Zwerggalaxien sind die häufigste Art von Galaxien, die das Universum bevölkern. Sie bestehen aus mindestens 100-mal weniger Sternen wie der Milchstraße und sind die Bausteine massereicherer Galaxien. Daher ist das Verständnis ihrer Entstehung ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der Entwicklung von Galaxien.
Ein wesentlicher Teil der Zwerggalaxien beherbergt in ihrem Zentrum einen kompakten Sternhaufen, der in der Regel aus Hunderttausenden bis zu Hunderten von Millionen von Sternen besteht. Diese als Kernsternhaufen bekannten Systeme sind die dichtesten Sternsysteme im Universum. Die Entstehung solcher extremen Objekte wird seit mehreren Jahrzehnten diskutiert. Man nimmt an, dass sie in Zwerggalaxien aus der Verschmelzung kleinerer Sternhaufen, so genannter Kugelsternhaufen, entstehen, nachdem diese zum Zentrum der Galaxie gewandert sind. Bislang wurde jedoch noch kein Zusammenschluss solcher Kugelsternhaufen direkt beobachtet, um diese Theorie zu bestätigen.
Zeuge seltener Ereignisse
Bei der Untersuchung von Beobachtungen einer großen Stichprobe von fast 80 Zwerggalaxien mit dem Hubble-Weltraumteleskop, die von Francine Marleau am Institut für Astro- und Teilchenphysik geleitet wurden, bemerkte eine Gruppe von zehn Forschern der internationalen MATLAS-Kollaboration (unter der Leitung von Pierre-Alain Duc, Astronomisches Observatorium Straßburg, Frankreich) eine Handvoll Galaxien mit einem ungewöhnlich aussehenden Kernsternhaufen. Bei einigen Galaxien lagen mehrere Sternhaufen dicht beieinander, während andere ein Merkmal aufwiesen, das einem schwachen Lichtfluss ähnelte, der mit dem Kernsternhaufen verbunden war.
„Wir waren überrascht von den Lichtströmen, die in der Nähe des Zentrums der Galaxien zu sehen waren, da in der Vergangenheit nichts Vergleichbares beobachtet wurde“, erklärt Mélina Poulain, Absolventin der Universität Innsbruck und Leiterin der Studie. Eine gründliche Analyse der Merkmale hat gezeigt, dass sie ähnliche Eigenschaften wie Kugelsternhaufen haben, die bereits in Zwerggalaxien entdeckt wurden. Dies deutet darauf hin, dass die Beobachtungen das Wachstum des Kernsternhaufens durch die dramatische Kannibalisierung von Kugelsternhaufen im Zentrum dieser Galaxien dokumentieren.

Zeitliche Abfolge einer Simulation der Sternhaufenfusion
Vier Snapshots der Simulation der Sternhaufenverschmelzung. Bei 0 Myr sind die zwei Sternhaufen separat. Bei 9.7 Myr sind sie sehr nahe, aber interagieren noch nicht. Bei 14.2 Myr ist nur mehr ein Haufen zu sehen mit einem kleinen, aber dichten Tidal-Stream. Bei 36.5 Myr hat sich der Tidal-Stream teils rundum den Haufen gewickelt und ragt noch immer teils nach oben.
Beobachtungen in Simulationen reproduziert
Um den Ursprung der schwachen Lichtflüsse zu bestätigen, wurden ergänzende Simulationen mit ultrahoher Auflösung durchgeführt, um den Verschmelzungsprozess zu modellieren. In diesem Teil der Arbeit, den Rory Smith an der Universidad Técnica Federico Santa María in Santiago, Chile, leitete, wurden verschiedene Verschmelzungen zwischen Sternhaufen mit unterschiedlicher Masse, Dynamik und Anzahl der beteiligten Haufen simuliert. Die Ergebnisse bestätigen, dass die beobachteten Lichtflüsse entstehen, wenn zwei Sternhaufen mit erheblichen Massenunterschieden miteinander verschmelzen. Je größer das Massenverhältnis ist, desto länger ist der Lichtfluss. Der Prozess dauert in der Regel in astronomischen Skalen nur kurze Zeit, weniger als 100 Millionen Jahre, und die entstehenden Erscheinungen sind sogar noch kürzer sichtbar, was die Schwierigkeit erklärt, ein solches Phänomen zu beobachten.
Publikation: Evidence of star cluster migration and merger in dwarf galaxies. Melina Poulain et.al. Nature 2025 DOI: 10.1038/s41586-025-08783-9