deren Vorbildung oft in Frage steht, zurückdrängen soll, so ist es auch aus diesem Grunde am Platze, der Aufnahme der Ostjuden, die nicht einmal in ihrer Heimat ankommen, Einhalt zu tun. Andererseits wäre es höchst unklug, diese Politik der Tat an die große Glocke zu hängen. Innsbruck ist ohnehin schon wegen antisemitischer Tendenzen im In- und Auslande oft schlecht beschrieben, die Zuwendungen aus Amerika, die unseren Instituten vielfach erst den Weiterbestand ermöglichten, unseren Studenten in der mensa academica und in anderen Belangen Erleichterung bringen, sind daran gebunden, dass kein Unterschied in Nationalität und Staatsangehörigkeit oder Religion gemacht wird. Der Hochschultag in Wien hat zwar beschlossen, dass Ostjuden in Österreich überhaupt nicht inskribiert werden sollen. Die Rektoren haben sich diesem Beschlusse nicht vollinhaltlich anschließen können und nur betont, dass sie sich bemühen werden, ihn nach besten Kräften zur Durchführung zu bringen.“

Am 19. Jänner 1925 - ein halbes Jahr nach Gebäudeeröffnung wüteten die Innsbrucker Deutschen Burschenschaften in einer antisemitischen Kampagne gegen die Habilitation des Zahnarztes Wilhelm Bauer: „Hiezu beehren wir uns den hohen Akademischen Senat ergebenst darauf aufmerksam zu machen, daß Dr. Bauer Jude bzw. Judenstämmling ist und aus diesem Grunde die Erteilung der venia legendi an Dr. Bauer nicht in Frage kommen kann. Die örtliche Burschenschaft hegt die feste Überzeugung, daß der hohe akademische Senat unsere Hochschule von allen fremdrassigen Elementen rein halten will und Bestrebungen der genannten Art in keiner Weise unterstützen kann.“ Wilhelm Bauer, 1938 in die USA flüchtend, selbst hatte sich mit der Innsbrucker Israelitischen Kultusgemeinde überworfen, da er sich nach deren Ansicht in verräterischer Haltung zum „Deutschtum“ bekannt hatte. Bauer betonte seine Verankertheit im katholischen Milieu, zur „Familie des Cardinal-Erzbischofes Grafen Schönborn“. Bauer verwies auf seine Unterstützung für die rechten bürgerlichen paramilitärischen Wehrverbände, für die „Heimwehr“.

Im Juni 1926 beteiligte sich die „Deutsche Studentenschaft Innsbruck (DStI)“ an einer Hetzkampagne gegen den in Hannover lehrenden (Geschichts-) Philosophen Theodor Lessing, der es gewagt hatte, den Reichspräsidenten Hindenburg als intellektuell beschränkte Figur hinzustellen („Lessing-Affäre“). Im August 1933 wird Lessing im tschechischen Marienbad (auf der Flucht aus Deutschland) von Nazi-Schergen ermordet.

Der Innsbrucker Rektor, der Physiker Egon Schweidler, brachte den Dekanen den studentischen Aufruf am 14. Juni 1926 lapidar „mit der Bitte“ zur Kenntnis, womöglichst die in der Zeit zwischen 10 h und 1 h lesenden Herren Professoren zu verständigen, dass von der deutschen Studentenschaft die Vorlesungen nicht besucht werden, und es sich daher empfiehlt, auf die Abhaltung der Vorlesungen zu verzichten“.

Der an der Universität affichierte Aufruf der „Deutschen Studentenschaft“ lautete: „Kommilitonen! Ihr alle wißt, daß ein Herr Lessing, der Hindenburg, der alles, was uns Deutschen hoch und teuer ist, in schamlosester Weise beeiferte, die unerhörte Dreistigkeit besitzt trotz des energischen Protestes von Seite der Hannovraner Professoren- und Studentenschaft von einer deutschen Lehrkanzel herab zu deutschen Studenten weiterhin reden zu wollen. Professoren- und Studentenschaft von Hannover stehen in erbittertem Kampf zur Wahrung ihres Selbstverwaltungsrechtes. Aber nicht Hannover allein, jede deutsche Hochschule fühlt den Schimpf, muß mit aller Entschiedenheit dazu Stellung nehmen.

Am 15. [Juni 1926] nun werden zum Zeichen dessen, daß Professoren und Studentenschaft aller deutscher Hochschulen sich eins weiß in ihrer hohen Pflicht ihr ihnen anvertrautes Gut rein und deutsch zu erhalten, an allen deutschen Hochschulen die Vorlesungen für Stunden sistiert. An unserer Hochschule finden von 10 Uhr bis 1 Uhr keine Vorlesungen statt. Lasset uns zeigen, daß wir gedenken, daß wir Deutsche sind.“

 

„Anschluss“-Agitation

Über allen akademischen Veranstaltungen, Feiern der Jahre 1920er Jahre schwebte neben der „Italienerfrage“ und der damit verbundenen zerstörten „Landeseinheit“ das „Anschluss“-Thema. Der Rektor der Berliner Universität hatte im November 1918 telegraphiert, dass hoffentlich bald „alle Deutschen“ in einer gemeinsamen Nationalversammlung „im gemeinsamen Vaterland“ vereinigt sein würden. Der Innsbrucker Rektor antwortete im Namen des Senats: „Nach dem Zusammenbruche des österreichischen Völkerstaates gehört unser Leben, Hoffen und Arbeiten allein der großen deutschen Volksgemeinschaft, deren unlösbaren Zusammenschluß im gemeinsamen Vaterlande wir ersehnen und mit allen Kräften erstreben. In diesem Sinne erwidern wir dankend den Gruß der Universität Fichtes und Humboldts.“ Diesem Telegramm-Wechsel folgend wurde von der „südlichen Grenzlanduniversität“, der Universität der „Südmark“ getönt und das „eine Volkstum von der Etsch bis an den Belt“ beschworen.

So verklärte der politische Ökonom Hermann Schullern-Schrattenhofen in seiner Festrede zum 250 Jahr-Jubiläum der Universität Innsbruck im Juni 1927 in der Aula unter dem Motto „das ganze Deutschland muss es sein“ die Tiroler Landeshochschule als Teil einer „gesamtdeutschen Kulturgeschichte“, die Tiroler Geschichte als „Mission, Grenzbollwerk des Deutschtums nach Süden“.

Der für die Universitäten des „Altreichs“ sprechende Heidelberger Rektor Friedrich Panzer, ein 1914 erprobter „Kriegsgermanist“, stellte dem Vorredner Schullern folgend ebenfalls den von alliierter Seite untersagten „Anschluss“ Österreichs in den Mittelpunkt: „Mit geistigen Waffen wird unser Volk den großen Kampf für seine Einheit und Freiheit zu führen haben, der unsrem Geschlechte auferlegt ist. Und so wird es sehr wesentlich an uns liegen, den Hütern geistiger Dinge, dass es wach und gerüstet sei für solchen Streit. Wir werden ihn vielleicht nicht mehr anschauen, den ersehnten Tag der deutschen Einheit und Freiheit: möge er unsere Söhne mit seinem hellsten Glanze umleuchten, wenn sie, ein ungeschiedenes, glückliches Volk, den nächsten Jubeltag der Innsbrucker Hochschule mit befreiten Herzen begehen.“ Panzer nannte konkrete Schritte, um die österreichische Wissenschaft mit Hilfe deutscher Forschungsprogramme („Notgemeinschaft“, etc.) zu unterstützen.

Den österreichischen Republikgründungstag (12. November 1918) ignorierte die Innsbrucker Universität. Vielmehr erinnerte die Universität wiederholt an den Tag der Bismarck’schen Reichsgründungsfeier 1871, so am 18. Jänner 1921, als der angehende Ideologe einer „volksdeutschen Geschichtsauffassung“ Harold Steinacker in der alten Aula über „geschichtliche Notwendigkeiten deutscher Politik“ sprach. Angesichts des „nationalen Unglücks“ von 1918 wollte Steinacker für die Zukunft an „vergangene Größe“ erinnern: „In diesem Sinne gedenken wir der Verkündigung des deutschen Kaiserreiches im Spiegelsaal von Versailles, der sich heute zum 50. Male jährt. Wir begehen damit, wohlgemerkt, keine politische Feier, sondern eine nationale.“ Er schloss mit dem Ruf: „Das Reich muß uns doch bleiben.“

Eine Gedenkfeier für den 1920 verstorbenen großen Pazifisten und letzten k.k. Ministerpräsidenten Heinrich Lammasch hat die revanchistisch geprägte Universität Innsbruck 1920 nicht für opportun gehalten. Lammasch hatte von 1885 bis 1889 in Innsbruck das Straf- und Völkerrecht gelehrt.

 

„Landeseinheit“ - Südtirol

1919 veröffentlichten Professoren der Universität Innsbruck eine historisch-politische, sprachwissenschaftliche und völkerrechtliche Denkschrift, um für die bedrohte Landeseinheit zu demonstrieren und um die befürchtete Brenner-Grenze zu verhindern. Das ins Englische und Französische übersetzte Memorandum war im Sinn des Wilson’schen Selbstbestimmungsrechts an die Friedensverhandler der Entente in Paris gerichtet.

Gerade mit Blick auf die 1922 einsetzende faschistische Unterdrückung der Südtiroler, der Verschärfung des faschistischen Terrorsystems in den Tagen der Gebäudeeröffnung – nur Tage zuvor war im Juni 1924 der sozialistische Abgeordnete Giacomo Matteotti von Schergen des Mussolini-Regimes ermordet worden („Matteotti-Krise“) – kam es zu Differenzen wegen möglicher Kooperationen mit italienischen Universitäten, die 1927 in der Frage der Beteiligung italienischer Universitäten am 250-Jahr-Jubiläum eskalierten. Eine „deutschvölkische Arbeitsgemeinschaft“ warf dem Akademischen Senat vor, mit der Einladung italienischer Universitäten das Schicksal der Südtiroler zu missachten. Das Schicksal Südtirols müsse vor die Idee der internationalen Gemeinschaft der Hochschulen, selbst mit so traditionsreichen wie jenen in Bologna oder in Padua, treten: „Die internationale Einstellung unserer Universität in dieser Frage musste umso mehr überraschen, als sie in unmittelbarer Nähe der widerrechtlichen Grenzen geschah; sie geschah in einer Zeit, da die deutschen Volksgenossen Südtirols ihrer alten Kultur beraubt werden, in den Tagen, in denen das Kaiserjägerdenkmal zu Bozen von welschen Barbaren gesprengt wird, um einem ruhmlosen ‚Siegerdenkzeichen’ Platz zu machen, sie geschah während ein Deutscher in Verbannung auf einer Verbrecherinsel schmachtet, der nichts anderes verbrochen hat, als dass er deutschen Kindern den Unterricht in der Muttersprache sichern wollte.“ Die Universität sei ihrem Einsatz für Südtirol, für die Landeseinheit untreu geworden. Die Universität antwortete, dass es auch in dieser Lage gelte, Rücksicht auf die Universalität der „alten“ europäischen Hochschulidee zu nehmen.

Der dann 1938 aus „rassischen Gründen“ vertriebene Physiologe Ernst Theodor Brücke wandte sich als Rektor an die deutschen Professoren Rudolf Eucken (Philosophie) und Georg Kerschensteiner (Pädagogik), da diese knapp zuvor eine Einladung zu einer Tagung nach Rom abgelehnt hatten, aber trotzdem der Haltung des Senats beitraten, da es zwischen dem faschistischen Regime und einzelnen italienischen Wissenschaftseinrichtungen zu unterscheiden gelte. Kerschensteiner antwortete am 20. Juni 1927: „Die Bezugnahme auf meinen inzwischen verstorbenen Collegen Eucken und mich in der angeführten Sache beruht wohl auf einem Missverständnis. Eucken und ich waren eingeladen auf dem internationalen Moralkongress in Rom ein Referat zu übernehmen. Wir lehnten die Aufforderung ab mit der Begründung, dass es uns unmöglich ist, in einem Staate über Moralfragen zu sprechen, dessen Regierungsform gegenwärtig, namentlich in Sachen der deutschen Südtiroler, jeder Moral widerspricht. Die Einladung ging dabei nicht von einer Universität aus, sondern teils von dem internationalen in London sitzenden Comite, teils von dem Ortscomite in Rom. Außerdem stand der Kongress unter dem Protektorat des Herrn Mussolini. Weder Eucken noch ich hätten daran Anstoß genommen italienische Universitäten, resp. italienische Professoren einzuladen, wenn der Kongress in Deutschland stattgefunden hätte. Die italienischen Universitäten sind doch nicht verantwortlich für die gegenwärtige Regierungsform in Italien. Dass eine erkleckliche Anzahl italienischer Gelehrter den Faschismus verurteilen, weiß ich ganz bestimmt. Sie können es nur nicht wagen ihre Anschauung zur Zeit zu äußern. Ich sehe also in der Einladung der italienischen Universitäten zur Jubelfeier der Innsbrucker Universität keine Verletzung nationalen Empfindens. Ich bin auch überzeugt, dass Kollege Eucken in der gleichen Weise sich äußern würde, wenn er noch am Leben wäre.“

Die sozialdemokratische „Volks-Zeitung“ sah die Universität Innsbruck an der Lage der Südtiroler mitschuldig. Die im späten 19. Jahrhundert einsetzende bürgerlich deutschnationale Hetze, der universitär-akademische „furor teutonicus“, der etwa 1904 in bürgerkriegsähnlichen Unruhen („Fatti di Innsbruck“) die Eröffnung der italienischsprachigen Rechtsfakultät in Innsbruck-Liebeneggstraße durch Verwüstung „zu Kleinholz“ verhindert hatte, verantwortet die Teilung des Landes mit. Die „Volks-Zeitung“ erkannte im Juni 1927 das Widersprüchliche am Einsatz der Landeshochschule für Südtirol. Es sei schon richtig, wenn die Universität der Verfolgung der Südtiroler durch die italienischen Faschisten gedenkt, aber ein nicht unwesentlicher Mosaikstein, der zur Teilung Tirols geführt hat, ist den bürgerlichen Akademikern mit ihrem gewalttätigen Deutschnationalismus, der „verhängnisvollen Untat“ von 1904, zuzuschreiben: „Aber man hat verschwiegen, dass gerade der furor teutonicus, der nationale Paroxismus, der unsere Universitäten um die Jahrhundertwende beherrschte, nicht wenig schuld ist an der beklagenswerten Tatsache, dass zwei Bahnstunden von Innsbruck die italienische Trikolore weht. Die Innsbrucker Universitätsjugend hat in nationalem Überschwang die Schaffung der italienischen Rechtsfakultät gehindert, sie hat den Italienern in den Straßen der Stadt eine Hauptschlacht geliefert und gesiegt; die Geschichte hat 14 Jahre später diesen Sieg als Pyrrhussieg deklariert.“ (Volks-Zeitung 30. Juni 1927)

1929 wiederholte sich die Frage nach akademischer „Volksgebundenheit“ gegen wissenschaftliche Internationalität aus Anlass eines Ehrendoktorats: Darf an einen Gelehrten aus „Feindesland“ ein solches verliehen werden oder nicht? Geht die Internationalität der Wissenschaft vor? Für den französischen Alpengeologen Pierre Termier beantragten Ende 1929 fast durchwegs deutschnationale Professoren, so der dann 1934 als illegaler Nazi nach Deutschland flüchtende Geographieprofessor Friedrich Metz, der deutschnationale Geologe Raimund Klebelsberg und der politisch nicht aus scheinbarer bürgerlicher Neutralität hervortretende Mineraloge Bruno Sander wegen dessen Verdiensten um die Erforschung der (südtirolischen) Zentralalpen ein Doktorat h.c.: „Wennschon für die Unterzeichneten politisch-nationale Bedenken nicht gegeben waren, hat der Ausschuss doch auch diese Seite der Frage näher geprüft und hiezu folgendes festgestellt. In den zunächst in Betracht kommenden Fachkreisen (Geologie, Mineralogie) sind die internationalen Beziehungen längst wieder uneingeschränkt und ohne jede Benachteiligung der Deutschen aufgenommen. (…) Auch in den meisten anderen naturwissenschaftlichen Fachkreisen sind die Beziehungen wieder aufgenommen, selbst bei den Chemikern und Geographen, bei denen die Verhältnisse aus teils sachlichen, teils persönlichen Gründen am schwierigsten lagen.“ Die internationale wissenschaftliche Kooperation müsse trotz der Kriegsfeindschaft 1914-1918 (wieder) aufgerichtet werden: „Was Professor Termier selbst betrifft, hat er sich während des Krieges und in der ersten Folgezeit den Deutschen gegenüber so neutral verhalten, bzw. jeder feindseligen Äußerung oder auch nur Teilnahme an französisch-nationalistischen Kundgebungen sich so sehr enthalten, dass ihm beinahe daraus Schwierigkeiten erwachsen wären. Aus der Zeit nach dem Kriege sind seine Sympathien für Südtirol bekannt geworden.“ Der katholisch-klerikale Innsbrucker Neuzeitordinarius Ignaz Philipp Dengel und der in NS-Richtung tendierende großdeutsche Römischrechtler Paul Kretschmar protestierten gegen die Termier-Auszeichnung.

 

Symbolische Reaktion 1924: Ehrungen, Talare, Rektorengalerie trotz Wirtschaftskrise

In den Jahren der Ersten Republik zeigten sich die Universitäten auf allen Ebenen der symbolischen Repräsentation und Selbstdarstellung immer rückschrittlicher, so wurden in Innsbruck 1925 fast eineinhalb Jahrhunderte nach dem josephinischen Verbot der akademischen „Mantelchen“ (1784) die Amtstalare wiedereingeführt.

So wurde Anfang der 1930er Jahre – unter Kritik der „Volks-Zeitung“ – mitten in das Elend der Massenarbeitslosigkeit und der Krise des Universitätsbudgets hinein – mit nicht geringem finanziellen Aufwand die ebenfalls in der Ära des aufgeklärten Absolutismus erloschene Tradition einer „Rektorengalerie“ – wenn diese Porträtsammlung im 18. Jahrhundert denn überhaupt als Rektorengalerie verstanden worden war? – aufgenommen.

Mit Hofdekret vom 11. November 1784 war befohlen worden, „daß die auf den hohen Schullen und Lycäen bey offentlichen Feyerlichkeiten gewöhnliche Tragung der fliegenden Haaren und der reichen und bebramten samntenen Mantelchen der Rektoren und Dekanen (...) gänzlich abgestellet“ ist. Die bisherige barock schmuckvolle Amtskleidung wurde ganz pragmatisch zugunsten der Lyzealkassa versteigert. Mit den einzuschmelzenden Amtsketten wurde in den 1780er Jahren ähnlich verfahren.

In den Tagen nach der Gebäudeeröffnung nahm der im Herbst 1924 das Rektorat übernehmende Theodor Rittler mit dem Wiener Bühnenbildner Alfred Roller Kontakt auf. Rollers Ratschlag, die neue Amtstracht soll nicht in den Kitsch von „Tintoretto-Senatoren“ abgleiten, soll nicht an die Farbenpracht der barocken Kleidung anknüpfen, aber trotzdem oder besser gerade deshalb „feierlich und imponierend wirken“, gefiel dem Akademischen Senat so sehr, dass er am 13. Dezember 1924 die Wiedereinführung der Talare in der bis heute gebräuchlichen Art und Weise beschließt und umgehend die Halskragenweite der potentiellen Träger erheben lässt. Euphorisiert rückten Innsbrucks akademische Funktionäre erstmals am 19. Jänner 1925 im neuen Talar aus. Die anwesenden Ehrengäste wie Altbundeskanzler Ignaz Seipel, Unterrichtsminister Emil Schneider und Bayerns Ministerpräsident Heinrich Held hätten dem „schwarz-seidenen“ Talarformat großen „Beifall gezollt“, so Rittler! Es ist wohl nicht davon auszugehen, dass mit der Einführung der Talare das Verschwinden von sozialen Standesprivilegien, das gleichsam abstrahierende Verschwinden der Einzelperson hinter einem rechtsstaatlich egalitären Amtsverständnis demonstriert werden sollte, sondern vielmehr die elitäre Macht und der manipulierende Glanz der akademischen Welt, von Magnifizenz und Spectabilis.

 

Ehrungspolitik

Zur (symbolischen) Universitätspolitik zählt auch das jährliche Ehrungsregime. Die sozialdemokratische Tiroler „Volks-Zeitung“ kritisierte wiederholt die reaktionäre Ehrungspolitik. Um die „richtige Gesinnung“ zu zeigen, hat die „dienstbeflissene Universität“ Innsbruck nach Vizekanzler Jodok Fink nun Ignaz Seipel das Ehrendoktorat verliehen: „Der Sprecher der Universität dichtete Herrn Seipel ein Verdienst nach dem anderen an, besonders hervorgehoben wurde der Genfer Vertrag, der Österreich bekanntlich der letzten Freiheit beraubt und zu einer Kolonie der Ententestaaten erniedrigt hat. Viele tausende Menschen in unserer Stadt und in unserem Land bezahlen den Genfer Vertrag des Herren Seipel mit ihrer Existenz. Aber alle diese Tatsachen genieren die Professoren, die jetzt an der Universität das große Wort führen, nicht im mindesten.“ (Volks-Zeitung 16. Juni 1925)  Drei Jahre später protestierte die „Volks-Zeitung“ am 17. August 1928 gegen die Verleihung eines staatswissenschaftlichen Ehrendoktorats an den bayerischen Ministerpräsidenten, den „Reaktionär“ Heinrich Held.

Im Juni 1925 übte die „Volks-Zeitung“ namens der Tiroler Sozialdemokratie Kritik an der kommerziellen Verleihung von Ehrendoktoraten, die auch an wirtschaftskriminelle („Inflationshaie“-) Milieus anstreifte. So würde sich die Universität immer wieder mit derartigen teilweise schon verurteilten Figuren auf einen „Preis für den Doktortitel“ einigen, so 1923: „Und so wurde der Erzschwindler, der nun in Nummer sicher sitzt, und alle Aussicht hat, auf mehrere Jahre in das Zuchthaus zu wandern, zum Ehrendoktor der philosophischen Fakultät der Innsbrucker Universität erhoben. Mit der Philosophie hat der Gauner selbstverständlich sein Leben lang nichts zu tun gehabt. Aber bei der Innsbrucker Doktorenfabrik ist allem Anschein nach alles käuflich.“

Im Juni 1927 zeigte die „Volks-Zeitung“ am Beispiel eines staatswissenschaftlichen Ehrendoktorats neuerlich Distanz zu einer Universität, die nur die antidemokratischen und (sogar strafrechtlich) korrupten bürgerlichen Schichten bedient. Mit Heinrich Mataja zeichnete die Universität Innsbruck einen wiederholt antisemitisch auftretenden Politiker des christlichsozialen Lagers, der am rechten Parteiflügel stehend früh die Zusammenarbeit mit dem (Tiroler) Heimwehrfaschismus zwecks Zerschlagung der demokratischen Republik von 1918 und der Ausschaltung der Arbeiterparteien forcierte, aus. Wegen seiner Verwicklung in fehlgeschlagene Spekulationsgeschäfte um eine Wiener Privatbank war Mataja selbst für das bürgerliche Lager Anfang 1926 nach wenigen Monaten nicht mehr als Außenminister tragbar: „Da wir keine dicken Beziehungen zur Universität unterhalten, haben wir auch nicht herausbekommen, für welche bemerkenswerten Verdienste Heinrich Mataja Ehrendoktor der Alma mater oenipontana wurde, (…). Ist übrigens der Titel ‚Ehrendoktor der Universität Innsbruck“ ein Ehrentitel? Wir können uns erinnern, dass es noch nicht lange her ist, wo Schieber und Hochstapler gegen einige Dollars oder Mark diesen Titel ohneweiteres kaufen konnten.“ (Volks-Zeitung 27. Juni 1927)

Zwei Jahre zuvor, in der „Volks-Zeitung“ vom 20. Juni 1925 erscheint eine Karikatur mit der Überschrift „Doktorenfabrik“. An der Wand des Promotionsraums hängt ein Schild mit der Aufschrift: „Promotionen täglich 8-12h, 2-6h! Ehrendoktorate aller Fakultäten stets auf Lager. Korrespondenzkarte genügt. Promoviere sofort. Universität Innsbruck“. Und der Rektor spricht zu fragwürdigen Honoratioren: „Und so begrüße ich als promovierte und noch zu promovierende Doctores honoris causa unserer Alma mater die Herren Jodocus Fink, Laurentius Berglhuber, Ignatius Seipel, Sigismundus Bosel, Carolus Vaugoin, Camillus Castiglioni, Othon Waldegg – ach ja, richtig, der ist ja momentan am Erscheinen verhindert. …“

 

Objektive Lage der Universität im Jahr der Neubau-Eröffnung 1924

Im Studienjahr 1924/25 zählte die Universität Innsbruck 1567 Hörer, davon 182 Studentinnen. Im Dezember 1923 war erstmals eine Studentin zur Dr.jur. promoviert worden, die aus Wien gebürtige Marie/Maria Fischer, Tochter eines Bundesbahnbeamten.

Das Professorenkollegium zählte 81 Professoren (64 Ordinarien, 17 Extraordinarien): 11 Professoren waren Theologen. 11 Professoren gehörten der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an, davon zwei Vertreter nationalökonomischer Fächer. Die medizinische Fakultät zählte 21 Professoren. Die Philosophische Fakultät meldete 38 Professoren, davon 20 Geisteswissenschaftler und 18 Naturwissenschaftler.

Weiter weist das Personalstandverzeichnis 3 theologische, 14 medizinische, 4 geistes- und 7 naturwissenschaftliche Privatdozenten aus. An der Juristenfakultät war seit gut zwanzig Jahren niemand mehr habilitiert worden. Erst 1925 folgten zwei später bekannte Rechtswissenschaftler als Dozenten, Franz Gschnitzer für das bürgerliche Recht und Edgar Foltin, später Professor in Prag und dann im Exil in den USA, für das Strafrecht.

Die Zahl der Assistenten schwankte je nach Budgetlage zwischen 50 und 70.  1924/25 gab es rund 60 Stellen, der Großteil an der Medizinischen Fakultät, an der 50 wissenschaftliche Hilfskräfte der unterschiedlichsten Kategorien aktiv waren. Maximal je 2-3 Assistenten waren im juristischen und geisteswissenschaftlichen Fachbereich eingesetzt, im Idealfall an die 10 im Bereich der naturwissenschaftlichen Institute.

Die Aussicht von Absolventinnen auf eine Stelle als Assistentin, Demonstratorin war minimal: Zu Anfang der 1920er Jahre arbeitete Helene Wastl-Lippay als Hilfsassistentin bei Ernst Theodor Brücke an der Physiologie. Die vom Faschismus vertriebene Wastl – hat sich 1930 als erste Medizinerin an der Universität Wien habilitiert. Heute benennt die Medizinische Universität Innsbruck ein Stipendienprogramm nach Helene Wastl. 1924 findet sich in der Liste der 50 Medizinassistenten eine einzige Kollegin, die außerordentliche Assistentin Ehrentraud Lanner-Helmberg, Mitarbeiterin am Hygieneinstitut. Lanner, 1921 hier zur Dr.med. promoviert, auch bekannt als Textdichterin, u.a. 1919 des „Südtiroler Trutzliedes“ gegen die Landesteilung, gab ihre aussichtsreiche wissenschaftliche Laufbahn nach weiterer Tätigkeit an der Universität Leipzig 1927 familienbedingt auf.

Erste in Innsbruck habilitierte Frau war 1929 die von der Universität Bonn anher übersiedelte Experimentalpsychologin Martha Moers, Assistentin des Philosophen Theodor Erismann. Die Habilitation wurde aber faktisch nicht wirksam, da Moers Innsbruck rasch wieder Richtung Deutschland verließ, sodass die Habilitation von Franziska Mayer-Hillebrand 1932 – für das Fach Philosophie/Experimentelle Psychologie zur ersten nachhaltigen werden sollte.

 

Politische Flügel im Innsbrucker Professorenkollegium 1924

In den Professorenkollegien der drei weltlichen Fakultäten stand das leicht stärkere deutschnationale, „nationalfreiheitliche“, völkische Lager einer katholisch konservativen Gruppe gegenüber. Das politische Spektrum war stark verengt. Es fanden sich kaum bürgerlich demokratische/liberale „Vernunftrepublikaner“, schon gar kein Sympathisant des sozialdemokratischen Lagers, nur vereinzelt einige bürgerlich-humanistisch gesinnte Professoren. Die Innsbrucker Professoren begrüßten es sehr, dass die „revolutionäre Flut“ des November 1918 mit den ohnedies wenigen sozialen Errungenschaften für die Arbeiterklasse nach dem Scheitern des deutschen „roten Oktober 1923“ im Rückgang war, dass rechtsautoritäre und faschistische bürgerliche Herrschaftsformen wie der Faschismus in Ungarn oder Italien, in Bayern im Vormarsch waren, dass sich im lokalen Umfeld der Tiroler Heimwehrfaschismus stetig konsolidierte.

In den Innsbrucker Fakultätskollegien fanden sich nur sehr wenige offen demokratisch gesinnte Gegner des aufkommenden Rechtsautoritarismus und ab ca. 1929 des Nazismus, so die Philosophieprofessoren Alfred Kastil oder Theodor Erismann, die Mediziner Ernst Theodor Brücke und Martin Henze, die beide 1938 sofort – Brücke auch aus „rassischen Gründen“ – enthoben werden sollten. Martin Henze, seit 1921 Professor für Medizinische Chemie in Innsbruck, wurde im April 1938 selbst „für den Rest des Sommer-Semesters wegen seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus als untragbar bezeichnet“.

Die katholische Professorengruppe scharte sich um den Orientalisten August Haffner, dann im Studienjahr 1931/32 Rektor. Haffner galt seit seiner 1906 gegen scharfen freisinnigen Widerstand im Weg eines Ministerialoktroy erfolgten Berufung zum Professor der semitischen Sprachen als ein Funktionär des politischen Katholizismus und ab 1933 als ein erster Vertrauensmann des Dollfuß-Regimes. Der Geologe Raimund Klebelsberg bezeichnet Haffner 1953 in seinen „Erinnerungen“ als den „spiritus rector jener Bestrebungen, die die Universität gerne aktivistisch-katholisch ausgerichtet hätten“. Haffner an der Seite standen der – allerdings oft in seiner Funktion als Direktor des Österreichischen Geschichteinstituts in Rom abwesende – Ignaz Philipp Dengel, Schüler und Nachfolger des ultramontan-katholischen „Päpste-Historikers“ Ludwig Pastor, sowie der Anglist Karl Brunner oder der junge Philosoph und Erziehungswissenschaftler Richard Strohal, an der Rechtsfakultät der manchmal politisch schwankende Rechtshistoriker Ferdinand Kogler, 1938 so wie Brunner oder Strohal als „Systemanhänger“ entlassen.

Die Stellung der katholisch-theologischen Fakultät als einer „Jesuitenfakultät“ war vom Erbe des Kulturkampfs um 1870 her und damit – etwa hinsichtlich der von Ordens internen Regeln bestimmten Berufungs- und Habilitationsverfahren – von einer Sonderrolle im Universitätsverband geprägt. Die 1873 erfolgte Angleichung an das staatliche Universitätsrecht war aus liberaler Sicht nicht ausreichend. Seit den 1870er Jahren verweigerte die liberale Professorenmehrheit die Teilnahme der Senatsmitglieder an der Fronleichnamsprozession. Seit 1869 war kein Theologe mehr in das Rektorsamt gewählt worden, dies änderte sich erst wieder 1935 in „Ständestaatstagen“. Im von Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg 1933 für die Republik Österreich mit dem Vatikan abgeschlossenen Konkordat erhielt die Fakultät eine geradezu völkerrechtlich garantierte Existenzgarantie und zwar unter Erhalt ihres jesuitischen Charakters: „Es besteht Einverständnis darüber, dass die theologische Fakultät der Universität Innsbruck insbesondere bezüglich der Zusammensetzung ihres Lehrkörpers in ihrer Eigenart erhalten bleibt.“ Innerhalb der katholischen Welt war die Innsbrucker Fakultät einer „ultramontan“, antimodernistisch neuscholastischen Theologie verpflichtet.

An Hand der Zusammensetzung des im Herbst 1924 für ein Studienjahr aus 14 Professoren konstituierten Akademischen Senats (Rektor, Prorektor, 4 Dekane, 4 Prodekane, je ein weiterer Senator als Fakultätsvertreter) lässt sich das politische Umfeld erkennen.

Rektor Theodor Rittler galt – wenngleich steter „Anschluss“-Redner – als ein zurückhaltender „Großdeutscher“. Er wandte sich gegen eine „völkische“ Grundlegung des Strafrechts, forderte im Zusammenhang mit dem antisemitisch überlagerten Innsbrucker Halsmann-Prozess 1928/29 ein rechtstaatliches Gerichtsverfahren ein, was ihm den Ausschluss aus der „Deutschen Burschenschaft“ eintragen wird. Der 1912 aus Wien nach Innsbruck berufene Rittler, ein Schüler des großen Pazifisten und letzten k.k. Ministerpräsidenten Heinrich Lammasch, galt als eine Vermittlerfigur, die auch alle politischen „Umbrüche“ von 1918, 1933, 1938 und 1945 unbeschadet überleben wird. Nach 1945 war beliebter Anwalt in den Entnazifizierungsverfahren seiner „belasteten“ Professorenkollegen.

Josef Schatz, Professor des älteren sprachgermanistischen Fachs, Erforscher der (Tiroler) Dialektgeschichte, fungierte als Prorektor, also als Rittlers Stellvertreter. Schatz trat nicht exponiert politisch hervor. Er galt als herkömmlich „großdeutsch“ gesinnt.

Als Philosophendekan fungierte der Historiker Harold Steinacker, 1938 erster NS-Rektor, ausgewiesener Mediävist und Hilfswissenschaftler, der früh „Blut- und Boden“-Kategorien in sein geschichtswissenschaftliches Denken einfließen ließ.

Als 1933 von der klerikalen Unterrichtsverwaltung des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes die kryptonazistischen Professoren Karl Lamp (Staatsrecht), Paul Kretschmar (Römisches Recht) und Bernhard Mayrhofer (Medizin), allesamt vor 1914 von der k.k. Unterrichtsverwaltung nach Innsbruck berufen, allesamt auch Rektoren der Universität, vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden, war die Verwunderung groß, dass der für einen imperialistisch „großdeutschen Wirtschaftsraum“ plädierende Ökonom Adolf Günther als NS-Sympathisant der ersten Stunde der Entlassung durch die austrofaschistischen Disziplinarbehörden entgangen war. Günther war 1924 Dekan der Juristenfakultät. 1938 initiierte Günther nach dem „Anschluss“ 1938 die „rassische Säuberung“ der Fakultät. Unter anderem sorgte er denunzierend für die Entlassung des Zivilrechtlers Karl Wolff. Wolff, der in liberalen Juristenkreisen als Vertreter rückschrittlicher politischer Ideen galt, der früh attackiert zum Feindbild von NS-Studenten wurde, amtierte 1924 im Akademischen Senat als Prodekan, also als Stellvertreter von Adolf Günther!

Als Medizinerprodekan fungierte 1924/25 Richard Seefelder, 1919 aus Leipzig als Ordinarius der Augenheilkunde berufen, der Welt der völkischen Verbände entstammend. Schon sein Rektorsbild aus 1929/30 dokumentiert die politische Haltung. Seefelder unterstützte früh die NSDAP und wurde deshalb 1934 mit einer Verwaltungsstrafe belegt. Er gibt 1938 an: „Mitgliedschaft in nationalen Verbänden: Großdeutsche Partei, NSDAP, Deutsch-österreichischer Volksbund - Politische Betätigung: Seit April/Mai 1933 NSDAP“.

Aus der Reihe der Senatoren von 1924 sticht der von der Philosophischen Fakultät entsandte Raimund Klebelsberg hervor. Klebelsberg sollte sich als „großdeutscher“ Rektor 1933 das Mißtrauen des „Ständestaats“ zuziehen. Seine Wiederwahl wurde verhindert. 1942 folgte er bis zur Befreiung im Mai 1945 Harold Steinacker im Innsbrucker Rektorat. Neben Klebelsberg vertrat der Rechtshistoriker Alfred von Wretschko seine Fakultät als Senator. Wretschko, knapp vor 1900 aus Wien nach Innsbruck berufen, zählte zum deutschliberalen Spektrum der späten Habsburgermonarchie. 1904 versprach er den in Innsbruck tagenden deutschen Juristenkollegen – die italienische „Utraquisierung“ der Fakultät befürchtend -, dass der „deutsche Charakter“ der Innsbrucker Fakultät gewahrt bleiben wird.

 

Budget-, Dotationskrise nach 1918: Abhilfe durch „Anschluss“ an Deutschland?

Angesichts einer schwer unterdotierten Hochschule sei eine Jubiläums-Feier 1927 eine nicht zu rechtfertigende Luxusausgabe, so eine im Vorfeld der Feier stark vertretene Position: „Namentlich wurde betont, dass die erforderlichen Prämissen für eine frohe Festfreude derzeit nicht vorhanden sind, da es der Universität gegenwärtig vielfach am Notwendigsten fehlt. Mehrere Ordinariate wurden in Extraordinariate verwandelt, die Baukredite sind nur mit Schwierigkeiten zu erlangen; die Institute sind mangelhaft dotiert; noch immer fehlt eine Turnhalle und ein sportplatz, (…) der Platz vor der Universität und namentlich die Zugänge sind in einem jämmerlichen Zustand.“

Zur materiellen Krise finden sich in den Akten der 1920er Jahre viele Hinweise: Das Institut für Geologie musste 1921 die Anschaffung grundlegender Zeitschriften einstellen. Josef Blaas, Vorstand des Instituts, beklagte im März 1921 das Ansteigen der Buchpreise um das Zwanzigfache. Weiters mussten die Exkursionen des Instituts auf ein Minimum eingeschränkt werden. Die Sternwarte der Universität musste teilweise in Privaträumen des Astronomen Arthur Scheller untergebracht werden.

Franz Hillebrand drohte 1925 die Leitung des Instituts für Experimentelle Psychologie zurückzulegen, sollten nicht die Buchhändlerschulden durch eine außerordentliche Dotation abgedeckt werden. Da sein Gesuch abgelehnt wurde, bat Hillebrand den Dekan der Philosophischen Fakultät 1926, ihn von der finanziellen Verwaltung des Instituts zu entbinden: „Meine Dotation reicht nicht einmal zu, die 2 Zeitschriften, die ich bisher gehalten, weiter zu beziehen, geschweige denn irgendwelche Anschaffungen zu machen.“

Als 1925/26 eine Berufung von Erwin Schrödinger an die Lehrkanzel für Theoretische Physik möglich schien, entbrannte eine durchaus wissenschaftsablehnende Zeitungspolemik gegen die Berufung der „teuersten Lehrkraft“ in Zeiten „finanzieller Notlage“. Die „Innsbrucker Nachrichten“ vom 1. Februar 1926 bemerkten, „daß fünf Bundesangestellte mit dem Durchschnittsgehalt von 300 S abgebaut werden müssen, um sich die kostspielige Luxusberufung an eine kleine Provinzuniversität (1600 Studenten) zu leisten. Der Bedarf wäre mit einer inländischen Kraft mit 470 S monatlich zu decken.“

Aus Anlass der Berufung des späteren Nobelpreisträgers für Physik Victor Franz Hess an die Universität Innsbruck 1930/31 – eigentlich nur ein dem äußeren Umstand der möglichen Hafelekar-Station zu verdankender Glückfall, zu verdanken auch externer Forschungsfinanzierung durch die „Notgemeinschaft“ und die „Rockefeller-Foundation“ - beklagte die Fakultät am 24. Oktober 1930 den rapiden Personalabbau so: „Trotz der enormen Steigerung der Frequenz unserer Universität und der hierdurch bedingten erhöhten Anforderungen an Personal und Institut ist in den letzten Jahren ein Abbau und eine Reduktion der Lehrstellen der oben erwähnten Fächer eingetreten und nicht ein Ausbau. Es gab im Sommersemester 1925: 2 Ordinarien für Mathematik (Zindler, Gmeiner), 2 Ordinarien für Experimentalphysik (Schweidler, Lerch), 1 Ordinarius für theoretische Physik (Tumlirz), 1 Ordinarius für Kosmische Physik, 1 Ordinarius für Astronomie (Scheller). Von diesen 7 Ordinariaten sind heute 4 mit Extraordinarien besetzt, ein Ordinariat (Experimentalphysik) wurde gestrichen. Gegenwärtig, vor Besetzung der einen mathematischen Lehrkanzel, ist der Unterzeichnete (Friedrich Lerch - Anm.) der einzige Ordinarius obiger Gruppe.“ Am 4. Dezember 1930 begründete die Fakultät den geforderten personellen Aufbau mit dem Zustrom reichsdeutscher Hörer und stellte einen direkten Konnex zum „Anschlussdenken“ her: „Man spricht von Anschluß an das deutsche Volk, vorläufig nur vom Zusammenschluß zu geistiger Gemeinschaft, weil wir politisch nicht frei sind. Der Zustrom zu unserer, den deutschen Grenzen am nächsten liegenden Universität ist ein Symptom des Gemeinsamkeitsgedankens. Es erwachsen der Universität und dem erweiterten Unterricht neue Aufgaben. Da ist die schmerzliche Enttäuschung begreiflich, daß statt eines Aufbaues ein Abbau eingesetzt hat.“ Hess konnte seine Innsbrucker Forschungen nur zum geringen Teil aus inländischen Mitteln finanzieren.

Für zahlreiche Innsbrucker Forschungsvorhaben war die „Deutschen Notgemeinschaft“ unumgänglich. Im Zug langjähriger Unterdotation geriet die Innsbrucker Universität vermehrt in Abhängigkeit von deutscher Wissenschaftshilfe. Die Bedeutung der „Deutschen Notgemeinschaft“ brachte der Augenheilkundler Richard Seefelder als Rektor im Mai 1930 in einem Antrag auf Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an den preußischen Staatsminister Friedrich Schmidt-Ott zum Ausdruck: „Ich möchte nur darauf hinweisen, dass vor allem dem Einflusse dieses Mannes es zuzuschreiben ist, dass die Tätigkeit der deutschen Forschungsgemeinschaft (Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft) auch auf Österreich ausgedehnt wurde, so dass die Forschung österreichischer Gelehrter durch Zuwendung von Mitteln vielfach gefördert, zum Teil überhaupt erst ermöglicht wurden. Auch Angehörige der Universität Innsbruck haben durch die deutsche Forschungsgemeinschaft bedeutende Zuwendungen erhalten.“

Der Zoologe Adolf Steuer hat 1927 die Behauptung aufgestellt, dass nur der sofortige „Anschluss“ an Deutschland die Forschungslage verbessern kann: „Wären bei uns normale Friedenszeiten oder wenigstens Aussicht auf solche durch raschen baldigen Anschluß an das deutsche Reich (den leider ein Teil der österr. Intelligenz durch ewiges Schimpfen auf die Deutschen nicht fördert) - so würde ich Ihnen [gemeint ist Otto Steinböck – Anm.] ohne weiteres zur Habilitierung in Innsbruck raten.“ Steuer stand mit seiner Anschlussposition in Übereinstimmung mit den maßgeblichen akademisch deutschnationalen Milieus. Innerhalb der Rektorenkonferenz war es etwa 1925 nur zu taktischen Differenzen über die Vorgangsweise in der „Anschlussfrage“ gekommen, während „den versammelten Rektoren der Anschluß an das Deutsche Reich als selbstverständlich“ galt.

Der emeritierte Innsbrucker Botanikprofessor Emil Heinricher wünschte sich 1933/34, dass die „unselige Spannung, die zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich ausgebrochen ist“, beseitigt wird: „Hoffen wir, dass dieser unnatürlichen Wirrnis ein baldiger Ausgleich ein Ende bereitet. Dies mein heißester Wunsch!“

In der kapitalistischen Weltwirtschaftskrise verschärften sich in den frühen 1930er Jahren die Sparzwänge an der Universität Innsbruck weiter. Im Zug der österreichischen Bankenzusammenbrüche war auch die Innsbrucker Hochschule mit forcierten „Budgetsanierungs“-Maßnahmen konfrontiert. Die Folgen von Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau erreichten nun das akademische Milieu. Im Herbst 1932 war der Akademische Senat gar mit dem Plan einer Schließung der Medizinischen Fakultät konfrontiert.

Im Jänner 1933 folgten weitere „Spar-“ und „Abbau“-Erlässe, so vor allem Verschlechterungen des Assistentendienstrechts, u.a. sollten Assistenten zu unbesoldeten Hilfskräften auf prekärer Stipendienbasis herabgewertet werden, so die Abendausgabe der „Innsbrucker Nachrichten“ vom 20. Jänner 1933. Von Seite der Innsbrucker Bibliotheksdirektion wurde 1933 geklagt, dass selbst traditionsreiche Zeitschriften nicht mehr bestellt werden können: „Sind doch darunter alte berühmte Zeitschriften wie Virchow’s Archiv, die wir von Anfang an besitzen und jetzt auflassen müssten.“

Der Personalstand der Professoren war seit Mitte der 1920er Jahre im Gefolge der „Genfer Währungssanierung“ um ca. 10-15% gesunken. Zählte die Universität Innsbruck um 1925 knapp über 80 beamtete Professoren, waren es um 1930 nur mehr gegen 70, wobei viele Ordinariate aus Ersparnisgründen zu Extraordinariaten herabgestuft wurden.

Trotzdem waren die Nachkriegsjahre auch Jahre des wissenschaftlichen Erfolgs. Der von 1911 bis zu seiner Wien-Berufung 1926 in Innsbruck Experimentalphysik lehrende Egon Schweidler, einer der Lehrer von Erwin Schrödinger, hat in Kooperation mit Stefan Meyer die Erforschung der radioaktiven Zerfallsgesetze („Schweidlersche Schwankungen“) vorangetrieben.

Bruno Sander entwickelt 1922 in seiner Antrittsvorlesung „über die Aufgaben der Mineralogie und Geologie“ das weltweit wirksame, ihm viele Rufe an ausländische Universitäten eintragende Programm der „statistischen Gefügekunde der Gesteine“.

Die 1890 gegründete Innsbrucker Meteorologen-Schule zählt gleichfalls zu den international anerkannten Flaggschiffen der Zunft. 1924 lehrt hier noch der Geophysiker und Ozeanograph Albert Defant, der 1927 eine Berufung nach Berlin annimmt. In Berlin lehrte bereits Defants ehemaliger Innsbrucker Studienkollege Heinrich Ficker, später nach der Rückkehr nach Österreich u.a. Direktor der Wiener Zentralanstalt für Meteorologie und Geophysik. Schon 1917 war mit Karl Heider ein Pionier der modernen Biologie aus Innsbruck nach Berlin berufen worden.

Franz Hillebrand, seit 1896 Professor der Philosophie/Experimentellen Psychologie in Innsbruck, war trotz prekärer Forschungsbedingungen federführend an den zentralen Debatten der Zunft beteiligt, so an der „Scheinbewegungs-Kontroverse“ mit der Berliner Schule der Gestaltpsychologie (Max Wertheimer, Wolfgang Köhler).

Zu einem missachteten und fast vergessenen Wissenschaftspionier wurde der am Physiologischen Institut neben Ernst Theodor Brücke forschende Ludwig Haberlandt, der 1919 die Idee „zur temporären hormonalen Sterilisation des weiblichen Körpers“ entwickelte, weshalb er im Rückblick als „(Groß-) Vater der Antibaby-Pille“, der hormonalen Empfängnisverhütung (Carl Djerassi) bezeichnet wird. Seit Mitte der 1920er Jahre wurde Haberlandt zunehmend von kirchlich-religiöser, konservativ ethisch-moralischer Seite angefeindet, in medialen Polemiken auch dem billigsten Spott preisgegeben. All dies trug zu seinem Freitod 1932 im Alter von nur 47 Jahren bei. Nur von Seite der Sozialdemokraten gab es Unterstützung: Die Proletarierfrau wird aus den Fängen dubios gefährlich agierender „Engelmacher“ befreit. Die 2012 angedachte Benennung des CCB-Zentrums nach Ludwig Haberlandt kam nicht zustande.

Im historisch-philologischen Fachbereich wurden – auch mit Blick auf die „Landeseinheit“ –  dialektologische, volkskundliche Forschungen forciert. So arbeitete der Germanist Josef Schatz an einem Wörterbuch der Tiroler Mundarten. Der Historiker Hermann Wopfner arbeitete innovativ sozialgeschichtlich an seinem kommenden „Tiroler Bergbauernbauch“, an einer Tiroler Volkskunde.

 

In Innsbruck: Hermann Helmholtz (1869), Max Planck (1924)

Eine Aufwertung des Wissenschaftsstandortes Innsbruck erfolgte im September 1924 durch die 88. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, den größten Wissenschaftskongress in der deutschsprachigen Welt, wichtig nicht zuletzt, da deutsche Wissenschaftler noch länger von internationalen Kongressen ausgeschlossen blieben, – so bis 1927 von den Brüsseler Solvay-Konferenzen der weltweit führenden Physiker, angesichts der barbarischen Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland 1914 wenig verwunderlich, nur die in Zürich, also in der neutralen Schweiz lehrenden Erwin Schrödinger und Peter Debye waren zum Solvay-Kongress 1924 eingeladen.

Die Vorortorganisation lag bei den Innsbrucker Professoren der Naturwissenschaften und der Medizin unter dem Vorsitz von Egon Schweidler. Schweidler spricht in seiner Vorrede die aktuelle materielle Krise der Wissenschaft unter Rückgriff auf eine Episode aus dem Leben von Ludwig Boltzmann an – genügen Ideen ohne Apparate? Schweidler über Boltzmann: „Nun zeigt glücklicherweise die Geschichte der Naturwissenschaften, dass gerade die großen, die bahnbrechenden Erfolge in der Regel mit sehr bescheidenen äußeren Mitteln erreicht wurden. Ich erinnere mich da des Tages – es ist mehr als 25 Jahre her -, an dem mein verehrter Lehrer Ludwig Boltzmann im Arkadenhofe vor der noch verhüllten Büste Josef Stefans stand und die Gedenkrede hielt. Er schilderte damals den armseligen, ja geradezu jämmerlichen Zustand des Wiener physikalischen Institutes in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, schilderte aber auch, wie doch bedeutende Leistungen darin vollbracht wurden, und in seiner temperamentvollen urwüchsigen Weise setzte er hinzu: ‚Nun! Wenn ich mir heute so ein modernes wohleingerichtetes Institut anschaue und sehe, wie die jungen Doktoren darin herumgehen und eifrig nachdenken, was sie denn eigentlich mit den vielen schönen Apparaten anfangen sollen, da denke ich mir immer: da waren wir zu unserer Zeit doch andere Kerle; Ideen hatten wir immer; nur, wo die Apparate hernehmen, das war unsere Sorge.‘ Die Sorge um die ‚Apparate‘ im weitesten Sinne des Wortes ist heute auch die unserige – allgemein. Mögen uns wenigstens die Ideen nicht fehlen, (…).“

Aus der Reihe der vielen Kongress-Vorträge:  Max Planck – er trug sich so wie viele andere Fachkollegen auch in das Gästebuch des Innsbrucker Physikalischen Instituts ein -  referierte „über ein quantenstatistisches Thema“. Arnold Sommerfeld hielt einen Vortrag „Grundlagen der Quantentheorie und des Bohrschen Atommodells“. H.A. Kramers sprach als Vertreter der „Kopenhagener Deutung“ über die „chemischen Eigenschaften der Atome nach der Bohrschen Theorie“.

Der spätere Nobelpreisträger Karl Frisch trug über „Sinnesphysiologie und ‚Sprache‘ der Bienen“ vor. Stark vertreten war der Innsbrucker mineralogisch-geologische Fachbereich mit Bruno Sander und Raimund Klebelsberg. Neben mehreren geologischen Exkursionen referierte etwa Albrecht Penck über das „Antlitz der Alpen“, Otto Ampferer „über die Tektonik der Alpen“.

Selbst dieser wissenschaftliche Spitzenkongress war von deutschtümelndem Ressentiment, von rückschrittlicher Aversion, von Abneigung gegen die Ergebnisse, die sozialen Errungenschaften der „Novemberrevolution“, von Respektlosigkeit gegen die Weimarer Republik und die Österreichische Republik begleitet. Der Innsbrucker Bürgermeister Anton Eder variiert Ende September 1924 seine drei Monate zurückliegende, bei der Neueröffnung des Hauptgebäudes gehaltene Rede, das Motiv vom „auf ewig ungeteilten“ Großdeutschland: „In uns Deutschösterreichern, voran in uns Tirolern, wurzelt das felsenfeste Vertrauen auf des Mutterlandes innere geistige Kräfte, die das Volk der Denker und Dichter wieder emporführen werden zum Lichte, zu dem ihm gebührenden Platz, zur Einheit vom Belt bis zur Etsch.“ Eder beklagte den „zerrissenen germanischen Süden“.

Der Berliner Kardiologe Wilhelm His, aktueller Vorsitzende der Naturforschergesellschaft, beklagte im Einvernehmen mit dem Vereinsvorstand Anlass bezogen eine geplante demokratische preußische Universitäts- und Gymnasialreform. Die Geheimräte fürchteten vor allem um die elitäre Form des humanistischen Gymnasiums. His demonstrierte aber auch selbstgefällig Zufriedenheit darüber, dass sich die deutschen Verhältnisse 1924 im bürgerlich kapitalistischen Sinn stabilisierten, dass die sozialrevolutionäre „Stimmung“ aus dem November 1918 abgeflaut ist. Die Forderungen der Arbeiterklasse galten His nur als „Utopie und Phrase“: „Politisch ist die revolutionäre Stimmung weiter abgeklungen.“

Während der Naturforscherversammlung 1924 wurde wiederholt die Innsbrucker Versammlung des Jahres 1869 – also auf halbem Weg vom Ausscheiden Österreichs aus dem „Deutschen Bund“ 1866 und der deutschen Reichsgründung 1871 stehend – angesprochen. Dieses Gedenken diente aber nicht der wissenschaftlichen Erinnerung, sondern weiterem Wehklagen über die Folgen der deutschen Kriegsniederlage von 1918.

Hermann von Helmholtz hatte 1869 die Innsbrucker Naturforscherversammlung mit der großen programmatischen Rede „Über das Ziel und die Fortschritte der Naturwissenschaft“ in Erinnerung an Galilei, Newton oder Leibniz eröffnet. Er begrüßte auch die soeben 1869 wieder gegründete „junge medicinische Facultät“ Innsbruck.

Im Innsbruck des Jahres 1924 wurden aber nur Helmholtz‘ Schlussworte mit Blick auf wiederherzustellende „deutsche Größe“ aktualisiert: „Wir stehen hier [im Jahr 1869 – Anm.] nahe an den Südgrenzen des deutschen Vaterlandes. In der Wissenschaft brauchen wir ja wohl nicht nach politischen Grenzen zu fragen, sondern da reicht unser Vaterland so weit, als die deutsche Zunge klingt, als deutscher Fleiß und deutsche Unerschrockenheit im Ringen nach Wahrheit Anklang finden.“ [Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. 88. Versammlung zu Innsbruck vom 21.-27. September 1924, Julius Springer, Berlin 1924 mit Vortragsbeilage aus: Die Naturwissenschaften 12 (Heft 47 vom 21. November 1924), 963-1086. - und Bericht über die 88. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Innsbruck 1924, in: Zeitschrift für angewandte Chemie 37 (1924), 781-822.]

 

Nach folgender Literatur referiert:

Ferdinand Cap: Erwin Schrödinger und Tirol, in: Jahrbuch Überblicke Mathematik 1986, 211-216.

Alexander Freiberger: Die Universität Innsbruck im Austrofaschismus 1933-1938. Am Beispiel der Disziplinarverfahren gegen NS-Studierende, phil. Diplomarbeit, Innsbruck 2014.

Michael Gehler: Studenten und Politik. Der Kampf um die Vorherrschaft an der Universität Innsbruck 1918-1938, Innsbruck 1990.

Peter Goller: Nationalökonomie und Soziologie an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck 1914-1945, in: Tiroler Heimat 54 (1990), 125-146.

Peter Goller: Innsbrucker Universitätsjubiläen. Inszenierungen 1877 – 1927 – 1952 – 1969, in: Wissenschafts-und Universitätsgeschichtsforschung am Archiv, hrg. von Alois Kernbauer, Graz 2016, 69-90.

Peter Goller: Sozialistische Arbeiterbewegung und Universität in Tirol. Am Beispiel der „volkstümlichen Universitätsvorträge“ ab 1897, in: Mitteilungen der Alfred Klahr-Gesellschaft 4/2016, 19-25.

Peter Goller: Die politische Lage an der Universität Innsbruck 1933/34 – 1938 – 1945/50. Austrofaschismus – Nazismus – Restauration – Entnazifizierung, in: „Säuberungen“ an österreichischen Hochschulen 1934-1945. Voraussetzungen, Prozesse, Folgen, hrg. von Johannes Koll, Wien 2017, 365-403.

Peter Goller: August Haffner (1869-1941): Professor der Semitischen Sprachen in Innsbruck und Funktionär des politischen Universitätskatholizismus [2020], online: https://www.uibk.ac.at/universitaetsarchiv/august-haffner-ii/

Peter Goller: Eine Vermessung: Zur Lage der Naturwissenschaften an der Universität Innsbruck an der Jahrhundertwende 1900 [2021], online: https://www.uibk.ac.at/universitaetsarchiv/naturwissenschaften-1900/

Peter Goller: Bruno Sanders Berufung an die Universität Innsbruck und seine Antrittsvorlesung „über die Aufgaben der Mineralogie und Geologie“ (1922), mit faksimilierter Widergabe der Antrittsvorlesung, [2021] – online: https://www.uibk.ac.at/universitaetsarchiv/bruno-sander/

Peter Goller: Heinrich Lammasch gegen bellizistische Völkerrechtler, gegen die „Völkerrechtsleugner“. Seine Stellung in der Völkerrechtswissenschaft (1914-1920), in derselbe: Die Innsbrucker Juristenfakultät im 20. Jahrhundert, Innsbruck 2022, 265-296.

Peter Goller: Medizinische Berufungs- und Habilitationspolitik an der Universität Innsbruck (1869-1945), in: Mitteilungen der österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 38 (2023) [im Erscheinen].

Peter Goller/Gerhard Oberkofler: Mineralogie und Geologie an der Universität Innsbruck (1867-1945), Innsbruck 1990.

Peter Goller/Gerhard Oberkofler: Von der Lehrkanzel für Kosmische Physik zur Lehrkanzel für Meteorologie und Geophysik. Von Josef Maria Pernter bis Herfried Hoinkes 1890-1945, in: Hundert Jahre Institut für Meteorologie und Geophysik an der Universität Innsbruck 1890-1990, hrg. vom Institut für Meteorologie, Innsbruck 1990, 11-96.

Peter Goller/Gerhard Oberkofler: Erwin Schrödinger. Briefe und Dokumente aus Zürich, Wien und Innsbruck, hrg. von der Zentralbibliothek für Physik in Wien, Wien 1992.

Peter Goller/Gerhard Oberkofler: Emmerich Übleis (1912-1942). Kommunistischer Student der Universität Innsbruck – Antifaschist – Spanienkämpfer – Sowjetpartisan, hrg. von Wilfried Bader, Angerberg 2000.

Peter Goller/Georg Tidl: Jubel ohne Ende. Die Universität Innsbruck im März 1938, Wien 2012. (Löcker-Verlag)

Peter Goller/Martin Urmann: Antisemitismus an der Universität Innsbruck. Vom „Waidhofener Prinzip“ zum „Ständestaat“ (1896-1938), in: Antisemitismus in Österreich 1933-1938, hrg. von Gertrude Enderle-Burcel und Ilse Reiter-Zatloukal, Wien 2018, 801-815.

Edda Haberlandt: Ludwig Haberlandt – A pioneer in hormonal contraception, in: Wiener klinische Wochenschrift 121 (2009), 746-749.

Andreas Herbert Jäger: Mit Talar, Barett und Kollane. Die Rektorenbildnisse der Universität Innsbruck, Innsbruck 2019.

Wolfgang Meixner/Gerhard Siegl: Hermann Wopfner (1876-1963). Der „treueste Sohn“ Tirols, in: Österreichische Historiker 3. Lebensläufe und Karrieren 1900-1945, hrg. von Karel Hruza, Wien 2019, 97-122.

Karl Meyenn: Eine Entdeckung von ganz außerordentlicher Tragweite. Erwin Schrödingers Briefwechsel zur Wellenmechanik und zum Katzenparadoxon I, Berlin-Heidelberg 2011 (20-23 über Schweidler/Schrödinger).

Gerhard Oberkofler: Die Tiroler Arbeiterbewegung. Von den Anfängen bis zum Ende des 2. Weltkrieges, Wien 1979, 2. Auflage Wien 1986.

Gerhard Oberkofler: Der Kampf der Universität um die Einheit des Landes Tirol (1918-1920), in: Tiroler Heimatblätter 55 (1980), 78-89.

Gerhard Oberkofler: Bericht über die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Innsbruck, in: Zeitgeschichte 8 (1981), 142-149.

Gerhard Oberkofler: Der „Fall Kastil“. Akademischer Antisemitismus und die Innsbrucker Kraus-Vorlesungen, in: Kraus-Hefte 21 (1982), 2-6.

Gerhard Oberkofler: Die bulgarischen Studenten an der Universität Innsbruck 1918-1938, in: Mitteilungen des bulgarischen Forschungsinstitutes in Österreich V, Wien 1982, 92-162.

Gerhard Oberkofler: Der 15. Juli 1927. Regionale Bürokratie und Arbeiterbewegung, Wien 1982.

Gerhard Oberkofler: Berufungen von Naturwissenschaftlern der Universität Innsbruck an die Universität Berlin, in: Tiroler Heimat 48/49 (1984/86), 141-156.

Gerhard Oberkofler: Universitätszeremoniell. Ein Biotop des Zeitgeistes, Wien1999 (Passagen-Verlag).

Gerhard Oberkofler: Das Innsbrucker Universitätsdenkmal. Ein Gebrauchsgegenstand der Professorenwelt, in: Das Fenster 70 (2000), 6794-6797.

Zur „Sparpolitik“ Gerhard Oberkofler/Peter Goller: Geschichte der Universität Innsbruck 1669-1945, Frankfurt 1996, 305-315.

Gerhard Oberkofler/Peter Goller: Krise der Wissenschaftspolitik und Faschismus an Österreichs Universitäten. Zur materiellen Basis der „Anschlussideologie“ am Beispiel der Universität Innsbruck, im speziellen des Innsbrucker Zoologen Otto Steinböck, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Jahrbuch 1996, Wien 1996, 101-122.

Hugo Rahner: Die Geschichte eines Jahrhunderts. Zum Jubiläum der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck 1857-1957, in: Hundert Jahre Theologische Fakultät Innsbruck 1857-1957 (= Zeitschrift für Katholische Theologie 80/1), Innsbruck 1957, 1-65.

Pierre Sachse/Peter Goller: Geschichte des Instituts für Psychologie an der Universität Innsbruck 1896-1993/2000, in: Die ersten Institute für Psychologie im deutschsprachigen Raum. Ihre Geschichte und Entstehung, hrg. von Armin Stock und Wolfgang Schneider, Göttingen 2020, 201-232.

Pierre Sachse/Peter Goller (Hrg.): Franz Hillebrand. Ausgewählte Schriften zur Wahrnehmungspsychologie und Erkenntnistheorie (1889-1926), Innsbruck 2021.

Sigurd Paul Scheichl: 150 Jahre Germanistik in Innsbruck, Innsbruck 2009.

Horst Schreiber: Intellektuell bescheiden, künstlerisch anspruchslos: Die Neugestaltung des Kriegerdenkmals der Universität Innsbruck, in: Gaismair Jahrbuch 2021, 225-239.

Rainer Sprung: Haupt-Standorte der Innsbrucker Universität seit ihrer Gründung (1669), in: Festgabe für Nikolaus Grass zum 80. Geburtstag, hrg. von Louis Carlen, Zürich 1993, 327-357.

Maria Steibl: Frauenstudium in Österreich vor 1945. Dargestellt am Beispiel der Innsbrucker Studentinnen, phil. Diss., 2 Bände, Innsbruck 1985.

Peter Wiesinger: Josef Schatz (1871-1950), Sprachwissenschaftler, Dialektologe und Philologe an den Universitäten Innsbruck und Lemberg, in: Tiroler Heimat. Jahrbuch 76 (2012), 367-398.

Hermann Wopfner: Bergbauernbuch. Von Arbeit und Leben des Tiroler Bergbauern in Vergangenheit und Gegenwart, 3 Bände, bearbeitet und hrg. von Nikolaus Grass und Dietrich Thaler, Innsbruck 1995-1997.

Corinna Zangerl: Wenn Wissenschaft Lebensgrenzen setzt. Die Aufzeichnungen des Innsbrucker Physiologen Ludwig Haberlandt, Innsbruck 2014.

 

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