Innsbrucker Theologische Sommertage
InTheSo 2005
Religionen – Miteinander oder gegeneinander?
Donnerstag, 8., und Freitag, 9. September 2005
In einer Welt der vielfältigen, bunten und nicht selten auch gegensätzlichen religiösen Vorstellungen und Bekenntnisse zu einem friedlichen miteinander zu finden, stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Wir wollen uns daher die Frage vorlegen, was denn unsere eigene Glaubenstradition über die “Anderen” sagt und denkt. Wie können wir auf Menschen zugehen, die nicht das glauben, was für uns unumstößlich wahr ist? Wie können Christen Christen bleiben und sich dennoch positiv auf die Überzeugungswelten von Menschen einlassen, die nicht unserem Weg folgen wollen? Welche Chancen hat das Gespräch, wenn divergierende Gewissheiten einander gegenüberstehen.
Der interreligiöse Dialog ist eine Forderung der Zeit. Die sechsten Innsbrucker Theologischen Sommertage sind nicht Teil dieses Dialogs; sie bleiben bewusst im Eigenen. Sie wollen sich aber als Reflexion im Vorfeld und damit auch als Beitrag zur Wegbereitung für den Dialog verstehen. Eine lange Lehrtradition und eine reiche Erfahrungsgeschichte interkonfessioneller und interreligiöser Begegnung stehen dazu als Grundlage zur Verfügung.
Allgemeine Informationen: Leitidee der Innsbrucker Theologischen Sommertage
Zur Buchpublikation
Programm
8. September
10:30 – 12:00
Prof. Dr. Roman Siebenrock: „Hätte ich alle Schwierigkeiten voraussehen können...“. Die Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen „Nostra Aetate“: Zur Dramatik und Bedeutung des Senfkorns des Konzils
14:30 – 16:00
Prof Dr. Martin Hasitschka SJ: Der Exklusivitätsanspruch Jesu und der religiöse Pluralismus seiner Zeit
16:30 – 18:00
Ass.-Prof. Dr. Willibald Sandler: Außerhalb der Kirche (k)ein Heil? Katholische Theologie zwischen den Straßengräben von Dialogverweigerung und Relativismus
20:00 – 21:30
Prof. Dr. Bernhard Kriegbaum SJ: Mit Kreuz und Schwert – christlich-islamische Konfrontation im Zeichen der Kreuzzüge
9. September
09:00 – 10:30
Ass.-Prof. Dr. Josef Oesch: Die gemeinsame Bibel von Juden und Christen
11:00 –12:30
Prof. Dr. Franz Weber MCCJ: Religionen, die sich kreativ vermischen. „Katholische“ Volksfrömmigkeit in Brasilien
14:30 – 16:00
Maga Petra Steinmair-Pösel: Mosaiksteine zu einem dramatischen Konzept für die Begegnung der Religionen
16:30 – 18:00
Ass.Prof. Dr. Konrad Breitsching: Die christlichen Konfessionen und die Einheit der Kirche
20:00 – 21:30
Dr. Wilhelm Guggenberger: Um der Würde des Menschen willen – Das gemeinsame Anliegen der Religionen und die Differenzen in seiner Umsetzung
Veranstaltungsort:
Seminarraum I der Theologischen Fakultät, Arkadenhof im Erdgeschoss des hauses Karl-Rahner-Platz 1 statt.
Freier Eintritt!
Gefördert durch die Universität Innsbruck, den Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, das Stift Wilten und die Kulturabteilung des Landes Tirol.
Kurzbeschreibungen
Der Prolog des Johannesevangeliums gipfelt in der Aussage: „Gott hat niemand jemals gesehen. (Der) Einzige, (der) Gott (ist), der Seiende zur Brust des Vaters hin, jener hat Kunde gebracht.“ (Joh 1,18) Es gibt nur einen Menschen auf unserer Erde, der uns davon Kunde bringen und erzählen kann, wer Gott wirklich ist, weil er in einer singulären Beziehung zu Gott lebt. Allen, die Gott suchen, möchte Jesus die Gewissheit vermitteln: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh 14,6)
Jesus erhebt einen exklusiven Anspruch. Der Weg, den er erschließt und in seiner Person verkörpert, ist nicht ein weiterer Heilsweg neben anderen, sondern ein Zugang zu Gott, dem „Vater“, den nur der „Sohn“ vermitteln kann.
Die Jünger und Jüngerinnen Jesu, die zugleich Zeugen für ihn sind, werden aufgrund seines exklusiven Anspruchs in doppelter Weise auch mit Unverständnis und Widerspruch konfrontiert. Auf der einen Seite wird der Glaube an Jesus herausgefordert durch Vertreter des Judentums, die überzeugt sind, dass Jesus ihren Monotheismus und die ausschließliche Verehrung JHWHs in Frage stellt. Auf der anderen Seite erfordert die Entscheidung für Christus insbesondere für ehemalige Heiden eine Distanzierung vom religiösen Pluralismus ihrer Umwelt und einen z. T. schmerzlichen Verzicht auf die Teilnahme an heidnischen Kulten. Was gab den ersten Christen Kraft, standhaft zu bleiben in der „Bedrängnis“ (Offb 1,9) durch das Judentum und die religiöse Vielfalt der Heidenwelt?
Bunt und vielfältig, synkretistisch und spannungsreich wie die religiöse Landschaft der Postmoderne ist auch das Phänomen des Volksreligiosität, die vor allem in Lateinamerika bis heute sehr stark das Leben der katholischen Kirche prägt. Aus dem Zusammenfluss verschiedener religiöser Traditionen der indianischen Völker, der afroamerikanischen Kulturen, der mittelalterlichen iberischen Volksfrömmigkeit und des religiösen Erbes der europäischen Einwanderer der Neuzeit entstand eine „katholische“ Lebenssynthese, die als „Religion der Armen und Einfachen" (Evangelii nuntiandi n. 48) „mit christlicher Weisheit auf die großen Existenzfragen Antwort gibt“ (Puebla n. 448).
Es wird zu fragen sein, ob es sich bei dieser Art von Volksfrömmigkeit um einen wenig zukunftsfähigen „Köhlerglauben“ handelt oder um eine kreative Inkulturation des Christentums in die multikulturellen Lebenswelten des lateinamerikanischen Kontinents.
Die Weltreligionen, so sagte kürzlich Pater Josef Neuner bei einem kurzen Vortrag an unserer Fakultät, sind nicht Gegner oder Feinde von uns Christen, sie sind unsere Verbündeten. Verbündet im Einsatz wofür, im Hinblick auf welches Ziel?, so lässt sich nun fragen. Es gibt zumindest ein gemeinsames Anliegen der großen Religionen: Den Schutz des transzendenten Charakters der menschlichen Person. Unser Wesen erschöpft sich nicht in seiner irdischen Existenz, schon gar nicht in deren naturalistisch fassbaren Dimension. Im Einsatz gegen eine Verkürzung menschlicher Existenz, wie sie zum Teil auch in westlichen Marktideologien zu Tage tritt, finden sich die Weltreligionen immer häufiger in einem Boot - beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Dennoch lassen sich markante Unterschiede im Einsatz für die ganzheitliche menschliche Würde feststellen. Diese gehen allerdings auch oft quer durch die Religionen und Konfessionen. Die Beantwortung der Frage, wie wir Partei für die transzendente Würde des Menschen ergreifen, hängt nicht zuletzt daran, in welchem Verhältnis zueinander Gott und Welt, Transzendenz und Immanenz gesehen und gedeutet werden.