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... der Aufenthalt [...] nicht gestattet werde. – Universität Innsbruck

... der Aufent­halt [...] nicht gestat­tet werde.

Nach 1819 wurden die Universitäten in Österreich und im Deutschen Bund rigide überwacht, um liberale und nationale Tendenzen kontrollieren und unterdrücken zu können. In der Folge häuften sich die Ausschlüsse von Studenten, wobei die Universitäten sich gegenseitig über relegierte Studenten informieren mussten. Diese Informationsschreiben geben uns Einblick in diese Überwachung.

Universitätsarchiv Innsbruck, Akten des Rektorats, 87/R ex 1824/25
Transkription:

An das k.k. Lyzeal Rektorate dahier

In der Anlage theile ich dem Lyceal-Rectorate das Verzeichnis der im Jahre 1824 von der Universität zu Leipzig relegierten und mit dem Consilio abeundi belegten Studierenden, dann auch die Liste der im Wintersemester 1824/25 von der Großherzoglich Sächsischen Universität Jena entfernten Akademiker in der Absicht mit, dafür Sorge zu tragen, damit diesen Individuen, welche nach einem hohen Erlaße der kk. Polizeyhofstelle von allen inländischen Unterrichtsanstalten auszuschließen sind, die Aufnahme und der Aufenthalt an dem hießigen Lyzem nicht gestattet werde.

Innsbruck, den 27. Juny 1825  

Universitätsarchiv Innsbruck, Akten des Rektorats, 87/R ex 1824/25.  

Am 20. September 1819 hatte der Bundestag des Deutschen Bundes, also jenes Zusammenschlusses der deutschen Fürsten und Städte, zu denen auch der Kaiser von Österreich gehörte, vier Gesetze beschlossen, mit denen unter anderem die Zensur der Presse sowie die Überwachung der Universitäten im Deutschen Bund verschärft wurde. Diese Gesetze sind als Karlsbader Beschlüsse in die Geschichte eingegangen.

Das Gesetz, das die Universitäten betraf, verpflichtete die einzelnen Fürsten und Landesherren, die Lehre an den Universitäten streng zu überwachen und Professoren zu entlassen, die „durch Verbreitung verderblicher, der öffentlichen Ordnung und Ruhe feindseliger oder die Grundlagen der bestehenden Staatseinrichtungen untergrabender Lehren, ... unverkennbar an den Tag gelegt haben“. Außerdem wurde das Verbot von Burschenschaften verschärft. Schließlich verpflichteten sich die Fürsten des Deutschen Bundes sich gegenseitig über relegierte, das heißt, von der Universität ausgeschlossene, Studenten zu informieren, so dass diese – sofern sie sich eines Vergehens schuldig gemacht hatten – auch nicht an anderen Universitäten des Deutschen Bundes studieren konnten.

Im Archiv der Universität finden sich daher zahlreiche Schreiben von anderen deutschen Universitäten und von der Wiener Polizeihofstelle, mit denen der Universität Listen von relegierten Studenten mitgeteilt wurden. In der obigen Quelle werden diese Studenten als solche bezeichnet, die mit dem consilium abeundi (lat. „Rat, wegzugehen“) belegt wurden, einem Fachbegriff aus der akademischen Gerichtsbarkeit, der den Verweis von der Universität und die Verpflichtung, die Stadt zu verlassen, bezeichnet. Diese Dokumente geben uns wertvolle Einblicke sowohl über die Überwachung der Studenten als auch über das Verhalten der Studenten.

Blickt man nun auf die diesem Schreiben beigelegte Liste, finden sich unter den Gründen für eine Relegation mehrfach „politische Straftaten“, wie Beteiligung an der Gründung oder die Mitgliedschaft in einer Landmannschaft oder Burschenschaft. Ein vielfacher Grund für die Relegation war auch die Teilnahme an einem Duell – als Duellant oder auch als Sekundant. Auch Vergehen gegen die akademischen Gesetze, wie die „Störung der öffentlichen Ruhe“ oder „wegen sich zu Schulden gebrachten wörtlichen und thätlichen Beleidigung gegen einen anderen Studierenden“ konnten zu einem consilium abeundi führen. Auch für die Innsbrucker Universität gibt es Listen von relegierten Studenten. Die Verweise erfolgten hier jedoch selten wegen politischer Straftaten, sondern vielmehr für „schlechte Fortgangsklassen“, also schlechten Noten und nicht genügenden Prüfungsergebnissen. Eine häufige Ursache waren auch schlechte „Sittenklassen“ auf Grund von Raufhändeln, Trunkenheit oder schlechten Benehmens und Beleidigungen. Eine solche wurde etwa dem Gymnasiast Johann Wilsch zum Verhängnis, der „bey Vertheilung der Studienzeugnisse durch öffentliche Zerreissung seines Zeugnisses sich einer groben Beleidigung gegen seinen Professor und Präfekten schuldig gemacht hat“.

(Christof Aichner)

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