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Destinationen neu managen – Universität Innsbruck
Paar beim Essen auf einer Alm im Winter

Kulinarische Erlebnisse erzeugen laut der Studie der Betriebswirtschaftler:innen sehr gute Feel-Good-Werte bei Tourist:innen

Des­ti­na­ti­o­nen neu managen

Konsumerlebnisse digital messbar machen und die Erlebnisse der Konsument:innen verstärkt ins Zentrum der Marketingmaßnahmen rücken – darum geht es bei einem Forschungsprojekt am Institut für Strategisches Management, Marketing und Tourismus.

„Wir wissen, dass die Performance-Messung im Tourismus derzeit noch einen starken Fokus auf Ankünfte, Nächtigungen und Umsatzzahlen legt. Das wird auch zukünftig seine Relevanz behalten, sagt aber wenig über die Angebotsqualität und über das Wohlbefinden der Gäste aus“, erklärt Bernd Reitsamer vom Institut für Strategisches Management, Marketing und Tourismus an der Uni Innsbruck. Gemeinsam mit seinem Team um Prof. Nicola Stokburger-Sauer und Janina Kuhnle will er einen neuen Key Performance Indicator (KPI) entwickeln, der die Erlebnisse der Kund:innen entlang ihrer Reise in den Fokus rückt. „Auf Destinationsebene liegt der Fokus der Marketingmaßnahmen bislang immer noch stark auf Produkten und Dienstleistungen, obwohl es im Tourismus seit Jahren bereits einen Paradigmenwechsel hin zu Erlebnissen gibt. Gerade die Digitalisierung hat hier enorm dazu beigetragen, analoge Produkte und Dienstleistungen zu einem Erlebnis weiterzuentwickeln und auch digital buch- und messbar zu machen“, erklärt Bernd Reitsamer.

Feel-Good-Index

Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt wird vom Land Tirol gefördert und in enger Kooperation mit dem Tourismusverband (TVB) Mayrhofen-Hippach durchgeführt. „Der TVB Mayrhofen-Hippach ist ein idealer Kooperationspartner, da dieser mit der myZillertal App einen All-in-One-Reisebegleiter entwickelt hat, der das gesamte Angebot in der Destination in Form von Erlebnissen digital buchbar macht“, erklärt Reitsamer. Die App myZillertal verzeichnete in den vergangen 365 Tagen rund 728.000 aktive Nutzer:innen, bietet über 250 ganzjährig buchbare Erlebnisse und wurde im Sommer 2022 auch auf alle vier Destinationen im Zillertal ausgeweitet. „Für unsere Studie nutzen wir myZillertal als Trägerplattform für Kunden:innenbefragungen, die Konsumerlebnisse in der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase messen sollen“, so Reitsamer. Für diese Befragung erhalten Nutzer:innen der App zeitgesteuert kurz nach der Buchung, nach dem Erlebnis und vier Wochen später je nach App-Einstellungen eine Push-Benachrichtigung oder eine E-mail mit der Bitte um Teilnahme. Die Fragen sind relativ kurz und innovativ gehalten, arbeiten mit Emoticons, Likert-Skalen und offenen Textfeldern und können so eine Vielzahl von Daten sammeln, anhand derer die Wissenschaftler:innen eine neue Kennzahl entwickeln, die sowohl die Performance aus Sicht des Gastes als auch das Wohlbefinden des Gastes dynamisch abbildet – den sogenannten Feel-Good-Index.

Nachkaufphase entscheidend

„Für das Destinationsmanagement ist diese neue Kennzahl aus zwei Gründen interessant: Zum einen ermöglicht sie direkte Vergleiche zwischen einzelnen Erlebnistypen und Anbietern in der Destination, zum anderen erlaubt sie eine vollkommen neue Art des Vergleichs zwischen einzelnen Destinationen“, erklärt Bernd Reitsamer. Seit Projektstart haben die Wissenschaftler:innen zwei Pilotstudien und eine Hauptstudie in der Region des Tourismusverbandes Mayrhofen-Hippach durchgeführt, die bereits spannende Einblicke in das Wohlbefinden der Gäste bieten. „Eines der interessantesten Ergebnisse unserer Studie ist, dass das Erlebnis vor Ort den schwächsten Feel-Good-Wert bei den Gästen erzeugt, während die Vor- und Nachkaufphase wesentlich positivere Werte aufweisen. Das ist besonders spannend, da die Erinnerung an den Urlaub in der Nachkaufphase entscheidend für das zukünftige Verhalten der Gäste ist, einschließlich ihrer Bereitschaft, erneut zu buchen“, beschreibt Reitsamer. Ein weiteres interessantes Ergebnis der Hauptstudie der Betriebswirtschaftler:innen ist, dass es eine saisonale Entwicklung des Feel-Good-Index gibt: Dieser steigt von Dezember bis April kontinuierlich an, wobei vor allem die Monate März und April die besten Feel-Good-Werte zeigen. „Natürlich hängt das auch von vielen externen Rahmenbedingungen wie beispielsweise Wetter oder Schneelage ab, aber es zeigt doch eine interessante Entwicklung, gerade weil in der Nachsaison verstärkt Angebote abseits des Hauptprodukts Skifahren und Snowboarden geboten werden“, erklärt Bernd Reitsamer. Zudem konnten die Wissenschaftler:innen zeigen, dass das Ski- und Snowboard-Produkt, das im Mittelpunkt der gesamten Kommunikation und Angebotslegung steht, vor Ort den schwächsten Feel-Good-Wert erzeugt und vor allem Veranstaltungen, Kulinarik aber auch Party deutlich mehr Erlebnispotenzial haben. Die Ergebnisse dieser ersten Studien bieten bereits wertvolle Impulse für das Destinationsmanagement. Statt sich ausschließlich auf das Skifahren und Snowboarden zu konzentrieren, sollten Destinationen laut den Wissenschaftler:innen verstärkt auf Veranstaltungen, Kulinarik und Unterhaltung setzen, da diese einen größeren Einfluss auf das Erlebnispotenzial haben. „Der erste und wesentliche Schritt sollte nach unseren Ergebnissen aber sein, dass Destinationen in der Nachkaufphase ansetzen und versuchen, das Erlebnis vor Ort in die Nachkaufphase zu transferieren. Zudem kann ein Fokus auf Erlebnisse abseits der Piste – wie Veranstaltungen oder Kulinarik – dazu beitragen, verbesserte Feel-Good-Werte vor Ort zu erreichen, was auch zu einer verbesserten Retrospektive in der entscheidenden Nachkaufphase führt“, fasst Reitsamer die Ergebnisse der ersten Studien zusammen. „Erlebnisse, die das Skifahren und Snowboarden ergänzen, machen das Destinationsprodukt erst richtig spannend.“. Derzeit arbeiten die Wissenschaftler:innen an der Ausarbeitung der Befragungen während der Sommersaison. Nach dieser ersten Phase soll das Projekt auf andere Destinationen und Plattformen ausgedehnt und die Messungen präziser gestaltet werden, indem Wetterdaten, Schneemessungen und Auslastungsdaten integriert werden.

Dieser Beitrag ist in der Oktober-2023-Ausgabe des Magazins wissenswert erschienen. Eine digitale Ausgabe ist hier zu finden.

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