Die beiden Wissenschaftler aus der Forschungsgruppe Fertigungstechnik machten in ihrem interaktiven Vortrag „Exoskelette – Mensch, Maschine, Miteinander?“ deutlich, dass die Entwicklung von Exoskeletten ein Spannungsfeld zwischen technischer Machbarkeit und individuellen Anforderungen darstellt. Während die Nachfrage nach solchen Systemen stetig wächst und entsprechend mehr Varianten auf den Markt kommen, erfordert jedoch jeder Anwendungsbereich spezifische technische Lösungen.
Diese Notwendigkeit zur individuellen Anpassung führt zu komplexen Entwicklungsprozessen, die sich in entsprechend aufwendigen Systemen niederschlagen können. Die Vielzahl der Einflussfaktoren – von biomechanischen Gegebenheiten über Arbeitsplatzanforderungen bis hin zu ergonomischen Aspekten – macht eine universelle Lösung herausfordernd.
Lehre mit gesellschaftlichem Mehrwert
Den zweiten Schwerpunkt setzten die beiden Vortragenden auf die forschungsgeleitete Lehre. Die neueste Forschung fließt hier direkt in die Ausbildung junger Wissenschaftler:innen ein. In der interdisziplinären Lehrveranstaltung INNklusion arbeiten Studierende aller Fakultäten gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen an individuell angepassten Assistenzlösungen. Dieser Ansatz fördert nicht nur technisches Verständnis, sondern auch Sensibilisierung für diese Thematik, Empathie und gesellschaftliches Engagement – ein Perspektivwechsel, der über reine Technikdemonstration hinausgeht.
Technologie zum Anziehen und Anfassen
Besonderes Interesse weckte der praktische Teil der Veranstaltung zum Abschluss: Teilnehmende – darunter Vertreter:innen regionaler Unternehmen, Bürger:innen aus dem Bezirk und Schüler:innen der HTL Reutte und des IKA hatten die Möglichkeit, verschiedene Exoskelette und in der Lehrveranstaltung entwickelte Assistenzlösungen ausgiebig selbst zu testen. Systeme zur Unterstützung bei Überkopfarbeiten, zur Entlastung der Lendenwirbelsäule oder zum dynamischen Sitzen boten Raum für unmittelbare Erfahrungen. Zwei in die Lehrveranstaltung INNklusion eingebundene Studierende demonstrierten weiters einige speziell für Behinderte entwickelte Assistenzlösungen z.B. ein Haarband zum Binden der Haare mit einem Arm oder eine Hilfe zum Schnüren von Turnschuhen. Die Reaktionen der Teilnehmer:innen spiegelten sowohl Begeisterung als auch kritisches Interesse wider: Themen wie Tragekomfort, Alltagstauglichkeit und Integration in bestehende Abläufe standen im Mittelpunkt der Diskussionen.
Regionale Relevanz und Ausblick
Für das Außerfern und die Region Reutte mit ihren zahlreichen Wirtschaftsbetrieben bieten Exoskelette konkrete Potenziale – etwa zur ergonomischen Gestaltung körperlich fordernder Arbeitsplätze oder zur Unterstützung älterer Beschäftigter. Die Forscher machten jedoch deutlich: Technische Systeme allein reichen nicht aus. Erfolgreiche Implementierung erfordert auch Schulung, Anpassung organisatorischer Abläufe und eine sorgfältige Einbettung in bestehende Sicherheitskonzepte.
Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll: Exoskelette sind keine Ersatztechnologien, sondern physische Assistenzsysteme, die den Menschen stärken. Sie markieren den Wandel hin zu einer menschengerechten Industrie und eröffnen neue Wege in der Verbindung von Technik, Arbeit und Gesellschaft.
Die nächste Veranstaltung der von der Transferstelle gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Reutte in Kooperation mit der Tiroler Tageszeitung konzipierten und organisierten Reihe uni goes reutte widmet sich am 23. Oktober 2025 dem Thema „Klimarisiken und Anpassungsmaßnahmen im Tourismus“.