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... das imponierende Benehmen nicht hat ... – Universität Innsbruck

... das imponierende Benehmen nicht hat ...

Studenten und Professoren standen im Vormärz unter ständiger Beobachtung durch die Polizei und kirchliche Amtspersonen. Professoren sollten als moralische Autoritäten ein vorbildliches Leben führen und mussten bei Verfehlungen mit harten Konsequenzen rechnen, wie der Fall des Professors für Philosophie Joseph Jäger zeigt.

Polizeidirektor Jakob Hahn an Gouverneur Clemens Graf Brandis, Innsbruck, 5. August 1841.
Euer Excellenz!

Am nächsten Tage, als mir die hohe Präsidial­weisung vom 26. v[origen Monats] No. 2372 zugekommen war, überreichte mir der k.k. Professor der Philosophie an der hiesigen Universität Dr. Joseph Jäger eine Beschwerde wider den hiesigen Chokoladi Fabrikanten Florian Willy wegen Ehrenbeleidigung, der das zu hohen Einsicht beifolgende, abschriftlich anonime Schreiben angeschlossen war, welches Willy erhalten und mehreren Personen zur Einsicht gegeben haben soll.

Da hierin von einem Mandate Erwähnung geschieht, welches Dr. Jäger der Gemeinde Mutters gegeben haben soll, so schien mir die Erinnerung dieses Anstandes, vor ich zur Beantwortung des vorallegirten hohen Auftrages schritt, um so wesentlicher, als die moralischen Blösen, die dieser Professor gegeben haben könnte, sich großentheils hiervon abzuleiten scheinen, wobei ich dann zugleich die Aussicht gewann, der so eben erwähnten hohen Weisung Euerer Excellenz um so gründlicher entsprechen zu können.

Die mir hierüber von dem Landrichter Schandl in Wiltau mitgeteilten Erhebungen bezeichnen das angebliche öffentliche Aergerniß als ungegründet und unwahr, welchem Urtheile auch der Pfarrer von Mutters Xaver Steixner beitritt, dessen an den vorgedachten Landrichter gerichtete Aeußerung hierüber ich gleichfalls in Abschrift in der Nebenlage Euerer Excellenz vorlege, nachdem ich die Original Akten unter Einem dem hiesigen Stadtmagistrate zur Fortführung der Untersuchung abtrete.

Es ist zwar allerdings richtig, daß Professor Jäger mit dieser Anna Mailänder einen seiner Stellung als Professor unzuständigen Umgang unterhielt, welcher geeignet war, sein Ansehen zu untergraben, indessen dürfte diese seine Gepflogenheit füglicher seiner, den Wienern überhaupt eigenen, Ungeniertheit beizumessen, als auf eine seinen sittlichen Werth entgegenstehende Absicht zu beruhen sein, da mir in dieser Beziehung auch nie etwas wider ihn bekannt geworden ist.

Daß Professor Jäger das imponierende Benehmen nicht hat, welches einem Professor eigen und ihm die Achtung seiner Schüler festgründen soll, ist allgemein bekannt, in wie ferne sich aber derselbe durch spezielle Unzukömmlichkeiten die Mißachtung seiner Schüler, die ebenfalls vorhanden war, zuzog, dürfte dem k.k. philosophischen Studien Direktorat umständlich bekannt sein.

Innsbruck, am 5. August 1841

Jakob Hahn

Polizeidirektor Jakob Hahn an Gouverneur Clemens Graf Brandis, Innsbruck, 5. August 1841.
Tiroler Landesarchiv, Jüngeres Gubernium, Geheime Präsidiale, Serie I. Signatur XXIII 33a, Professor Joseph Jäger.

Das vorliegende Schreiben stammt aus Ermittlungen gegen den Professor für Philosophie Joseph Jäger. Jäger wurde beschuldigt, eine Liebesbeziehung mit der Magd Anna Mailänder aus Mutters zu haben, was – wie der Polizeidirektor Jakob Hahn in seinem Bericht an den Gouverneur schreibt – nicht den moralischen Ansprüchen entsprach, die an einen Professor gestellt wurden.

Die Sache kam ins Rollen, nachdem ein anonymer Schreiber den Hauswirt Jägers, Schokoladenfabrikant Florian Willy, auf die Beziehung Jägers hingewiesen hatte und dies zum Stadtgespräch wurde. Jäger bezichtigte daraufhin Willy der Rufschädigung, worauf von behördlicher Seite Ermittlungen eingeleitet wurden. Im Laufe der Ermittlungen wurden eine Reihe von Stellungnahmen eingeholt, unter anderem vom Bürgermeister Hieronymus von Klebelsberg und vom Stadtpfarrer Johann Duille. Die Auskunftspersonen waren sich dabei meist einig, dass man wohl keine „unsittliche Handlung beweisen“ und die Beziehung „keine sichtbaren Folgen“ habe, Jäger aber damit sein Ansehen bei den Studenten verloren habe. Der Stadtpfarrer ergänzte außerdem, Jäger verhalte sich „notorisch so unmännlich und läppisch, daß er völlig allgemein und ihn hohem Grade ein Gegenstand des Hohnes und Gelächters ist“. Auch „sein allzumodisches, geziertes Erscheinen“ wurde hervorgehoben und dies allgemein auf seine Herkunft aus Wien zurückgeführt.

Die Untersuchungen zeigen, dass die Professoren – gerade jene der Philosophischen Fakultät – strengen sittlichen Kriterien genügen mussten. Sie verdeutlichen auch die Moralvorstellungen der Zeit und die Vorbehalte, die man in Tirol gegenüber Fremden hegte. Nicht zuletzt zeigt die Episode die Überwachung der Professoren in der Ära des Vormärz, also jener Epoche vor Ausbruch der Revolution von 1848.

Professor Jäger wurde, nachdem dieser zum Zeitpunkt der Untersuchungen gegen ihn noch in seiner dreijährigen Probezeit gewesen war, die definitive Anstellung verweigert und die Stelle neu ausgeschrieben. Als Nachfolger wurde schließlich ein „Eingeborner“, wie es in den Quellen heißt, ernannt, der Priester Georg Schenach.

Auch für Anna Mailänder hatte die Beziehung doch noch „sichtbare Folgen“: Sie gebar im Februar 1842 in Schluderns in Südtirol ein Kind, ob Jäger der Vater war, konnte allerdings nicht zweifelsfrei ermittelt werden.

(Christof Aichner)

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