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Guggenberger Wilhelm: Du sollst keinen Zins nehmen!
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Du sollst keinen Zins nehmen!
(Zur geschichtlichen und aktuellen Bedeutung des Zinsverbotes)

Autor:Guggenberger Wilhelm
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2012-02-22

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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„A jeder woaß, dass des Geld nit auf der Wiesn wagst und essn kann mas a nit aber brenna tats guat. Aber hoazn tuan man Woazn und die Ruabn und n Kukurutz und wenn ma lang so weita hoazn brennt da Huat.“

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So lautet bekanntermaßen der Refrain eines aktuellen Liedes von Hubert von Goisern aus seiner CD mit dem Titel Entwederundoder.

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Dass das Geld nicht auf der Wiese wächst wissen wir und trotzdem geht die Hoffnung um, es möge wachsen, mehr werden, von ganz allein.

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„Nummus nummum non gerit“, „Geld bringt kein Geld hervor, kann man bei Thomas von Aquin nachlesen, dem großen Theologen aus dem 13. Jahrhundert. Er schließt damit ganz an die Position eines anderen großen Gelehrten an, an Aristoteles, den griechischen Philosophen aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert. Sowohl die Antike, als auch das Mittelalter waren sich also einig: Zins gibt es im Grunde nicht. Aristoteles hielt den Gedanken, dass Geld sich vermehrt, für widernatürlich. Im Griechischen heißt der Zins tokos; das was geboren wird, also der Nachwuchs. Geld ist eine unbelebte Sache, ein Ding, das der Mensch gemacht hat. Solche Dinge tragen kein Leben in sich, weil ihnen ihre Form von außen gegeben wurde und nicht wesenseigen ist. Was kein Leben, im aristotelischen Sinn keine Seele in sich trägt, kann sich nicht fortpflanzen. Mit einer solchen Chimäre wie Zins sein Geschäft zu machten ist für den alten Griechen demgemäß eine ziemlich unehrenhafte Angelegenheit.

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Freilich wurden auch damals Zinsen gefordert. Aber man war eben - zumindest unter Gelehrten - der Meinung, dass das ungerechtfertigt sei, dass die Zinsforderung keine reale Basis und damit auch keine sittliche Berechtigung habe.

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Der selben Meinung sind die drei abrahamitischen Religionen; zum Teil bis heute. Im Pentateuch, der Grundlage des jüdischen Gesetzes, finden wir an drei Stellen das explizite Gebot Gottes, keine Zinsen zu nehmen.

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Ex 22,24 mahnt im Kontext eines allgemeinen Verbotes, die Armen auszubeuten, keinen Wucherzins zu verlangen.

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Lev 25,36f verbietet, von verarmten Nachbarn, auch dann wenn es sich um Fremde handelt, Zinsen zu verlangen. „Dein Bruder soll neben Dir leben können“, heißt es wörtlich.“Du sollst ihm weder dein Geld noch deine Nahrung gegen Zins und Wucher geben“.

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Dtn 23,20f formuliert schließlich am ausführlichsten: „Du darfst von deinem Bruder keinen Zins nehmen: weder Zinsen für Geld, noch Zinsen für Getreide, noch Zinsen für sonst etwas, wofür man Zinsen nimmt. Von einem Ausländer darfst du Zinsen nehmen, von deinem Bruder darfst du keine Zinsen nehmen, damit der Herr dein Gott dich segnet, in allem was deine Hände schaffen.“

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Die letzte Stelle wurde im jüdischen Kontext historisch besonders wirksam. Als den Juden im christlichen Abendland vielfach sowohl Grundbesitz, als auch die Ausübung von handwerklichen Gewerben verboten wurde, haben sie sich ans Geldverleihen gehalten. Dabei wurde eben an jene verliehen, die nicht Glaubensbrüder waren. Für die Christen freilich erschienen die Juden so nur neuerlich als diejenigen, die etwas tun, das Gott eigentlich verboten hat. Und trotzdem hielt man sich immer wieder an die Geldverleiher, von den einfachsten Leuten, bis hinauf zu Fürsten und Königen, so dass die Begriffe Jude und Geldverleiher mitunter geradezu synonym wurden.

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Alle drei genannten biblischen Stellen zeigen, dass es bei der Zinsfrage um ein Thema der gerechtigkeit geht, darum, dass aus der Not eines anderen keinen Profit geschlagen wird. Wo Zins verlangt wird, kann der Bruder neben uns nicht Leben, sagt das Buch Levitikus drastisch. Dies lässt sich wohl auf zweierlei Weise verstehen. Zum einen werden durch die Zinspraxis Lebenschancen gemindert, ja gar das Überleben gefährdet. Zum anderen besteht dort, wo gegen Zins geliehen wird, zwischen Menschen kein geschwisterliches Verhältnis. Die Stelle aus Deuteronomium macht aber freilich auch deutlich, dass es auch damals eine Selbstverständlichkeit war Zinsen zu fordern, sonst könnte es nicht heißen: Du, der du einen Bund mit mir hast, sollt keine Zinsen für Dinge nehmen, für die man gewöhnlich Zinsen nimmt. Vom erwählten Volk wird offenbar mehr als das Normale gefordert, wird das Setzen eines Kontrasts verlangt.

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Eine nähere Begründung für das Unrecht des Zinsnehmens finden wir im biblischen Text nicht. Dieses Verbot wurde aber keineswegs auf die leichte Schulter genommen. Ezechiel 18 etwa spricht über gerechtigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen und Gottes Reaktion darauf. In diesem Zusammenhang wird ein Katalog von Taten genannt, die ein Gerechter nicht setzen darf: Götzendienst. Schändung der Frau des Nächsten und Geschlechtsverkehr während der Menstruation, Unterdrückung, die Verweigerung der Rückgabe eines Pfandes, Raub, das Fällen ungerechter Urteile und eben auch „gegen Zins leihen und Wucher betreiben“. Offenbar handelte es sich dabei also um kein Kavaliersdelikt.

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Warum das so war, wird deutlich, wenn man sich den durchschnittlichen Fall ansieht, in dem in jener Zeit Geld oder Getreide geliehen wurde. Das war etwa der Fall, in dem der Bauer eine Fehlernte hatte. Er konnte sich und seien Familie also nicht bis zur nächsten Ernte ernähren und lieh daher Getreide. Im nächsten Jahr hoffte er wieder genug zum Überleben zu ernten. Es musste aber nicht nur das gelingen. Denn das Geliehene musste ja auch zurückgegeben werden. Eingeforderter Zins erhöhte diesen Mehraufwand nun nochmals gewaltig; je mehr, um so länger die Schuld nicht abgetragen war. In der Praxis führte das nicht selten dazu, dass der Schuldner sich und seine Familie in sogenannte Schuldknechtschaft begeben musste, im Grunde also Sklave des Gläubigers wurde, weil er „zahlungsunfähig“ war. Solcher Art sind die Unrechtssituation, die biblisch angeprangert werden.

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Thomas von Aquin hat derlei Situationen philosophisch reflektiert. Dabei spielte die Unterscheidung zwischen so genannten Verbrauchsgütern und Gebrauchsgütern eine wesentliche Rolle.

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Verbrauchsgüter zeichnen sich dadurch aus, dass ihr einziger Sinn darin besteht, konsumiert und damit aufgebraucht zu werden. Lebensmittel sind solche Verbrauchsgüter. Die Gebrauchsgüter hingegen können benutzt werden ohne dabei ernstlich Schaden zu leiden. Man denke etwa an Werkzeuge oder auch eine Haus, eine Wohnung. Das Fordern eines Mietzinses, wenn man anderen ein Haus zur Bewohnung überlässt, war durchaus auch für Thomas legitim. Anders beurteilte er das Verleihen von Lebensmitteln. Ihr Zweck besteht darin, aufgezehrt zu werden. Die Sache selbst und ihre Verwendung sind identisch miteinander. So darf man die geliehene Sache natürlich zurück verlangen, aber nicht zusätzlich einen Preis für ihre Verwendung fordern. Damit würde man nämlich für ein und das selbe zweimal Bezahlung fordern. Das geliehene Haus, das durch das Bewohnen ja nicht verschwindet kann ich hingegen zurückfordern und zusätzlich für seine Verwendung einen Preis verrechnen. Für Thomas nun war - ebenso wie für Aristoteles - Geld eindeutig ein Verbrauchsgut, Zins (fenus) auf Gelddarlehen daher unsittlich. Warum ist das so? Offensichtlich nahm er Geld fast ausschließlich als Tauschmittel wahr. Dieses wurde geliehen, um das Lebensnotwendige zu erwerben. Einen solchen Kredit würden wir heute als Konsumkredit bezeichnen. Wobei es für den mittelalterlichen Theologen scheinbar kaum in Betracht kam, dass ein Konsumkredit dem Erwerb von Luxusgütern dienen könnte. Bleiben wir in diesem Bereich der Konsumkredite zum Zweck des Erwerbs von Notwendigem, dann hat die philosophisch-gerechtigkeitstheoretische Argumentation, die traditionell gegen den Zins vorgebracht wurde, nach wie vor ihre Gültigkeit.

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Man könnte also sagen: Wenn die christlichen Kirchen heute kein Zinsverbot mehr kennen, dann haben sie eine bewährte und gut begründete ethische Regel einfach über Bord geworfen. Warum wohl? Vielleicht weil sie selber ins Geldgeschäft einsteigen wollten?

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Das mag vielleicht gar nicht ganz von der Hand zu weisen sein. Die Sache ist aber doch nicht ganz so einfach. Es stimmt freilich, dass die derzeit gültige Fassung des Kirchlichen Gesetzbuches von 1983 das Thema einfach nicht mehr erwähnt, nachdem die Vorgängerauflage des Canon juris canonici von 1917 Katholiken immerhin noch den Wucher verboten hatte. Die Lebenspraxis und das kirchliche Gebot hatten einfach immer weniger übereingestimmt und das nicht nur, weil die Gesellschaft säkularer und gottloser geworden wäre. Nein, es hat sich wirklich sachlich etwas verändert. Im Laufe der Neuzeit hatte Geld zwar seine Tauschfunktion immer bewahrt, es war aber mehr und mehr auch zu Kapital geworden. Geld als Kapital ist nun aber gerade kein Verbrauchsgut, sondern wirklich ein Gebrauchsgut. Es funktioniert wie ein Werkzeug, das gewinnbringend eingesetzt werden kann. Wer über Geld als Kapital verfügt, der tauscht es nicht gegen Konsumgüter ein, er investiert es mit dem Ziel, dass es Frucht bringt. Investieren kann man in ein Geschäft, das man selbst betreibt; man kann aber auch in die Geschäfte anderer investieren. Wenn man das tut, dann möchte man nicht nur irgendwann das Geld zurück, das man dafür zur Verfügung gestellt hat, sondern auch etwas vom erwirtschafteten Gewinn bekommen. Solche Gewinnbeteiligungen sind - wenn ich es recht verstehe - ja auch im derzeit viel zitierten Islamic Banking durchaus erlaubt. Freilich laufen die meisten Kreditgeschäfte so, dass schon im Voraus vereinbart wird, welchen Preis für das Leihen der Schuldner dem Gläubiger zu bezahlen hat, ganz egal ob das Geschäft, in das investiert wird, profitabel ist oder nicht. Das Risiko wird somit stark auf den  Schuldner verschoben.

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Was ich gerade eben zu beschreiben versucht habe, nennt sich Investitionskredit. Auf einen solchen passen die traditionellen ethischen Verbotsargumente nun aber tatsächlich nicht mehr.

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Ist die Sache damit erledigt? Nein, ich denke nicht. Denn es ist schon wieder nicht so einfach, wie man auf den ersten Blick meinen möchte.

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Zunächst gibt es heute noch immer Konsumkredite, auch solche, die nicht mehr oder weniger luxuriöse Güter finanzieren. Ich denke dass z.B. mancher an Entwicklungsländer vergebene Kredit, der dort zum Stopfen irgendwelcher Notfallslöcher verwendet wurde, in diese Kategorie fällt. Die Schuldenlast, die diese Länder oft seit vielen Jahren tragen, und die den erhaltenen Kapitalwert bereits bei weitem übersteigt, ist daher durchaus als Ausbeutung im biblischen Sinn zu verstehen.

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Daneben aber sind wir heute mit einer Problematik des Zinses konfrontiert, die nicht unmittelbar mit den eben besprochenen gerechtigkeitsfragen zu tun hat. Diese Problematik ist die Wachstumsdynamik der Wirtschaft. Spontan gehen wir davon aus, dass wir ein Problem haben, wenn die Wirtschaft nicht wächst, wenn Investitionsvolumen, Produktion, Konsum, Umsatz, BIP stagnieren. Mittlerweile wird uns aber mehr und mehr bewusst, dass unser Problem gerade darin besteht, dass die Wirtschaft wächst. In einer endlichen Welt wird der damit verbundene ständige Bedarf an Ressourcen und der ständig zunehmende Ausstoß an umweltbelastenden Stoffen durch eine wachsende Zahl von Menschen zusehends zur Existenzbedrohung. Das Problem ist, dass wir nicht einfach aus freien Stücken wollen, dass die Wirtschaft wächst. Nein, unsere Wirtschaft ist strukturell so gestrickt, dass sie wachsen muss. Das ist ein wirkliches Dilemma: Wächst die Wirtschaft nicht, droht die soziale Katastrophe. Wächst die Wirtschaft, droht die ökologische Katastrophe.

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Der Wachstumszwang in unserer modernen, kapitalistischen Marktwirtschaft hat zweifellos vielfältige Ursachen. Eine davon ist das menschliche Begehren, unser Wunsch einander zu übertrumpfen und auszustechen. Das geht auch ganz gut durch den Erwerb und Besitz immer neuerer, besserer, aufwändigerer Produkte. Es geht aber immer nur vorübergehend, weil die gerade Überholten ihrerseits wieder überholen. Der Wachstumszwang der Wirtschaft hat auch mit unseren Sicherheits- und Bequemlichkeitsbedürfnissen zu tun. Aber es gibt eben auch Strukturzwänge jenseits der menschlichen Seele. Einer davon, und sicher kein unbedeutender, ist die Zinsdynamik der Kapitalwirtschaft. Praktisch jedes ökonomische, unternehmerische Tun beginnt heute mit Verschuldung. Neben den Kosten für Produktionsmittel, Rohstoffe und Arbeit muss daher nicht nur der Unternehmerlohn verdient werden, sondern auch noch Zins und Zinseszins. Die Bedienung von Krediten ist eine zusätzliche Peitsche, die zu Wachstum zwingt. Der Schweizer Ökonom Hans-Christoph Binswanger schreibt, dass etwa 50% des weltweiten Wirtschaftswachstums seit dem Zweiten Weltkrieg auf die Zinsdynamik zurückgeführt werden können.

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Da wäre nun noch ein altes Argument gegen den Zins zu nennen, das auf den ersten Blick beinahe noch kurioser erscheint, als die aristotelische Behauptung, Zins sei widernatürlich. In mittelalterlichen Bußbüchern findet sich der Hinweis darauf, dass Zins ein Geschäft mit der Zeit sei. So weit ist das sicherlich richtig. Zins ist der Preis dafür, dass ich heute schon über Geld verfügen kann, das ich erst in Zukunft verdienen werde. Ein solches Geschäft, heißt es weiter, sei aus religiöser Sicht nicht zulässig, weil es Gottes Souveränität über die Zeit verletzt und, weil es gegen das Sabbatgebot verstößt. Das zinsbringende Geld arbeitet nämlich ruhelos, auch am Tag des Herrn. Ein amüsantes Argument! Aber vielleicht doch gar nicht so abwegig. Denn was wird denn da eigentlich kritisiert? Kritisiert wird doch, dass eine Wirtschaftsweise, die auf Verschuldung, auf Kredit und Zinsgewinn aufbaut, keinerlei Stillstand, keinerlei Unterbrechung, keinerlei Innehalten mehr duldet. 1776 hat Benjamin Franklin in einem Ratgeber, der sich damit befasst, wie man zu Wohlstand gelangt geschrieben: „Bedenke, dass Zeit Geld ist.“ Diese Gleichsetzung hat sich ins allgemeine Bewusstsein eingeprägt. Zeit ist Geld, das verdient werden muss, weil mich jede unproduktiv verstreichende Stunde Geld kostet, wie in manchen Städten große Schuldenuhren augenfällig zeigen. Sekunde für Sekunde wächst die Schuldenlast. Wer könnte unter einem solchen Damoklesschwert noch unbeschwert seine Sonntagsruhe halten? Doch andererseits: bräuchten wir heute nicht gerade ein Zurückschalten, ein cooling down, weil wir ohnedies schon längst so heizen, dass bald der Hut brennt?

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Diese Anfrage an die ethische Legitimität der gängigen Zinspraxis ist eine, die über die moralische Integrität der Einzelnen, auch über die Geschäftsmodelle einzelner Unternehmen oder gar Branchen weit hinaus geht, auch wenn sie damit stets unlösbar verbunden bleibt. Es handelt sich un eine Anfrage an fundamentale Strukturen unseres Weltwirtschaftssystems. Dennoch aber müssen wir sie stellen, im Sinne einer globalen gerechtigkeit, vor allem aber auch im Sinne einer intergenerationellen gerechtigkeit. Insofern ist das biblische Zinsverbot heute keineswegs obsolet.

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