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Lumma Liborius: Ein persönliches Gedenken an Peter Knauer SJ (1935–2024)
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Ein persönliches Gedenken an Peter Knauer SJ (1935–2024)

Autor:Lumma Liborius
Veröffentlichung:
Kategoriefak
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2024-07-28

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

1
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Sagt Ihnen der Name Peter Knauer etwas? Er ist vielleicht nicht der prominenteste Name in der zeitgenössischen katholischen Theologie, auch wenn er im Laufe seines Lebens einen beachtlichen Kreis von Schülerinnen und Schülern um sich gesammelt hat. Ich selbst habe nicht bei ihm studiert, aber ich habe ihn als junger Theologiestudent während einer Sommerakademie am Bodensee kennen gelernt, und von da an wurde er zu einem meiner wichtigsten theologischen Lehrer.

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Peter Knauer, Jesuit seit 1953, war von 1980 bis 2003 Professor für Fundamentaltheologie an der Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt. Sein Hauptwerk wurde unter dem Titel „Der Glaube kommt vom Hören“ (eine eher seltene, aber treffende Übersetzung von Röm 10,17) mit dem Untertitel „Ökumenische Fundamentaltheologie“ siebenmal aufgelegt.

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Auch wenn meine heutige Arbeit in der Liturgiewissenschaft nicht viel mit Knauers systematischer Theologie zu tun hat, beeinflussen manche seiner Überzeugungen bis heute mein theologisches Denken. Am wichtigsten ist vielleicht dies: Glaubensaussagen sind nie additiv zu verstehen, sondern immer als Entfaltung einer einzigen Wahrheit, die nicht an der Welt abgelesen werden kann, sondern dem Menschen gesagt (offenbart) werden muss:

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„Wir sind in die ewige Liebe Gottes zu Gott, des Vaters zum Sohn, die der Heilige Geist ist, aufgenommen. Nur so ist Gemeinschaft mit Gott möglich (vgl. Röm 5,1f; Eph 2,18; 3,12, und gegen sie kommt keine Macht an (vgl. Röm 8,35–39). Deshalb brauchen wir nicht mehr aus der Angst um uns selbst zu leben, die uns sonst immer wieder daran hindert, menschlich anstatt unmenschlich zu handeln. Darin besteht unsere Erlösung (Hebr 2,15)“. (http://peter-knauer.de/18.html, Hervorhebung im Original)

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Aus Knauers Überzeugung, dass es nur eine einzige Wahrheit im Glauben gibt, auf die alles andere zurückgeführt werden kann, ergibt sich ein geradezu provozierend einfacher Ansatz für die Ökumene: Jede dogmatische Kontroverse zwischen den christlichen Kirchen beruht auf semantischen Missverständnissen. Alle meinen das Richtige, aber alle reden aneinander vorbei.

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Als einer der ersten Theologen im deutschsprachigen Raum hat Peter Knauer eine eigene Website eingerichtet, die noch immer den Retro-Charme der 1990er-Jahre verströmt: http://peter-knauer.de. Die Website ist ein eindrucksvolles Zeugnis von Knauers Liebe zu Sprachen: Viele seiner Artikel, Handouts und Unterrichtsmaterialien bis hin zu vollständigen Buchmanuskripten können auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Schwedisch oder anderen Sprachen heruntergeladen werden: manches von ihm selbst übersetzt, anderes von seinen Freunden und Schülern. Als ich ihm vor vielen Jahren schrieb, dass ich Esperanto lerne, erhielt ich eine Zeit lang von Peter Knauer E-Mails nur noch auf Esperanto. Er war jahrzehntelang regelmäßiger Gast bei Esperanto-Kongressen und feierte die Eucharistie nach dem Esperanto-Messbuch (von dem nur wenige wissen, dass es überhaupt existiert).

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Als Peter Knauer vor einigen Jahren das letzte Mal in Innsbruck war, besuchte er mich in meinem Büro und hielt mir eine Art spontane Privatvorlesung über missverständliche Bibelübersetzungen aus dem Hebräischen und Griechischen, über christlich-islamischen Dialog, über Wirtschaftsethik, über Ignatius von Loyola (dessen Werke er sein ganzes Leben hindurch neu übersetzte und kommentierte) und Benedikt von Nursia. Und auf die Frage, wie man die Formel pro multis effundetur im Eucharistischen Hochgebet am besten übersetzen könne, machte er den verblüffenden Vorschlag „vergossen für so viele“.

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Warum ich diese Erinnerungen teile? Am 21. Juli 2024 ist Peter Knauer SJ in seiner Heimatstadt Berlin im 90. Lebensjahr verstorben. Wenn Sie ihn kennenlernen möchten, können Sie das nicht mehr persönlich tun, wohl aber über seine Fundamentaltheologie und eine Fülle von Materialien auf seiner Website http://peter-knauer.de, von der ich hoffe, dass sie auch nach seinem Tod erhalten bleiben kann. Und YouTube bietet einen fast eineinhalbstündigen Vortragsmitschnitt aus dem Jahr 2014: https://www.youtube.com/watch?v=uVoTq7fO-Xo.

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Requiescat in pace.

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