Susanne Loewit ANIMA
Am 8. November wurde die Ausstellung von Susanne Loewit, Anima, eröffnet. Die in Reith bei Brixlegg geborene und dann viele Jahre in Landeck lebende Künstlerin griff für diese Ausstellung auf einen Begriff aus der Analytischen psychologie C.G. Jungs zurück. Animus und Anima bezeichnen dort allgemein-menschliche Strukturen der Möglichkeit von Imagination und Emotion, die sich außerhalb als Ambivalenzen, etwa von Freude und Trauer, Liebe und Hass, darstellen. Dabei bleibt das kollektive Unbewusste in einer Ambivalenz zwischen weiblich und männlich, die Anima als bipolare Kraft ist auch das Weibliche der männlichen Seele.
Die Künstlerin, für die Anima eine Chiffre für innere Seelenzustände abgibt, sondiert an den äußeren Erscheinungen. Susanne Loewit fotografiert Frauen in Alltagshaltung und zoomt am Computer in die Details, gerne auf Mund und Augen, um das Umfeld auszublenden, das Gesten im Allgemeinen leichter zu identifizieren erlaubt. Diese Einengung des Sichtfeldes soll der Betrachterin der in Öl auf Leinwand malerisch festgestellten Fragmente einen möglichst großen Raum der interpretierenden Sicht ermöglichen. Der Blick auf die Seelenzustände der anonymen Frau wird damit unversehens zu einer Schau in die eigene Seelenlandschaft. Der geöffnete, rot geschminkte Mund ist ein besonders intensiver körpersprachlicher Signalgeber, der in der hier gezeigten Isolation seine ganze Geheimnishaftigkeit entfaltet. Loewit bettet dieses Geheimnis manchmal in das Muster eines orientalischen Teppichs, der von verborgener Geometrie und magischen Mandalas lebt, deren Bedeutung ebenso vielfältig und schwierig aufzulösen ist wie menschliche Seelenzustände. (Bernhard Braun)
Mit der Ausstellung Susanne Loewits endet die 20-jährige Tradition von „Kunst im Gang“, weil der Organisator der Ausstellungen, Bernhard Braun, im kommenden Jahr in den Ruhestand tritt. An einer Fortsetzung der Ausstellungstätigkeit im Kunstgang der Fakultät, dann allerdings unter der Ägide der Universität und des Instituts für Kunstgeschichte, wird gearbeitet.
120-Jahr-Jubiläum der ukrainisch-katholischen Theologiestudenten
Seit 1899 studieren Angehörige der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche (UGKK) an unserer Fakultät Theologie, die meisten von ihnen lebten und leben im Collegium Canisianum. Die ukrainische Präsenz wurde nur unterbrochen durch die Aufhebung der Fakultät in der Zeit des Nationalsozialismus und durch die schwierigen Verhältnisse im beginnenden „Kalten Krieg“ nach 1945. – 1899 gilt damit auch als Beginn des ukrainisch-katholischen Gemeindelebens in Tirol.
Zum Kreis der Ukrainer an unserer Fakultät gehörte unter anderem Josyf Kardinal Slipyj (1893–1984), der ab 1944 Oberhaupt der UGKK war und der erst gegen Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils die Erlaubnis erhielt, die Sowjetunion für die Reise nach Rom zu verlassen. Auch einige Neumärtyrer der UGKK haben bei uns studiert; die Erinnerung an sie wird im Canisianum wachgehalten.
Das Jubiläum wurde mit einem Festwochenende vom 8. bis 10. November gewürdigt, zu dem das jetzige Oberhaupt der UGKK, Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk (*1970), Innsbruck besuchte. Im Rahmen eines Festakts an unserer Fakultät dankte der Großerzbischof für die Zusammenarbeit zwischen der ukrainisch-katholischen Kirche und unserer Fakultät. Ausgehend von der Etymologie des Namens „Inns-Bruck“ ermutigte er, im akademischen Studium und mit einer geisterfüllten Spiritualität „Brücken“ zur Persönlichkeitsreifung zu überschreiten.
Beim Festakt wurden auch zwei Publikationen vorgestellt: Eine geschichtliche Darstellung mit dem Titel „Griechisch-katholisches Exil in der Salvatorgasse, Hall in Tirol, 1950–1959“ von Heinz Panteleymon Gstrein sowie die Festschrift „120 Jahre ukrainische Theologiestudenten und ukrainische Gemeinde Innsbruck“, zu deren Redaktionsteam auch unsere derzeitigen Doktoranden Ihor Hinda und Volodymyr Mamchyn gehörten. (Liborius Lumma)
Ukrainisch-katholische Gemeinde Innsbruck
Festvortrag
Liminale Existenzen – Tagung von Sophia forscht
Von 7. bis 8. November fand die Tagung „Liminale Existenzen. Wissenschaftlerinnen gestalten philosophische und theologische Räume“ statt. Die Vereinigung der an der Theologischen Fakultät forschenden und lehrenden Frauen unter dem Namen Sophia forscht bearbeitete das Thema in internationaler, interreligiöser und interdisziplinärer Runde.
Mary Ann Hinsdale (Boston College) forderte einen Blick jenseits von Komplementarität auf Gender-Belange in der Katholischen Kirche ein. Nicole Bauer (Innsbruck) sprach aus religionswissenschaftlicher Perspektive über die Rolle der Forscherin im katholischen Exorzismus-Feld. Irmtraud Fischer (Graz) zeigte, wie die Leistung der Bibelauslegung von Frauen einfach nicht tradiert wurde. Mira Stare (Innsbruck) wies auf die grenzüberschreitende Kraft des Magnificats und seines Kontextes hin. Ranja Ebrahim (Wien) rückte weibliche Qu’ranexegetinnen im 20. und 21. Jh. in den Mittelpunkt. Fatima Cavis (Graz) zeigte die Marginalisierung der Frau in islamischen Frauenkatechismen auf. Nehama Verbin (Tel Aviv) lud zu einem neuen Bedenken der Konstellation von Glaube und Absurdem und einem Hinhören auf Kierkegaard und Camus ein. Michaela Quast-Neulinger (Innsbruck) forderte mit „Renewal from Crisis“ andere religiöse Antworten auf krisenhafte Herausforderungen. Andleeb Nasir (Lahore) und Irmgard Klein (Innsbruck) schauten in einer global-lokalen feministisch-theologischen Zusammenarbeit auf religiöse Praktiken am Bibi Pak Daman-Schrein in Lahore/Pakistan.
Die Pluralität der Perspektiven ist für eine sachgerechte wissenschaftliche Annäherung notwendig. Vergleichbar der Geschichte der monotheistischen Religionen wurden auch in der Wissenschaft die Perspektiven und Stimmen von Frauen systematisch und über Jahrhunderte hinweg marginalisiert und vernachlässigt. Ausgehend von Theologie, Religionsphilosophie und Religionswissenschaft wurden von Sophia forscht Ungleichgewichte sichtbar gemacht und Möglichkeiten einer gleichgewichtigeren Entwicklung angezeigt. (Irmgard Klein)
(Sexualisierte) Gewalt: Ein Leben an und über der Grenze
5. Herlinde-Pissarek-Hudelist-Vorlesung
Jährlich erinnert das Wissenschaftler*innenkollektiv Sophia forscht mit einer Vorlesung an die Innsbrucker Dekanin und Professorin Herlinde Pissarek-Hudelist. Zum 5. Mal fand die Veranstaltung am 6. November in Innsbruck statt. Die Wiener Religionspädagogin Andrea Lehner-Hartmann sprach zum Thema: „(Sexualisierte) Gewalt: Ein Leben an und über der Grenze“.
Andrea Lehner-Hartmann führte aus, auf welche Weise (sexualisierte) Gewaltübergriffe in ihrer oftmals ritualisierten Form nicht nur Grenzverletzungen bewirkten, sondern auf die Zerstörung von Identität abzielten. Die Rednerin machte diesen Zustand als einen Ort negativer Liminalität für die Betroffenen aus, an welchem sie gefangen und festgehalten würden, der sie in Handlungen wie diskursiven Akten ihrer Selbstmächtigkeit, ihres Selbstwertgefühls und ihrer sozialen Integration beraube. Sexualisierte Gewalt erschüttere die Person in ihren bisherigen Sicht- und Existenzweisen, so Lehner-Hartmann, ohne Option auf ein neues integres Selbst. An der Grenze zur Zerstörung der Person erwächst neben der Frage nach Humanität für Lehner-Hartmann auch die Frage nach der Wirksamkeit theologischer Konzepte. Tragen sie zur Aufrechterhaltung der Gewaltverhältnisse bei oder eröffnen sie Optionen für ein befreites Leben?
Andrea Lehner-Hartmann studierte Katholische Fachtheologie und Selbständige Religionspädagogik in Wien und Freiburg im Breisgau. Nach der Habilitation 2013 lehrt sie seit 2015 als Universitätsprofessorin für Religionspädagogik und Katechetik am Institut für Praktische Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Sie ist Vorsitzende des Österreichischen Religionspädagogischen Forums und stellvertretende Leiterin des Zentrums für LehrerInnenbildung der Universität Wien. (Irmgard Klein)
Fortbildungen zu Neuen Medien in der Lehre
Eine Gruppe Lehrender unserer Fakultät widmete sich am 10. Oktober einer Fortbildung über „Digitale Medien als Lern-, Lehr- und Prüfungsinstrument“.
Die Referenten, Michael Eichhorn und Alexander Tillmann vom „Studium Digitale“ der Goethe-Universität Frankfurt/Main, bauten mit ihren Impulsen für die Hochschullehre auf einer Einstiegsveranstaltung auf, die einige Monate zuvor die Romanistin und Hochschuldidaktikerin Elke Höfler (Graz) für uns durchgeführt hatte.
Die Modernisierung und Digitalisierung der Lehre ist ein großes Anliegen der Universität Innsbruck, so wurden 2017 an allen Fakultäten Beauftragte für Neue Medien in der Lehre eingesetzt. An unserer Fakultät ist dies Liborius Lumma vom Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie.
Die Resultate dieser individuellen und gemeinschaftlichen Entwicklungen werden die Studentinnen und Studenten unserer Fakultät in den kommenden Jahren in unseren Lehrveranstaltungen erleben und – so hoffen wir! – auch genießen. (Red.)
E-Learning-Abteilung der Universität Innsbruck
FSP-Tag „Fest – Feiern zwischen Kulturphänomen, sakralem und profanem Ereignis“
Der universitäre Forschungsschwerpunkt (FSP) „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“ veranstaltete am 3. Oktober seinen jährlichen FSP-Tag. Dem Forschungsschwerpunkt gehören zwei Forschungszentren unserer Fakultät an, nämlich „Synagoge und Kirchen“ und „Religion – Gewalt – Kommunikation – Weltordnung“ (RGKW).
Ort war das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, in dessen Räumen kurz zuvor die Ausstellung „Schönheit vor Weisheit“ eröffnet worden war. Wie die Ausstellung deutete auch der Titel des FSP-Tags „Fest – Feiern zwischen Kulturphänomen, sakralem und profanem Ereignis“ auf das 350-Jahr-Jubiläum der Universität Innsbruck hin und war diesem Anlass thematisch gewidmet.
Den Auftakt des FSP-Tags bildete die Vorstellung eines studentischen Projekts, das die Aktivitäten der Uni Innsbruck im Jubiläumsjahr näher unter die Lupe nahm; es stand unter der Leitung des FSP-Sprechers Timo Heimerdinger vom Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie. Weitere Beiträge steuerten im Laufe des Tages neben Vertreterinnen und Vertretern aus Religionswissenschaft, Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte, Slawistik und Geschichtswissenschaft – Liborius Lumma, Reinhard Meßner und Roman Siebenrock aus unserer Fakultät bei.
Seinen Ausklang fand der FSP-Tag mit einem Poetry-Slam im Arkadenhof unserer Fakultät. (Liborius Lumma)
Tagungsprogramm mit Abstracts der Vorträge
Fakultät und Diözesanleitung im Gespräch
Ziel einer jährlichen Begegnung zwischen Lehrenden und Studierenden der Theologischen Fakultät Innsbruck und der Diözesanleitung ist die Intensivierung der Kooperation und Kommunikation. Ein derartiges Treffen fand am 26. September unter dem Vorsitz von Dekan Josef Quitterer und Bischof Hermann Glettler statt. Das erste Gesprächsthema war die Förderung und wertschätzende Positionierung der Fachtheologie – nicht nur in der gesellschaftlichen Wahrnehmung, sondern auch innerhalb der Diözese. Allseits wurde betont, dass das Studium der Katholischen Fachtheologie die entscheidende Vorbereitung und Bedingung für die Anstellungen in allen pfarrlichen und kategorialen Seelsorgebereichen der Diözese sei.
Auch das Verhältnis zur religionspädagogischen Ausbildung wurde erörtert, das einen wichtigen Stellenwert einnehme, um den Religionsunterricht in höheren Schulen auch in Zukunft zu gewährleisten. Einen großen Teil des Gesprächs nahm die Erörterung spezifischer Reformthemen ein – zum Beispiel das Diakonat der Frau. Mehrfach wurde betont, dass sich die Vertreter*innen der Theologie wünschen, mit ihren Forschungserträgen – soweit sie auf einem breiten Konsens beruhen – auch in kirchliche Entscheidungen stärker einbezogen zu werden.
Ein gemeinsames Abendessen auf Einladung des Bischofs schloss die konstruktive Begegnung ab. (Gilbert Rosenkranz)
Welt am Abgrund?
Theologische Sommertage feiern 20-jähriges Jubiläum
Umweltkatastrophen, politische Umbrüche, Wirtschaftskrisen, Big Data und künstliche Intelligenz. Verfolgt man die täglichen Nachrichten in Printmedien, Radio, Fernsehen und Internet, entsteht der Eindruck, die Welt von heute stehe unmittelbar vor dem Abgrund. Grund genug für die diesjährigen Theologischen Sommertage (2. bis 3. September), sich dem Thema Zukunft bzw. dem Umgang mit Krisen zu widmen. Bei dem bunten Vortragsprogramm, an dem sich Theologen, Philosophen und Psychologen beteiligten, ging es zum einen um die Frage nach der konkreten Zukunft, zum anderen darum, wie sich Menschen die Zukunft vorstellen – und zwar die Menschen von heute ebenso wie die Menschen in biblischen Zeiten oder im Lauf der Kirchengeschichte. Denn auch damals schon bündelten sich in den Zukunftserwartungen Hoffnungen und Sehnsüchte ebenso wie Ängste und düstere Prophezeiungen.
Fernab von der Hektik überfüllter Freibäder und bevölkerter Wanderrouten fanden sich also auch heuer wieder gut 80 Teilnehmer*innen im Madonnensaal ein und machten sich gemeinsam mit den Dozent*innen der Theologischen Fakultät auf die Spurensuche nach prophetischen Zukunftsbildern bzw. diskutierten darüber, was die moderne Robotik für unser Menschsein bedeutet, oder ob die Welt trotz Klimawandels noch eine Zukunft hat. Aufgrund des 20-jährigen Jubiläums wurde dieses Mal auch ausgiebig bei Kaffee und Kuchen gefeiert, Bischof Hermann Glettler kehrte eigens vom Internationalen Filmfestival in Venedig zurück, um seine Grußworte zu sprechen und eine thematische Einstimmung zu geben. (Claudia Paganini)
Theologie und Stadtplanung – ein inspirierendes Fachgespräch
Eine ethnographisch ausgerichtete Tagung des Fachbereichs für Pastoraltheologie versammelte vom 29. bis 30. Juli Theolog*innen und Stadtplaner*innen in der Innsbrucker Kulturbackstube DIE BÄCKEREI. Immer wieder geht es in der pastoraltheologischen Reflexion um die notwendigen Veränderungen der kirchlichen Orte wie auch darum, Theologie an neuen, ungewöhnlichen Orten zu überdenken. Als Theologie eine explorative Neugier zu pflegen, ist dem Pastoraltheologen Christian Bauer ein Grundanliegen: „Die Theologie kann nicht davon ausgehen, dass sie schon alles weiß. Sie muss auf Entdeckung gehen, in die Gesellschaft hinein.“
„Freigeben und Rückgewinnen“ – unter diesem Motto diskutierten die Teilnehmenden mit Martina Baum (Stadtplanung, Universität Stuttgart) und Christian Bauer. Ausgangspunkt des Fachgesprächs in einem offen strukturierten Setting waren die beiden Projekte „St. Maria als ...“ (Katholische Kirche und Verein Stadtlücken/Stuttgart, Transformationsprozess unter dem Titel „Wir haben eine Kirche, haben Sie eine Idee?“) und die Kulturbackstube DIE BÄCKEREI. Zwei urbane Orte, welche die soziale Phantasie beflügeln, und zwei wissenschaftliche Disziplinen, die sich genau dafür interessieren – das war die Versuchsanordnung des für beide Seiten höchst anregenden Dialogs über gutes Leben in der Welt von heute, genauer: über institutionelles Freigeben und gesellschaftliches Rückgewinnen von öffentlichem Raum. „Die Theologie muss lernen, was Menschen heute glauben. Wovon und wofür Menschen heute leben.“ (Christian Bauer)
Internationale Konferenz zum Thema Migration
Vom 10. bis 13. Juli fand an unserer Fakultät zum zweiten Mal die Jahrestagung des internationalen Colloquium on Violence and Religion (COV&R) statt. Ca. 140 Teilnehmer*innen von Australien bis Kolumbien, von Irland bis Südafrika waren nach Innsbruck gekommen. Den methodischen Fokus von COV&R bildet der kulturanthropologische Ansatz der Mimetischen Theorie, der auf den 2015 verstorbenen franko-amerikanischen Historiker, Anthropologen und Literaturwissenschaftler René Girard zurückgeht, der auch Ehrendoktor der Universität Innsbruck ist.
Der diesjährige, vom Institut für Systematische Theologie organisierte Kongress stand unter dem Titel „Imagining the Other: Theo-Political Challenges in an Age of Migration”. In Auseinandersetzung mit Referent*innen aus Soziologie, Ethnologie, Politikwissenschaft, internationalem Recht, Religionswissenschaft, Philosophie und Theologie bewährte sich die analytische und interpretative Stärke des Ansatzes erneut. Zahlreiche Phänomene, die Europa und die internationale Gemeinschaft derzeit bewegen und verunsichern, wie Migrationsbewegungen und die darauf reagierenden Verfeindungs- und Exklusionsmuster oder die Herausforderungen interkulturellen und interreligiösen Zusammenlebens in zunehmend pluralisierten Gesellschaften, können mithilfe der Mimetischen Theorie besser verstanden werden.
Jedoch bei der Analyse stehen zu bleiben, mag angesichts brennender Fragen zu wenig sein. Zu Recht erwartet die Gesellschaft von der Wissenschaft auch Lösungsansätze. Wie ein solcher Impuls aussehen kann, wurde eindrucksvoll von Peter Balleis SJ im Eröffnungsvortrag demonstriert. Balleis ist seit 2016 Executive President von Jesuit Worldwide Learning. Diese Einrichtung organisiert weltweit Studienprogramme in Krisen- und Kriegsgebieten, um jungen Menschen gerade dort eine Perspektive zu eröffnen und so die Ursachen von Armut, Gewalt und Flucht zu bekämpfen. Die Inhalte zum online-gestützten Unterricht werden von Universitäten weltweit geliefert. Auf diese Weise findet eine Vernetzung von Kulturen statt, die einen enormen Beitrag zur Überwindung wechselseitiger Vorurteile und zerstörerischer Rivalität leisten kann. (Wilhelm Guggenberger)
Europäisches Netzwerk von Universitäten und Fakultäten in Innsbruck gegründet
Die Jesuiten haben bei der Gründung der Universität Innsbruck eine entscheidende Rolle gespielt. 350 Jahre nach der Universitätsgründung war die Theologische Fakultät zum ersten Mal in ihrer Geschichte Schauplatz für das Treffen von Präsident*innen und Dekan*innen von 32 jesuitisch geprägten Universitäten und Fakultäten in Europa und dem Nahen Osten. Vertreter*innen aus Campion Hall-Oxford, der Universidad Deusto in Bilbao, dem Newman Institut in Uppsala, dem St. Thomas Institute in Moskau, der Université St. Joseph in Beirut und 40 weiteren Institutionen (Universitäten, Fakultäten, Technische Hochschulen) trafen sich vom 7. bis 9. Juli an unserer Fakultät zu einem intensiven Gedankenaustausch.
Nach der Begrüßung durch Bischof Glettler, Vizerektorin Tanzer und Dekan Quitterer eröffnete Katherine Dormandy vom Institut für Christliche Philosophie die Tagung mit einem Vortrag zum Thema „Trust“. In ihrem Vortrag unterstrich sie die zentrale Bedeutung von Vertrauen für das Netzwerk von jesuitisch geprägten Institutionen. In diesem Sinne wurde dann während des Treffens eine engere Zusammenarbeit im neu gegründeten Kircher-Netzwerk vereinbart. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss verschiedener jesuitisch geprägter Institutionen in Europa. Unsere Fakultät ist dabei nicht nur Teil dieses Europäischen Netzwerks, sie partizipiert dadurch an der International Association of Jesuit Universities, einer weltweiten Vereinigung von über 100 Universitäten, Fakultäten und Hochschulen, die von Jesuiten personell oder materiell unterstützt werden.
Neben einer stärkeren Vernetzung in Forschung und Lehre, einer Intensivierung des Studierendenaustauschs wurde auch die Initiative Higher Education and Social Transformation (HEST) vorgestellt, an welcher Forscher*innen aus den unterschiedlichen Standorten in sieben Cluster-Schwerpunkten (Ecology, Economy, Migration and Refugee, Christian Muslim Relations, Science and Religion, Ignatian Studies, Anthropology) wirken. Angehörige unserer Fakultät arbeiten federführend in zwei Clustern mit. Ein weiterer Schwerpunkt des in Innsbruck neu gegründeten Netzwerkes ist ein Bildungs- und Förderprogramm in Pakistan, in welchem Irmgard Klein vom Institut für Praktische Theologie bereits diesen Sommer in Pakistan gelehrt hat. Darüber hinaus sind Institutionen des Kircher-Netzwerks in unterschiedlicher Form am Jesuit-Worldwide-Learning-Projekt engagiert. In diesem Projekt geht es um universitäre Weiter- und Ausbildung von Menschen in Flüchtlingslagern und anderen sozialen Brennpunkten.
Von allen Beteiligten wurde die exzellente Arbeits- und Gesprächsatmosphäre an der Fakultät und die Gastfreundschaft im Jesuitenkolleg gelobt, die das Treffen zu einem Erfolg werden ließen. (Red.)
Buchpräsentation „Geschichte der Kunstphilosophie und Ästhetik“
Nach rund zwanzigjähriger Arbeit konnte Bernhard Braun am 26. Juni sein neu erschienenes Opus vorstellen. Institutsleiter Christian Kanzian begrüßte rund hundert Anwesende, darunter zahlreiche Personen aus dem Kunst- und Kulturbetrieb. Der Autor verwies auf den Umstand, dass es zwar unzählige Philosophie- und Kunstgeschichten gibt, dass aber Kunstphilosophie und Ästhetik in der Philosophiegeschichtsschreibung immer Stiefkinder blieben. Das etwa 2.000 Seiten umfassende vierbändige Werk, das die Einflüsse religiöser und philosophischer Ideengebäude auf Kunst und Architektur nachzeichnet und zeigt, welche Theorien für den Umgang mit Kunst und Architekturwerken entwickelt wurden, deckt daher ein Desiderat ab. Es ist der erste Überblick über die Geschichte der europäischen Kunstphilosophie und Ästhetik im Hinblick auf bildende Kunst und Architektur und entwirft einen faszinierenden Gang durch die europäische Kultur-, Ideen- und Kunstgeschichte von den Anfängen künstlerischer Tätigkeit in der Ur- und Frühgeschichte über die Hochkulturen in Mesopotamien und Ägypten, die klassische Antike, Mittelalter, Renaissance und Neuzeit bis hin zur Gegenwart.
Wie Reinhard Margreiter in seiner Vorstellung des Werks ausführte, bieten die Bücher eine Fülle von empirischem Wissen, Theorien und Argumentationen, die im Niemandsland zwischen Philosophie und Kunst spielen. Solche Theorien und Argumentationen werden nicht nur in ihrer historischen Wirkgeschichte entfaltet, sondern im Zusammenhang mit Fragen nach Kunst und Kunstwerk, nach der Rolle von Schönheit, nach Kunstpraxis und Institution innerhalb der verschiedenen kunstphilosophischen Positionen systematisch thematisiert. Von den Rednern wurde zudem darauf hingewiesen, wie sehr die Verbindung von Kultur-, Ideen- und Kunstgeschichte dieses Werk auch zu einer spannenden Erzählung über die kulturelle Identität Europas macht. (Red.)
Exkursion zur Römischen Kurie
56 Theologiestudierende der Katholisch-Theologischen Faultäten der Universitäten Innsbruck und Salzburg befanden sich vom 19. bis 25. Mai auf einer von Wilhelm Rees, Fach Kirchenrecht des Instituts für Praktische Theologie in Innsbruck, gemeinsam mit Andreas E. Graßmann, Fachbereich Praktische Theologie (Kirchenrecht) in Salzburg, organisierten Exkursion zu Einrichtungen der Römischen Kurie, um deren Struktur und Arbeitsweise näher kennenzulernen.
Insgesamt 18 Kongregationen, Päpstliche Räte, Gerichte, Präfekturen und Sekretariate sowie das Centre for Child Protection an der Päpstlichen Universität Gregoriana öffneten für die Exkursionsgruppe ihre Tore. In den meisten Fällen führten deutschsprachige Mitarbeiter in die Geschichte und das Arbeitsfeld ein und antworteten auf die zahlreichen Fragen der Studierenden. Alle Besuche waren auf ihre Art faszinierend und interessant, sodass es schwerfällt, ein Highlight der Woche zu benennen. Insgesamt wurde den Studierenden bewusst und auch immer wieder deutlich gesagt, dass die, im Vergleich zu weltlichen Organisationen, personell äußerst dünn besetzte Römische Kurie nicht für alles zuständig sein kann, will und ist. Vielmehr sind die Ortskirchen mit ihren Bischöfen gefragt, wenn es darum geht, den Glauben lebendig zu halten und Strukturen anzupassen.
Ein besonderes Highlight war die Feier der Heiligen Messe am Grab des Apostels Petrus im Petersdom, welche der Regens des Innsbrucker Priesterseminars Roland Buemberger zelebrierte.
Nicht zuletzt war in den Gesprächen in den einzelnen Einrichtungen immer wieder etwas über die Reformpläne von Papst Franziskus bezüglich Römischer Kurie, die mit der Apostolischen Konstitution „Praedicare evangelium“ bald erwartet wird, zu hören. (Wilhelm Rees, Andreas Graßmann)