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Sandler Willibald: Jesus Christus, Sieger über Teufel und Dämonen
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Jesus Christus, Sieger über Teufel und Dämonen
(Biblische Perspektiven für einen effektiven Widerstand gegen den Sog des Bösen)

Autor:Sandler Willibald
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:Die Rede vom Teufel und von Dämonen hat in der Kirche eine problematische Geschichte und ist heute weitgehend auf christlich-konservative Kreise beschränkt. Doch auch heute ist die Frage des Bösen vor allem angesichts abgründiger kollektiver Gewalt eine ungelöste Herausforderung. Die Bibel setzt sich in einer differenzierten Weise mit der Problematik des Bösen auseinander. Im Neuen Testament haben dabei Teufel und Dämonen einen zentralen Stellenwert. Anhand der Auseinandersetzung Jesu mit seinen Gegnern entwickelt die Bibel ein neues, auch für heute noch ungewohntes Verständnis vom Teufel. Der Teufel wirkt nicht primär in einzelnen Personen, sondern in menschlichen Kollektiven, innerhalb derer Menschen auf Täuschung und Gewalt hin polarisiert werden. Der vorliegende Aufsatz setzt sich eingehend mit dem Verständnis von Teufel und Dämonen vor allem im Neuen Testament auseinander. Er erklärt, inwiefern durch Jesu Tod die Macht des Teufels überwunden wird und wie dadurch die Grundlage geschaffen wird für einen christlichen Kampf gegen den Teufel. Dieser Kampf muss geführt werden, aber er ist mit geeigneten Mitteln zu führen, die in der Bibel entfaltet werden.
Publiziert in:Eine Kurzfassung dieses Aufsatzes wird im Herbst 2009 erscheinen in: Die Macht des Bösen. Vorträge der neunten Innsbrucker Theologischen Sommertage 2008 (theologische trends 17). Hg. von Christoph Amor - Gertraud Ladner, Innsbruck 2009.
Datum:2009-06-09

Inhalt

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1. Ein heikles Thema

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Das Thema ist heikel. Der Titel setzt voraus,

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  • dass es Teufel und Dämonen gibt,
  • dass Jesus im Kampf mit ihnen stand,
  • und dass er den Teufel und die Dämonen besiegt hat.
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Das steht zwar alles in der Bibel. Aber darf man das Teufelsthema so in die Mitte rücken? Eine ängstliche Fixierung auf den Teufel treibt Menschen dazu, sich selber wie Teufel aufzuführen. Das zeigen uns Hexenwahn und Teufelsangst aus früheren Jahrhunderten, aber auch Entgleisungen bei Exorzismen in der Gegenwart, sowie das Wüten mancher Traditionalisten, die in der heutigen Kirche hauptsächlich den „Rauch Satans" wittern.

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Aber sind Christen nicht auf solch gefährliche Meinungen festgeschrieben? Die Bibel ist voll von Aussagen über Teufel und Dämonen, und zwar nicht einmal so sehr im Alten Testament,1 sondern vor allem im Neuen, und dort nicht nur bei Paulus und den späteren Gemeindeschriften, denen man dann vielleicht einen Rückfall hinter das „reine Evangelium" Jesu Christi unterstellen könnte, sondern mitten in den Evangelien: Jesus trieb Dämonen aus, - und zwar nach dem Markusevangelium mindestens so viel, wie er Kranke geheilt hat. Am Höhepunkt seines öffentlichen Wirkens sah er den Teufel wie einen Blitz vom Himmel fallen (Lk 10,18). Paulus schließt daran an; er wird nicht müde zu betonen, dass Jesus die himmlischen Fürsten und Gewalten, Mächte und Herrschaften, den Teufel und seine Werke entwaffnet, unterworfen und besiegt hat. Ist es von daher nicht konsequent, wenn das kirchliche lehramt bis in die Gegenwart die Existenz des Teufels einschärft?2

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Das Christentum scheint also von seinen biblischen Wurzeln her verstrickt zu sein in Teufelsphantasien, die in der Vergangenheit zu Epidemien der Angst (im mittelalterlichen Teufelswahn) und folglich zu Gewaltorgien (Inquisition und Hexenverfolgung) geführt haben, in der Gegenwart zu einem christlichen Fundamentalismus, der seine Gegner verteufelt und fanatische Politiker unterstützt, und zu dämonischen Weltbildern, die dem modernen, aufgeklärten Menschen als zugleich lächerlich und gefährlich erscheinen müssen.

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Angesichts dieser Herausforderung versucht eine liberale Theologie seit mehr als hundert Jahren, den Kern des Evangeliums von zeitbedingten Vorstellungen zu trennen.3 Nicht der Böse sei zentral für den christlichen Glauben, sondern allenfalls das Böse. Dieses habe aber nichts zu tun mit fremden dämonischen Mächten, sondern stecke im Menschen selbst. Im Vertrauen auf eigene Einsicht und eigene Tatkraft, angespornt durch die Religion, könne man es überwinden. Nicht im heiligen Krieg gegen Ausgeburten des Bösen, sondern allenfalls im inneren Kampf der moralischen Anstrengung könnten wir eine bessere Welt schaffen und das Böse hinter uns lassen. Ohne Abstriche am Kerngehalt des Evangeliums könne - und müsse - man also den Teufel und die Dämonen als Gespinste eines überholten Weltbildes preisgeben. In diese Kerbe schlägt eine berühmte Aussage des protestantischen Exegeten Rudolf Bultmann:

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„Erledigt ist durch die Kenntnis der Kräfte und Gesetze der Natur der Geister- und Dämonenglaube. Die Gestirne gelten uns als Weltkörper, deren Bewegung eine kosmische Gesetzlichkeit regiert; sie sind für uns keine dämonischen Wesen, die den Menschen in ihren Dienst versklaven ... Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muss sich klar machen, dass er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht."4
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Allerdings stammt das Zitat aus dem Jahr 1941, und das sollte uns hellhörig machen. Nicht nur, dass der hier anklingende technizistische Fortschrittsoptimismus durch Umweltkatastrophen und immer neue Zivilisationskrankheiten inzwischen diskreditiert ist; nicht nur, dass der hier durchscheinende Rationalismus mittlerweile einer postmodernen Vielfalt von Weltanschauungen gewichen ist, der es durchaus entspricht, wenn ein indischer Spitzenprogrammierer sich am Abend vor seinem hinduistischen Hausaltar niederwirft. Der von Bultmann proklamierte Abschied vom Teufels- und Dämonenglauben erfolgte just in einer Epoche, die wir rückblickend noch am ehesten als dämonisch bezeichnen würden,5 - zwar nicht in dem buchstäblichen Sinn, den Bultmann hier lächerlich macht, aber doch in der Weise von „teuflischen" Eigengesetzlichkeiten, die eine vorgeblich aufgeklärte Welt in unvorstellbare Bluttaten verstrickte.

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Auch dort, wo das Wort Teufel nicht mehr vorkommt, ist die damit angesprochene Sache nicht erledigt. Hexenwahn gibt es auch, wenn keiner mehr an Hexen glaubt.6 Auch nach dem „Abschied vom Teufel"7 werden noch Menschen verteufelt. Das geschieht durch Mechanismen, die im Inneren von Menschen und zwischen ihnen wirken, - Teufelskreise, die Menschen in Angst und Verblendung verstricken und so zu Agenten von wahrhaft Teuflischem machen. Ohne solche Mechanismen wäre eine kollektiv überbordende Gewalt, wie sie uns bis in die Gegenwart in Völkermorden entgegenschlägt, unmöglich. Wir müssen alles tun, um solche Katastrophen der Unmenschlichkeit künftig zu vermeiden, und dazu müssen wir ihre treibenden Mechanismen verstehen. Heutige Humanwissenschaften geraten hier an ihre Grenzen.8 Angesichts dieser Überforderung sollte man das Erfahrungswissen früherer Jahrhunderte nicht von vornherein diskreditieren, nur weil es dabei von Teufel und Dämonen spricht. Unter Verwendung anstößiger Begriffe könnten hier Zusammenhänge beschrieben und Verhaltensformen erschlossen sein, die auch heute noch wegweisend sind.

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Eine Sozio-Pathologie des Bösen ist nicht die Aufgabe dieses Aufsatzes. Aber die Dringlichkeit eines solchen Projekts legt es nahe, dass wir uns mit den über Jahrhunderte gewachsenen Erfahrungen der jüdisch-christlichen und biblischen Tradition rund um das Thema Teufel und Dämonen ernsthaft auseinandersetzen sollten. Auch wenn das Thema gefährlich ist: Es zu tabuisieren ist ein schlechter Rat. Anstelle die Informationshoheit fundamentalistischen Schreibern zu überlassen, sollte sich die etablierte Theologie um differenzierte Klärung bemühen. Die Quellen aus Bibel und kirchlicher Tradition kommen einer maßvollen Behandlung entgegen. Ihnen geht es nicht primär darum, Teufelsglauben und Teufelsangst einzuhämmern, sondern sie in den Kontext der christlichen Heilsbotschaft zu stellen und die Problematik des Bösen von dort her zu überwinden.

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Anliegen dieses Aufsatzes ist die Erschließung biblischer Sichtweisen zu Teufel und Dämonen. Dabei geht es nicht bloß um Ideengeschichte, sondern um Sinnzusammenhänge für ein heute mögliches Wirklichkeitsverständnis: Wie geht die Bibel mit der Erfahrung des Bösen um, welchen Ort und Stellenwert räumt sie teuflischen Mächten ein, und wie wirken sich solche Vorstellungen auf die Erfahrungen, das Handeln und die Problembewältigung von Menschen aus?

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2. Eine Frage der Balance: Das Böse im Alten Testament

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Im Sinne dieser Absicht werde ich mich zunächst von einem Erfahrungs- und Problemzusammenhang leiten lassen, der die Rede von Teufel und Dämonen seit Jahrtausenden bis in die Gegenwart befördert hat: Es ist die Frage, wie angesichts eines guten und allmächtigen Schöpfergottes das faktisch in der Welt vorhandene und erfahrbare Böse überhaupt sein kann. Es handelt sich also um die Theodizeefrage. Diese ist zwar in ihrer religionskritischen Zuspitzung ein neuzeitliches Problem; sie wird aber unvermeidlich brisant, sobald Monotheismus und Schöpfungsglaube sich durchsetzen. Für das alttestamentliche Judentum ist das die Zeit des babylonischen Exils. Der Glaube an einen guten und mächtigen Gott9 geriet angesichts der babylonischen Katastrophe in eine radikale Krise. Die menschlich naheliegende Konsequenz wäre gewesen, dass Israel seinen Gott als machtlos abgestempelt, sich endgültig von ihm abgewandt und sich in die Kultur und Religion der Siegermächte hinein aufgelöst hätte.10 Die großen Propheten des Alten Testaments (vor allem Jeremia)eröffneten eine alternative Glaubensperspektive: Gott ist nicht nur der Gott der Juden, sondern auch der Babylonier und überhaupt aller Völker und der ganzen Welt. Die Niederlage seines Volkes sei demnach nicht darauf zurückzuführen, dass Jahwe von den Göttern der Babylonier besiegt wurde. Vielmehr habe Gott sich in seiner Allmacht der Babylonier bedient, um Israel für seine Bundesbrüche zu strafen.11 Er würde aber die Strafe zurücknehmen, wenn Israel umkehrt.

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Diese prophetische Sicht setzte sich für das alttestamentliche Judentum durch und ließ es aus der Krise des Exils gereift hervorgehen. Sie universalisiert Gottes Güte, die sich im Exodus aus Ägypten exemplarisch offenbart hat, und verbindet sie mit der Annahme von Gottes absoluter Allmacht. Das kommt im ersten biblischen Schöpfungsbericht zum Ausdruck: Alles was ist, ist von einem guten Gott - und deshalb gut - geschaffen. Das siebenmalige „Gut" des ersten Schöpfungsberichts12 wirft aber verschärft die Frage auf, wie denn dann das faktische Böse in der Welt möglich ist. Ungeschminkt - und durchaus im Einklang mit den Unterdrücktheitserfahrungen der Exilierten - thematisiert ein späteres Kapitel der biblischen Urgeschichte die Erfahrung eines überbordenden Bösen: „Die Erde aber war in Gottes Augen verdorben, sie war voller Gewalttat" (Gen 6,11). Wie lässt sich das mit einer ursprünglich und wurzelhaft guten Schöpfung in Einklang bringen? Diese Frage, an der die Glaubwürdigkeit des ganzen Glaubens an einen guten und allmächtigen Schöpfergott hängt, wird von der Sündenfallgeschichte beantwortet.13 Mit ihr bahnt die Bibel einen Mittelweg zwischen drei logisch möglichen Antworten, die von den ältesten Mythen bis in die Gegenwart immer wieder erprobt wurden,14 und von denen doch keine dem Glauben an einen guten und allmächtigen Schöpfergott gerecht wird:

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1. Das Böse kommt „von außen", von einer außergeschöpflichen, gottfeindlichen Macht, die Gottes Schöpfungswerk bedroht und beeinträchtigt. Hier findet die Vorstellung eines Teufels Anhalt, der dann allerdings nicht als Gottes Geschöpf verstanden wird, sondern als Gegenspieler außerhalb von Gottes Machtbereich. Eine gute Welt müsste Gott seinem Widersacher entwinden, und sie bliebe stets durch dessen Übergriffe bedroht. In orientalischen Schöpfungsmythen, die älter sind als die biblischen Schöpfungsberichte, finden wir solche Vorstellungen.15 Und auf Spuren von ihnen stoßen wir auch noch in der Bibel, - etwa im Motiv der Schlange im Paradies. Aber die dualistische Logik ist hier gebrochen: Zwar tritt die Schlange wie aus einem anderen Machtbereich kommend unvermutet auf, aber sie wird eindeutig als Gottes Geschöpf bezeichnet (Gen 3,1). Für die Frage nach dem Ursprung des Bösen entspricht sie also nicht mehr der Antwortrichtung „von außen". Das muss auch so sein, denn angesichts eines allmächtigen Gottes, der alles was ist geschaffen hat, kann es kein „von außen" geben.

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2. Gemäß einer zweiten Antwortrichtung kommt das Böse „von innen", das heißt, es entspringt aus dem Inneren der Schöpfung, aus dem Herzen des Menschen. Von Anfang an kann es aber nicht dort gewesen sein, wenn ein guter und allmächtiger Gott alles, also auch den Menschen und sein Herz, gut geschaffen hat. Gemäß biblischem Schöpfungsverständnis muss der Mensch ursprünglich gut und aus sich heraus schlecht geworden sein. Aber wie ist das möglich? Um den Abfall von einer reinen Gutheit zu anfänglicher Schlechtigkeit plausibel zu machen, greift die biblische Sündenfallgeschichte auch auf Einflüsse außerhalb des Menschen zurück: den verbotenen Baum und die verführende Schlange. Gemäß biblischem Schöpfungsverständnis kommt das Böse primär „von innen", aus dem Herzen des Menschen, aber nicht ausschließlich von innen.

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3. Wenn das Böse nicht von außen und auch nicht einfach von innen kommen kann, dann scheint nur noch eine dritte Möglichkeit offen zu bleiben: Das Böse kommt von oben, von Gott selber. Hat Gott den Fall des Menschen von Anfang an geplant? Hat er dem Menschen vielleicht sogar eine Falle gestellt, als er einen verbotenen Baum mitten in das Paradies setzte? Ist er ein neidischer Gott, der den Menschen willkürlich etwas Wertvolles - nämlich Gottgleichheit und Erkenntnis von Gut und Böse - vorenthielt? In der Sicht der Bibel ist das absurd. Durchwegs beschreibt sie Gott als gut, freigebig und fürsorglich. Und doch liegt die Vorstellung, dass das Böse von Gott her kommt, nahe. Sie wird von der Schlange vorgetragen und gewinnt in ihrem Mundine erstaunliche Verführungskraft.16

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Die biblische Sündenfallgeschichte lässt also alle drei Antwortansätze anklingen, aber nicht ohne jeden von ihnen aufzubrechen.17 Hauptmotiv ist, dass das Böse von innen kommt, verursacht durch die frei vollzogene Sünde der Menschen. Aber es wurzelt nicht restlos im menschlichen Herzen; es wird auch angestoßen durch ein verführendes und einschüchterndes „von außen": von anderen Menschen her - so wie Eva Adam verführt hat -, aber auch von Einflusssphären her, deren Herkunft dem Menschen dunkel bleibt, - symbolisiert durch die Schlange.

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Aber die Schlange ist Gottes Geschöpf. Auch die dunklen Einflusssphären sind in Gottes Hand, - sie sind Teil einer Ordnung von Schöpfung und Geschichte, die von Gott gut eingerichtet wurde und einem guten Ziel entgegengeführt wird. Gegen Polytheismus und Dualismus betont die alttestamentliche Frömmigkeit Gottes alleinige Souveränität. Das Böse ist zwar nicht von ihm geschaffen, aber es ist in seiner Hand. Würde Gott seine Hand wegziehen, dann müsste das böse Gewordene wie alles Geschaffene in nichts zusammensinken (vgl. Ps 104,29). Und so geht das Alte Testament extrem weit in der Zuschreibung des Bösen an Gott. „Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel, ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil. Ich bin der Herr, der das alles vollbringt" (Jes 45,7). Erst spät, wenn die Lektion, dass alles in Gottes Hand ist, bereits tief verankert ist, lässt das vorchristliche Judentum Vorstellungen von bösen Mächten zu, die Böses bewirken;18 - immer aber unter der Voraussetzung, dass diese Mächte der Souveränität Gottes unterworfen sind. Damit lässt sich die anstößige Vorstellung, dass Gott den Menschen zum Bösen anreizt, abdämpfen durch die Idee, dass es nicht Gott selber ist, sondern jemand aus seinem Einflussbereich: der Satan, - ein dunkler Engel, der die Menschen prüft und sie vor Gott anklagt.

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So wird der seltsame Befund erklärbar, dass das Alte Testament für dasselbe Ereignis einmal Gott und einmal den Satan als Handelnden bezeichnet: Zweimal erzählt die Bibel, wie David zu einer - von Gott verabscheuten, weil eitlen - Volkszählung angereizt wird: einmal durch Gott und einmal durch den Satan: „Der Zorn des Herrn entbrannte noch einmal gegen Israel, und er reizte David gegen das Volk auf und sagte: Geh, zähl Israel und Juda!" (2 Sam 24,1) - „Der Satan trat gegen Israel auf und reizte David, Israel zu zählen." (1 Chr 21,1)
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Nur im Rahmen eines unangefochtenen Eingottglaubens kann sich biblisch die Vorstellung von Teufel und Dämonen etablieren. Das bedeutet, dass ihre Macht begrenzt ist. Auch wenn ihr „Von außen" den Menschen gefährlich werden kann, so sind die Menschen ihm doch nicht hilflos ausgeliefert.19 Sie haben die Macht, das Böse einzulassen oder ihm zu widerstehen. So wie Gott zu Kain sprach, dessen Blick sich im Zorn senkte: „Nicht wahr, wenn du recht tust, darfst du aufblicken; wenn du nicht recht tust, lauert an der Tür die Sünde als Dämon. Auf dich hat er es abgesehen, doch du werde Herr über ihn!" (Gen 4,7)20 Deshalb wird der gefallene Mensch von Gott für seinen Fall verantwortlich gemacht: „Was hast du getan?" (Gen 3,13 zu Eva; 4,10 zu Kain). Allerdings zeigt die Bibel auch: Wo Menschen dem Bösen Einlass gewährt haben, gewinnt dieses Macht über sie, - so dass sie sich ihm nicht mehr aus eigener Kraft entziehen können.

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Nach biblischer Auffassung gründet alles Unheil in der Übertretung von Menschen, - und doch entspringt das Böse nicht ausschließlich im Menschen: nicht im einzelnen, denn die Menschen werden voneinander negativ beeinflusst, aber auch nicht in der Menschheit. Das zeigt sich an der „Grenzüberlegung" eines ersten Menschen:21 Auch für ihn gibt es noch etwas dunkles anderes, das logischerweise nicht von einem anderen Menschen stammen kann, - ein nichtmenschliches „Von außen", das zur Sünde anstößt: symbolisiert durch die Schlange. Die „narrative Theodizee" der biblischen Sündenfallerzählung verbindet Eigenverantwortung und Vorgegebenheit des Bösen, - „von innen", „von außen" und „von oben" - auf eine spannungsvolle Weise. Spekulativ wird das Problem des Bösen damit nicht gelöst,22 - die Herkunft der Schlange mit ihrer List und Bosheit bleibt dunkel. Aber die spannungsvolle Antwort der Bibel entspricht menschlicher Erfahrung: Aus den Erfahrungen des Bösen in Leid und Schuld kennen wir beides, eine unabschiebbare Eigenverantwortung23 und das Faktum, dass das Böse nicht ausschließlich in uns gründet, - dass wir das, was wir schuldig verursacht haben, so nicht gewollt haben.24 Wo wir diese Spannung aushalten, bleiben wir frei für eine verantwortliche Praxis im Umgang mit dem Bösen, auf einem gangbaren Mittelweg zwischen den Straßengräben des Fatalismus und des Moralismus.

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Der Fatalismus unterschätzt die Freiheit des Menschen gegenüber dem Bösen, unsere Verantwortlichkeit ihm gegenüber und unsere Fähigkeit, es zu überwinden. Fatalistisch resigniert der Mensch vor der Gewalt des Bösen, das ihn überwältigt: von außen in Gestalt dämonischer Mächte, von oben durch einen zum Bösen prädestinierenden Gott, oder von innen durch eine Welt und eine Menschennatur, die wesensmäßig und deshalb unüberwindbar böse sind.
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Der Moralismus hingegen überschätzt die Freiheit des Menschen gegenüber dem Bösen, indem er dessen überwältigende und versklavende Macht verkennt. Moralismus legt den Menschen Schuldlasten auf, die sie nicht tragen können. Wenn sie nicht von ihnen erdrückt werden wollen, müssen sie sie auf andere abwälzen. Moralismus führt so zur Abschiebung von Schuld, zur Verurteilung und Verteufelung anderer.
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Die Bibel nimmt die Realität des Bösen kompromisslos wahr, von einer gewalttätig verdorbenen Welt (Gen 6,11) bis zur Verderbnis des menschlichen Herzens (Gen 6,5; 8,21). Zugleich glaubt sie an das Gute im Menschen, - und damit an seine Verantwortlichkeit und an seine Fähigkeit, das Böse zu überwinden. Beides wird sichergestellt durch einen guten und allmächtigen Schöpfergott, der alles Geschaffene von innen her trägt. Das kompromisslos wahrgenommene Gute und Böse prallen aufeinander in einem Kampf, der sich in eine dramatische Geschichte entlädt. Bestimmend für diese dramatische Geschichte sind:

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  • Gottes Güte und Allmacht,
  • des Menschen Freiheit und Verantwortlichkeit
  • und ein Böses, das den Menschen und seine Welt zugleich von außen und von innen bedrängt.
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Zwischen den Straßengräben von Fatalismus und Moralismus weist so das Alte Testament - und, wie wir sehen werden, die Bibel insgesamt - einen Ausweg angesichts der Macht des Bösen. Dies gelingt ihr, indem sie die Wirklichkeit des Bösen in einer dynamischen Balance hält zwischen „von außen", „von innen" und „von oben".

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3. Balanceverlust in der frühjüdischen Literatur

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Je massiver die Erfahrung des Bösen, desto stärker wird die spannungsvolle Brücke strapaziert, die die Sündenfallgeschichte zwischen guter Schöpfung und faktisch schlechter Welt schlägt. So haben die Juden der letzten beiden vorchristlichen Jahrhunderte unter dem Druck zunehmender Unterdrückungserfahrungen diese Brücke weiter ausgebaut. Die tiefe Verderbnis der Welt, die Perversion erstaunlicher Kulturleistungen zu immer schlimmeren Unterdrückungssystemen: Konnte das alles auf das Konto der Menschen gehen? So wurde die Antwortrichtung des „Von außen" stärker betont. Das frühjüdische erste Henochbuch faltet die dunkle Erzählung von Gen 6,1-4 - über Göttersöhne, die sich mit Menschentöchtern verbinden und Riesen zeugen - zu einer umfassenden Dämonologie aus.25 Gefallene Engel brachten demnach den Menschen kulturelle Fertigkeiten und verdarben sie auf diese Weise. Die Symbolik eines Baums der Erkenntnis, von dem zu essen die Paradiesschlange lockte, wird hier kulturpessimistisch überboten: Zwar brachte die Übertretung des göttlichen Willens wirkliche Erkenntnis, aber diese Erkenntnis wurde der Menschheit zum Verhängnis.26

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Im Vergleich zur wuchernden Dämonologie frühjüdischer apokrypher Schriften sind auch die ähnlich spät datierbaren alttestamentlichen Texte27 extrem sparsam mit Aussagen über Satan, Teufel und Dämonen. Und wenn vom Satan die Rede ist, dann auf entschärfte Weise: nicht als Widersacher Gottes, sondern als Beauftragter aus dem himmlischen Hofstaat. Auch wo er, wie im Buch Ijob, als Ankläger des Menschen auftritt, scheint er in Gottes Auftrag zu handeln.28 Ein einziger später Text des Alten Testaments bringt die Paradiesesschlange mit dem Teufel in Verbindung:
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„Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht. Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören" (Weish 2,23f).

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4. Dramatik von Sünde und Erlösung im Neuen Testament

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Auch das Neue Testament geht nur am Rand auf einen Engelsfall ein. Am deutlichsten spricht der Judasbrief von Engeln, „die ihren Ursprung nicht wahrten, sondern ihren Wohnort verließen" (Jud 6)29, aber selbst hier, wo das Henochbuch explizit aufgenommen wird (vgl. Jud 14), spekuliert die Bibel nicht über das Wesen der teuflischen Mächte, sondern will nur herausstellen, dass auch sie dem Gericht Gottes unterworfen sind. Die göttliche Macht über das Böse und die menschliche Verantwortung für das Böse werden in der ganzen Bibel ohne Abstriche gewahrt. Die Balance zwischen „von außen", „von oben" und „von innen", die den Menschen in maximale Handlungs- und Verantwortungsfähigkeit freisetzt, bleibt erhalten.

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Wo die Bibel frühjüdische Vorstellungen vom Engelsfall aufgreift, will sie nicht die Frage nach der Herkunft des Bösen von Adam und Eva auf die gefallenen Engel zurückverlagern.30 Es geht ihr überhaupt nicht um Spekulationen über eine erste Ursache des Bösen, sondern um eine unverkürzte Wahrnehmung der bösen Realität, ohne dass dadurch der Glaube an einen guten und geschichtsmächtigen Gott - und damit die Widerstandsfähigkeit der Menschen gegen das Böse31 - beeinträchtigt wird.

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Welchen Mehrwert bringt die Annahme eines Engelsfalls gegenüber der biblischen Urgeschichte, die die Problematik des Bösen ohne Teufel und Dämonen abhandelt? Es wird dadurch deutlicher, dass es in der Schöpfung Dimensionen des Bösen gibt, die sich nicht unmittelbar auf Menschen zurückführen lassen. Es gibt „Mächte und Gewalten" (Eph 6,12), die die Welt, die Geschichte und die Menschen knechten. Dennoch können die Menschen die Verantwortung für das Böse in der Welt nicht auf diese dunklen Mächte abschieben, denn anfänglich hat Gott eine gute Welt ausschließlich dem Menschen zur Herrschaft anvertraut.32 Gemäß dieser göttlichen Bestimmung konnte der Einfluss des Bösen über Einflüsterungen - im verführerischen Appell an die menschliche Freiheit - nicht hinausgehen. Erst indem Menschen diesen Einflüssen nachgaben, gewährten sie dem Bösen Macht, - über die Welt, über sich und über die nachfolgende Menschheit.33 Nun beherrscht nicht mehr der Mensch die Welt (als Gottes Repräsentant34), sondern der Teufel, - repräsentiert durch den sündig geknechteten Menschen35. Die Mächte, die die Menschen im Akt der Sünde rufen, werden sie und ihre Nachfahren aus eigener Freiheit heraus nicht mehr los. Um diese Knechtschaft aufzubrechen, bedurfte es des Einsatzes Gottes, zuletzt durch Jesus Christus.

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Nicht an einer Ontologie des Bösen ist die Bibel also interessiert, sondern an dem Beziehungsnetz von Freiheit und Abhängigkeit zwischen Gott, Mensch und außermenschlichen Wirkmächten. Und nicht um eine „statische" Beschreibung dieses Beziehungsnetzes geht es den biblischen Schriften, sondern um die dramatische Geschichte, in der sich dieses Beziehungsnetz entwickelt. Im Blick auf die menschliche Verfassung sind für diese dramatische Geschichte drei Grundzustände wesentlich:36

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  1. eine ursprüngliche, naturhafte Freiheit des Menschen zum Guten: Schöpfung
  2. die menschliche Selbstverstrickung ins Böse in einer Freiheit zur Unfreiheit: Sünde
  3. Befreiung des gebundenen Menschen durch göttliche Heilsinitiative: Erlösung
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Gemäß den biblischen Erzählungen des Alten und Neuen Testaments verläuft die Heilsgeschichte nicht einfach linear von Grundzustand 1 zu Grundzustand 3, sondern in einer sich verschärfenden Spirale. Es gibt nicht nur einen Sündenfall, sondern eine Folge sich verschärfender „Sündenfälle" (2);37 und jedem von ihnen folgen göttliche Initiativen (3), die das festgefahrene Schiff menschlicher Freiheit wieder flott machen, sodass sie sich im Sinne der schöpfungsmäßigen Bestimmung (1) als Freiheit zum Guten neu verwirklichen kann. Diese erlösende Initiative Gottes ermächtigt den Menschen aber unvermeidlich auch zu einer erneuten und verschärften Ausübung einer Freiheit zum Bösen (2), - mit der Folge nicht nur einer entgrenzten Destruktivität, sondern auch einer nochmals radikalisierten Unfreiheit, die erst durch eine wiederum gesteigerte erlösende Initiative (3) erneut aufgebrochen werden kann. Im Sinne dieser sich verschärfenden Dramatik ist das Neue Testament eine dramatisch radikalisierte Weiterführung des Alten.

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„Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat; er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens; er trägt das All durch sein machtvolles Wort, hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt" (Hebr 1,1-3).38
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„Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seinen Anteil an den Früchten holen zu lassen. Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, einen dritten steinigten sie. Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso. Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen ... " (Mt 21,34-37)
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5. Teufel und Dämonen in Jesu Gottesreichverkündigung: nach den synoptischen Evangelien

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Von diesen Zusammenhängen her lassen sich die zahlreichen Texte über Teufel und Dämonen im Neuen Testament verstehen.39 Schauen wir zuerst auf die synoptischen Evangelien:

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Matthäus und Lukas stellen dem öffentlichen Wirken Jesu eine Versuchungsgeschichte voran, die die Sündenfallgeschichten am Anfang der Menschheit (Paradiesgeschichte) sowie vom Volk Israel (in der Wüste nach dem Auszug aus Ägypten) rekapituliert: Diesmal gibt Jesus als exemplarischer Mensch40 dem andrängenden Bösen keinen Raum, sondern weist es mittels Gottes Wort in die Schranken.41 Dieses Böse bezeichnen die Versuchungsgeschichten als den Teufel, der sich als Herrscher dieser Welt aufspielt, ohne dass Jesus ihm in diesem Punkt widersprechen würde.42

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Unter diesem Vorzeichen eines Siegs über den Teufel als den Herrscher dieser Welt beginnt gemäß den Evangelien das öffentliche Wirken Jesu.43 In offenkundigem Gegensatz zur Herrschaft des Teufels verkündet Jesus die anbrechende Herrschaft Gottes (Gottesreich, Himmelreich).44 Gemeint ist damit Gottes uneingeschränkt heilwirkende Gegenwart in der Welt und unter den Menschen.45 Diese Gottesherrschaft verkündete Jesus auf vollmächtige Weise, nicht nur in Worten, sondern unterstützt durch machtvolle Taten: Er heilte Kranke, trieb Dämonen aus, wirkte Wunder, vergab Sünden und sammelte Menschen.46 Alle diese Taten hängen eng miteinander zusammen: Der durch Jesus freigeräumte Zugang zu Gott verwandelt die Menschen in all ihren menschlichen Grundbezügen. Wer mit Gott im Reinen ist, wird in neuer Weise offen für gelingende Beziehungen zu anderen Menschen, zur Welt im ganzen und zu sich selbst. Die Welt wird transformiert in Richtung auf „Schalom" oder Heil im umfassenden Sinn. Das bedeutet Heilung von Menschen an Leib, Seele und Gemeinschaft; es bedeutet Sündenvergebung, insofern das gestörte Verhältnis zu Gott bereinigt wird; und es bedeutet die Sammlung von Menschen, die untereinander zerspaltet und verfeindet waren.

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Bei diesem Wirken stößt Jesus fortlaufend auf Widerstände; und diese zeigen sich nicht nur in der Weise allgemeiner Komplikationen, sondern als dezidierter Gegenwille, der sich ihm in den Weg stellt. „Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?" (Mk 1,24). Die Evangelien sprechen von Mächten mit personalen Zügen und einem eigenen, destruktiven Willen: Sie haben Namen, reden durch den Mund von Menschen, und Jesus gebietet ihnen in Du-Form. Dennoch treten sie niemals als selbständige Personen auf.47 Vielmehr bemächtigen sie sich menschlicher Personen, so dass sie aus diesen „ausgetrieben" werden können, um dann unter Umständen - wie beim Besessenen von Gerasa (Mk 5,1-20) - als nicht mehr personbezogene Kräfte destruktiv zu wirken, während der befreite Mensch in Frieden zurückbleibt. Solche willentliche, personbezogene und doch nicht selbständig personale Mächte werden von den Evangelien in ihrer Existenz fraglos vorausgesetzt und mit dem Namen Dämonen oder unreine Geister bezeichnet. Satan, Teufel oder Beelzebul gilt biblisch als ihr Anführer.48 Während Dämonen die Menschen indirekt von Gott abbringen wollen, indem sie sie körperlichen, psychischen und sozialen Nöten unterwerfen, zielt der Teufel direkt auf eine Feindschaft gegen Gott.

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Im Unterschied zur dämonischen Besessenheit spricht die Bibel nur wenig von einer Besessenheit vom Teufel, und diese hat ein ganz anderes Erscheinungsbild: Unauffällig und unter dem Anschein von Normalität agieren Menschen feindlich gegen Jesus und seine göttliche Sendung: im Verrat durch Judas (Joh 13,27), im Tötungswillen durch die jüdische Volksmenge (Joh 8,44), aber auch im wohlmeinenden Versuch von Petrus, Jesus von seiner Sendung abzubringen (Mt 16,23).
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Wie ist nun der Stellenwert von Teufel und Dämonen im Wirken Jesu einzuschätzen? Sehr hoch, möchte man meinen, wenn man die extreme Häufigkeit von Dämonenaustreibungen durch Jesus insbesondere im Markusevangelium bedenkt. Anderseits sind Teufel und Dämonen auch in den Evangelien niemals für sich interessierende Wirklichkeiten. Exorzismen erscheinen durchwegs als Nebenwirkungen von Jesu vollmächtiger Gottesreichverkündigung, die sich ja nicht nur in seinen Worten und Taten äußert, sondern seine gesamte Existenz prägt. Primär ist Jesu Blick auf den göttlichen Vater gerichtet, ganz von daher - und in diesem Sinne sekundär - auf die anderen Menschen mit ihren Nöten,49 und allenfalls an dritter Stelle auf dämonische Manifestationen. Auf diese Rangordnung verpflichtet Jesus auch seine Jünger:

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„Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und berichteten voll Freude: Herr, sogar die Dämonen gehorchen uns, wenn wir deinen Namen aussprechen. Da sagte er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Seht, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die ganze Macht des Feindes zu überwinden. Nichts wird euch schaden können. Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind." (Lk 10,17-20)
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6. Der gestürzte Herrscher von Welt und Öffentlichkeit: Johannesevangelium und Offenbarung des Johannes

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Bedenkt man, wie zentral Dämonenaustreibungen für Matthäus, Lukas und vor allem für Markus sind, dann irritiert folgendes Faktum: Das Johannesevangelium berichtet von keinem einzigen Exorzismus!

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Liegt das daran, dass Johannes für gebildete Schichten schrieb und deshalb volkstümliche Vorstellungen von Dämonenaustreibungen und von exorzistischen Gottesmännern entmythologisiert hat?50 Dagegen spricht, dass andere Machterweise - Naturwunder, spektakuläre Heilungen und sogar Totenauferweckungen - auch für den vierten Evangelisten einen hohen Stellenwert haben. Überdies: Auch das Johannesevangelium spricht vom Teufel und von Dämonen, allerdings in ganz anderen Sinnzusammenhängen. Nach Joh 7,20 unterstellt eine Jerusalemer Volksmenge Jesus, er sei von einem Dämon besessen; dies, weil er ihnen vorwarf, sie wollten ihn töten. Im darauf folgenden Kapitel spitzt sich die Auseinandersetzung zu:

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Jesus: „Ich weiß, dass ihr Nachkommen Abrahams seid. Aber ihr wollt mich töten, weil mein Wort in euch keine Aufnahme findet. Ich sage, was ich beim Vater gesehen habe, und ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt.
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Juden: Unser Vater ist Abraham.
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Jesus: Wenn ihr Kinder Abrahams wärt, würdet ihr so handeln wie Abraham. Jetzt aber wollt ihr mich töten, einen Menschen, der euch die Wahrheit verkündet hat, die Wahrheit, die ich von Gott gehört habe. So hat Abraham nicht gehandelt. Ihr vollbringt die Werke eures Vaters.
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Juden: Wir stammen nicht aus einem Ehebruch, sondern wir haben nur den einen Vater: Gott.
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Jesus:Wenn Gott euer Vater wäre, würdet ihr mich lieben; denn von Gott bin ich ausgegangen und gekommen. Ich bin nicht in meinem eigenen Namen gekommen, sondern er hat mich gesandt. Warum versteht ihr nicht, was ich sage? Weil ihr nicht imstande seid, mein Wort zu hören. Ihr habt den Teufel zum Vater, und ihr wollt das tun, wonach es euren Vater verlangt. Er war ein Mörder von Anfang an. Und er steht nicht in der Wahrheit; denn es ist keine Wahrheit in ihm. Wenn er lügt, sagt er das, was aus ihm selbst kommt; denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge. Mir aber glaubt ihr nicht, weil ich die Wahrheit sage. Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht? Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes; ihr hört sie deshalb nicht, weil ihr nicht aus Gott seid.
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Juden: Sagen wir nicht mit Recht: Du bist ein Samariter und von einem Dämon besessen?
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Jesus:Ich bin von keinem Dämon besessen, sondern ich ehre meinen Vater; ihr aber schmäht mich. Ich bin nicht auf meine Ehre bedacht; doch es gibt einen, der darauf bedacht ist und der richtet. Amen, amen, ich sage euch: Wenn jemand an meinem Wort festhält, wird er auf ewig den Tod nicht schauen.
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Juden:Jetzt wissen wir, dass du von einem Dämon besessen bist. Abraham und die Propheten sind gestorben, du aber sagst: Wenn jemand an meinem Wort festhält, wird er auf ewig den Tod nicht erleiden. Bist du etwa größer als unser Vater Abraham? Er ist gestorben, und die Propheten sind gestorben. Für wen gibst du dich aus? ..." (Joh 8,37-53)
61
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Hier geht es um dämonische und teuflische Besessenheit im Kontext von

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  • gegenseitiger Anklage
  • und Tötungsabsicht,
  • und zwar in Anwesenheit einer Menschenmenge.
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Der Konflikt entzündet sich zwischen Jesus und einer größeren Anzahl von „Juden, die an ihn glaubten" (Joh 8,30f),51 und zwar in Öffentlichkeit, was für den Charakter der Auseinandersetzung entscheidend ist.52 Jesus wirft den Juden vor, dass sie ihn töten wollen.53 Sein Urteil, dass sie den Teufel zum Vater haben, bezieht sich auf das lügnerische und mörderische Wollen, von dem die Juden „besessen" sind.54 Die Menge hingegen wirft ihrerseits Jesus vor, von einem Dämon besessen zu sein, - zunächst aufgrund seiner Tötungsvorwürfe (Joh 7,20), später dann wegen Anmaßung: „Bist du etwa größer als unser Vater Abraham? ... Für wen gibst du dich aus?" (Joh 12,53). - Letzteres wird schließlich den Grund für Jesu Tötung abgeben:55 Wenn das Kennzeichen des Besessenen die Anmaßung von Gottgleichheit ist, dann erfolgt hier „Dämonenaustreibung" durch Austreibung des angeblich Besessenen, - indem man ihn tötet.

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Der Ausgang56 des Konflikts - seine Kreuzigung - gibt Jesu Diagnose Recht.57 Joh 19,15 bestätigt, dass die Menge tatsächlich vom Willen getrieben ist, Jesus zu töten; und zwar, obwohl nach Joh 8,30f58 viele der beteiligten Juden an Jesus glaubten! Wir stoßen hier auf einen Gegensatz zwischen Individualwillen und Kollektivwillen, der vom Johannesevangelium öfters thematisiert wird, vor allem in Joh 12,42:

65
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„Dennoch kamen sogar von den führenden Männern viele zum Glauben an ihn; aber wegen der Pharisäer bekannten sie es nicht offen, um nicht aus der Synagoge ausgestoßen zu werden."
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Es sind vor allem die Sozialzusammenhänge, insbesondere der Druck der Öffentlichkeit, in denen sich der Teufel als Herrscher dieser Welt erweist. Dieser Öffentlichkeitsdruck ist unterschwellig wirksam. Wer ihn aufzudecken versucht, beleidigt öffentlich den Stolz der Menschen (vgl. Joh 7,31-35) und weckt so eine verborgene mörderische Dynamik gegen sich. Als Opfer kollektiver Gewalt könnte er diese Gewalt in ihrem mörderischen Wirken sichtbar machen, - wenn er nicht zugleich von dieser Gewalt zum Unmenschen verteufelt würde, wodurch diese Gewalt den Anschein der Legitimität erhält.59 Nur wenn jemand durch den physischen und sozialen60 Tod hindurch zu neuem Leben gelangt - physisch und in sozialer Akzeptanz -, könnte er die lügnerische und mörderische Gewalt bloßlegen. Genau das geschieht in Jesu Tod und Auferstehung, die das Johannesevangelium mit dem Begriff „Erhöhung" zusammenschaut.61 Durch Jesu Erhöhung am Kreuz wird also das teuflische Netz von Gewalt und ihrer Verschleierung zerrissen. So kann Jesus den Sieg über den Teufel - den Vater der Lüge und Mörder von Anfang an - im Kontext seiner Todesankündigung proklamieren:

67
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„Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen." (Joh 12,31f)62
68
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Nach dem Verständnis des Johannesevangeliums offenbart sich der Teufel in Verteufelungen; er erscheint als Urheber von kollektiven Anklagemechanismen. Damit entspricht er der ursprünglichen Wortbedeutung (hebräisch: Satan = Widersacher, Gegner; griechisch: diabolos = Verleumder)63, wobei aber aus der Gestalt des Anklägers vor Gott im Himmel nun eine Macht der Anklage auf Erden geworden ist. Ihre Akteure sind Menschen, die unter dem Druck von undurchschauten kollektiven Mächten - getrieben vom „Herrscher dieser Welt" - ruchlose Dinge tun, oft ohne sie zu durchschauen.64

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„Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen" (Lk 10,18): Durch Jesu Wirken verliert der Satan seinen legitimen Platz als Ankläger der Menschen vor Gott und wird auf die Erde gestürzt. Damit ist er allerdings noch nicht endgültig besiegt; er entfaltet sogar eine verschärfte Schreckensherrschaft. Die Johannesoffenbarung betont diesen Aspekt:

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„Gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und bei Nacht vor unserem Gott verklagte ... Weh aber euch, Land und Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen." (Offb 12,10.12)
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Das ist mythische Sprache, die aber Nachvollziehbares beschreibt. Bereits zu Beginn seines öffentlichen Wirkens hat Jesus Sünden vergeben und so Menschen aus dem Teufelskreis von unableistbarer Schuld herausgerissen. Damit disqualifizierte er den Ankläger im Himmel und „plünderte den Hausrat des Mächtigen" (Mk 3,27), das heißt des Teufels, auch auf Erden, indem er Menschen, die durch das Gesetz bereits abgeurteilt und aus der Gemeinschaft der Heiligen ausgegrenzt waren, wieder in die Mitte hereinholte. Auf diese Weise erschütterte er aber auch Ordnungen, die sich dem satanischen Geist der Anschuldigung - einer Identität durch Ausgrenzung65 - verdankten und provozierte sie dazu, sich gegen ihn zu formieren. Durch Jesu Tod und Auferstehung wurden diese Mächte grundsätzlich überwunden: Ihre täuschende und mordende Gewalt wurde sichtbar gemacht und ihre erpresserische Macht gebrochen. Der Tod, der nicht nur physische, sondern auch soziale Vernichtung bedeutet und der seine Macht in der Angst vor Ausgrenzung und sozialer Wirkungslosigkeit und im gierigen Griff nach der letzten Möglichkeit (aus Angst, etwas zu versäumen) entfaltet, verliert in der Nachfolge Christi seine zwingende Gewalt. Ob als „Bekenner" in der Christenverfolgung, als Widerständlerin im Terrorregime, ob als Arbeiterin, die den Mund halten soll, um den Job nicht zu verlieren oder als Politiker, der sich unsauberen Mitteln verweigert, zu denen er erpresst wird, um politisch überleben zu können (denn wie sollte er sonst noch sein Gutes wirken können?): Menschen sind nicht mehr durch die Macht des Todes korrumpierbar. Von Christus her können sie ihren physischen, wirtschaftlichen oder sozialen Tod riskieren, weil sie wissen, dass wahres Leben durch den Tod hindurch aufleben kann.

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Damit ist der Sinn von Offb 12 eingeholt: Der Satan, der uns Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte, ist gestürzt, und zwar „durch das Blut des Lammes und durch ihr [der Märtyrer] Wort und Zeugnis" (Offb 12,11). Es gilt aber auch: „Weh euch, Land und Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen." Denn durch den aufdeckenden und unterminierenden Widerstand von Menschen, für die selbst das Martyrium eine letzte Option ist und die deshalb der Erpressermacht des Todes nicht mehr verpflichtet sind, werden die „Mächte und Gewalten", denen „diese Welt" einen guten Teil ihrer Stabilität verdankt,66 auf das Gefährlichste bedroht. Sie müssen sich formieren, und so ist eine Zuspitzung auf eine ultimative Konfrontation hin vorprogrammiert. Ohne solche Eskalation ist eine restlose Befreiung der Welt aus dem Würgegriff des Bösen nicht möglich. Von all dem spricht die Johannesoffenbarung.67

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7. Die gemeinsame Einsicht der Evangelien: Der Teufel steckt in der Menge

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Über das Johannesevangelium und die Johannesapokalypse haben wir nun einen weiten Bogen zu unserem Thema gezogen. Wie aber gehen die Dämonenaustreibungen der synoptischen Evangelien mit der johanneischen Vorstellung vom Teufel als dem gestürzten Herrscher von Welt und Öffentlichkeit zusammen? Nach unserer bisherigen Darstellung scheinen sich die Synoptiker beim Teufelsthema ganz auf das öffentliche Wirken Jesu zu beschränken. Dabei gilt: Dämonen sitzen im Einzelmenschen und können von dort durch Jesus relativ mühelos ausgetrieben werden. Johannes ignoriert diesen Aspekt völlig und konzentriert sich ganz auf den Teufel als Herrn der Öffentlichkeit. Dieser Teufel ist weit schwerer auszutreiben. Jesu Bemühen führt hier zu langwierigen Auseinandersetzungen, mit der Folge, dass nicht Jesus die Dämonen, sondern die Dämonisierten Jesus austreiben. Erst durch Jesu Erhöhung in Kreuz und Auferstehung wird der Teufel - als Todesmacht dieser Welt und ihrer Öffentlichkeit - entmächtigt.

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All das ist auch schon in den synoptischen Evangelien angelegt. Wenn Jesus mit den Dämonenaustreibungen „den Hausrat des mächtigen Mannes plündert" (Mk 3,27), dann hat er den Teufel damit nicht schon besiegt, sondern provoziert ihn erst zur eigentlichen Auseinandersetzung.

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Jesu Ausruf,„Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen" (Lk 10,18) - angesichts erfolgreicher Dämonenaustreibungen durch seine ausgesandten Jünger -, müssen wir als prophetisches Wort verstehen für etwas, dessen Erfüllung unmittelbar bevorsteht. Die Dämonenaustreibungen durch Jesus und seine Jünger sind als Zeichen für das anbrechende Gottesreich zu begreifen, - vollmächtige Zeichen zwar, aber eben doch Zeichen, die sich von der bezeichneten vollen Wirklichkeit noch unterscheiden.68 Dass den Menschen in der Begegnung mit Jesus ihre körperlichen, psychischen und sozialen Fesseln mühelos abfallen, gehört zwar schon zur Wirklichkeit des Gottesreichs, aber es ist doch erst sein Anfang, - allerdings ein Anfang, durch den die Dynamik auf die Vollendung des Gottesreichs unaufhaltsam in Bewegung gesetzt wird. Und das geschieht durch sich verschärfende Konflikte.
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Einzelne Dämonisierte zu befreien, gelingt Jesus verhältnismäßig leicht. Aber schon bei diesen Exorzismen beginnt sich hinter den Dämonen der weit widerständigere „Herrscher dieser Welt" zu melden, und zwar vermittels der Öffentlichkeit, die seine Domäne ist. Deutlich sehen wir das bei der Austreibung eines stummen Dämons, wie sie das Markusevangelium erzählt:

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„Als sie [Jesus und seine engsten Jünger] zu den anderen Jüngern zurückkamen, sahen sie eine große Menschenmenge um sie versammelt und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten. Sobald die Leute Jesus sahen, liefen sie in großer Erregung auf ihn zu und begrüßten ihn.
79
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Er fragte sie: Warum streitet ihr mit ihnen?
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Einer aus der Menge antwortete ihm: Meister, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht. Er ist von einem stummen Geist besessen; immer wenn der Geist ihn überfällt, wirft er ihn zu Boden, und meinem Sohn tritt Schaum vor den Mund, er knirscht mit den Zähnen und wird starr. Ich habe schon deine Jünger gebeten, den Geist auszutreiben, aber sie hatten nicht die Kraft dazu.
81
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Da sagte er zu ihnen: O du ungläubige Generation! Wie lange muss ich noch bei euch sein? Wie lange muss ich euch noch ertragen? Bringt ihn zu mir!
82
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Und man führte ihn herbei. Sobald der Geist Jesus sah, zerrte er den Jungen hin und her, so dass er hinfiel und sich mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden wälzte.
83
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Jesus fragte den Vater: Wie lange hat er das schon?
84
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Der Vater antwortete: Von Kind auf; oft hat er ihn sogar ins Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Doch wenn du kannst, hilf uns; hab Mitleid mit uns!
85
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Jesus sagte zu ihm: Wenn du kannst? Alles kann, wer glaubt.
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Da rief der Vater des Jungen: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
87
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Als Jesus sah, dass die Leute zusammenliefen, drohte er dem unreinen Geist und sagte: Ich befehle dir, du stummer und tauber Geist: Verlass ihn, und kehr nicht mehr in ihn zurück!
88
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Da zerrte der Geist den Jungen hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Der Junge lag da wie tot, so dass alle Leute sagten: Er ist gestorben. Jesus aber fasste ihn an der Hand und richtete ihn auf, und der Junge erhob sich.
89
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Als Jesus nach Hause kam und sie allein waren, fragten ihn seine Jünger: Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben? Er antwortete ihnen: Diese Art kann nur durch Gebet ausgetrieben werden." (Mk 9,14-29)
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In diesem Text hat die Menschenmenge mit ihrer negativen Eigendynamik eine enorme Bedeutung.69 Nicht zufällig ist der auszutreibende Dämon ein Geist der Blindheit und Stummheit. Dieser hat offensichtlich nicht nur von dem Jungen Besitz ergriffen, sondern von der ganzen anwesenden Gemeinschaft. Die Besessenheit des Buben ist nur die Spitze des Eisbergs einer abgründigeren Besessenheit, die die ganze Menschenmenge erfasst hat. Ein Geist der Lähmung strahlt von ihr aus: Unter ihrem Einfluss sind die Jünger unfähig, den Dämon auszutreiben. Die Menge ist blind und stumm: Die in ihr gebundenen Menschen sind unfähig, die Zeichen von Gottes Gegenwart zu erkennen, sein Wort zu vernehmen und den Glauben an ihn zu bekennen. Ein stummer und tauber Dämon des Unglaubens hat das Kollektiv der anwesenden Menschen fest in seiner Gewalt. Schon hat er auf die Jünger übergegriffen - sie sind in fruchtlose Debatten mit den Schriftgelehrten verwickelt -, und will nun auch Jesus bedrohen, der verbittert ausruft: „O du ungläubige Generation! Wie lange muss ich noch bei euch sein? Wie lange muss ich euch noch ertragen?" Jesus heilt zwar den Besessenen, aber die Befreiung verläuft ungewohnt mühsam. Fortlaufend wird er behindert durch eine skeptische Menge, die negative Kommentare abgibt.70

91
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Unter der Oberfläche einer Exorzismus-Geschichte stoßen wir hier auf dieselben Themen, die für die johanneische Auseinandersetzung mit der Teufelsproblematik maßgeblich sind. Da ist eine zerstrittene Menschenmenge71 mit dem typischen Symptom für eine nicht nur dämonische, sondern teuflische Besessenheit: der zähflüssige Widerstand eines kollektiven Unglaubens. Er ist es, der Jesus zum außergewöhnlich qualvollen Ausruf über die ungläubige Generation veranlasst. Was in Joh 7-9 explizites Thema ist, bestimmt in Mk 9 hintergründig die Erzählung: die fruchtlose Debatte zwischen Jüngern und Schriftgelehrten in Anwesenheit der Menschenmenge; die Skepsis des Vaters („wenn du kannst, ..."), die von Jesus sofort angegriffen wird („alles kann, wer glaubt"); der ungewohnt mühevolle Befreiungsprozess angesichts eines fortdauernden Unglaubens der Menge („Er ist gestorben"); und schließlich die Frage der Jünger: „Warum konnten wir den Dämon nicht austreiben?": Jesu Antwort - „diese Art kann nur durch Gebet (und Fasten)72 ausgetrieben werden" - verweist auf zentrale Kampfmittel für einen starken, selbst Berge versetzenden Glauben: Angesichts des teuflisch-kollektiven Widerstandes hilft nur Gebet, - nicht in der kraftlosen Form eines Deklamierens vieler Worte, sondern als radikale Ausrichtung auf den göttlichen Vater,73 die im betenden Alleinsein mit Ihm (abseits von der Menge!) gestärkt und durch die Praxis des Fastens vertieft wird.74

92
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Bei allen vordergründigen Unterschieden konvergieren die vier Evangelien auf ein tieferes Verständnis des Teuflischen: Der Teufel ist dort wirksam gegenwärtig,75

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  1. wo Menschen blind sind für die Spuren von Gottes Heilswirken außerhalb des Umfeldes, dem sie sich zugehörig fühlen, und sich damit gegen Gott verstocken;
  2. wo Menschen gegenüber jenen, die die Gegenwart Gottes in Wort und Zeichen bezeugen, hochmütig ihren eigenen Rang behaupten und in diesem Sinn „wie Gott sein wollen";
  3. wo Menschen zugleich andere wegen Überheblichkeit (in die sie doch selber verfangen sind) anklagen, sie verteufeln und sich damit auf die Rolle des Satan oder „Diabolos" (=Ankläger; Verleumder) festlegen;
  4. wo Menschen auf diese Weise in einer Haltung der Unwahrhaftigkeit (Lüge) ...
  5. ... Gewalt gegen Repräsentanten Gottes ausüben: Mord.
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Verstocktheit, Hochmut, Anklage, Lüge und Mord - diese fünf Merkmale schreibt die Bibel immer wieder dem Teufel zu. Die Evangelien zeigen, dass diese fünf Kriterien auf Kollektive von Menschen zutreffen, und zwar genau dort, wo Menschenmengen durch Heilstaten Jesu (und seiner Nachfolger) provoziert werden und sich gegen ihn formieren.

95
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Im theologisch reflektierten Johannesevangelium sind diese fünf Punkte am deutlichsten: Entsprechend dem ersten Kriterium sind die Juden blind für die Zeichen (semeîa) Gottes, die sich in Jesu Werken (érga) zeigen. Diese Werke führen sie nicht zum Glauben (pístis),76 sondern werden von ihnen ignoriert77 oder als Gotteslästerung diffamiert.78 Im Sinne des zweiten Kriteriums sind die Streitgespräche zwischen Jesus und den Juden von Rivalität geprägt79 und drehen sich vor allem um Fragen der Ehre und Legitimation. Der Stolz der Juden zeigt sich darin, dass sie sich als Kinder Abrahams verstehen, mit einem ererbten Anspruch auf Gottes Verheißungen. Dagegen behauptet Jesus die Notwendigkeit ihrer Befreiung, und zwar aus einer Autorität heraus, die über Abraham steht. Der Stolz der von Jesus Kritisierten treibt sie dazu, mit Jesus zu rivalisieren, und diese Rivalität führt zu einer sich verschärfenden Anklage (3. Kriterium). Zuletzt töten sie Jesus (5. Kriterium), mit der Begründung, dass er sich zu Gott macht, obwohl er nur ein Mensch ist (Joh 10,33). Bei alldem pervertieren sie die Wahrheit auf abgründige Weise (4. Kriterium): Sie unterstellen Jesus, was doch auf sie selber zutrifft: Verlogenheit, Rivalität, Hochmut, Gottesfeindschaft. Alle fünf Punkte werden von Jesus in seiner Anklage gegen die jüdische Menge benannt.
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In den synoptischen Evangelien sind die fünf Kriterien über verschiedene Ereignisse verteilt. In der besprochenen Perikope von der Austreibung eines stummen Dämons (Mk 9) finden wir das erste, zweite und dritte Kriterium80. Noch deutlicher zeigen sie sich in der von allen drei Synoptikern berichteten Anklage, Jesus würde Dämonen mit Hilfe von Beelzebul, dem Anführer der Dämonen austreiben.81 Hier stoßen wir auf eine Blindheit gegenüber göttlichen Heilszeichen (1. Kriterium), auf die gravierende Anschuldigung einer Teufelsbesessenheit (3. Kriterium) und auf eine neidisch-stolze Haltung der Rivalität, die die Werke des Konkurrenten entwerten will (2. Kriterium). Und all dies geschieht durchwegs in Öffentlichkeit, in Anwesenheit einer Menschenmenge, deren Gunst für die Schriftgelehrten auf dem Spiel steht.82 Lüge und Gewalt sind bei den Synoptikern ebenso wie bei Johannes die entscheidenden Kräfte, die Jesu Tötung unter dem Anschein von Legitimität und Gebotenheit (im Namen des Gesetzes) bewirken.83
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Die Evangelien arbeiten also eine Tiefendimension teuflischen Wirkens heraus, deren wichtigstes Werkzeug die Menschenmenge (Öffentlichkeit) ist. Von dieser kollektiven Mitte her zeigt sich auch das Phänomen der Besessenheit in einem neuen Licht: Wenn ein Besessener ein Mensch ist, der vom Teufel gequält wird,84 dann liegt es nahe, dass dies unter dem Einfluss kollektiver Kräfte geschieht: Durch den Druck der allgemeinen, öffentlichen Meinung wird er auf seine kranke oder dämonische Rolle festgelegt und in diesem Sinn dämonisiert.85 Auch wenn sich dämonische Besessenheit nicht restlos auf kollektive Wirkungen zurückführen lässt, liegt es nahe, dass bestimmte Auffälligkeiten eine öffentliche Stigmatisierung bewirken, die den Besessenen auf seine Symptome fixieren und so das Krankheitsbild verfestigen. Die einhellige Brandmarkung eines Gemeinschaftsmitgliedes als schwarzes Schaf wirkt sich zugleich stabilisierend auf die Gemeinschaft aus.86 Wenn nun Jesus einen Menschen von seiner dämonischen Besessenheit befreit, dann fällt auch diese stabilisierende Funktion für die ihn umgebende Gesellschaft weg. Die Befreiung eines Besessenen kann die auf ihn fixierte Gemeinschaft bis zur Identitätskrise destabilisieren.87

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8. „Abschied vom Teufel" in den Evangelien? Warum die Passionserzählungen vom Teufel schweigen

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Wenn der eigentlich kritische Punkt in Jesu Auseinandersetzung mit Teufel und Dämonen der Streit mit Kollektiven von Menschen ist, bei denen sich zunehmend die fünf genannten Symptome zeigen, dann ist klar, dass Jesus diesen Kampf nicht schon während seines öffentlichen Wirkens gewinnen konnte, sondern dass er sich auf Jesu Kreuzigung hin zuspitzte.88 In der öffentlichen Konfrontation mit Jesus entwickelten Verstockung, Hochmut und Ressentiment einen starken Sog, der verschiedene, gewöhnlich voneinander distanzierte gesellschaftliche Gruppen zu einer Interessens- und Handlungseinheit zusammenschmolz, - mit dem Ziel der Tötung Jesu.89

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So wird auf dem Weg zum Kreuz die Handschrift des Teufels - nämlich die fünf genannten Kriterien in einer durchwegs anwesenden Öffentlichkeit - immer deutlicher. War es also der Teufel, der - als Herrscher dieser Welt - Christus ans Kreuz brachte? Und hat Christus durch das Kreuz den Teufel besiegt? Was sagen die Evangelien dazu?

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Unsere bisherigen Ausführungen lassen als Antwort ein klares Ja erwarten. Umso erstaunlicher ist es, dass die vier Evangelien, die sonst viel von Jesu Auseinandersetzung mit dem Teufel berichten, im näheren Umfeld von Jesu Gefangennahme, Verurteilung, Passion und Kreuzigung kein einziges Wort über den Teufel oder Satan verlieren.90 Halten die Evangelisten die konventionelle Teufelsvorstellung für hinderlich, um die Phänomene des Teuflischen offenzulegen? Ist es gar so, dass - 1900 Jahre vor dem programmatischen „Abschied vom Teufel"91 durch die liberale Theologie - die Evangelien selber den Teufel entmythologisieren und durch die Beschreibung kollektiver Mechanismen ersetzen?

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Hier müssen wir genau hinschauen. Im bisher beschriebenen Wortgebrauch der Evangelien - und ganz gewiss in den daraus rückschließbaren populären Vorstellungen - steht der Teufel eher für ein individuelles, jenseitiges Wesen, das über einzelne Menschen herfällt.92 Zugleich aber erschließen die Erzählungen über Jesu Auseinandersetzungen der Menschen mit seinen Gegnern eine weit abgründigere Vorstellung vom Teufel. Mit seinen destruktiven Merkmalen von Gewalt und Lüge bemächtigt er sich sukzessive der gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Auf dem Weg zur Kreuzigung Jesu legt sich über die beteiligte Menge ein Geist der Gewaltbereitschaft und der Verblendung. Keiner durchschaut, was wirklich abläuft. Das gilt für die aktiven Mittäter ebenso wie für die geschockten und gelähmten Zeugen. Aufgrund dieser Verblendungszusammenhänge stellt sich die Kreuzigung Jesu aus verschiedenen Perspektiven unterschiedlich dar:

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  1. In der Perspektive der beteiligten Täter erscheint Jesus als ein Teufel, der im Namen des Gesetzes getötet werden muss, - aus Gehorsam gegenüber Gott und zum Wohl seines Volkes.
  2. Aus der Perspektive der Zeugen - und (durch die biblischen Zeugen vermittelt) für uns Leser der Passions- und Kreuzigungstexte - zeigt sich hingegen, dass Jesus von Menschen hingerichtet wird, für die genau das zutrifft, was sie Jesus zur Last legen. Die Beschreibung des Geschehens eröffnet eine tiefere, abgründige Vorstellung vom teuflischen Wirken. Vordergründig liegt das Gesetz des Handelns ganz bei der Jesus verurteilenden Menge. Genauer besehen liegt es in einer dunklen Macht, die diese Menschen zu einem Tun treibt, das sie als einzelne nicht gutheißen würden. Jesus selber erscheint bei Passion und Kreuzigung immer weniger als aktiv handelnd. Von daher entspricht die „aktivistische" Beschreibung, dass Jesus am Kreuz den Teufel besiegt, nicht der unmittelbar wahrnehmbaren „Aktivitätsverteilung".
  3. Erst in größerem Abstand, wenn das Kreuzesgeschehen im Zusammenhang mit der Auferstehung und Geistausgießung wahrnehmbar wird - zeigt sich ein neues Bild. Ein völlig gewandeltes Verhalten der Jünger - öffentliche Verkündigung in Freimut, ohne Angst vor Verfolgung und Tod - belegt, dass in der werdenden Gemeinschaft der Christen die Todesmacht des „Herrschers dieser Welt" gebrochen ist.
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Von daher ergibt sich: Auch wenn die Evangelien in den Passionstexten vom Teufel schweigen, betreiben sie keineswegs eine entmythologisierende Verabschiedung des Teufels. Vielmehr greifen sie populäre Teufelsvorstellungen maßvoll auf und transformieren sie zu einer tiefgründigen Beschreibung der bestimmenden Mächte dieser Welt. Mit Hilfe dieses vertieften Verständnisses vom Teufel kann das Neue Testament Erlösung als Überwindung der knechtenden teuflischen Mächte beschreiben, und zwar durch das Wirken Jesu im Gesamtzusammenhang seiner verschiedenen Dimensionen: von Jesu beglückender Gottesreichverkündigung über die richtende Anklage seiner Gegner zum Erleiden des Kreuzestodes, zu seiner Auferstehung und der von ihm gewirkten befreienden Ausgießung des Heiligen Geistes.93

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Fällt man in diesem soteriologischen Gesamtzusammenhang auf ein konventionelles Teufelsverständnis zurück - der Teufel als individuelle, böse, transzendente Macht, die über einzelne Menschen herfällt -, dann erscheint Erlösung als ein hinterweltlerischer mythischer Kampf, der mit unseren Überlebensproblemen in dieser Welt nicht mehr viel zu tun hat. Wer hingegen - wie die liberale Theologie - den Teufel „abschafft", banalisiert Jesu Erlösungswerk zur harmlosen Demonstration vorbildlicher Menschenfreundlichkeit, die völlig wirkungslos ist, wo immer die Zwänge und Eigengesetzlichkeiten dieser Welt im Spiel sind. Heutige Polarisierungen in Kirche und Theologie stellen vor die unglückliche Alternative zwischen diesen beiden Sackgassen, die bei aller scheinbarer Gegensätzlichkeit darin übereinkommen, dass sie das Verständnis der Erlösung durch Jesus Christus untergraben. Die Evangelien weisen einen dritten Weg, indem sie uns zu einem vertieften Verständnis teuflischer Mächte in unserer Welt führen, und indem sie uns zeigen, wie wir diese Mächte „in Christus" überwinden können.94

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9. Wie hat Jesus den Teufel besiegt?

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„Da nun die Kinder Menschen von Fleisch und Blut sind, hat auch er [Jesus] in gleicher Weise Fleisch und Blut angenommen, um durch seinen Tod den zu entmachten, der die Gewalt über den Tod hat, nämlich den Teufel, und um die zu befreien, die durch die Furcht vor dem Tod ihr Leben lang der Knechtschaft verfallen waren." (Hebr 2,14f)
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Das ist einer der wenigen Bibeltexte, die ausdrücklich feststellen, dass Jesus durch seinen Tod den Teufel besiegt hat.95 Einer solchen Siegesproklamation steht die Erfahrung schon der biblischen Christen entgegen, dass das Böse - und damit der Teufel als sein Urheber - auch nach Jesu Auferstehung weiterwirkt, und zwar oft sogar in einer verschärften Weise. War der Tod Jesu also im Hinblick auf den Teufel wirkungslos? Keineswegs! Nach durchgängigem neutestamentlichem Verständnis hat sich durch den Tod Jesu an der Macht des Teufels über diese Welt etwas Entscheidendes verändert. Sie ist zwar immer noch hochwirksam, aber in ihrem Wesen doch gebrochen.96 Das zeigt sich daran, dass sich nun Menschen dem Zugriff des Teufels entziehen können, indem sie sich in die Nachfolge des gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus stellen, und zwar gemeinsam und offen vor allen Menschen.97 In diesem Sinn ist die Kirche wesentlich eine „teufelsfreie Zone" - vor allem nach Paulus.98 Das bedeutet aber nicht, dass Kirche und Christen vom Teufel unangetastet bleiben würden. Vielmehr befinden sie sich in einer verschärften Auseinandersetzung mit einer Welt, die in vielem nach wie vor von den Gesetzmäßigkeiten des Teufels bestimmt wird, und die die Christen ständig dazu verführt, diese Abhängigkeiten in die eigenen Bereiche eindringen zu lassen.99

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Das ist mythische Rede, die zu einem grob gegenständlichen Missverständnis des Teufels verleiten könnte: etwa eines Teufels, den man auf die Gegner projiziert und durch deren Ausgrenzung man sich und die eigene Gruppe profiliert. Aber diese mythisch klingenden Aussagen stehen durchwegs in Kontexten, die eine tiefere Einsicht - im Sinne der Transformation des Teufelsverständnisses durch die Evangelien - gewährleisten. Den wichtigsten Schlüssel dafür finden wir auch im obigen Zitat aus dem Hebräerbrief: Der Teufel ist jener, „der die Gewalt über den Tod hat" (Hebr 2,14).100 Die zentrale erlösende Wirkung von Tod und Auferstehung Jesu besteht darin, dass dadurch die Macht des Todes gebrochen wurde, - für alle, die ihr Leben vom Tod und der Auferstehung Jesu bestimmen lassen.101 Was das konkret bedeutet, bezeugt die Apostelgeschichte durch zahlreiche Berichte: Frei von Todesfurcht treten Menschen freimütig102 in der Öffentlichkeit auf und bezeugen das Evangelium. Wie Jesus können sie dem Sog jener teuflischen Gesetzmäßigkeiten widerstehen, die sich damals um ihn zusammengeballt hatten: Verstockung, Hochmut, Anklage, Lüge und Mord. Ihr Leben „in Christus" - das heißt durch eine glaubende Existenz ganz aus der Verbundenheit mit ihm - bricht die Todesmacht auch in ihren Spielarten einer Angst vor dem Tod103 und einer Begierde nach all dem, was in dieser Welt für Leben steht und dessen Versäumnis Synonym für Tod ist.

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Damit wirken Menschen, die in der Nachfolge Jesu leben, in ähnlicher Weise destabilisierend auf diese Welt, wie es Jesus tat. Eskalierende Konflikte sind vorprogrammiert, in denen der Teufel seine Fratze zeigt: in Verleumdung, Verfolgung und Mord. Gerade in Situationen äußerster Konfrontation - bis zum Martyrium - können so Christen ihre Freiheit gegenüber dem kollektiven Sog bezeugen; - eine Freiheit nicht nur zur kompromisslosen Konfrontation, sondern auch zur Vergebung, weil Menschen „in Christus" ihre Identität anders behaupten können als durch Konformität oder Opposition, und so dazu ermächtigt sind, Feindschaft mit Liebe zu beantworten. In einer Welt, die den Mechanismen des „Herrn dieser Welt" erlegen ist und Gott ausgetrieben hat, können Menschen, die in dieser Welt und doch nicht von dieser Welt sind,104 Gott mit seiner Wahrheit und Liebe neu aufrichten, und zwar durch ihr gelebtes Zeugnis oder „Martyrium" (was wörtlich Zeugnis bedeutet). Dieses Zeugnis macht Gottes machtvolle Gegenwart beeindruckend erfahrbar, sodass viele Menschen dadurch zu einem starken Glauben kommen können, - bis hin zur Bereitschaft, selber Zeugnis bis zum Martyrium abzulegen.105

111
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Jesu Erlösung der Menschen durch das Kreuz entfaltet so auf dramatische Weise ihre Wirksamkeit in der Welt, - unter Umständen in Zyklen eskalierender Gewalt, die apokalyptische Ausnahme annehmen können.106 Der Sieg über den Satan ist durch das Kreuz bereits erfolgt, weil von daher für die Menschen Mittel bereitstehen, dem Teufel effektiv zu widerstehen. Aber auch wenn die entscheidende Schlacht schon geschlagen ist, steht die volle Durchsetzung des Sieges in der Welt noch aus.107 Dafür müssen sich die Christen durch die Epochen der Geschichte hindurch bewähren.

112
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Ein zentraler Schlüssel, um die Erlösung durch das Kreuz und Jesu Sieg über den Teufel zu verstehen, besteht also darin, dass Jesus durch seinen Tod die Macht des Todes gebrochen hat. Das zeigt sich - wie eben dargelegt - am freimütigen Verhalten von Christen in der Öffentlichkeit. Die erlösende Entmächtigung des Todes hat aber noch andere Dimensionen, die die zwischenmenschliche Freimut erst ermöglichen. Primär ist der Mensch befreit von dem „zweiten Tod" (vgl. Offb 2,11), einer tödlichen Entfremdung von Gott. Diesbezüglich besteht das Wirken des Teufels ja darin, den Menschen anzuklagen und zu verleumden108 und ihn damit einer Dynamik versuchter Selbstrechtfertigung auszuliefern. Demgegenüber wurde von den Jüngern der Kreuzestod Jesu als ein Ereignis der Vergebung und der Versöhnung mit Gott erfahren.109 Die paulinische Theologie generalisiert diese Erfahrung und bringt sie mit den Dynamiken der Öffentlichkeit in Zusammenhang: „Er [Gott] hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat. Die Fürsten und Gewalten hat er entwaffnet und öffentlich zur Schau gestellt; durch Christus hat er über sie triumphiert." (Kol 2,14f) - Grundsätzlich ist Erlösung zu verstehen als Überwindung der isolierenden, trennenden und verfeindenden Todesmacht in allen menschlichen Grundbezügen:
    • im Gottesbezug: Versöhnung mit Gott, als wir noch seine Feinde waren (Röm 5,10);
    • im mitmenschlichen Bezug: Aufhebung der Feindschaft zwischen Menschen (Eph 2,14);
    • im Bezug zur Welt: denn auch diese seufzt nach Erlösung (Röm 8,22);
    • und im Selbstbezug: als Befreiung des inneren Menschen von Ängsten und Begierden (vgl. Jak 1,14).
Der Schlüssel „Entmachtung des Todes" verbindet also verschiedene soteriologische Motive: Befreiung und Loskauf, Versöhnung und Sühne, neues Leben.110
113
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10. „Seid nüchtern und wachsam ..." Wie Christen gegen den Teufel kämpfen sollen

114
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Jesu Sieg über den Teufel bedeutet keine automatische Erlösung für die Christen. Vielmehr hat Jesus durch seinen Tod ein Mittel errungen, wodurch Menschen dem Sog der Sünde in all ihren Dimensionen111 entkommen können, - wenn sie ihr Leben davon bestimmen lassen. Christliche Existenz lässt sich wesentlich vom Tod Jesu prägen (vgl. Phil 3,10). Programmatisch wird das in der Taufe vollzogen, die nach Röm 6 eine Taufe auf den Tod ist.112

115
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Damit wird für Christen ein radikales Lebensgesetz grundgelegt, dem sie sich immer mehr annähern sollten, um das Erbe, mit dem sie angetreten sind, auch wirklich in Besitz zu nehmen.113 Paulus bringt dieses christliche Lebensgesetz in radikaler Weise zum Ausdruck:

116
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„Denn die Liebe Christi drängt uns, da wir erkannt haben: Einer ist für alle gestorben, also sind alle gestorben. Er ist aber für alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde." (2 Kor 5,14; vgl. Gal 2,20)
117
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Ihrem Wesen nach ist christliche Existenz geprägt von einer Verbundenheit mit dem himmlischen Vater durch Jesus Christus im Heiligen Geist: Christen leben von Gott her, - als Kinder Gottes und nicht des Teufels (1 Joh 3,8) -, sie bleiben in Christus (vgl. Joh 15,4) und strecken sich in ihrem Sein nach ihm aus (vgl. 2 Kor 5,14f).

118
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In ihrem Sein von Gott her gleichen Christen Jesus, der ganz vom himmlischen Vater her lebte. Und wie Jesu Konfrontation mit dem Teufel sich niemals in direktem Kampf mit dem Teufel abspielte, sondern sich aus einer konsequenten Bezogenheit auf Gott geradezu nebenbei ergab, so sollen auch die Christen den Teufel bekämpfen, aber nicht auf direkte Weise.114

119
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Damit ergeben sich zwei Grundregeln für den Umgang von Christen mit dem Teufel:

120
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1. Gegen den Teufel ist Widerstand zu leisten.

121
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„Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens!" (1 Petr 5,8f)
122
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2. Der Widerstand gegen den Teufel muss in angemessener Weise erfolgen:

123
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„Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen könnt. Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs." (Eph 6,11f)
124
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Dem müssen die Mittel des Kampfes entsprechen. Nicht Menschen sind zu bekämpfen, sondern schwer greifbare Mächte nicht nur der Gewalttätigkeit, sondern auch der Lüge. Sie können uns auch von innen erfassen und so verblenden, dass wir mit besten Absichten das Gute bekämpfen.115 Hier sind nicht nur Mut und Entschlossenheit, sondern auch Nüchternheit und Wachsamkeit verlangt (vgl. 1 Petr 5,8).

125
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Worin besteht nun diese „Rüstung Gottes", in der wir den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen können? Die Fortsetzung des Ephesertextes gibt darüber Aufschluss:

126
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„Darum legt die Rüstung Gottes an, damit ihr am Tag des Unheils standhalten, alles vollbringen und den Kampf bestehen könnt. Seid also standhaft: Gürtet euch mit Wahrheit, zieht als Panzer die Gerechtigkeit an und als Schuhe die Bereitschaft, für das Evangelium vom Frieden zu kämpfen. Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschoße des Bösen auslöschen. Nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes. Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen, auch für mich ... " (Eph 6,13-19)
127
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Die hier empfohlenen Kampfmittel sind durchwegs solche, die den Blick auf Gott, auf sein Wirken und auf seine Gaben ausrichten. Nach neutestamentlichem Ausweis haben Christen gegen den Teufel zu kämpfen, aber niemals direkt, sondern mit dem Blick auf Gott und sein Heil, sowie auf Jesus Christus und seinen bereits errungenen Sieg gegen das Böse. Wer hingegen auf den Teufel starrt, wird seiner List verfallen. Er wird von Angst gelähmt oder von Fanatismus getrieben, der ihn dazu verleitet, mit gleichen oder schlimmeren Mitteln gegen den Gegner vorzugehen und damit selber zum Handlanger des Teufels zu werden.

128
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Wahrheit und Gerechtigkeit sind Haltungen interessenfreier Objektivität, gemäß der Vaterunser- und Ölbergbitte: „(Nicht mein, sondern) dein Wille geschehe" (Mt 6,10; Lk 22,42). Sie schützen nicht nur vor dem Sog der Korruption, sondern auch vor dem Druck der Angst.116

129
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Die „Bereitschaft, für das Evangelium vom Frieden zu kämpfen" klingt irritierend, denn wie dieser Kampf richtig zu führen ist, sollte in diesem Text erklärt und nicht vorausgesetzt werden. Das Problem liegt hier an der (Einheits-)Übersetzung. Genauer übersetzt heißt es: „und beschuht an den Füßen mit der Bereitschaft für das Evangelium des Friedens." Von Kampf ist hier keine Rede, und wenn man diesen elliptischen Satz schon ergänzen will, dann besser wie die Elberfelder Übersetzung: „mit der Bereitschaft zur Verkündigung des Evangeliums des Friedens". Die Verkündigung des Evangeliums ist auch ein Mittel, um dem Sog des Bösen zu entkommen. Das „Evangelium des Friedens" zielt auf Vergebung und Versöhnung und so darauf, den ungerechten Gegner zu gewinnen. Auch in einer nötigen Konfrontation wird der Kontrahent nicht direkt bekämpft, sondern als Person wahrgenommen, die sich von seinem ungerechten Verhalten nochmals unterscheidet, - als Adressat des „Evangeliums vom Frieden".

130
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Der „Schild des Glaubens" und der „Helm des Heils" halten Gottes Heilsverheißungen dort hoch, wo Leid oder Schuldgefühle sie eigentlich zu widerlegen scheinen. Biblische Erzählungen bezeugen, dass das selbst in aussichtslosen Situationen mit dem Mittel des Lobpreises geschehen kann. So berichtet die Apostelgeschichte, wie Paulus und Silas ausgepeitscht und im Gefängnis angekettet wurden.

131
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„Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und sangen Loblieder; und die Gefangenen hörten ihnen zu. Plötzlich begann ein gewaltiges Erdbeben, so dass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Mit einem Schlag sprangen die Türen auf, und allen fielen die Fesseln ab." (Apg 16,25-26)
132
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Die verzweifelte Situation löst sich, ohne dass dies auf Kosten anderer Menschen geschieht.117 Die Geschichte klingt völlig unrealistisch, folgt aber einem Erfahrungsmuster, das die Bibel öfter belegt.118 Ohne ein Handeln Gottes, auch über alles Erwartbare hinaus, in Abrede zu stellen, können wir eine natürliche Grundlage für diese Erfahrungen ausmachen: Im beständigen Blick auf das Gute lassen sich Teufelskreise von selbstbestätigenden Negativperspektiven durchbrechen.119

133
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Praktisch wird der Blick auf Gott und sein Heil durch eine Grundhaltung beständigen Betens beibehalten: im Lobpreis - wie bei Paulus, David oder Joschafat120 -, aber auch im flehentlichen Bittgebet (Eph 6,18), allerdings in einer Haltung, die nicht problemfixiert, sondern vertrauensvoll auf Gott ausgerichtet ist: „Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott!" (Phil 4,6).

134
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Der beständige Blick auf Gott und sein Heil muss nicht in eine abgehobene Realitätsverweigerung führen. Von ihm her ist auch eine aktive Konfrontation mit dem Bösen möglich. Unser Ephesertext spricht nicht nur von „Defensivwaffen", sondern auch vom „Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes": Wie man mit Worten kämpft, zeigen die Evangelien an Jesus in den Versuchungsgeschichten. Der springende Punkt sind hier nicht Jesu kluge Antworten, die dem beinstellenden Teufel trefflich kontern, sondern eine Grundhaltung der vertrauenden Verankerung im Wort Gottes. Mühelos kontert Jesus mit biblischen Texten, weil ihm Gottes Wort zutiefst vertraut ist. Vor allem die Psalmen sind voll kraftvoller Zusprüche, die in Situationen teuflischer Bedrängnis - in dem Sinn, wie wir sie oben erklärt haben - eine starke Wirkung entfalten können. Dabei lassen sich die bedrängenden Feinde, die in den Psalmen immer wieder genannt werden, im Sinne von Eph 6,12 verstehen: „nicht ... Menschen aus Fleisch und Blut ..., sondern ... Fürsten und Gewalten, ... die Beherrscher dieser finsteren Welt, ... die bösen Geister des himmlischen Bereichs."121 Diese Macht des biblischen Wortes ist für die meisten Christen noch weitgehend unerschlossen.122

135
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11. Verteufelung der Öffentlichkeit?

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Nach neutestamentlichem Verständnis wirken teuflische Mächte primär nicht durch Einzelpersonen, sondern in Dynamiken der Öffentlichkeit. Damit wehrt die Bibel der Gefahr der Verteufelung von Einzelpersonen. Verteufelt sie damit aber nicht die Öffentlichkeit? Wäre es so, dann würden Christen zum ängstlichen Rückzug in den Privatbereich verleitet oder umgekehrt zu einer Bekämpfung von Institutionen säkularer Öffentlichkeit, sowie zur Befeindung von Menschen, die Öffentlichkeit repräsentieren, - etwa von Politikern.123

137
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Die biblische Sicht von Öffentlichkeit ist aber anders. Nicht die Öffentlichkeit in sich ist teuflisch, sie ist nur dem teuflischen Wirken besonders ausgesetzt. Vom biblischen Schöpfungsverständnis her ist der Mensch Gottes Bild (vgl. Gen 1,26f; Ps 8), und zwar vor allem insofern, als er dazu berufen ist, Gott den anderen Menschen zu erschließen. Gottesvermittlung erfolgt primär interpersonal und damit wesentlich auch öffentlich.124 Menschen sind „zum Lob seiner [d.h. von Gottes] Herrlichkeit bestimmt" (Eph 1,12), und das gilt für all ihre Lebensbereiche, - auch für den Bereich der Öffentlichkeit.

138
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Dass die Menschen durch die Sünde Gott verloren haben, zeigt sich vor allem durch den Ausfall der Gottesbeziehung im Bereich der Öffentlichkeit, - mit der Auswirkung von Defiziten in allen anderen menschlichen Grundbezügen, das heißt Isolation, Verfeindung und Entfremdung im Verhältnis zu anderen Menschen, zur Schöpfung und zu sich selbst. Erlösung verwirklicht sich wesentlich durch eine Wiedergewinnung des verlorenen Gottbezugs auf der Ebene der Öffentlichkeit. Das war schon im Alten Testament so, - vor allem in den Psalmen, wo die erbetene Rettung durch Gott immer wieder in die Bereitschaft mündet, Gott vor aller Öffentlichkeit zu preisen.125 Und für das Neue Testament war Jesu Verkündigung vom nahekommenden Gottesreich eine von Grund auf öffentliche Angelegenheit, - wie schon der Name „Reich Gottes" (Mk 1,15) oder „Königreich der Himmel" (Mt 3,2) deutlich macht. In Reaktion auf die erfolgreiche Rückkehr der zweiundsiebzig in die Öffentlichkeit ausgesandten Jünger rief Jesus aus: „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen" (Lk 10,18), - denn nun wurde die Öffentlichkeit dem Teufel entrungen; und die „Erhöhung" Jesu am Kreuz war eine in hohem Maße öffentliche Angelegenheit (vgl. Joh 12,32). Die Wirkung von Jesu Tod, Auferstehung und Geistsendung auf die Jünger war dann auch vor allem an der parresía ablesbar, der Freimut ihres öffentlichen Auftretens.126 Und die Kirche ist ihrem Wesen nach öffentlich vollzogene Gottesbeziehung, wie schon der Begriff Liturgie deutlich macht.127

139
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Jesu Sieg über den Teufel und der christliche Kampf gegen den Teufel bedeuten also wesentlich eine Befreiung der Öffentlichkeit zu ihrer ursprünglichen Berufung, Gott zu verherrlichen.

140
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Aber führt diese Position nicht in einen christlichen Integralismus, der Öffentlichkeit nur dort respektiert, wo der Name Jesu Christi angerufen wird, während er eine säkulare oder laikale Öffentlichkeit immer noch als teuflisch wertet? Neutestamentliche Texte - Paulusbriefe, katholische Briefe und vor allem die Johannesoffenbarung - haben tatsächlich eine Tendenz zu einer solchen Auffassung. Allerdings ist in dieser Frage über Jahrhunderte interreligiöser Auseinandersetzungen ein vertieftes Verständnis für ein verborgenes Wirkens des Heiligen Geistes gewachsen, das auch außerhalb des Christentums Früchte trägt. Auf Wegen, die uns zum Teil verborgen sind, bewirkt der Heilige Geist, der weht wo er will (Joh 3,8), „Elemente der Heiligung und der Wahrheit"128 unter allen Menschen und Gemeinschaften. Das geschieht zwar auch außerhalb, aber nicht ohne die Kirche, die als sakramentales „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit"129 für die ganze Welt einen Dienst zu leisten hat.130 Diese Position, die für die katholische Kirche durch das Zweite Vatikanische Konzil verbindlich wurde, verbietet eine Verteufelung der nicht explizit christlichen Öffentlichkeit.
141
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12. Sollen Christen heute an den Teufel glauben?

142
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Unsere Untersuchung hat ergeben: Die Bibel entwickelt ein anspruchsvolles Verständnis von Teufel und Dämonen. In sehr gemäßigter Form greift sie populäre Vorstellungen von Teufel und Dämonen (wie wir sie in gleichzeitigen frühjüdischen Schriften finden) auf, und transformiert sie vom Geschick Jesu her. Wer wissen will, was für Wesen der Teufel und die Dämonen sind und wie sie so destruktiv und menschenfeindlich geworden sind, findet in der Bibel kaum Antworten. Die Bibel ist allein daran interessiert, wie der Teufel wirkt, und auch dies nur, um zu zeigen, wie er durch Jesus überwunden wurde, und wie die Christen gegen ihn in Jesu Nachfolge effektiv Widerstand leisten können.

143
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Zentraler Wirkbereich des Teufels ist die Öffentlichkeit. Kollektive Dynamiken können das Erkennen und Wollen von Menschen in Richtung auf Lüge und Mord pervertieren. Darauf zielt die zentrale Transformation des Teufelsverständnisses durch das Neue Testament: Der Teufel begegnet uns nicht als konkretes Gegenüber, sondern er unterminiert auf schwer fassbare Weise die Sphäre der Öffentlichkeit.131 Dadurch vermag er auf höchst subtile Weise menschliches Wahrnehmen und Handeln zu manipulieren, - viel subtiler, als es von einem konkreten Gegenüber her möglich wäre.

144
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Damit unterscheidet sich das neutestamentliche Teufelsverständnis stark von populären Teufelsvorstellungen sowohl aus biblischen Zeiten als auch aus der Gegenwart. Wir haben gesehen, dass die Evangelien im Schlüsselbereich der Passions- und Kreuzeserzählungen - also jener Ereignisse, auf die hin Jesu Auseinandersetzung mit dem Teufel kulminieren - nicht mehr von Teufel, Dämonen und Satan sprechen. Hätten sie es getan, würde die Aufmerksamkeit der biblischen Leser von jenen ungewohnten teuflischen Wirkweisen abgelenkt werden, die im Konflikt mit Jesus sichtbar geworden sind, und die wir mit den fünf Punkten Verstocktheit, Hochmut, Anklage, Lüge und Mord als Momente einer polarisierten Menge zusammengefasst haben.

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Auch Paulus spricht nur am Rande vom Teufel. Dass Jesus durch Tod und Auferstehung die teuflischen Mächte überwunden hat, ist für ihn absolut zentral. Aber diese Mächte, die durch den gekreuzigten und auferstandenen Jesus besiegt wurden, nennt er niemals Teufel, Satan oder Dämonen, dafür aber mit vielen anderen Namen: Sünde und Tod, Kräfte, Mächte und Gewalten, Herrscher, Herrschaften und Throne, Widersacher.132 Wie die Evangelien in den Passionsgeschichten, so vermeidet auch Paulus auf diese Weise einen Rückfall in konventionelle Vorstellungen von Teufel und Dämonen, die allzu leicht zur Unterschätzung der raffinierten Wirkweisen des Teuflischen führen würde.

146
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An dieser neutestamentlichen Sprachkultur könnten und sollten sich meines Erachtens auch heutige Christen orientieren. Das Wirken des Teuflischen - in dem Sinn, wie es hier an der Bibel herausgearbeitet wurde - muss wieder schärfer wahrgenommen werden, und dazu muss man sie auch sprachlich benennen. Die Worte Teufel, Satan und Dämon sollten allerdings nur mit großer Vorsicht verwendet werden, - zumindest so lange, bis deren spezifisch biblische Bedeutung sich gegen vulgäre Vorstellungen wirklich durchgesetzt hat. Es gibt auch andere biblische Begriffe dafür.

147
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13. Der mögliche Beitrag von Christen im Sog des Bösen

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Die Bibel behauptet, dass es den Teufel gibt, und sie erklärt, wo und wie sich seine Macht zeigt. All dies ist umfangen vom Glauben, dass Jesus die Macht des Teufels überwunden hat. Gewiss ist dieser Teufels- und Erlösungsglaube gefährlich, weil er auf hochproblematische Weise missverstanden werden kann. In der Geschichte des Christentums - bis in die Gegenwart - ist das auch immer wieder passiert. Hier kann eine gute biblische Theologie zur Selbstkritik christlicher Praxis in Kirchengeschichte und Gegenwart beitragen. Zum Beispiel disqualifizieren die oben beschriebenen biblischen Regeln für den Kampf gegen den Teufel die historischen Praktiken von Inquisition und Hexenwahn. Denn dort hatten Menschen den Blick auf das vermeintlich Böse fixiert, ohne dass sie die erstrangige glaubend-vertrauende Gottverbundenheit genügend wahrten. Für gegenwärtige Fragen - vom Stellenwert des Teufels im alltäglichen Christsein bis zur Praxis des Exorzismus - führt die biblische Analyse zu Schlussfolgerungen, die nicht selbstverständlich sind.

149
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Die hier dargelegten biblischen Argumente führen mich zum Schluss, dass Christen auch heute in offensiverer Weise von Teufel und Dämonen, Mächten und Gewalten sprechen sollten, - oder besser: ... sprechen können sollten. Voraussetzung dafür ist nämlich eine Einübung in die Perspektiven der Bibel, und diese sind sowohl durch vulgäre Teufelsvorstellungen als auch durch den Mangel einer existenziell vollzogenen Gottverbundenheit verstellt. Wer mehr auf das Wirken133 des Teufels in der Welt und seinem Leben achten will, muss vorher weit mehr in das Wirken der heilvollen Gegenwart Gottes eingeführt sein. Mit dem Wirken von Teufel und Dämonen zu rechnen, führt leicht zu folgenschweren Verschiebungen unserer „Alltagsontologie", - auch dort, wo das teuflische Wirken wie in diesem Aufsatz auf differenzierte Weise begriffen wird. Solche Verschiebungen können nicht einfach eingeführt werden, man muss in sie hineinwachsen, - mit einer fortlaufenden Achtsamkeit auf die rechte Balance im Verständnis des Bösen.134
150
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Für die Nahtstellen und Bruchlinien zum heute dominierenden säkularen Denken ist dann vor allem Folgendes zu beachten: Das Teuflische muss als eine theologische Wirklichkeit sui generis wahrgenommen werden. Teufel und Dämonen stehen für Mächte, die den Menschen - über die individuelle Verantwortlichkeit hinaus - von Gott, von seinen Mitmenschen, von seiner Welt und von sich selbst entfremden. Damit liegt teuflische Belastung oder Besessenheit grundsätzlich auf einer anderen Ebene als etwa medizinisch eruierbare körperliche oder psychische Erkrankungen. Von daher ergeben sich grundsätzliche Anfragen etwa an die verbreitete Forderung, vor Durchführung eines Exorzismus das mögliche Vorliegen natürlicher Ursachen sozusagen differentialdiagnostisch zu eruieren.135 Auch wenn Beeinträchtigungen, an denen ein Mensch leidet, sich medizinisch und psychologisch zuordnen lassen, sind sie doch zugleich Wirklichkeiten, die den Menschen in seiner Existenz vor Gott und von daher in seinen Grundbezogenheiten knechten. In diesem Sinn dürfen sie dann nach dem hier entfalteten Verständnis als teuflische oder dämonische Belastungen verstanden werden, für die die machtvolle Zusage von Gottes Heil (zum Beispiel in Form von Befreiungsgebeten)136 heilsam sein kann.
151
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Zudem macht ein Verständnis des Bösen entsprechend den hier ausgearbeiteten Kriterien sensibel für die kollektive Dimension des Bösen. Auch individuelle Unheilssymptome können in einem interpersonalen, gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Bösen verwurzelt sein.137
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Hat die fatale Geschichte christlichen Teufelsglaubens die christliche Rede vom Teufel endgültig kompromittiert? Wer über effektive Mittel verfügt, um den Abgründen menschlicher Destruktivität angemessen zu begegnen, der dürfte sich erlauben, vor der gefährlichen, weil so missverständlichen und missbrauchbaren christlichen Lehre zu warnen. Aber angesichts der Ratlosigkeit vor dem Bösen in seinen abgründigeren Spielarten muss die christliche Antwort ernsthaft erwogen werden, und zwar nicht an ihren Pervertierungen, sondern an ihren stärksten und authentischsten Ausprägungen. Das ist das Verständnis vom Teufel und dem Sieg über ihn, wie es von der Bibel entwickelt wird. Es ist eine Lehre, die sich auch angesichts gefährlichster kollektiver Zusammenballungen des Bösen bewähren kann, - und in vielen Martyrien bewährt hat:

153
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  1. Das Böse wird radikal ernst genommen.
  2. Dabei wird auch realistisch wahrgenommen, dass die Zwänge des Bösen Menschen unter einen Druck setzen können, dem sie allein mit ihren natürlichen Möglichkeiten erliegen würden. Das unterstützt eine Haltung der Vergebungs- und Versöhnungsbereitschaft.
  3. Die Überzeugung, dass die Macht des Bösen durch Jesus Christus gebrochen ist, bewahrt vor Resignation gegenüber der realistisch wahrgenommenen Macht des Bösen.
  4. Die Überzeugung, dass Jesus die Macht des Bösen überwunden hat, führt Christen - nach biblischem Maßstab - dennoch nicht in eine weltabgehobene Heilsgewissheit, die sie blind machen würde gegenüber dem faktischen Bösen in der Welt. Vielmehr wissen sie, dass Jesu Erlösungswerk die Möglichkeit - und damit die dringliche Aufgabe - begründet, in seiner Nachfolge den Kampf gegen das Böse selber aufzunehmen und zu bestehen.
  5. Die Weise, wie Jesus das Böse überwunden hat, gibt den Maßstab dafür, wie Christen gegen das Böse zu kämpfen haben: Nicht in einer Fixierung auf das Böse, sondern im vertrauensvollen Blick auf den Gott des Heils, der Gerechtigkeit und des Friedens. So sind sie davor gefeit, im aktiven Kampf gegen den Teufel andere zu diabolisieren und so zu fanatischen Handlangern des Teufels zu werden.
154
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Dabei ist zu berücksichtigen, wie schwer eine Verbindung dieser Punkte ist. Wer die abgründige Realität des Bösen wahrnimmt (1), gerät in große Gefahr, davor zu resignieren (gegen 3) oder Akteure des Bösen unerbittlich zu bekämpfen (gegen 2). Der Glaube, dass die Macht des Bösen von Gott gebrochen ist (4), verleitet hingegen dazu, dessen faktische Abgründigkeit zu übersehen (gegen 1) und ins Böse verstrickte Menschen zu unterschätzen (gegen 2). Wo Menschen die Notwendigkeit sehen, dem Bösen Widerstand zu leisten und auch dazu bereit sind (4), sind sie in großer Gefahr, den Kampf mit ungeeigneten Mitteln zu führen und so fanatisch selber böse zu werden (gegen 2 und 5).

155
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Wenn Menschen diese biblische Sicht des Bösen verstanden haben und in einer ständigen Ausrichtung auf Gottes Wort danach leben, haben sie gute Chancen, zu Menschen zu werden,

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  • deren Identität weitgehend unabhängig von der Akzeptanz der dominierenden Menschen ihres gesellschaftlichen Umfeldes ist, weil sie sie aus einer durchgängigen Bezogenheit auf den Gott Jesu Christi nähren;
  • die durch eine Kultur des Evangeliums (in Schriftlesung, biblischem Gebet und Liturgie) dafür sensibilisiert sind, das kollektiv maskierte Böse zu erkennen und freimütig zu benennen;
  • die dennoch nicht die Ausführenden des erkannten Bösen mit dem Bösen selbst identifizieren und sie so dämonisieren;138
  • die um die polarisierende Verführungskraft des Bösen wissen und von daher selbstkritisch auf die eigenen Beweggründe des Urteilens und Handeln achten;139
  • die nicht korrumpierbar sind durch die Erfüllung von Begehrlichkeiten oder durch die Aussicht, „dazuzugehören", weil sie den Wert ihrer Existenz nicht in den Annehmlichkeiten und der Position „in dieser Welt" gründen;
  • die nicht erpressbar sind durch drohenden physischen Tod, sozialen Tod oder auch nur von Misserfolg; denn das eigene Überleben oder auch nur das „Überleben" der eigenen Sache sind nicht ihr höchstes Ziel, dem sie deshalb alles andere unterordnen müssten.
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Für Situationen, in denen der Sog eines kollektiv potenzierten Bösen übermächtig wird - wie etwa vor 70 Jahren im Dritten Reich -, sind gewiss Menschen zu wünschen, die nach solchen Kriterien leben. Damit ist nicht behauptet, dass das ausschließlich für Christen zutrifft.140 Und keineswegs ist damit gesagt, dass ein Christ schon automatisch nach diesen Kriterien lebt. Aber selbst für einen nichtreligiösen Menschen dürfte es dann im Sinne einer Begrenzung des Bösen wünschenswert sein, dass - nach den genannten Kriterien - Christen bessere Christen werden.

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Anmerkungen

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1 Man kann also auch nicht - nach einem problematischen Argumentationsmuster - den Teufelsglauben dem Alten Testament zuschreiben und vom Neuen Testament her als überholt bezeichnen.

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2 Selbst in den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils findet sich die Aussage: „Die ganze Geschichte der Menschheit durchzieht ein harter Kampf gegen die Mächte der Finsternis, ein Kampf, der schon am Anfang der Welt begann und nach dem Wort des Herrn (vgl. Mt 24,13; Mt 13,24-30.36-43) bis zum letzten Tag andauern wird. Der einzelne Mensch muß, in diesen Streit hineingezogen, beständig kämpfen um seine Entscheidung für das Gute, und nur mit großer Anstrengung kann er in sich mit Gottes Gnadenhilfe seine eigene innere Einheit erreichen" (Gaudium et Spes 37). Auf die kirchliche Lehre zum Teufel kann dieser Aufsatz nicht eingehen. Vgl. dazu den Überblick von Marion Wagner: Personalität des Bösen? Zur „Funktion" und zum Gebrauch der Rede vom Teufel. In: U. Niemann / M. Wagner (Hg.), Exorzismus oder Therapie? Ansätze zur Befreiung vom Bösen Regensburg 2005, 32-48.

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3 In diesem Sinn: Adolf von Harnack, Das Wesen des Christentums, Gütersloh 1977 (erstmals publiziert: 1899), v.a. 19f, 41-43. Zur Kritik daran aus der Perspektive einer dramatischen Theologie (zuerst von Karl Barth), vgl. Willibald Sandler, Was ist dramatische Theologie? In: P. Tschuggnall (Hg.), Religion - Literatur - Künste. Aspekte eines Vergleichs. Anif/Salzburg 1998, 41-57, hier: 41-43 [im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/156.html#5].

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4Rudolf Bultmann, Neues Testament und Mythologie, 1941, 18.

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5 Bultmann schrieb diese Zeilen nicht nur zur Zeit des nationalsozialistischen Hitler-Regimes, sondern auch in Deutschland, wo er diese Jahre zwar in kritischer Haltung aber ohne offenen Widerstand blieb und deshalb seine Professur beibehalten konnte.

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6 In diesem Sinn schrieb Arthur Miller sein Theaterstück „Hexenwahn" als politische Anklage gegen die Kommunistenhetze und den Verfolgungswahn der McCarthy-Ära in den Vereinigten Staaten.

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7 Vgl. H. Haag, Abschied vom Teufel. Benziger 1969. Dazu: B. J. Claret, Geheimnis des Bösen. Zur Diskussion um den Teufel (ITS 49). Innsbruck, Wien 2000, 87-137.

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8 Vgl. Jacques Sémelin, Elemente einer Grammatik des Massakers, in: Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung 15, Heft 6 (2006) 18-40, im Internet:

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http://www.eurozine.com/articles/2007-01-25-semelin-de.html (zuletzt eingesehen: 28. 5. 2009). Dieser hervorragende Überblicksartikel endet mit der Feststellung: „Die Sozialwissenschaften müssen sich bemühen, all dies besser zu verstehen. Zugleich müssen sie sich aber auch eingestehen, dass ihre intellektuellen Mittel manchmal angesichts sprachlos machender Phänomene nicht ausreichen. Zweifellos können die Sozialwissenschaften die Umrisse dieses schwarzen Lochs noch genauer nachzeichnen, zweifellos sogar seine grundlegende Struktur bestimmen. Immer noch und unaufhebbar aber wird in ihm ein Moment des Unbekannten bleiben: ein Bereich undurchdringlicher Dunkelheit."

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9 Als guter Gott wurde er erfahren, weil er Israel aus Ägypten befreit und ins gelobte Land geführt hat; als mächtiger Gott, weil er seinem Volk Siege gegen feindliche Völker und ihre Götter bescherte.

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10 Genau das war mit dem politischen Mittel der Exilierung auch beabsichtigt.

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11 Vgl. Jer 27,2-8 und dazu: Gerd Neuhaus, Frömmigkeit der Theologie. Zur Logik der offenen Theodizeefrage (Quaestiones disputatae 202). Freiburg i.Br.-Basel-Wien 2003, 92.

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12 Sechsmal „Gott sah, dass es gut war": Gen 1,4.10.12.18.21.25.31. Ein siebtes Mal heißt es dann - im Blick auf die Schöpfung des Menschen: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut" (Gen 1,31).

172
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13 Genauer: Diese Frage wird beantwortet durch eine Folge von Erzählungen in Gen 2-6, die eine fortschreitende Verschärfung der Sünde und des Bösen in der Welt beschreibt. Da uns die Eskalation von Sünde, Bösem und Gewalt gut nachvollziehbar ist (z.B. im Übergang von der siebenfachen Rache Kains zur Androhung siebenundsiebzigfacher Rache bei Lamech in Gen 4,24), fällt die Hauptlast der Begründung auf die paradiesische Sündenfallgeschichte, die erklären soll, wie in einer vollkommen guten Welt der Keim des Bösen entstehen konnte. Weil es die Theodizeefrage ist, die hier in der Form von Erzählungen beantwortet wird, kann man im Bezug auf die biblische Urgeschichte von einer „narrativen Theodizee" sprechen. Vgl. dazu allgemein: Willibald Sandler, Der verbotene Baum im Paradies. Was es mit dem Sündenfall auf sich hat, Kevelaer 2009 [im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/800.html] und speziell zur „narrativen Theodizee": Willibald Sandler, Hat Gott dem Menschen eine Falle gestellt? Theologie des Sündenfalls und Sündenfall der Theologie. In: ZkTh 129 (2007), 437-458, hier: 448-452 [im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/700.html#ch8].

173
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14 Die folgende „Balancierung" der Problematik des Bösen ist angeregt von der Phänomenologie des Bösen bei Paul Ricoeur. Vgl. ders., Die Fehlbarkeit des Menschen. Phänomenologie der Schuld I. Freiburg i. Br. 1971; ders., Symbolik des Bösen. Phänomenologie der Schuld II. Freiburg i. Brsg. 1971. - Dazu: Claret, Geheimnis des Bösen (s. Anm. 7), 253-307, und darin v.a. 296-299.

174
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15 Vgl. etwa den babylonischen Schöpfungsmythos Enuma Elisch. Die Welt entsteht hier aus Kampf und Tötung von Göttern.

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16 Nach dem Sündenfall wird Adam Gott für die Misere verantwortlich machen: „Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben ..." (Gen 3,12).

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17 Vgl. Ricoeur: „Schließlich ... unterordnet der Adamsmythos dem Urmenschen als der zentralen Gestalt andere Gestalten, die darauf hinwirken, daß das Gewicht der Erzählung verteilt wird, doch ohne den Vorrang der Adamsfigur einzuebnen. In der Tat ist es merkwürdig, daß es dem Adamsmythos nicht gelingt, den Ursprung des Bösen allein in der Figur eines Urmenschen zu konzentrieren; er spricht auch vom Widersacher, von der Schlange, die der Teufel wird; er spricht auch von einer anderen Person, Eva, die das Gegenüber dieses Anderen, der Schlange oder des Teufels, darstellt; so treibt der Adamsmythos einen oder mehrere Gegenpole zur Hauptfigur des Urmenschen hervor; von diesen Gegenpolen empfängt er eine rätselhafte Tiefe, durch die er unterbödig mit den anderen Mythen des Bösen in Verbindung steht und das möglich macht, was wir später ein System der Mythen des Bösen nennen werden." (Ricoeur, Symbolik des Bösen [s. Anm. 14] 267f).

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18 Zur These vgl. Hans Urs von Balthasar, Vorverständnis des Dämonischen. In: IKaZ 8 (1979), 238-242.

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19 In diesem Sinn wird im Neuen Testament Paulus feststellen: „Noch ist keine Versuchung über euch gekommen, die den Menschen überfordert. Gott ist treu; er wird nicht zulassen, daß ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet. Er wird euch in der Versuchung einen Ausweg schaffen, so daß ihr sie bestehen könnt." (1 Kor 10,13)

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20 Allerdings ist im hebräischen Urtext hier nicht von einem Dämon die Rede! Gesprochen wird hier von Sünde, allerdings in so personaler Weise, dass die Einheitsübersetzung das hier - sehr frei - mit der Vorstellung von Dämonen ausdrückt.

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21 Unabhängig davon, ob man der Bibel ein historisches oder symbolisches Verständnis von Adam als erstem Menschen zuschreibt, gilt: Die Vorstellung von einem ersten Menschen und seiner Sünde führt zu einer Grenzüberlegung, an der sich das Konzept einer rein zwischenmenschlichen Beeinflussung zur Sünde als unzureichend erweist: Für den ersten Menschen kann es keinen anderen Menschen geben, der ihn zur Sünde verführt hat. Selbst der exemplarisch erste Mensch Adam wird gemäß der Bibel von einem anderen Menschen zur Sünde verleitet, - von Eva. Damit zeigt die Bibel, welches Gewicht sie dem zwischenmenschlichen Einfluss zuschreibt. Dennoch führt die Bibel die Sünde nicht zur Gänze darauf zurück, sie erzählt auch von der Verführung durch die Schlange.

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22 An einer spekulativen Lösung dieser Frage ist die Bibel auch gar nicht interessiert, wohl aber an einer existenziellen Lösung: Der Glaube an einen guten und allmächtigen Schöpfergott soll auch in der Erfahrung des Bösen in Leid und Schuld lebbar sein; er darf nicht an den inneren Widersprüchen, die er aufwirft, ersticken.

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23 Vgl. Davids Bekenntnis: „Gegen dich allein habe ich gesündigt..." (Ps 51,6).

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24Paul Ricoeur arbeitet das an der Analyse des Schlangenthemas in der Paradiesgeschichte heraus: „Wenn man der Intention des Schlangenthemas bis auf den Grund geht, muß man schließen, daß der Mensch nicht der absolut Böse ist; er ist nur der Böse an zweiter Stelle, der Böse durch Verführung; er ist nicht das Böse, der Böse sozusagen im Substantiv, sondern schlecht, boshaft im Adjektiv; er macht sich böse durch eine Art Rück-teilnahme, Rück-nachahmung, durch Einwilligung in eine Quelle des Bösen, die der naive Autor des biblischen Berichts als tierische List schildert. Sündigen heißt nachgeben." (Ricoeur, Symbolik des Bösen [s. Anm. 14, 295f) . Vgl. dazu auch: Claret, Geheimnis des Bösen [s. Anm. 7], 299.

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25 Zu diesem dämonologischen Zug des ersten Henochbuchs, das infolge der Quellenlage auch äthiopisches Henchbuch genannt wird, vgl. Klaus Koch, „Adam, was hast Du getan?". Erkenntnis und Fall in der zwischentestamentlichen Literatur. In: U. Gleßmer / M. Krause (Hg.), Vor der Wende der Zeiten. Beiträge zur apokalyptischen Literatur. Neukirchen-Vluyn 1996, 181-217, hier: 187-194.

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26 Vgl. Koch, ebd. - Die frühjüdische Literatur dokumentiert nicht nur einen Balanceverlust in Richtung auf ein dämonisches „von außen" (Außer Henoch vgl. das Jubiläenbuch und das „Leben Adams und Evas", vgl. Koch, ebd. 204), sondern auch „nach innen", in einer Überstrapazierung menschlicher Schuld: „O Adam, was hast du getan allen, die von dir abstammen? Und was soll von der Eva gesagt werden, welche auf die Schlange hörte? Deshalb geht die große Masse ins Verderben. Unzählig die, welche das Feuer verschlingt!" (Baruchapokalypse (2 Baruch 48,42f). Dazu, sowie zur ähnlich ausgerichteten Esraaapokalypse vgl. Koch, ebd. 206f.) Und in den rabbinischen Schriften wird das Böse zunehmend „von oben" verankert: Bereits durch den Schöpfergott wurde dem Menschen ein böser Trieb ins Herz gesenkt. (Außer der kurzen Anmerkung in Koch, ebd. 212, vgl. dazu: Gabrielle Oberhänsli-Widmer, Der „böse Trieb" als rabbinisches Sinnbild des Bösen In: Judaica [2007], 18-43).

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27 Zur Abfassungszeit der spätesten alttestamentlichen Texte (Weish: 1. Jh. v. Chr.) hat es das Buch Henoch (2. Jh. v. Chr.; vgl. Koch, ebd. 187) schon gegeben.

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28 Vgl. Ijob 1,6-2,7.

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29 Damit ist „mh. thrh,santaj th.n e'autw/n avrch.n" genauer wiedergegeben als in der Einheitsübersetzung mit: „die Engel, die ihren hohen Rang missachtet und ihren Wohnsitz verlassen haben". - Vgl. auch 2 Petr 2,4 und 1 Joh 3,8.

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30 Damit wäre die Frage nach der Herkunft des Bösen ja auch nicht beantwortet, sondern nur noch einmal verschoben. Es stellt sich dann ja die Frage, wie und wodurch die gut geschaffenen Engel böse geworden sind.

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31 Dass der Glaube an einen guten und geschichtsmächtigen Gott die Widerstandsfähigkeit der Menschen gegen das Böse nicht lähmt, sondern stärkt, versteht sich nicht von selbst. Es könnte auch anders sein (etwa indem Menschen die Problematik des Bösen Gott überlassen). Alles hängt hier davon ab, wie die Geschichtsmacht Gottes über das Böse verstanden wird. Wie gezeigt, erweist die Bibel Gott als souverän über das Böse, indem er den Menschen zum effektiven Widerstand dagegen ermächtigt und beauftragt.

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32 Vgl. Gen 1,26: „Dann sprach Gott: ... [die Menschen] sollen herrschen ... über die ganze Erde ...". Zur Macht der Menschen selbst über Engelmächte vgl. auch 1 Kor 6,3: „Wisst ihr nicht, dass wir über Engel richten werden? Also erst recht über Alltägliches."

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33 Nach der Sicht der Evangelien herrscht nicht mehr der Mensch, sondern der Teufel über diese Welt. Vgl. dazu das folgende Kapitel.

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34 Vgl. Gen 1,26.

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35 Dass und wie der Mensch Handlanger des Teufels werden kann, wird ab dem folgenden Kapitel ausführlich aufgezeigt.

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36 In der dogmatisch-theologischen Reflexion wurden diese Grundzustände früher als heilsgeschichtliche Stände (status) bezeichnet. Allerdings legt das die falsche Vorstellung nahe, als würden sie sich chronologisch ablösen, als ob durch Adam der Stand einer schöpfungsmäßigen Gutheit durch den Stand einer totalen Sündenverstrickung abgelöst worden wäre, der durch die Erlösungstat Jesu Christi und seine „Applikation" im Sakrament der Taufe, restlos durch den Stand einer erlösten Existenz überwunden würde. Das entspricht so natürlich weder der Bibel, noch unserer Erfahrung, noch der kirchlichen Lehre. Vielmehr überlappen sich diese Grundzustände in unterschiedlicher, mitunter geradezu dramatischer Weise. Um dem gerecht zu werden, spricht etwa Karl Rahner lieber von Existenzialien als von heilsgeschichtlichen Ständen. Vgl. dazu Willibald Sandler, Bekehrung des Denkens. Karl Rahners Anthropologie und Soteriologie als formal-offenes System in triadischer Perspektive, Frankfurt am Main 1996, 391-400.

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37 Zu einer Mehrzahl von Sündenfällen vgl. Sandler, Der verbotene Baum (s. Anm.13), 26-30 [im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/800.html#ch11]

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38 Der Kontext von Hebr 1,1 zeigt: Hier geht es nicht bloß um Offenbarung im informativen Sinn, sondern um das erlösende Wort, das Sünden vergibt (v. 3b) und so die schöpfungsmäßige Herrlichkeit (v. 2b; 3a) unter den Menschen wiederherstellt.

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39 Insofern bedeutet die häufige neutestamentliche Rede von Teufel und Dämonen keinen Bruch gegenüber dem Alten Testament mit seiner sehr sparsamen diesbezüglichen Rede. Gemeinsam ist beiden die Wahrung einer balancierten Sicht des Bösen, die den Menschen in maximaler Weise gegen das Böse widerstandsfähig macht. Vgl. dazu das Schlusskapitel.

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40 Vgl. in diesem Sinn auch die paulinische Gegenüberstellung zwischen Adam und Christus - dem „letzten Adam" - in 1 Kor 15,45-47.

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41 Zu den Versuchungsgeschichten vgl. André Feuillet, Die Versuchungen Jesu. In: IKaZ 8 (1979), 226-237.

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42 Johannes spricht ausdrücklich vom Herrscher dieser Welt (Vgl Joh 14,30; 16,11; 1 Joh 5,19), und Paulus an einer Stelle sogar vom „Gott dieser Weltzeit" (2 Kor 4,4).

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43 Vgl. die provokante These von Klaus Berger: „Die Botschaft Jesu »Das Reich ist nahe« ist die Antwort auf diesen Sieg über den Satan. Das ganze Evangelium, die Botschaft vom Reich, ist keineswegs etwa ein besonderer Einfall Jesu, sondern der Kern dieser Botschaft wurde erkämpft. Die Abfolge dieser drei ersten Stationen im Leben Jesu nach Markus, nämlich Geistempfang, Versuchung und Verkündigung in Vollmacht, ist unumkehrbar." (K. Berger, Wozu ist der Teufel da? Stuttgart 1998, 12)

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44 Vgl. bei Matthäus: „Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt („basileías toû kósmou") mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest." (Mt 4,8f) mit Mt 4,17: „Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Reich der Himmel („basileía tôn ouranôn") ist nahegekommen."

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45 Wir dürfen Gottesherrschaft nicht in einem unterdrückenden Sinn verstehen als Gottes Herrschaft über den Menschen, sondern als seine Herrschaft vermittels des gläubig-bekehrten Menschen. Es ist eine Herrschaft, die den Menschen in seinen Grundbezügen - zu Gott, Mitmensch, Welt und sich selbst - nicht versklavt, sondern freisetzt, und damit in seine schöpfungsmäßige Bestimmung, die er durch die Sünde verloren hat, wiedereinsetzt.

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46 Zur Bedeutung der Sammlung von Menschen im Wirken Jesu vgl. Raymund Schwager, Jesus im Heilsdrama. Entwurf einer biblischen Erlösungslehre (IThS 29). Innsbruck - Wien 1990, 59-65.

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47 Nirgends spricht Jesus mit Dämonen, die losgelöst von Personen vorkommen würden.

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48 Vgl. Mt 12,24, par. Lk 11,15.

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49 In diesem Sinn betont vor allem das Johannesevangelium - das mehr als die Synoptiker die Macht Jesu herausstreicht - die völlige Abhängigkeit Jesu vom Vater: „Jesus aber sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht. Was nämlich der Vater tut, das tut in gleicher Weise der Sohn" (Joh 5,19). Vgl. auch Joh 5,30; 8,28-30.

209
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50 Vgl. Ronald A. Piper, Satan, demons and the absence of exorcisms in the Fourth Gospel. In: D. G. Horrell u.a. (Hg.), Christology, controversy and community. New Testament essays in honour of David R. Catchpole (Supplements to Novum Testamentum 99). Leiden u.a. 2000, 253-278, hier: 257f.

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51 Damit ist klar, dass diese Stellen nicht antijudaistisch im Sinn einer Verteufelung von Juden im Gegensatz zu Christen interpretiert werden darf. Vgl. dazu Schwager, Jesus im Heilsdrama (s. Anm. 46), 190.

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52 Das gilt für Joh 8 ebenso wie für den Konflikt, den Johannes vorausgehend im 7. Kapitel schildert. Dort ist der Begriff óchlos (Menschenmenge) leitend. Zur theologischen Relevanz der Öffentlichkeit vgl. Herwig Büchele, Jesus und die Öffentlichkeit. In: ThQ (1985), 14-28, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/186.html

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53 Wie schon im vorausgehenden Kapitel: Joh 7,20. Vgl. auch Joh 10,31-33.

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54 Vgl. Joh 8,31-36, wo Jesus bei den „Juden, die an ihn glaubten" Sklaverei der Sünde diagnostiziert, von der sie durch Glauben an ihn befreit werden könnten.

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55 Vgl. in einem späteren Konflikt: „Die Juden antworteten ihm: Wir steinigen dich nicht wegen eines guten Werkes, sondern wegen Gotteslästerung; denn du bist nur ein Mensch und machst dich selbst zu Gott" (Joh 10,33).

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56 Genauer: Der Ausgang des Konflikts, wie er in den Augen der Welt erscheint. Die Bibel bezeugt einen anderen Ausgang, für den das Kreuz notwendiger Durchgang ist: den Sieg Jesu über den Satan. Vgl. dazu unten, das 9. Kapitel .

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57 Diese Beschreibung folgt der Darstellung des Johannesevangeliums bzw. der Evangelien. Dass die Ereignisse tatsächlich so abgelaufen sind, ist angesichts der kontroversen Einschätzungen Jesu, wie sie in den Evangelien dokumentiert sind, eigens zu begründen. Psychologisch böte sich auch eine kritische Deutung an, nach der der Tötungswille, den Jesus bei den Menschen diagnostizierte, nicht schon in ihnen latent vorhanden war, sondern durch Jesu provokantes Auftreten erst erzeugt worden wäre, - im Sinne einer „self fulfilling prophecy". Vor allem angesichts der ungeheuren Provokanz, mit der Jesus nach dem Johannesevangelium gegenüber den Juden auftritt, läge menschlich die Annahme nahe, dass Jesus zumindest in die Rivalität mit den Juden hineingezogen worden wäre, wenn er sie nicht sogar selbst geschürt hätte. Die Annahme einer vollkommenen Wahrhaftigkeit und Sündenfreiheit ist demgegenüber anspruchsvoll. Die Überlegenheit dieser gläubigen Interpretation gegenüber einer Unterstellung, Jesus hätte einen schlechten Charakter gehabt (vgl. Bertrand Russell, Warum ich kein Christ bin, Reinbek 1968) kann sich nur in einer Gesamtdeutung des Textbestandes (inklusive Auferstehung Jesu bzw. des eklatanten Verhaltenswandels der ehedem verängstigten Jünger und der hocheffektiven Urkirche) bewähren, und auch dies nicht zwingend, sondern als eine mögliche Hypothese, die glaubend verantwortet werden kann.

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58 Dass zahlreiche Juden zum Glauben an Jesus gekommen waren, betont das Johannesevangelium öfters. Vgl. Joh 2,23; Joh 6,14; Joh 7,31; Joh 10,42; Joh 11,45.

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59 Dieser Zusammenhang von Gewalt und Verschleierung entspricht der johanneischen Qualifizierung des Teufels als Vater der Lüge und Mörder von Anfang an. Systematisch wird ein solcher Zusammenhang in René Girards Theorie vom Sündenbockmechanismus entwickelt. Vgl. dazu Wolfgang Palaver, René Girards mimetische Theorie. Im Kontext kulturtheoretischer und gesellschaftspolitischer Fragen (BMT 6). Münster 2001.

219
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60 Unter „sozialem Tod" verstehe ich die Beraubung jeglicher Anerkennung durch die Öffentlichkeit sowie durch die zentralen Bezugspersonen. Gemäß dem Johannesevangelium droht „sozialer Tod" durch die Ausstoßung aus der Synagoge. Vgl. Joh 9,22.34; 12,42; 16,2.

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61 Mit dem doppelsinnigen Begriff Erhöhung bezieht sich Johannes nicht nur auf den Kreuzestod Jesu, sondern zugleich auf seine Auferstehung.

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62 In dieselbe Richtung zielt auch Paulus mit Kol 2,14: „Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat."

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63 Das Alte Testament kennt das Wort Satan auch als Verb in der Bedeutung von „anfeinden, verklagen" und verwendet diesen Begriff für Situationen kollektiver Verfolgung (z.B. in Ps 71,13; 109,20). Vgl. dazu Josef Wehrle, Wesen und Wandel der Satansvorstellung im Alten Testament. In: MThZ 52 (2001), 194-207, hier: 197f. - Im Neuen Testament kommt das Wort „diabolos" auch in der Bedeutung von „verleumderisch" vor: 1Tim 3,11.

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64 Vgl. die Bitte Jesu am Kreuz: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" (Lk 23,34).

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65 Zur Unterscheidung einer „Identität durch Abgrenzung" von einer positiv-bezogenen Identität vgl. Willibald Sandler, Heilung von Gemeinschaft bei Jesus von Nazaret. Im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/738.html#ch12

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66 Dass diese Welt zu einem großen Teil durch ungerechte, immanent gewalttätige und - aus christlicher Perspektive - gottlose Prinzipien stabilisiert wird, drängt sich auch nichtchristlichen Beobachtern auf, wenn sie nüchtern unsere politischen und wirtschaftlichen Systeme beobachten. Daraus ergibt sich, dass diese ungerechten stabilisierenden Faktoren dort erschüttert oder unterhöhlt werden, wo die Liebesmacht des Evangeliums zu wirken beginnt. Diese Liebesmacht wirkt wie ein Feuer, das niederbrennt, was mit ungeeignetem Material gebaut ist (vgl. 1 Kor 3,12-14), oder wie ein Wolkenbruch, der wegschwemmt, was auf Sand gebaut ist (Mt 7,26f), oder wie eine Säure, welche alle Fundamentpfosten zersetzt, die mit falschem Material gebaut sind. All das gilt nicht nur für individuelle Lebenswerke, sondern auch für die globalen Strukturen, die unsere Welt zusammenhalten. Es gehört zur Erpressermacht ihrer - teuflischen - Mächte und Gewalten, dass, wer sich auf sie eingelassen hat, auf ihnen weiterbauen muss, um kapitale Zusammenbrüche zu verhindern. Diese Zwänge wurden uns in der jetzigen Weltfinanzkrise drastisch vor Augen geführt.

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67 Die Johannesoffenbarung bietet keine geradlinige Geschichtsprophetie, sondern eine Geschichtstheologie, die auf dem Weg der Erlösung der Welt die Logik der bestimmenden Mächte freilegt. Vereinbar damit ist, dass apokalyptische Eskalationen sich bis an die Grenze des Vorstellbaren zuspitzen können - wie bei uns zur Zeit des Dritten Reichs, um sich dann wieder in Zeiten des Zwielichts zu entspannen bis sie sich in der nächsten epochalen Krise zu unvorhersehbaren Höhen auftürmen. Die Chronologie dieser Entwicklungen will auch das Neue Testament - auch die Johannesoffenbarung - nicht offenbaren (vgl.: „Den Tag und die Stunde kennt niemand...": Mt 24,36 par Mk 13,32; vgl. Apg 1,7; Offb 3,3.16,15), wohl aber die Logik, nach der sich Steigerungen und Entspannungen vollziehen können.

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68 In diesem Sinn auch die Ankündigung Jesu: Das Reich Gottes ist nahegekommen (éngiken). Die grammatische Form des Perfekt verweist sowohl auf ein „schon gekommen", als auch auf ein „noch nicht (ganz) angekommen".

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69 Viermal wird die Menge (óchlos) ausdrücklich genannt, ein fünftes Mal wird auf sie hingewiesen.

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70 „... alle Leute sagten: Er ist gestorben" (Mk 9,26). Wohl wegen ihres lähmenden Unglaubens schickt Jesus in schwierigen Heilungssituationen die anwesende Menge weg. Vgl. Mk 5,40 (par. Mt 9,24); auch: Apg 9,40.

230
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71 Auch bei Johannes ist óchlos (Menge) ein Schlüsselwort. Vgl. oben, Anm. 52.

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72 „und Fasten" ist eine Variante, die sich bei einigen Textzeugen für Mk 9,29 und Mt 17,21 findet.

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73 Vgl. Jesu Mahnung in der Bergpredigt: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen... So sollt ihr beten ..." (Mt 6,7-9). Vor allem der erste Teil des nachfolgenden Vaterunsers artikuliert eine radikale Hingabe an Gottes Willen.

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74 Beides finden wir auch im Verhalten Jesu: Sein vierzigtägiges Fasten als Vorbereitung für sein öffentliches Wirken (Mt 4,2; Lk 4,2), und seinen Rückzug von den Menschen zum einsamen Gebet mit dem Vater (Mt 14,23; Mk 1,35; 6,46; Lk 5,16; 6,12).

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75 Vgl. Raymund Schwager, der folgende vier Momente herausarbeitet: Anklage, hochmütiges Wie-Gott-Sein-Wollen, Verstockung und Besessenheit. Vgl. ders., Erbsünde und Heilsdrama. Im Kontext von Evolution, Gentechnologie und Apokalyptik (BMT 4). Thaur-Wien-München/Münster 1997, 171-173.

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76 Zeichen (semeia), Werke (erga), und Glauben (pistis) sind durchgängige miteinander verkoppelte Schlüsselbegriffe bei Johannes.

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77 Unmittelbar nach dem „Zeichen" der Brotvermehrung (Joh 6,14.30) fordern Juden, die Jesus suchten: „Welches Zeichen tust du, damit wir es sehen und dir glauben? Was tust du? Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie es in der Schrift heißt: Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen" (Joh 6,30f).

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78 Weil Jesus am Sabbat einen Blinden heilte, halten ihn führende Juden für gottlos, und deshalb wollen sie ihn töten (Joh 5,16.18). Die geteilten Meinungen der Menschen aufgrund dieses einzigen (vgl. Joh 7,21) Zeichens, das Jesus in Jerusalem wirkte, bringen die Streitgespräche von Joh 7 und 8 in Gang.

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79 Die johanneischen Streitreden legen den Eindruck nahe, dass Jesus und die Juden sich gegenseitig in Rivalität hineinsteigern. Hat Jesus sich vom Geist der Beschuldigung anstecken lassen? War er damit tatsächlich - wie die Juden ihm vorwerfen - dämonisch besessen, und zwar genau in dem Sinn einer Verfangenheit in kollektive Mechanismen, den ich in diesem Aufsatz entfalte? - Für eine christlich-gläubige Bibelinterpretation verbietet sich eine solche Annahme. Da sie aber durch die Texte stark nahegelegt wird, neigen manche Exegeten dazu, den Geist der Rivalität und Ausgrenzung der johanneischen Gemeinde zuzuschreiben, - das Johannesevangelium wäre dann gezeichnet von schlechter, weil ausgrenzender, Gemeindetheologie. Ein anderer, hier favorisierter Weg besteht darin, angesichts des glaubensbegründenden Gesamteindrucks von Jesus Christus das Unwahrscheinliche einer völligen Sünden- und Rivalitätsfreiheit Jesu anzunehmen. Damit ist für Jesu konfrontatives Verhalten der Grund heranzuziehen, den auch das Johannesevangelium gibt: Jesus sagt alles, was er vom Vater her gesehen und gehört hat (vgl. Joh 8,38; 15,15). Schonungslos deckt er in den kollektiv beeinflussten Menschen einen verborgenen Geist der Lüge und des Mordes auf. Der Fortlauf der Auseinandersetzung gibt ihm nachträglich recht. (Zur Frage, ob Jesus die Aggressivität der Juden durch seine Provokationen nicht aufgedeckt, sondern erzeugt hat, siehe oben, Anm. 57) Weiters wäre aufzuzeigen, dass die Anschuldigungen Jesu nicht nur sachlich richtig waren, sondern dass deren Aufdeckung zur Überwindung der teuflischen Öffentlichkeitsmacht unablässig war.

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80 In Gegenwart einer Menschenmenge wird hier ein fruchtloser Streit zwischen Schriftgelehrten und Jesusjüngern ausgetragen, wobei es offenbar um die Bestreitung von deren Kompetenz und Autorität geht (vgl. Mk 9,16-18). Die Bereitschaft zur Anschuldigung zeigt sich im Ausruf der Leute: „Er ist gestorben". Und die Blindheit, Zeichen Gottes wahrzunehmen, scheint im durchgängigen Skeptizismus der Menge auf. Diese Heilungsgeschichte wird auch von Mt (17,14-21) und Lk (9,37-42) erzählt, wo allerdings die uns interessierende Rivalität zwischen Jüngern und Schriftgelehrten nicht ausdrücklich genannt wird.

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81 Vgl. Mt 12,24; Mk 3,22; Lk 11,15.

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82 Jede der drei Stellen hat das Schlüsselwort für Menge (óchlos) in ihrem unmittelbaren Kontext: „Da gerieten alle Leute (pántes hoi óchloi) außer sich und sagten: Ist er etwa der Sohn Davids? Als die Pharisäer das hörten, sagten sie: Nur mit Hilfe von Beelzebul, dem Anführer der Dämonen, kann er die Dämonen austreiben." (Mt 12,23f). Vgl. auch Lk 11,14 und vor allem Mk 3,20.31, wo von einer großen Menschenmenge unmittelbar vor und nach der Beelzebul-Anklage die Rede ist, - eine Menge, die sowohl die Angehörigen Jesu als auch die Schriftgelehrten zugleich irritiert und anzieht (vgl. Mk 3,21f).

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83 Explizit wieder bei Johannes: „Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muß er sterben, weil er sich als Sohn Gottes ausgegeben hat" (Joh 19,7).

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84 Vgl. vor allem Mt 15,22: „Meine Tochter wird von einem Dämon gequält" (wörtlich: „sie wird furchtbar dämonisiert").

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85 Vgl. dazu in Sandler, Heilung von Gemeinschaft (s. Anm. 65), das Kapitel „Unglaube und krank machende Fixierungen" [im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/738.html#ch4], weiters Schwagers Deutung von Besessenheit in „Erbsünde und Heilsdrama" (s. Anm. 75), 172f, sowie René Girards „gesellschaftlich-systemische" Deutung der Perikope vom Besessenen von Gerasa (Mt 5,1-17) in: ders., Der Sündenbock. Einsiedeln-Zürich-Köln ²1998, bes. 243f.

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86 Dem entspricht René Girards Theorie vom Sündenbockmechanismus. Vgl. dazu: Wolfgang Palaver, René Girards mimetische Theorie (s. Anm. 59) 184-250.

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87 Vgl. in Sandler, Heilung von Gemeinschaft (s. Anm. 65), das Kapitel: „Der Community-Test" [im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/738.html#ch19].

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88 Dort ist es die Menge, die ausruft: „Kreuzige ihn" (bei Mk programmatisch: óchlos: Mk 15.8.11.15; bei Lk „Volk" (láos), bei Joh „die Juden". - Dass der Teufel erst mit der Erhöhung Jesu hinausgeworfen wird, steht ausdrücklich nur bei Johannes (Joh 12,31).

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89 Hierin kommen Vertreter der jüdisch-religiösen Führung (Pharisäer und Sadduzäer, - gewöhnlich zerstritten) mit Repräsentanten der römischen und der jüdisch-politischen Führung (Pilatus und Herodes, auch gewöhnlich zerstritten, vgl. Lk 23,12) überein, während die Anhänger Jesu wie gelähmt sind. Vgl. auch Apg 4,26-28, sowie insgesamt zur Universalisierung gegen Jesus: Raymund Schwager, Brauchen wir einen Sündenbock? Gewalt und Erlösung in den biblischen Schriften. Thaur 31994, 189-196.

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90 Diese Beobachtung ist zentral für Raymund Schwagers Theologie über den Teufel. Vgl. ders., Erbsünde und Heilsdrama (s. Anm. 75), 164-170. Die letzten Erwähnungen des Teufels vor der Passion sind: Beim letzten Abendmahl fährt der Teufel in Judas (Joh 13,27); Jesus stellt im Blick auf sein bevorstehendes Kreuzesschicksal fest, dass jetzt der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen wird (Joh 12,31); Jesus sagt zu Petrus, der ihn vom Kreuz fernhalten will: „Weiche Satan" (Mt 16,23). Im Unterschied zur narrativ entfalteten kollektiven Dimension des Teuflischen zeigt sich der Teufel nach Joh 13,27 und Mt 16,23 in Einzelmenschen.

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91 Vgl. oben Anm. 7.

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92 Siehe den zweiten Teil der vorigen Anmerkung.

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93 In diesem Sinn systematisiert Raymund Schwager das Christusereignis in fünf Akten. Vgl. ders., Jesus im Heilsdrama, s. Anm. 46.

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94 Siehe dazu unten, Kapitel 10.

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95 Häufig spricht das Neue Testament von einer Entmachtung des Todes oder anderer teuflischer Mächte durch das Kreuz. Von einer Entmachtung des Teufels (oder Satans) ist außer in Hebr 2,14f nur vorausblickend in den Evangelien die Rede (vgl. Joh 12,31, Lk 10,18).

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96 In der Theologie wird dies manchmal in einer militärischen Analogie vermittels der Unterscheidung von D-Day (Decision Day) und V-Day (Victory Day) verdeutlicht. Vgl. Thomas Zeilinger, Zwischen-Räume - Theologie der Mächte und Gewalten. Stuttgart 1999, 278-280.

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97 Z.B.: „Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt, wird Gerechtigkeit („dikaiosyne"=Rechtfertigung) und Heil („soteria" = Rettung/Erlösung) erlangen." (Röm 10,10).

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98 Die Befreiung von den Mächten der Sünde und des Todes (Paulus wählt solche Begriffe, anstelle vom Teufel zu sprechen) erfolgt für Paulus erst „in Christus", durch die auch öffentliche Übergabe des eigenen Lebens an ihn, und in diesem Sinn erst in der Kirche. Der Alte Bund mit seiner Mitte des Gesetzes konstituiert für Paulus diesen Schutzraum noch nicht, denn auch das Gesetz ist pervertierbar. Hier wächst in den Gemeinden aber bald die schmerzhafte Erfahrung, dass auch das Christliche in Gesetzlichkeit zurückfallen kann und der Pervertierung ausgesetzt ist. Das ist die Herausforderung der falschen Propheten (Mt 7,15; 24,24; 2 Petr 2,1; 1 Joh 4,1; Offb 16,13 u.ö.) und des Antichristen (1 Joh 2,18 u.ö.). Das Neue Testament begegnet diesem Problem mit dem Hinweis auf eine Unterscheidung der Geister (vgl. 1 Joh 3; 1 Kor 12,10).

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99 Vgl. die vorige Anmerkung.

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100 Im Zusammenhang mit dem Erlösungstod Jesu spricht Paulus nie vom Teufel oder Satan. Anstelle dessen verwendet er eine Reihe von Begriffen, deren wichtigste die Sünde und der Tod ist, denen er jeweils eine solch eigenständige Wirkmacht zuschreibt, dass sie beinahe wie personale Mächte wirken.

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101 Vgl. Röm 6,3-11.

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102 Das griechische Wort parresia ist ein biblischer Schlüsselbegriff vor allem in der Apostelgeschichte und bedeutet zugleich Mut, Freimut und Öffentlichkeit.

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103 Tod ist hier in all seinen Varianten gemeint, die insbesondere im biblisch-alttestamentlichen Verständnis mitschwingen. Dazu gehört vor allem auch der „soziale Tod" einer Isolation von den Mitmenschen, - entweder physisch (für Aussätzige und Unreine) oder im Sinne eines Verachtetwerdens durch die entscheidenden Bezugspersonen.

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104 Vgl. Joh 15,19; 17,14-16; Röm 12,2; 2 Kor 10,3.

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105 Allerdings wird diese Überzeugungskraft oft erst für spätere Menschen und Generationen sichtbar, - wenn die kollektive Verblendung gewichen ist.

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106 Dies wird von der Johannesoffenbarung entfaltet. Vgl. auch oben, Anm. 66 .

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107 Vgl. oben, Anm. 96.

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108 Vgl. die Wortbedeutung von Satan bzw. diábolos = Verleumder. S.o. Anm. 63.

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109 Vgl. die erste Zusage des Auferstandenen an seine Jünger: „Friede sei mit euch" (Lk 24,36; Joh 20,19.21.26).

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110 Vgl. Hans Urs von Balthasar, Theodramatik. Band III: Die Handlung. Einsiedeln 1980, 221-224.

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111 Vgl. die Ausführungen zu den Grundbezügen, in denen der Mensch steht, am Ende des 9. Kapitels.

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112 „Wir wissen doch: Unser alter Mensch wurde mitgekreuzigt, damit der von der Sünde beherrschte Leib vernichtet werde und wir nicht Sklaven der Sünde bleiben. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir nun mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden." (Röm 6,7-8)

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113 Vgl. Gal 4,1-3: „Ich will damit sagen: Solange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in keiner Hinsicht von einem Sklaven, obwohl er Herr ist über alles; er steht unter Vormundschaft, und sein Erbe wird verwaltet bis zu der Zeit, die sein Vater festgesetzt hat. So waren auch wir, solange wir unmündig waren, Sklaven der Elementarmächte dieser Welt."

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114 Vgl. schon Jesu Gebot in der Bergpredigt: „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin" (Mt 5,39). Wie dieses Gebot zu verstehen ist, hat uns Jesus in der Passion vorgelebt. Keineswegs ausgeschlossen ist damit die Konfrontation mit Menschen, die Unrecht tun (vgl. Joh 18,23). Vielmehr besteht der Widerstand in einer konsequenten Ausrichtung auf Gott, der allein fähig ist zwischen Unkraut und Weizen, zwischen Sünder und Sünde zu trennen. Vgl. Röm 12,17-21.

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115 Paulus hat das in jungen Jahren, wo er Christen verfolgte, selber erlebt. Diese verstörende Erfahrung prägt seine Theologie.

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116 Zu Begierde und Angst als zwei Aspekten des Todes, siehe oben, 2. Kapitel.

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117 Selbst der Gefängnisaufseher wird von Paulus davor bewahrt, sich in Verzweiflung über die mutmaßliche Flucht der Häftlinge selbst zu richten und zum Glauben geführt.

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118 Vgl. 2 Chr 20,1-29: Die Juden bestehen eine Schlacht allein mit Lobpreis, ohne selber kämpfen zu müssen. Siehe auch Ps 57, der auf die Hilfe anspielt, die David gegen den ihn verfolgenden Saul von Gott erhalten hat. Wie öfters in den Psalmen, wandeln sich hier Klage und Bittgebet in Lobpreis („Mein Herz ist bereit, o Gott ..., ich will dir singen und spielen ... Ich will dich vor den Völkern preisen, Herr, dir vor den Nationen lobsingen" Ps 57,8-10). David findet Erhörung, indem durch einen unwahrscheinlichen Zufall Saul schutzlos in seine Hände gerät (vgl. 1 Sam 24). Gott wendet die Situation restlos zum Guten, indem der Gegner nicht vernichtet wird, sondern durch Großmut gewonnen wird. Der Erfahrung einer Rettung durch Lobpreis entspricht auch die Aufforderung im Philipperbrief: „Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren." (Phil 4,6)

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119 Vgl. dazu Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein, München 301990. Darin die berühmte Geschichte mit dem Hammer, ebd. 37-46.

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120 Vgl. oben, Anm. 118.

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121 Vgl. Berger, (s. Anm. 43), 169-172.

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122 Diese Macht des Wortes im Kampf mit den Dämonen wird von Klaus Berger stark herausgearbeitet, vgl. ders., Wozu ist der Teufel da? (s. Anm. 43), 155-160.

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123 So wurde bis vor wenigen Jahren der Bereich der Politik von den Zeugen Jehovas kategorisch als teuflisch abgelehnt. Nach http://www.relinfo.ch/zj/charakteristika.html (zuletzt eingesehen: 8.6.2009) steht für die Zeugen Jehovas „die gegenwärtige Weltordnung ... unter der Herrschaft des Satans... Aus diesem Grund gehen sie zu allem, was mit Politik zu tun hat, auf Distanz." Diese Haltung hat sich im Zuge der staatlichen Anerkennungsbemühungen in den vergangenen Jahren allerdings geändert.

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124 - Als potenzierte Interpersonalität, aber auch als Steuerungsinstanz für Interpersonalität: Was wie zwischen Menschen weitergegeben wird, hängt in hohem Maße von Dynamiken der Öffentlichkeit ab.

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125 Vgl. Ps 9,12-15; Ps 18,50; Ps 22,23.26; Ps 35,18; Ps 40,10f; Ps 57,9f; Ps 96,3.10; Ps 105,1; Ps 107,3; Ps 108,4; Ps 109,30f.

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126 Vgl. oben, Anm. 102.

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127 „Das Wort leitourgía ... bezeichnet im Profangriechischen die Tätigkeit in einem öffentlichen Amt, auch die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ..." (Angelus Häussling, Art. Liturgie, LThk3 VI, 969).

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128 2. Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium 8.

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129 2. Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium 1.

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130 Vgl. Willibald Sandler, Außerhalb der Kirche kein Heil? Sind Heilsnotwendigkeit der Kirche und Heilsmöglichkeit für alle Menschen miteinander vereinbar? In: W. Guggenberger / P. Steinmair-Pösel (Hg.), Religionen - Miteinander oder Gegeneinander? Vorträge der sechsten Innsbrucker Theologischen Sommertage 2005 (theologische trends 15). Frankfurt am Main 2006, 121-139. Im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/805.html

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131 Eph 2,2 stellt fest: „Ihr wart einst darin gefangen, wie es der Art dieser Welt entspricht, unter der Herrschaft jenes Geistes, der im Bereich der Lüfte regiert und jetzt noch in den Ungehorsamen wirksam ist." Heinrich Schlier deutet das auf die „geistige Atmosphäre" oder „die allgemeine geistige Luft, die auf die Menschen Einfluß hat". Vgl. ders., Mächte und Gewalten im Neuen Testament (QD3). Freiburg 1959, 28f.

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132 Vgl. Schlier (s. Anm. 130) 11-16.

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133 Ich spreche lieber von „Wirken" als von „Wirklichkeit". An der Frage, welcher Art die Wirklichkeit des Teufels ist - ob zum Beispiel personal oder nicht -, ist die Bibel nicht interessiert. Sie konzentriert sich auf die Wahrnehmung teuflischer Wirkungen und ihrer Überwindung. Dasselbe halte ich für das praktische christliche Leben für ausreichend.

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134 Vgl. dazu oben, das 2. Kapitel.

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135 In dieser Forderung besteht ein weitgehender Konsens zwischen kirchlich-konservativen Exorzismusbefürwortern (z.B. Gabriele Amorth, Ein Exorzist erzählt. Stein am Rhein 42001) und dialogoffenen, psychologisch orientierten Theologen (z.B. Johannes Mischo, Dämonische Besessenheit. Zur Psychologie irrationaler Reaktionen. In: W. Kasper / K. Lehmann (Hg.), Teufel, Dämonen, Besessenheit. Zur Wirklichkeit des Bösen. Mainz 1978, 99-146.) - Dass ein Mensch, für den eine dämonische Belastung in Frage stehen könnte, auch medizinisch untersucht und gegebenenfalls behandelt wird, ist natürlich wünschenswert und für bestimmte Situationen unabdingbar. Kritisch sehe ich allerdings die Folgerung, von Befreiungsgebeten abzusehen, wenn sich klinisch ein positiver Befund ergibt. Hier scheint mir doch noch eine Vorstellung mitzuschwingen, nach der ab einer bestimmten Stelle der Bereich des Natürlichen aufhört und der Bereich des Übernatürlichen anfängt.

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136 Vgl. Klaus Bergers Beispiele aus Exorzismen des alten Rituale, in: ders., Wozu ist der Teufel da? (s. Anm. 43) 172-185. Entgegen einem heutigen theologischen „Mainstream" befürwortet Berger eine direkte Anrede von Teufel und Dämonen bei Exorzismen. Trotz berechtigter Bedenken gegen solche imprekatorische Exorzismen (z.B. Fixierung von Menschen auf Krankheitsbilder, projektive Verstärkung von Selbstidentifikationen Kranker mit Dämonen, vgl. Johannes Mischo, Zwanzig Jahre nach Klingenberg. In: J. Müller (Hg.), Dämonen unter uns? Exorzismus heute. Freiburg Schweiz 1997, 79-122; Manfred Probst / Klemens Richter, Exorzismus oder Liturgie zur Befreiung vom Bösen. Informationen und Beiträge zu einer notwendigen Diskussion in der katholischen Kirche. Aschendorff / Münster 2002), halte ich Bergers Position für bedenkenswert.

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137 Hier dürften sich auch interessante Bezüge zu systemischen Therapieformen auftun. Ich meine hier nicht Bert Hellinger (dessen Methoden auch von den hier dargelegten Kriterien her kritisch zu beurteilen wären), sondern an die systemische Familientherapie der Heidelberger Schule (Fritz B. Simon).

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138 Diese Behutsamkeit im Urteil über andere kann durch die Annahme dämonischer Mächte, die in Menschen wirken und aber doch von ihnen verschieden sind, unterstützt werden. Vgl. dazu oben im 2. Kapitel das berechtigte Anliegen eines „von außen" bei der Erkenntnis des Bösen, sowie die „Balancierung" zwischen Eigenverantwortlichkeit und Vorgängigkeit eines Bösen nach Paul Ricoeur und Bernd J. Claret. Vgl. Anm. 17.

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139 - Im Blick auf den Maßstab Jesus Christus und im Wissen, dass gerade Jesu Anhänger seine Sendung immer wieder - mitunter wohlmeinend (vgl. Mt 16,18) - verfehlt haben.

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140 Dass auch Nichtchristen und selbst nichtchristliche Gemeinschaften tief von jener Wahrheit getragen sein können, die den Christen heilig ist, ist seit dem Zweiten Vatikanum für die katholische Kirche Standard.

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