Fernando Ruiz Peyré
Die größere Welt
(21.06.2019)
Fernando blickt beim Arbeiten hin und wieder aus dem Fenster seines Büros im sechsten Stock des Bruno-Sander-hauses und mustert die Berghänge. „Auch meine Heimatstadt Mendoza liegt in der Nähe von Bergen“, sagt der Geograph, „vielleicht fühle ich mich deswegen hier auch so wohl.“ Fernando Ruiz Peyré ist in einer Stadt in Westargentinien als, wie er sagt, „schüchterner Bub“ aufgewachsen. Nie hätte er sich gedacht, dass er eines Tages seine Heimat verlassen wird. „Ähnlich wie der Erztiroler, der hier geboren wird, lebt und stirbt, war ich auch der festen Überzeugung, nie für längere Zeit Mendoza zu verlassen“, erklärt Fernando. Doch es kam anders: Er lernte Martin Coy, Professor und Südamerikaexperte aus Tübingen kennen, und entschied sich ein Austauschjahr in Deutschland zu absolvieren. „Finanziell konnte ich es mir gerade so leisten und Europa reizte mich“, meint Fernando. Er ging für ein Jahr nach Tübingen, wollte dort studieren und die Welt ein bisschen besser kennenlernen. Wie es das Schicksal aber so wollte, lernte er nicht nur die Welt, sondern auch eine Frau kennen, in die er sich verliebte. Schlussendlich reiste er nach dem Jahr wieder nach Argentinien zurück - mit zwei klaren Zielen: Sein Studium abschließen und nach Deutschland zurückkehren.
Über Umwege nach Innsbruck
Manchmal packt Fernando der Ehrgeiz und er bekommt einen Lauf, und alles, was er sich vorgenommen hat, verwirklicht sich. In so einer Phase schloss er sein Studium ab und kehrte, wie er es sich auch vorgenommen hatte, nach Deutschland zurück. Dort wartete nämlich seine Freundin auf ihn, aber auch Professor Coy, der, wie er sagte, bald für eine Vertretungsprofessur nach Österreich, genauer gesagt nach Innsbruck, ziehen wollte. Professor Coy sollte aber auch die Doktorarbeit betreuen, die Fernando nun, da er wieder in Deutschland war, schreiben wollte. Also entschloss sich Fernando kurzerhand nach Tirol zu ziehen. Zusammen mit seiner Frau, die Freundin, die aus Tübingen nachzog, baut sich der Wissenschaftler in Innsbruck seitdem ein Leben auf: Er ist Vater von zwei Kindern, lehrt und forscht am Institut für Geographie, engagiert sich beim Interkulturellen Gemeinschaftsgarten in Wilten, und versucht, so oft es geht, sein Riverplate-Trikot auf dem Fußballplatz zum Einsatz zu bringen. 2014 hat er promoviert und daraufhin eine Postdoc-Stelle bekommen.
Argentinien in ihm
Von seiner ehemaligen Schüchternheit ist mittlerweile wenig übrig. „Ich sage meine Meinung gerne und finde, dass Leute viel mehr miteinander reden sollten“, meint Fernando. In dieser Hinsicht erkenne er viel Argentinisches an sich: „Ich bin offen, wertschätzend und kommunikativ und das versuche ich auch auf meine Kinder zu übertragen.“ Sie sollen mit Qualitäten beider Kulturkreise aufwachsen: Argentinischen und Mitteleuropäischen, die, so Fernando, beide Vor- und Nachteile haben: „Viele Menschen in Österreich sind sehr leistungsorientiert.“ Dies führe zu wirtschaftlichem Wohlstand, habe aber auch Nachteile: „Wir verschließen auf diese Weise Augen und Ohren vor den Problemen anderer Menschen. Das finde ich nicht gut“, sagt Fernando: „Wir sollten nicht vergessen, dass wir in Innsbruck sehr behütet leben“, weiß der Geograph und ergänzt: „Die Welt aber ist viel größer.“
(Autor: Haris Kovacevic)
Steckbrief
Name
Fernando Ruiz Peyré
Funktion
Postdoc am Institut für Geographie
An der Uni seit
2006
Wohnort
Innsbruck
Herkunft
Argentinien