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Hell Silvia: Es ist Zeit für mehr ökumenische Gemeinschaft!
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Es ist Zeit für mehr ökumenische Gemeinschaft!

Autor:Hell Silvia
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:Es ist das Gebot der Stunde, ökumenisch zu denken und zu handeln. Schließlich geht es um die Glaubwürdigkeit der Kirche Jesu Christi. Der Dialog nach innen muß verstärkt werden, um mit außen Dialog führen zu können. Die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit erfordern ein gemeinsames Engagement. Zum ökumenschen Dialog gibt es keine Alternative (Kardinal Walter Kasper).
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2002-06-13

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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"Es ist Zeit für mehr ökumenische Gemeinschaft." Mit diesem Aufruf beginnt die Kundgebung, die die Synode der Evangelischen Kirche am 9. November 2000 zum Schwerpunktthema "Eins in Christus. Kirchen unterwegs zu mehr Gemeinschaft" herausgegeben hat.

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Ist heute tatsächlich Ökumene angesagt? Handelt es sich bei der Ökumene nicht um einen Sonderbereich innerhalb der Theologie? Ist es heute nicht vielmehr angebracht, auf gesellschaftspolitische Herausforderungen und auf den interreligiösen Dialog (Islam) zu achten als auf die Beschäftigung mit anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften? So und ähnlich lauten die Argumente gegen eine christliche Ökumene. Man fordert zwar den interreligiösen Dialog, hält aber den Dialog zwischen den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften für nicht so wichtig.

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"Ökumene ist kein Selbstzweck. Die Suche nach Einheit im Glauben dient der Verkündigung des Evangeliums. Der Einsatz für gerechtigkeit und Frieden in der einen Welt braucht die vereinten Kräfte der Kirchen" (EKD Texte 69, 22f).

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Der ökumenische Dialog der Kirchen muß immer beide Perspektiven im Auge haben, sowohl die Innen- als auch die Außenperspektive.

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Die Innenperspektive ergibt sich aus der Beschäftigung mit der biblischen Botschaft, die im Zentrum aller Kirchen steht und die alle Kirchen zu verkündigen, sakramental zu feiern und diakonal zu bezeugen haben. Das Befreiende der biblischen Botschaft muß gewahrt und dem Menschen von heute zugängig gemacht werden: Gott wird Mensch, damit der Mensch gerade in seiner Schuldverflochtenheit mehr Mensch werden kann (Geheimnis der Menschwerdung und Erlösung).

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Die Lutherischen Kirchen sehen in der Rechtfertigungsbotschaft die zentrale Botschaft der Schrift. In der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die am 31. Oktober 1999 von evangelischer und katholischer Seite in Augsburg unterzeichnet worden ist, wird als gemeinsame Erkenntnis formuliert: "Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht auf Grund unseres Verdienstes werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken" (Nr. 15).

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Welchen Stellenwert die Rechtfertigung hat, wurde und wird zur Zeit heftig diskutiert. Diejenigen, die die Rechtfertigungsbotschaft in einem bloß engen Sinn verstanden wissen wollen, weisen darauf hin, daß die Heilige Schrift nur an bestimmten Stellen explizit von 'Rechtfertigung' spricht und daß man der paulinischen Theologie mit der Beschreibung ihrer Botschaft als Rechtfertigungsbotschaft nicht gerecht wird. Diejenigen, die die Rechtfertigungsbotschaft in einem weiteren Sinn verstehen, erkennen in ihr eine Grundbotschaft der heiligen Schrift. Diese geht auch den Katholiken an, wiewohl er sich - was aus der Gechichte nicht schwer zu verstehen ist (s. dazu die Kontroversen in der Reformationszeit) - anders ausdrückt. Sowohl von lutherischer als auch von katholischer Seite ist man sich einig, daß die Botschaft von der Rechtfertigung auf die Mitte des neutestamentlichen Zeugnisses von Gottes Heilshandeln in Christus verweist: "Sie [die Rechtferigungsbotschaft] sagt uns, daß wir Sünder unser neues Leben allein der vergebenden und neuschaffenden Barmherzigkeit Gottes verdanken, die wir uns nur schenken lassen und im Glauben empfangen, aber nie - in welcher Form auch immer - verdienen können" (Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre Nr. 17).

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Was also ist die befreiende Botschaft der heiligen Schrift, die die gemeinsame Mitte aller Kirchen ausmacht? Das ist wohl die Erkenntnis, daß wir unendlich geliebt und angenommen sind und daß wir uns diese Liebe nicht verdienen müssen, sondern sie uns nur schenken lassen können. Es geht um das Verhältnis Gott - Mensch. Lutherischerseits richtet sich der Blick zuallererst auf Gott: auf Gottes Handeln, das der Mensch an sich geschehen lassen muß (mere passive); katholischerseits richtet sich der Blick nicht nur auf das Handeln Gottes, sondern auch auf die Rolle des Menschen, auf sein Mitwirken (cooperari), das ein von der Gnade ermöglichtes Mitwirken ist und keineswegs die Gnade ausschließt.

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Daß trotz gemeinsamer Überzeugungen noch Fragen offen sind, ist unbestritten - zum einen betreffen sie die Konsequenzen aus der Rechtfertigung (z.B. Wie ist das "simul iustus et peccator", das Gerecht- und zugleich Sündersein, zu verstehen, wenn doch katholischerseits daran festgehalten wird, daß die Taufe die Sünde hinwegnimmt?), zum anderen die Bedeutung der Kirche und ihrer Autorität. Bei der Innenperspektive geht es um die Klärung solcher dogmatischen Fragen. Dies stellt keinen Selbstzweck dar, sondern soll der Erhellung der biblischen Botschaft dienen.

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Mit Außenperspektive ist die gesellschaftspolitische Relevanz der Ökumene gemeint. Angesichts gemeinsamer Herausforderungen an unsere Kirchen in einer sich ständig verändernden Welt müssen die Kirchen heute mehr denn je ihre gemeinsame, aus der christlichen Heilsbotschaft resultierende Verantwortung erkennen und sich ihr stellen. Die "Zeichen der Zeit" sind vielfältig. "Wo etwa Schwache an den Rand gedrängt werden, über sie abschätzig geredet und damit der Gewalt Vorschub geleistet wird, müssen die christlichen Kirchen wie auch die einzelnen energisch widerstehen. Gegenüber Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus ist Toleranz nicht möglich", so heißt es im Folder "Fragen zur politischen Verantwortung" des Ökumenischen Rates der Kirchen Österreichs. Die Kirchen müssen sich gemeinsam auf ihre ureigene Berufung besinnen, nämlich den Menschen eine Botschaft des Lebens und der Versöhnung zu bringen. Diese Botschaft verändert die Gesellschaft. Sie entlarvt Unrecht und fordert zu einem Engagement für ein menschenwürdigeres Leben und eine menschenwürdigere Gesellschaft auf. Die immer wieder - trotz Einigungsbemühungen - aufbrechenden Nationalismen, der Rassismus, der wirtschaftlich orientierte Globalisierungsprozeß mit seinen Opfern, der militante Fundamentalismus, die zunehmende Gewaltbereitschaft und wachsende religiöse Entfremdung, das ansteigende Ungleichheitsgefälle zwischen Arm und Reich - das alles sind Entwicklungen, denen sich die Kirchen in gemeinsamer Sorge stellen müssen. Wie lang könen wir uns die Trennung der Kirchen noch leisten? Müssen wir nicht alles tun, um die biblische Botschaft gemeinsam glaubwürdig zu vertreten? Die bestehende Trennung "ist ein Ärgernis für die Welt und ein Schaden für die heilige Sache der Verkündigung des Evangeliums vor allen Geschöpfen" (Ökumenismusdekret des 2. Vatikanischen Konzils 1). Es ist tatsächlich Zeit für mehr ökumenische Gemeinschaft!

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