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Institutsgeschichte – Universität Innsbruck

Zur Geschichte der Sprachwissenschaft an der Universität Innsbruck

Die Sprachwissenschaft in Innsbruck blickt auf eine Tradition zurück, die ihren Ursprung bereits im 19. Jahrhundert hat. In den Anfängen waren es vor allem die Klassischen Philologen, die sich neben ihren Studien zu Latein und Griechisch intensiv mit vergleichender Sprachwissenschaft beschäftigten. Hier ragen die Namen von Bernhard Jülg und Friedrich Stolz besonders heraus.

Im Jahr 1863 wurde Bernhard Jülg nach Innsbruck berufen und eröffnete damit ein neues Kapitel in der Erforschung von Sprachen. Seine Leidenschaft galt insbesondere dem Sanskrit und den mongolischen Sprachen, darunter das Kalmückische. Sein Werk, "Mongolische Märchen", erfreut sich bis heute großer Beliebtheit und wird immer wieder neu aufgelegt.

1878: Zulassung von Frauen als Hospitantinnen für einzelne, ausgewählte Vorlesungen an der Universität Innsbruck.

Mongolische Märchen 2014


 

 

Friedrich Stolz übernahm im Jahr 1887 nach dem Tod von Bernhard Jülg dessen Lehrstuhl und brachte eine bemerkenswerte Veränderung mit sich: Der Lehrstuhl wurde in Vergleichende Sprachwissenschaft umbenannt. Dies markierte eine wichtige Verschiebung in der akademischen Landschaft, da die Sprachwissenschaft nunmehr unabhängig von der Klassischen Philologie existierte. 1890 wurde Stolz zum ordentlichen Professor ernannt, 1894/1895 zum Dekan gewählt, 1898/1899 zum Rektor ernannt und 1911 mit dem Titel „Hofrat“ ausgezeichnet. Die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften zu Wien wählte ihn zum korrespondierenden Mitglied. Stolz gilt auch als einer der Begründer der wissenschaftlichen Ortsnamenforschung in Tirol, die bis heute ein Schwerpunkt des Instituts für Sprachwissenschaft ist.

Der erste explizit sprachwissenschaftliche Habilitierte in Innsbruck war 1895.

1897: Formale Zulassung von Frauen zum Studium an der Philosophischen Fakultät.

1907: erste Promotion einer Frau an der Universität Innsbruck: Historikerin

Stolz, Urbevölkerung Tirols neu

Alois Walde trat 1912  die Fußstapfen von Friedrich Stolz. Seine Amtszeit erstreckte sich bis 1922, als er einem Ruf nach Königsberg folgte. Walde, dessen "Lateinisches etymologisches Wörterbuch" und vor allem sein "Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen" (mit J. Pokorny) zu den Standardwerken der Indogermanistik zählen, leistete Beiträge zur Laryngaltheorie und vor allem zur Untersuchung des Wortbestandes der indogermanischen Sprachen. Seine mehrbändigen etymologischen Wörterbücher wurden mehrfach neu aufgelegt und erweitert und sind noch heute in Gebrauch.

1928 wurde Hermann Ammann aus Freiburg nach Innsbruck berufen. Mit seiner Berufung wurde durch das Seminar für Vergleichende Sprachwissenschaft  auch die institutionelle Selbstständigkeit des Faches begründet. Ammanns wissenschaftliches Hauptanliegen war es, das scheinbar Willkürliche der Sprache auf seine verborgene Gesetzmäßigkeit zu prüfen. In seiner Antrittsvorlesung stellte er die Frage, ob es allgemeingültige kausale Gesetze für den Sprachwandel gebe. Er stellte die These auf, dass der Sprachwandel auf den Wandel gesellschaftlicher Normen zurückgeht. Amman, dessen Interessensgebiet neben der Indogermanistik und Klassischen Philologie vor allem die Allgemeine Sprachwissenschaft war - bekannt ist ein sprachtheoretisches Werk "Die menschliche Rede" (zwei Bände, 1925–1928), in dem er erstmals das Konzept von Thema und Rhema formulierte - wirkte als Leiter des Instituts für Sprachwissenschaft bis zu seinem Tod. Rufe an die Universitäten Graz (1940) und Wien (1955) lehnte er ab.  

Johann Knobloch wurde 1957 Nachfolger Ammans und war ein vorzüglicher Kenner der kaukasischen Sprachen und der Sprachen der Roma. Im Frühjahr 1943 hatte Knobloch, so die Webseite roma_2000, zehn Tage im burgenländischen "Zigeuner-Anhalte- und Zwangsarbeitslager" Lackenbach zu Studienzwecken verbracht, "einen Überblick über die Zigeunerdialekte Burgenlands" (Knobloch, 1943, S. 1) zu geben. Diese sprachwissenschaftlichen Forschungen waren im Auftrag der SS-Forschungsinstitution „Ahnenerbe“ durchgeführt worden. Die Seite roma_2000 führt weiter an: "Inwieweit Johann Knobloch von dem Hintergrund des Forschungsauftrages und von den konzentrationsähnlichen Zuständen im Lager Lackenbach informiert war, ist nicht bekannt. In einem Interview im Jahre 1990 mit der Literaturwissenschaftlerin Beate Eder (Eder, 1993, S. 241) stritt er ab, etwas davon gewusst zu haben."  

Die Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft wurden 1953 von Knobloch begründet, später viele Jahre von Hermann Ölberg und nach dessen Emeritierung 1987 bis heute von Wolfgang Meid herausgegeben.​

Walde, Vergleichendes Wörterbuch
Walde, Kelten


Ammann, Die menschliche Rede2

Ab 1965hatte schließlich Wolfgang Meid die ordentliche Professur für Sprachwissenschaft inne. Wolfgang Meid gilt als einer der international führenden Indogermanisten und Keltologen und gründete renommierte wissenschaftliche Reihen, die zum internationalen Ansehen des Instituts für Sprachwissenschaft entscheidend beigetragen haben: die Innsbrucker Beiträge zur Sprachwissenschaft(1970 von Wolfgang Meid begründet und bis heute herausgegeben) und Archaeolingua(1992von Wolfgang Meid und Erzsébet Jerem begründet und bis heute herausgegeben). 2004wurde ihm der „Doctor of Celtic studies honoris causa“ (D. Litt. Celt. h. c.) der National University of Ireland verliehen.

Das Institut gliederte sich fortan in drei Abteilungen: Indogermanistik, Allgemeine Sprachwissenschaft und Angewandte Sprachwissenschaft. Dieser Gliederung wurde auch in der sprachwissenschaftlichen Studienordnung Rechnung getragen, d.h. ein Studium aller drei Fächer war möglich. Meid steht dem Institut auch nach seiner Emeritierung zur Seite und betreut weiterhin die drei Reihen.

1968habilitierte sich Hans Schmeja für Indogermanistik und 1972 Hermann Ölberg für das Gesamtfach Sprachwissenschaft. Ölberg forschte zur Albanologie und zum Esperanto und erhielt 2005 ein Ehrendoktorat der Republik Albanien.

Meid, Die Kelten


Ölberg, Habilitation

 

Im Juni 1993 habilitierte sich Peter Anreiter, der am Institut den heutigen Schwerpunkt Namenforschung begründet hat, mit einer Arbeit über „Das Nachleben keltischer Appellativa in den romanischen Sprachen“. Seit 2006 ist Peter Anreiter außerdem Leiter  der Tiroler Nomenklaturkommission und gibt verschiedene Reihen heraus, wie z.B. die Innsbrucker Beiträge zur Onomastik und die Studia Interdisziplinaria Ænipontana. Er emeritierte 2019.

Anreiter, österreichische Namen

 

 

1996wurde Manfred Kienpointner für Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft an das Institut für Sprachwissenschaft. 1985 gründete er den nach wie vor regelmäßig tagenden Innsbrucker linguistischen Arbeitskreis, gemeinsam mit Maria Iliescu und Silvio Ghislimberti. Kienpointner gründete außerdem 1999das Innsbrucker Sprachtelefon, eine Beratungseinrichtung zur Fragen aus der Bevölkerung und den Standesämtern zu Themen wie Herkunft und Gebräuchlichkeit von Namen, Orthographie, Grammatik, Stilistik. Bis heute wurden über 4.000 Anfragen bearbeitet. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Rhetorik und Argumentation, Grammatiktheorie, kontrastive Grammatik, strukturelle Semantik, Höflichkeitsforschung und feministische Linguistik. Er emeritierte 2020.

Kienpointner, Alltagslogik

 

 

Seit 2013 verstärkt Senior Scientist Gerhard Rampldas Stammpersonal und den onomastischen Schwerpunkt am Institut, der außerdem die thematische Seite onomastik.at betreut. 

Die Schwerpunkte der Allgemeinen und Angewandten Sprachwissenschaft werden ebenfalls von folgenden Mitarbeiterinnen beforscht: Senior Scientist Elisabeth Mairhofer in den Bereichen feministische Linguistik und Wissenschaftstheorie, Senior Scientist Marlene Mussner im Bereich Semantik und Lexikologie, Ass.Prof. Claudia Poschim Bereich feministische Linguistik und politische Rhetorik (beide seit 2006).

Mit Shinhyoung Kang konnte der Bereich der kontrastiven Grammatik auf den ostasiatischen Raum (Schwerpunkt Koreanisch und die anderen ostasiatischen Sprachen wie Japanisch und Chinesisch) ausgedehnt werden.  


 

2001wurde Ivo Hajnal der Nachfolger von Wolfgang Meid als ordentlicher Professor für Sprachwissenschaft (Bereich: Indogermanistik). Von 2006 bis 2019 war er in Nachfolge von Prof. Christian Smekal Vorsitzender des Senats. Hajnal forscht unter anderem in den Schwerpunkten Historische Sprachwissen-schaft, hier besonders zur Syntax, und Sprachkontakt.

Auch Ass.Prof. Katharina Zipser (seit 2010, promotio sub auspiciis 2010, Habilitation 2019) vertritt den Schwerpunkt der Indogermanistik neben Themen des Spracherwerbs und des Sprachwandels.

Hajnal, mykenisches Kasussystem
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