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Universität und Sozialismus – Universität Innsbruck

Peter Goller
Sozialistische Arbeiterbewegung und Universität in Tirol.
Am Beispiel der „volksthümlichen Universitäts-Vorträge“ ab 1897

Im Zusammenwirken von liberal freisinnigen, teils demokratisch fortschrittlichen Gelehrten wie dem Historiker Ludo Moritz Hartmann, dem Literatur- und Philosophiedozenten Emil Reich,  dem „Juristensozialisten“ Anton Menger oder von Ernst Mach konnte im Herbst 1895 der erste Zyklus Wiener „volkstümlicher Universitätsvorträge“ eröffnet werden. Unter den ersten Vortragenden war auch Ludwig Boltzmann. Von einem Ideal „rein voraussetzungsloser“ Wissenschaft her waren alle Fragen, die „politische, religiöse und sociale Kämpfe“ tangierten, ausgeschlossen.[1]

Die „Arbeiter-Zeitung“ begrüßte Mitte November 1895 die neue Vortragsreihe, die von zahlreichen Arbeitern beiderlei Geschlechts besucht würden, als gelungenen Versuch, „die höchsten Güter der Kultur“ nicht nur einer „kleinen Gruppe“, sondern „zum Erbtheil des ganzen Volkes zu machen“.

Viele Universitäts-Gelehrte wie der Philosoph Friedrich Jodl setzten auf die Klassen versöhnende, „sozialintegrative Wirkung“ von Volksbildung in der Linie einer optimistischen Spätaufklärung, der Ideale der bürgerlichen Revolution von 1848 und des liberalen Grundrechtsverständnisses von 1867 jenseits allen „Klassendünkels“. Dem der Sozialdemokratie nahe stehenden Ludo M. Hartmann schwebte das Ideal einer „Verbrüderung“ von Wissenschaft und Arbeit vor. Von Seite des Wiener Volksbildungsvereins sah man in den 1890er Jahren in einem Programm volkstümlicher Vorträge also vor allem ein Mittel zur Harmonisierung von Klassengegensätzen, zur Milderung der „Wucht des socialen Kampfes“.

Dieses begrenzt kurzlebige Bündnis zwischen sozialdemokratischer Arbeiterbewegung und bürgerlicher Universität soll sich daran gezeigt haben, dass die Universität während des Wiener Maiaufmarschs als einziges öffentliches Gebäude nicht geschützt werden musste. Die Arbeiter sollen vielmehr „Hoch die Universität! Hoch die Wissenschaft!“ gerufen haben. Gegen die bürgerliche Dominanz in den Volksbildungsvereinen, in der Volkshochschulbewegung gab es aber innerhalb der sozialistischen Arbeiterbewegung von Anfang an Bedenken.[2]

Nicht zuletzt deshalb installierte der Verein „Zukunft“ 1904 eine sich von der Volkshochschule abgrenzende sozialistische Wiener Arbeiterschule, in der – so Otto Bauer 1906 der „Neuen Zeit“ – nur „theoretisch geschulte Genossen“ unterrichten sollen, um weitere sozialistische Bildungsaktivisten auszubilden. Nur einen Teil der allgemein natur- oder geisteswissenschaftlichen Ausbildung wollte die frühe austromarxistische Bewegung „den volkstümlichen Hochschulkursen und dem Volksheim überlassen. Anders dagegen steht es mit dem Unterricht der für die Erziehung von Sozialisten doch in erster Linie wichtigen Sozialwissenschaften. Solange Sozialdemokraten vom lehramt an den Hochschulen ferngehalten werden, hieße es die Hörer einseitiger Beeinflussung durch die bürgerliche Wissenschaft aussetzen, wollte die Partei darauf verzichten, den Unterricht in den Sozialwissenschaften selbst zu organisieren.“ Neben der materialistischen Geschichtsauffassung, der Entstehung des Staates, anhand von Friedrich Engels‘ „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“,  der Kritik der politischen Ökonomie, der Genese des Kapitalismus, dem Arbeitsrecht (Lohnvertrag, Koalitionsrecht, Arbeiterversicherung), also einer Kritik des geltenden Rechts „vom proletarischen Standpunkt“ aus, zählte die Geschichte des Sozialismus („von der Utopie zur Wissenschaft“) zu den festen Lehrgegenständen der Arbeiterschule.[3]

Insgesamt gelang den sozialdemokratischen Parteien (der II. Internationale) aber keine Lösung dessen, was Walter Benjamin 1937 als das Problem der „Popularisierung der Wissenschaft“ erkennen wollte. Nach Benjamin übernahm die sozialistische Bildungstheorie zu sehr „monistische“, „evolutionistische“ bürgerliche Modernisierungsideologen. Zu sehr war sie in ihrem Kern an einem sich selbst neutral verstehenden Wissensideal orientiert, das völlig an philanthropisch bürgerliche Gelehrtenkulturen gebunden war. Zu sehr verkam Bildung zum Mittel des kleinbürgerlichen sozialen Aufstiegs, zu wenig konnte sie sich von der Anbetung von bildungsbürgerlichem Schein- und „Schmuck“-Wissen lösen, zu sehr täuschte sich sozialistisches Bildungsideal etwa über Rolle von Universitätsprofessoren als vermeintlicher Lehrer des Volkes, über deren Klassenfunktion, selbst dann wenn es sich um fortschrittliche Gelehrte handelte. Zu wenig erkannte die Sozialdemokratie, dass sie primär ein Wissen vermitteln wollte, das gerade jene Herrschaftsverhältnisse reproduziert, unter denen das Proletariat leidet: „Man konnte auch der Lösung nicht näherkommen, solange man sich das Objekt dieser Bildungsarbeit als ‚Publikum’ statt als Klasse dachte. Wäre die Klasse visiert worden, so hätte die Bildungsarbeit der Partei niemals die enge Fühlung mit den wissenschaftlichen Aufgaben des historischen Materialismus verlieren könne. Der historische Stoff wäre, umgepflügt von der marxistischen Dialektik, ein Boden geworden, in dem der Same, den die Gegenwart in ihn warf, hätte aufgehen können. Das geschah nicht. Der Parole ‚Arbeit und Bildung’, unter der die staatsfrommen Vereine von Schultze-Delitzsch die Arbeiterbildung betrieben hatten, stellt die Sozialdemokratie die Parole ‚Wissen ist Macht’ entgegen. Aber sie durchschaute nicht deren Doppelsinn. Sie meinte, das gleiche Wissen, das die Herrschaft der Bourgeoisie über das Proletariat befestigte, werde das Proletariat befähigen, von dieser Herrschaft sich zu befreien. In Wirklichkeit war ein Wissen, das ohne Zugang zur Praxis war und das das Proletariat als Klasse über seine Lage nichts lehren konnte, ungefährlich für dessen Unterdrücker. Das galt von dem geisteswissenschaftlichen ganz besonders. Es lag weit von der Ökonomik ab; es blieb von der Umwälzung unberührt. Man begnügte sich, in seiner Behandlung ‚anzuregen’, ‚Abwechslung zu bieten’, ‚zu interessieren’.“[4]

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Mit 10. Oktober 1897 genehmigte das Ministerium für Cultus und Unterricht nach Wien auch für Innsbruck die „Satzungen für die Einrichtung volksthümlicher Universitäts-Vorträge“. Graz sollte 1898 folgen. Die außerhalb der Hochschulräume stattfindenden, von Professoren und Dozenten der Universität abzuhaltenden Vorträge sollten „jene Volkskreise geistig fördern, welchen bisher die akademische Bildung unzugänglich war“. Im Sinn eines bürgerlichen Bildungsverständnisses sollten alle „Wissensgebiete“ einbezogen werden, wobei die „Stoffe selbstverständlich streng wissenschaftlich behandelt werden sollen“ und „jegliche Agitation, namentlich auf confessionellem, politischem und socialem Gebiet“ ausgeschlossen wurde.

Wie schon 1985 die Wiener „Arbeiterzeitung“ begrüßte nun auch die Tiroler sozialdemokratische „Volks-Zeitung“ am 29. Oktober 1897: „Endlich hat die Arbeiterschaft die Genugthuung, einen ihrer liebsten Wünsche, dessen Erreichung sie jahrelang angestrebt und in früheren Jahren so manchen Schritt an der Universität vergeblich darum gethan hat, in Erfüllung gehen zu sehen. Es sind das volksthümliche Vorträge, die mit dem gestrigen Tage, 27. October, im Stadtsaale mit einem Lehrgang begonnen, nachdem sich in Wien, München und anderen Städten an sie so ungeheure Erfolge geknüpft haben.

Mögen auch die in Innsbruck daran geknüpften Hoffnungen übertroffen werden. Wir richten an unsere Leser daher den Appell, der Innsbrucker Universität und ihren Herrn Professoren, die sich der mühevollen, aber humanitären und zugleich dankbaren Aufgabe unterziehen, dem Volke von dem reichen Schatze ihres Wissens und der Errungenschaften der Wissenschaft etwas mitzutheilen, durch massenhaften Besuch zu danken und es wird den Herren des Volkes dies gewiß der schönste Dank sein.“ Es darf dabei nicht übersehen werden, dass sozialdemokratische Studenten von den österreichischen Universitäten zu gleicher Zeit noch disziplinarrechtlich sanktioniert wurden. So wurde in das Strafregister der Universität Innsbruck am 23. Oktober 1896 eingetragen, dass Cesare Battisti wegen Teilnahme an sozialistischen Arbeiterveranstaltungen in Triest an der Universität Graz und damit auch von allen anderen österreichischen Universitätsstudien vorübergehend ausgeschlossen ist. Gleiches galt für den in der galizisch polnischen Arbeiterbewegung federführend aktiven Krakauer Studenten Samuel Häcker. Laut Innsbrucker Strafprotokoll vom 14. Juli 1896 war Häcker, der in den Flügelkämpfen der polnischen Sozialdemokratie etwa gegen die Gruppe um Rosa Luxemburg die Position, dass die nationale Wiederherstellung Polens der sozialen Befreiung vorauszugehen habe, vertreten hat, gegen ausdrückliches akademisches Verbot sozialistisch aktiv. Häcker antwortete den Hochschulbehörden nach erfolgter Vorladung unter Vorlage einer Visitenkarte scharf: Sollten sie ein Gespräch wünschen, mögen sie ihn in der Redaktion der sozialistischen Zeitschrift „Naprzod“ aufsuchen.[5]

Am 30. Jänner 1898 stellt die „Volks-Zeitung“ fest, dass bei allem Erfolg doch weniger Arbeiter als erwartet, die Vorträge besucht haben. Es gelte also angesichts des gesetzten Anfanges dafür zu sorgen, dass „das Bestreben der Arbeiterschaft nach einer besseren und höheren Bildung keine Phrase“ bleibt. Ein Problem lag in der meist mangelhaften Volksschulvorbildung für die Arbeiterklasse: „Jeder der Herren [Professoren] war auf das Eifrigste bemüht und bestrebt, den Gegenstand seines Vortrages seinen Schülern soviel wie möglich gehör- und mundgerecht zu machen. Und es war dies manchen gegenüber eine große Nothwendigkeit, da einzelne der Vorträge doch eine gewisse Vorkenntniß des Gegenstandes voraussetzten, die leider, es muß das ausgesprochen werden, gerade bei den Besuchern aus Arbeiterkreisen nicht immer vorhanden war und wohl auch nicht vorhanden sein konnte, wenn man im Auge behält, welcher Unterricht diesen mitunter während der Schuljahre zu theil geworden ist.“ 

Für Proletarier gilt es – so sie „Volks-Zeitung“ – nicht nur zahlreiche Bildungsbarrieren zu überwinden. Nicht nur die Erschöpfung nach langem Arbeitstag, sondern ganz schlichte kleinbürgerlich kulturelle Barrieren stehen oft im Weg:[6] „Was nun den Besuch seitens der Arbeiterschaft anbelangt, so hat sich derselbe numerisch wohl nicht so gestaltet, wie erhofft worden war, und wie es wünschenswerth gewesen wäre. Es wirken eben da verschiedene Umstände mit, die ihren bestimmenden Einfluß ausüben dürften. Da ist z.B. die freilich wohl nicht zu vermeidende Bestimmung, in anständiger und reinlicher Kleidung zu erscheinen. Es ist einleuchtend, dass diese Bestimmung für jene Arbeiter, die gezwungen sind, erstens bis sieben Uhr und auch länger zu arbeiten, zweitens infolge ihrer Berufsthätigkeit sich erst einer Waschung und Umkleidung zu unterziehen, den Besuch der Vorträge so ziemlich illusorisch macht, denn bis sie nach Hause kommen, sich gewaschen und umgekleidet haben, dürfte es wohl in den meisten Fällen für den Besuch der Vorträge zu spät werden.“ (Volks-Zeitung 30. Jänner 1898)

Optimistischer gab sich die „Volks-Zeitung“ Ende 1900, als sie nach der Vorlage des Berichts für den Winter 1899/1900 feststellen konnte, dass hauptsächlich Hörer aus dem Arbeiterstande“ anwesend gewesen sind: „Das spricht jedenfalls nicht zum Nachtheile der Arbeiter und des weiblichen Geschlechts, wie auch nicht gegen die Annahme, dass Wissenschaft und Arbeit sich endlich harmonisch ergänzen werden.“ Rund ein Drittel der Besucher [das waren 447 Hörer] wurden 1899/1900 dem Stand „Industrie und Gewerbe“ zugeteilt, - Berufsangaben, worunter – so der offizielle, von der Universität herausgegebene „Bericht über die volksthümlichen Universitätsvorträge“ – „hauptsächlich Hörer des Arbeiterstandes zu verstehen sind“: „Eine beträchtliche Steigerung hat sich in Rubrik ‚weibliche Besucher mit Beruf‘ ergeben.“

Weiter hatte die „Volks-Zeitung“ schon 1898 gesehen, dass mangelnder Arbeiterbesuch nicht nur an den Kleidervorschriften liegt, sondern auch an den unpolitisch bildungsbürgerlichen Lehrinhalten der Universitätsvorträge, auch wenn zahlreiche medizinische und naturwissenschaftliche Vorträge durchaus Anklang fanden. Viele Vortragsthemen standen aber im Sinn von Walter Benjamins rückblickender Einschätzung den Arbeitern und Arbeiterinnen mehr als nur fern, waren für das Proletariat nutzlos, so kulturgeschichtliche Vorträge abseits aller sozialen Klassenauseinandersetzungen, wie der Ludwig Pastors über „die Republik Venedig und die Cultur der Renaissance“, jener Friedrich Stolz‘ über „die dem indogermanischen Sprachstamme angehörigen Völker“ (beide 1897/98), jener von Thomas Friedrich „über Nineveh“ oder von Rudolf Scala über „kleinasiatische Reisebilder“ oder von Hans Semper „über Rembrandt und seine Stellung in der Kunst“ (alle 1898/99).[7]

Diese ambivalente Nähe zum („fortschrittlichen“) bürgerlichen Bildungs-Erbe konnten die sozialistischen Arbeitervereine gerade in der Peripherie der Provinz nur unzulänglich ausgleichen. Vorübergehend und vereinzelt zur Arbeiterbewegung gestoßene Intellektuelle – wie der auch in Tirol aktive Emil Kaler-Reinthal – kehrten nur zu oft aus Gründen der Lohnabhängigkeit in das bürgerliche Milieu zurück.[8]

Nicht zufällig hat die Tiroler „Volks-Zeitung“ häufig an das lokale Erbe der 1848er-Revolution in der Person von Hermann Gilm oder von Adolf Pichler angeknüpft und Sympathien für die freisinnig antiklerikale, in Wirklichkeit aber alsbald völkisch-irrational verelende Literaturbewegung „Jung-Tirol“ der Jahrhundertwende um 1900 gezeigt.[9]

Mangels einer proletarischen Gegenkultur druckte die „Volks-Zeitung“ wiederholt Hermann Gilms Anti-Jesuitenlieder aus dem Vormärz, so wie im September 1900 etwa auch dessen Gedicht „über die Freiheit“ aus dem Jahr 1848. Aus demselben Grund wurde auch der deutschliberale „1848er“, in späten Jahren aber mehr deutschnationale Adolf Pichler nach seinem Tod 1900 als ein Gegner der „Übermacht der Clericalen“ gewürdigt, dem auch die Arbeiterschaft ein ehrendes Andenken bewahren werde. (Volks-Zeitung 23. November 1900)

Als sozialistischer Literaturersatz wurden die Volksstücke von Ludwig Anzengruber, Karl Schönherr oder Ludwig Thoma in der „Volks-Zeitung“ häufig abgedruckt. Nicht zufällig nahmen die Innsbrucker sozialistischen Arbeiter Kontakt zu Peter Rosegger, dem „volksthümlichen Schriftsteller Steiermarks“, auf, „dessen Werke in keiner Arbeiterbibliothek fehlen“. Die Arbeiter baten im März 1900 den vor Ort weilenden Rosegger, er möge auch in ihrem Verein lesen. Rosegger konnte die Einladung nur aus gesundheitlichen Gründen nicht annehmen. (Volks-Zeitung 7. März 1900)[10]

Die begrenzten Bildungsmöglichkeiten blieben weitgehend für die tägliche politischen Arbeit (etwa von „Wanderagitatoren“ wie Johann Coufal) reserviert. Gelegentlich wurde im Feuilleton der „Volks-Zeitung“ ein „communistisches“ Gedicht von Heinrich Heine, ein revolutionär demokratisches Lied von Georg Herwegh oder ein proletarisches Arbeitergedicht (z.B. von Seff Schiller) abgedruckt. Oft begnügte man sich mit „Feierabendlyrik“ oder mit eher unpolitisch rührseligen Erbauungserzählungen, so den Fortsetzungsgeschichten eines „Peregrinus“ über die unglückliche Liebe zwischen einem proletarischem Bauarbeiter und einer „Commerzienrathstochter“. Johann Gleinsler verfasste Ende Dezember 1898 für die „Volks-Zeitung“ in ähnlicher Weise eine Erzählung „Proletarier-Christabend“ über das Schicksal einer Proletarierfamilie, deren Tochter der Belästigung durch einen Fabrikantensohn widersteht: Knapp vor Weihnachten wird der Vater deshalb entlassen! Politisch schärfer war die zuvor veröffentlichte Geschichte vom „Goaßer Toni“, der den Tiroler Klerikalen vorwirft, die Arbeiterschaft durch gezielte Verschlechterung der Volksschulbildung zu verblöden. Gegenüber einem ihm wohlwollenden, selber gedanklich unterdrückten Pfarrer begründet Toni, warum er zu den Sozialisten gegangen ist: „Die Sozi wolln a guate Schul‘, damit ‘s Volk gscheider wird, dös gfallt ma, drum holt i zu dö und laß ma nix einreden.“ (Tiroler Volkszeitung 24. Februar 1899)[11]

Im Anzeigenteil wurden neben „Volksausgaben“ von Marx und Engels, von Wilhelm Weitling oder Ferdinand Lassalle vor allem die bei der sozialdemokratischen „Ersten Wiener Volksbuchhandlung“ von Ignaz Brand erschienene Werkausgabe von Émile Zola empfohlen.

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Zustimmend äußerte sich die „Volks-Zeitung“ am 31. Oktober 1899 zu Karl Heiders volkstümlichen Universitätsvorträgen „über Entwicklungstheorie“, war doch die Evolutionstheorie in einem klerikal dominierten Volksschulumfeld auch nach Auslaufen des bürgerliche Kulturkampfs ein Politikum ersten Ranges: „Schon im Verlauf des ersten Vortrages dürften die Zuhörer zur Überzeugung gelangt sein, dass die Lehren der Wissenschaft von den mündlichen und schriftlichen Überlieferungen der Kirche doch in ‚etwas‘ abweichen und ihre Verwunderung, warum an der Universität so und in der Volksschule anders gelehrt werde, [dürfte] eine nur allzu berechtigte sein.“

Insgesamt hatte die „Volks-Zeitung“ Ende Jänner 1898 unter dem Eindruck der ersten volkstümlichen Vortragsreihe einen Ausbau gesellschaftswissenschaftlicher Themen verlangt: „Ein weiterer Wunsch bestände darin, dass die Vorträge auf volkswirthschaftlichem, socialpolitischem und dem Gebiete der Gesetzeskunde mehr bereichert würden, da das für die Lehrer in mancher Hinsicht gewiß dankbarer und für die Schüler, weil für das Leben praktisch zu verwenden, lohnender wäre.“

In den Jahren nach 1900 erfolgte eine Ausweitung der im Innsbrucker Stadtsaal abgehaltenen volkstümlichen Universitätsvorträge Richtung Bregenz, Dornbirn, Bozen, Meran, Bruneck oder Sterzing. Im Bericht für das Jahr 1907/08 wird ferner angemerkt: „Zum erstenmale wurde in diesem Jahre der Versuch gemacht, volkstümliche Vorträge auch Sonntag vormittag abzuhalten und zwar, um dadurch der arbeitenden Bevölkerung eine Erleichterung im Besuche der Vorträge zu bieten.“

Dem Wunsch nach „socialpolitischen“ Themen wurde im Frühjahr 1899 mit Vinzenz Johns Vortrag „über das Genossenschaftswesen“ entsprochen. An diesem Vortrag nahmen 42 Hörer teil. 20 Zuhörer Johns füllten den Fragebogen mit arbeitend in „Industrie und Gewerbe“ aus. Zugleich war es im Sommersemester 1899 der Vortrag mit der geringsten Frequenz. So besuchten etwa gleichzeitig 109 Teilnehmer Hans Sempers ersten Rembrandt-Vortrag.

Vincenz John, seit 1888 Professor für Statistik und Verwaltungslehre an der Universität Innsbruck, galt der „Volks-Zeitung“ in einem Nachruf vom 16. April 1900 als ein der Sache der Arbeiter verbundener Anhänger der „deutschen Fortschrittspartei“. Er habe zwar Illusionen über ein „Zusammengehen von Arbeitern und Unternehmern“ angehangen, sei aber auch gegen jene bürgerlichen Liberalen aufgetreten, die meinten, „streikende Arbeiter müßten mit blauen Bohnen gefüttert werden“.

Für das Wintersemester 1898/99 gab die Universität bei der Wagner’schen Buchdruckerei „Kurze Inhalts-Angaben der Volksthümlichen Vorträge“ heraus. Diesen zufolge las der an „kathedersozialistischen“ Programmen orientierte John nach der „Geschichte der redlichen Pioniere von Rochdale“ (von G.J. Holyoake, 1888) oder nach dem Buch über die „britische Genossenschaftsbewegung von Sidney Webb, herausgegeben von L. Brentano“ 1893: „Nicht die unentwickelten Berufs-Genossenschaften, sondern die Erwerbs- und Wirtschafts-Genossenschaften sind der Gegenstand des Vortrages. Diese Genossenschaften werden [nach der „Selbstvernichtung“ des bürgerlichen „Concurrenzkampfes“ und der profitorientierten Trusts und Kartelle – so John] von den hervorragendsten Vertretern der heutigen Volkswirtschaft und Socialpolitik als die Organisationsform unserer künftigen Wirtschafts- und Gesellschafts-Ordnung angesehen.“

John hat dem Tiroler Arbeiterblatt kurz vor seinem Tod 1900 noch seinen Prager Vortrag „Genossenschaften oder Kartelle?“ zum Nachdruck überlassen: Nach John sehen nicht nur die Vertreter des „Kathedersozialismus“ wie Gustav Schmoller, Albert Schäffle oder Eugen Philippovich, sondern auch die Vertreter des „extremen Sozialismus“ wie Karl Marx und Karl Kautsky, die Lassalleaner, das sozialistische Gothaer Parteiprogramm von 1875 in den verschiedenen Konsumgesellschaften oder kooperativen Produktionsvereinigungen nichts anderes als die „Keime einer künftigen, genossenschaftlich organisierten Volkswirtschaft und Gesellschaft“: „Karl Marx selbst erklärt dies in der ‚Internationale‘ von 1866. Und der Genfer Kongress desselben Jahres spricht sich in seiner von Marx redigierten Resolution dahin aus: ‚Die Genossenschaftsbewegung müsse als eine der Triebkräfte anerkannt werden, den Pauperismus des herrschenden Wirtschaftssystems möglichst zu beheben.‘ (…) Und der heutige Führer der Marxisten, Karl Kautsky, schließt einen Vortrag über ‚Konsumvereine und Arbeiterbewegung‘ mit dem Satze: ‚Was ist denn das Bild, das wir uns von der sozialistischen Gesellschaft entwerfen, Anderes, als das einer ungeheuern Konsum-Genossenschaft, welche gleichzeitig eine Produktivgesellschaft ist, deren Betriebe für den Konsum ihrer Mitglieder produzieren.‘“[12]

Der deutschnationale Zivilrechtler Ernst Demelius trägt im Frühjahr 1900 an zwei Abenden über den „Schutz des wirtschaftlich Schwächeren und Rechtsunkundigen im österreichischen Recht“ vor. 40 bzw. 25 Teilnehmer zählten die beiden Abende. Aus „Gewerbe und Industrie“ nahmen 10 bzw. 7 Hörer teil. An Josef Seemüllers knapp zuvor abgehaltenen vier Vorträgen über Walter von der Vogelweide nahmen vergleichsweise im Schnitt rund 110 Teilnehmer teil, mit durchschnittlich gerade einmal drei Hörern, die angaben, in „Industrie und Gewerbe“ zu arbeiten.

Im Herbst 1902 las der gleich John sozialliberal orientierte „1867er“ Ferdinand Schmid, Professor für Statistik, Verwaltungslehre und österreichisches Verwaltungsrecht, über „Gewerberecht“ mit 49 Teilnehmern, davon 34 aus „Gewerbe und Industrie“. Im Frühjahr 1905 liest Schmid über „Österreichisches Arbeitsrecht“ mit 77 Teilnehmern, davon 44 aus „Gewerbe und Industrie“. An einer parallel zum Friedrich Schiller-Jubiläum abgehaltenen Vortragsreihe Josef Eduard Wackernells nahmen 256 Hörer teil, davon 34 aus „Industrie und Gewerbe“. Im Frühjahr und Herbst 1906 wiederholte Schmid seine arbeitsrechtlichen Vorträge noch einmal.

Der Hygiene-Professor Alois Lode, der schon zuvor zahlreiche gut frequentierte Hygiene-Vorträge, etwa über das „Trinkwasser“ angeboten hatte, las im Herbst 1905 in Dornbirn über „Arbeiterwohnhäuser“ – vor 212 Hörern, davon 83 aus „Gewerbe und Industrie“.

Nach Schmids Berufung an die Universität Leipzig 1908 wird das Vortragsangebot schon lange vor 1914 zunehmend noch Themen ferner für Arbeiter und Arbeiterinnen. Ankündigungen wie jene über das Arbeitsrecht verschwinden. Noch einmal hält im Frühjahr 1914 der drei Jahre zuvor berufene Nationalökonom Wilhelm Gerloff einen Vortrag über „Die Arbeit in der Volkswirtschaft“. Nur sechs der 107 Zuhörer tragen sich in die Rubrik „aus Industrie und Gewerbe“ ein.

Mit der teils klerikal reaktionären, teils völkisch antisemitischen, insgesamt bürgerlich autoritären, zunehmend vorfaschistisch auf eine (irrationale) „Zerstörung der Vernunft“ hinauslaufenden Formierung der Universitäten scheiterte das Bündnis von bürgerlichem Fortschritt und Arbeiterpartei, das angesichts der bürgerlichen Klassenwidersprüche an und für sich allenfalls eine fragile Illusion sein konnte, im Vorfeld des Imperialistischen Weltkriegs, in Innsbruck eigentlich schon mit der wechselseitig nationalrevanchistischen Hetze infolge der „Fatti di Innsbruck“, also dem blutigen Kampf um eine italienische Rechtsfakultät im November 1904.[13]

Auch die zunehmend von opportunistisch reformistischen Tendenzen geprägten, immer öfter kleinbürgerlich „arbeiteraristokratisch“ auftretenden, von deutschnationaler Propaganda bzw. von Täuschungen über einen „demokratischen Irredentismus“ infiltrierten Funktionäre der Tiroler Sozialdemokratie gaben alle arbeiterinternationalistische Position oft weitgehend zugunsten eines kriegspatriotischen „Burgfriedens“ auf.[14]

Immerhin sollte die „Volks-Zeitung“ im Juni 1927 – also über zwanzig Jahre nach den „Fatti di Innsbruck“ – aus Anlass eines Innsbrucker Universitätsjubiläums das grundlegend Widersprüchliche am Einsatz der Landeshochschule für Südtirol erkennen. Es sei schon richtig, wenn die Universität der Verfolgung der Südtiroler durch die italienischen Faschisten gedenkt, aber ein nicht unwesentlicher Mosaikstein, der zur Teilung Tirols geführt hat, ist den bürgerlichen Akademikern mit ihrem rabiat gewalttätigen Deutschnationalismus, der „verhängnisvollen Untat“ von 1904, zuzuschreiben: „Aber man hat verschwiegen, dass gerade der furor teutonicus, der nationale Paroxismus, der unsere Universitäten um die Jahrhundertwende beherrschte, nicht wenig schuld ist an der beklagenswerten Tatsache, dass zwei Bahnstunden von Innsbruck die italienische Trikolore weht. Die Innsbrucker Universitätsjugend hat in nationalem Überschwang die Schaffung der italienischen Rechtsfakultät gehindert, sie hat den Italienern in den Straßen der Stadt eine Hauptschlacht geliefert und gesiegt; die Geschichte hat 14 Jahre später diesen Sieg als Pyrrhussieg deklariert.“ (Volks-Zeitung 30. Juni 1927)

Mit Kriegsbeginn 1914 versanken die volkstümlichen Universitätsvorträge in kriegspropagandistischen Themen. Der Althistoriker Rudolf Scala reagiert im November 1914 mit einem Vortrag über „unseren gerechten Kampf – geschichtliche Betrachtungen zum Weltkrieg“ oder über „unseren Befreiungskrieg 1914“. Im Frühjahr 1915 wiederholte Scala seine kriegs mobilisierenden Vorträge in Meran, Bregenz oder Kufstein.

Im Frühjahr 1915 las Scala weiters über „Sprachenreinheit und der Krieg“, der Mittelalterprofessor Wilhelm Erben, er hatte als Rektor des Studienjahrs 1913/14 auch den Kriegsaufruf der Universität Innsbruck verfasst, trug – wohl um die Verletzung der belgischen Neutralität durch den brutalen Überfall des deutschen Imperialismus zu rechtfertigen – über die „Geschichte Belgiens“ vor. 1915/16 reagierte Scala in der Wahl seiner Vortragsthemen auf den Kriegseintritt Italiens auf Seite der Entente. In späteren Vorträgen „über die orientalische Frage mit besonderer Berücksichtigung Bulgariens, der Türkei und Ägyptens“ lieferte er historisch propagandistische Begleitmusik zum deutschen und österreichischen Balkanimperialismus. Scalas klerikal katholisch orientierter Fachkollege Ignaz Philipp Dengel machte „Deutschlands Kolonialpolitik“, sowie die „Entstehung des deutsch-österreichisch-ungarischen Bündnisses“ zum Thema. Der national freiheitliche Historiker Harold Steinacker, er sollte 1938 NS-Rektor der Universität Innsbruck werden, trug über „Krieg, Frieden europäisches Gleichgewicht“ vor.

Offene Kriegsverherrlichung deutet sich nicht nur in Ferdinand Lentners Ankündigung „Der Weltkrieg als Erneuerung der Gesellschafts- und Friedensordnung“ an. Weiter las der Straf- und Völkerrechtler Lentner im Frühjahr 1915 über den „Kampf auf dem Wasserwege und den Pflichtenkreis der Neutralen – die Freiheit der Donau, Kriegsblockade, Kriegs-Konterbande usw.“

Der Nationalökonom Wilhelm Gerloff, der schon im Herbst 1914 über „Krieg und Volkswirtschaft“ gelesen hatte, bot im Herbst 1915 „Krieg und Finanzen“ an. Für 1915/16 stellte Gerloff unter dem Titel „Die Volkswirtschaft Belgiens, vor, in und nach dem Kriege“ offensichtlich Überlegungen an, wie Belgien für die deutschen Kapitalinteressen genützt werden könnte.

Der Staatsrechtler Karl Lamp, 1918/19 als Rektor einer der maßgeblichen Propagandisten des Kriegsrevanchismus und des „Anschlusses“ an Deutschland, 1933 als einer der ersten NS-Professoren vorzeitig pensioniert, griff neben dem Thema der „Neutralität Belgiens“ oder „Blockade und Seebeuterecht“ den „Kampf mit dem Unterseebot (Lusitaniafall)“ auf.

Von medizinischer Seite wurde u.a. im Frühjahr 1916 „Kriegsnotwendiges“ beigetragen, wie etwa ein Vortrag des Zahnheilkundlers Bernhard Mayrhofer über „Kieferverletzungen im gegenwärtigen Krieg, mit Lichtbildern“. Auch Mayrhofer wurde übrigens dann 1933 wegen seiner offenen NS-Sympathien vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

Wie im „Roten Wien“ so verschärft sich auch in Innsbruck nach der „Novemberrevolution“ von 1918 das Verhältnis zwischen Universität und sozialistischer Arbeiterbewegung. Der verbliebene bürgerlich akademische „Freisinn“ löst sich rasch in rabiatem „Antimarxismus“ auf. Auch der partiell fortschrittliche Anfangsimpuls der volkstümlichen Universitätsvorträge war endgültig verloren.

Die „Volks-Zeitung“ kritisierte wiederholt die rückschrittliche Positionierung der Universität, wie sie etwa in der akademischen, oft in das kommerziell Kriminelle abgleitenden Ehrungspolitik zum Ausdruck kam. Im Juni 1925 übte die „Volks-Zeitung“ namens der Tiroler Sozialdemokratie Kritik an der politischen und kommerziellen Verleihung von Ehrendoktoraten. Um die „richtige Gesinnung“ zu zeigen, hat die „dienstbeflissene Universität“ Innsbruck nach Vizekanzler Jodok Fink nun Ignaz Seipel das Ehrendoktorat verliehen: „Der Sprecher der Universität dichtete Herrn Seipel ein Verdienst nach dem anderen an, besonders hervorgehoben wurde der Genfer Vertrag, der Österreich bekanntlich der letzten Freiheit beraubt und zu einer Kolonie der Ententestaaten erniedrigt hat. Viele tausende Menschen in unserer Stadt und in unserem Land bezahlen den Genfer Vertrag des Herren Seipel mit ihrer Existenz. Aber alle diese Tatsachen genieren die Professoren, die jetzt an der Universität das große Wort führen, nicht im mindesten.“ (Volks-Zeitung 16. Juni 1925)

Am 27. Juni 1925 machte die „Volks-Zeitung“ unter dem Titel „Ein Ehrendoktor der Innsbrucker Universität verhaftet“ neuerlich auf den Zusammenhang von bürgerlich universitärer, ideeller und materieller Machtreproduktion aufmerksam. In Deutschland war der Inflationsgewinnler Karl Wilhelm Edelmayer, laut Ehrungsakt „Generaldirektor der Süddeutschen Beamten Versorgung u. Kreditgesellschaft in Heidelberg“, als Hochstapler und Betrüger verhaftet worden. Edelmayer war seinen Geschäften mit der „wunderbaren Dekoration“ eines „Kommerzienrats von Lippe-Detmolds Gnaden“ und jener des 1923 verliehenen Innsbrucker Ehrendoktors nachgegangen: „Schließlich haben sich beide Teile, also Universität und Edelmayer über den Preis für den Doktortitel geeinigt. Und so wurde der Erzschwindler, der nun in Nummer sicher sitzt, und alle Aussicht hat, auf mehrere Jahre in das Zuchthaus zu wandern, zum Ehrendoktor der philosophischen Fakultät der Innsbrucker Universität erhoben. Mit der Philosophie hat der Gauner selbstverständlich sein Leben lang nichts zu tun gehabt. Aber bei der Innsbrucker Doktorenfabrik ist allem Anschein nach alles käuflich.“[15]

Im Juni 1927 zeigte die „Volks-Zeitung“ am Beispiel eines staatswissenschaftlichen Ehrendoktorats neuerlich Distanz zu einer Universität, die nur die antidemokratischen und (sogar strafrechtlich) korrupten bürgerlichen Schichten bedient. Mit Heinrich Mataja zeichnete die Universität Innsbruck einen wiederholt antisemitisch auftretenden Politiker des christlichsozialen Lagers, der am rechten Parteiflügel stehend früh die Zusammenarbeit mit dem (Tiroler) Heimwehrfaschismus zwecks Zerschlagung der demokratischen Republik von 1918 und der Ausschaltung der Arbeiterparteien forcierte, aus. Wegen seiner Verwicklung in fehlgeschlagene Spekulationsgeschäfte um die Wiener „Biedermannbank“ war Mataja selbst für das bürgerliche Lager Anfang 1926 nach wenigen Monaten nicht mehr als Außenminister tragbar: „Heinrich Mataja, in Bankkreisen als Mitzi Schmid bekannt, führt jetzt den Ehrendoktors-Titel, was in seinem Fall nicht äquivalis [sic! PG] ist mit: den Doktortitel in Ehren führen. Da wir keine dicken Beziehungen zur Universität unterhalten, haben wir auch nicht herausbekommen, für welche bemerkenswerten Verdienste Heinrich Mataja Ehrendoktor der Alma mater oenipontana wurde, (…). Unserem allerstrengsten Nachdenken ist es jedoch nicht gelungen, Herrn Mataja irgendeiner wissenschaftlichen Tat zu überweisen. Ja, wenn die teutonische Universität Innsbruck die Orientakademie oder dergleichen wäre, dann lägen die Verdienste Matajas im Handel mit Orientprodukten auf der Hand. Hierin hat (sich) Mataja tatsächlich viel geleistet. (…) Ist übrigens der Titel ‚Ehrendoktor der Universität Innsbruck“ ein Ehrentitel? Wir können uns erinnern, dass es noch nicht lange her ist, wo Schieber und Hochstapler gegen einige Dollars oder Mark diesen Titel ohneweiteres kaufen konnten.“ (Volks-Zeitung 27. Juni 1927)

In den Jahren der Ersten Republik zeigten sich die Universitäten dementsprechend auf allen Ebenen der symbolischen Selbstdarstellung immer rückschrittlicher, so wurden in Innsbruck 1925 fast eineinhalb Jahrhunderte nach dem josephinischen Verbot der akademischen „Mäntelchen“ (1784) die Amtstalare wieder eingeführt. So wurde Anfang der 1930er Jahre – unter Kritik der „Volks-Zeitung“ – mitten in das Elend der Massenarbeitslosigkeit und der Krise des wissenschaftlichen Universitätsbudget hinein – mit nicht geringem finanziellen Aufwand die ebenfalls in der Ära des aufgeklärten Absolutismus erloschene Tradition einer „Rektorengalerie“ wieder aufgenommen. So knüpfte die Universität 1928 an das monarchistische Erbe der sub auspiciis Imperatoris-Promotion an. Die „Volks-Zeitung“ notiert am 28. Jänner 1928: „Was das nötigste war. Die bürgerlichen Innsbrucker Zeitungen melden mit viel Genugtuung, daß die seit dem Zusammenbruch eingestellte feierliche Promotion ‚sub auspiciis imperatoris‘ an der hiesigen Universität in der Weise wieder eingeführt werden soll, dass jährlich ein vom akademischen Senat vorgeschlagener Kandidat ‚sub auspiciis Tyrolis‘ promoviert wird und als Ehrengeschenk einen goldenen Ring mit Tiroler Adler und entsprechender lateinischer Inschrift erhält – Na also! Jetzt kann uns ja nichts mehr passieren! Drum her mit dem goldenen Ringlein mit dem roten Adler für den schwärzesten der schwarzen Kandidaten!“

Wiederholt hat die „Volks-Zeitung“ auf den Terror aus dem Umfeld der von katholischen und deutschvölkischen Gruppen beherrschten Studentenkammer, der so genannten „Deutschen Studentenschaft“ hingewiesen, wie er vor allem an der Universität Wien zum Alltag zählte, während es in Innsbruck angesichts des fast vollständigen Fehlens linker Studierender – die 1919 gegründete „Vereinigung sozialistischer Hochschüler und Akademiker“ konnte kaum Aktivitäten entfalten – zu wechselseitiger Aggressivität im bürgerlichen Lager kommt.

An der Universität Wien herrscht die Einheitsfront von Schwarz und Blau gegen „den sozialistischen Universitätslehrer und den roten Studenten“. An der Innsbrucker Universität – wo es keinen mit der Sozialdemokratie sympathisierenden Dozenten und nur vereinzelt kaum organisierte sozialistische Studierende gibt - liefern sich die klerikalen und nationalen Studenten ihren alltäglichen Terror eben untereinander. So streiten sie, wer in welcher Pseudorangordnung bei der Jubiläumsfeier im Juni 1927 am Gefallenendenkmal auftreten darf: „Man sieht: Terror muß sein. Kann man nicht sozialistische Studenten terrorisieren, so übt man ihn halt gegenseitig.“ (Volks-Zeitung 21. Juni 1927)[16]

An der Universität Innsbruck – an der in den 1920er Jahren so wie an den anderen österreichischen Hochschulen nur marginal Studierende aus der proletarischen Lohnarbeiterschaft vertreten sind – tragen die „farbentragenden“ Studenten auch im Alltagsleben der Stadt offen ihren reaktionär herrischen Standesdünkel zur Schau, so klagt die „Volks-Zeitung“ im Juni 1927, dass wieder einmal lärmende Studenten in Innsbruck auf überheblich dumme Art einen Wachtmeister angepöbelt haben, ihn mit pseudolateinischem „Wachter communis“ angesprochen haben, wenn er denn das nur verstünde. Würden Arbeiter auf ähnliche Art ein Wachorgan beleidigen, würden sie ungleich schwerer bestraft werden.

Den politisch reaktionären Verhältnissen an der Innsbrucker Universität entsprach auch ihre sozial elitär abgeschlossene 250 Jahr-Jubiläumsfeier am Ende des Sommersemester 1927. Die „Volks-Zeitung“ berichtete über die auf die sozialistische Arbeiterschaft schauerlich wirkenden Feiern: „Gestern abend hielt das ‚akademische Bürgertum‘ als Einleitung des 250. Universitäts-Jubiläums einen Fackelzug. Einige hundert bemützte und barhäuptige Studenten zogen in einem ausgedehnten Fackelaufmarsch durch die Stadt. Hinter der Alpenjägermusik marschierten die Schmiß- und farbentragenden sogenannten freiheitlichen Studenten – manche davon sollen sich in den letzten Tagen noch mit besonderem Mut den Klingen gestellt haben, um für die Festtage einen besonderen Schmuck zu haben. Die beängstigend lange Reihe der klerikalen Studenten, in deren Händen die lodernde Fackel wie eine Kerze anzusehen war, schloss sich die Wiltener Musik an. Ganz hinten kamen die ‚gewöhnlichen Studenten‘ ohne Band und Mütze.“

Der „Volks-Zeitung“ stellte sich die Geschichte der Universität zum großen Teil als eine im Dienste der herrschenden Habsburger-Kasten dar, als eine Geschichte einer bürgerlichen Klassenuniversität: „Wissen ist Macht. Wissen gibt Macht über andere und weil es Macht gibt, haben die Wissenden und Mächtigen von jeher das Wissen als ihr Kasten-, ihr Standes-, ihr Klassen-Monopol zu bewahren und den anderen, den Nichtwissenden, Ohnmächtigen vorzuenthalten gesucht. (…) Die ‚universitas litterarum‘ – ‚die Gesamtheit der Wissenschaften‘ – trägt rückschauenden Charakter. Sie ist wohl der geistige Mittelpunkt, ja sogar das geistige Arsenal der staatsbeherrschenden Klasse, dem Volke aber, das nach Wahrheit und echter Bildung hungert, ist sie heute noch fremd, wenn nicht gar Gegner.“ (Volks-Zeitung 25. Juni 1927)

Die Tiroler Arbeiterzeitung konnte 1927 nur wenige fortschrittliche Geschichtstraditionen ausmachen, so wenn sie auf die Periode des Josephinismus in den Jahren um 1780, auf die gemaßregelten Professoren im Umfeld der französischen Revolution (den Rechtsprofessor Johann Karl Hauk, den Philosophieprofessor Friedrich Nitsche) oder in einem eigenen Gedenkartikel auf einen „Studentenklub beim Fasserl“, also auf einen 1794 polizeilich ausgehobenen, mit der französischen Revolution sympathisierenden „Jakobinerklub“ unter Innsbrucks Studenten verwies.[17]

Die „Volks-Zeitung“ wünschte aus Anlass des Jubiläums, dass sich die Universität dem „arbeitenden Volk“ öffnet und wenigstens ein Zehntel des Aufwandes, den sie der Pflege deutschnational revanchistischer Phrasen widmet, sozialen Problemen zuwende!

Die Hoffnung erfüllte sich nicht. Das Bürgertum ging vielmehr nach dem niedergeschlagenen Eisenbahnverkehrstreik vom Juli 1927 in die rechtsautoritäre Offensive gegen die republikanische Bundesverfassung von 1920 und gegen die Organisationen der Arbeiterbewegung über.[18]

Folgerichtig wandte sich etwa die Landesführung der „Tiroler Heimatwehr“ am 28. Oktober 1927 an das Rektorat der Universität Innsbruck, dieses möge der „Heimatwehr“ helfen, dass auch aus den Reihen der vielen nicht korporativ organisierten Studenten, also „in der nichtfarbentragenden Studentenschaft, brauchbare [rechte] Wehrgruppen“ aufgestellt werden können, „weil die farbentragenden [freiheitlichen und katholischen] Vereinigungen zwar nicht alle, aber doch zum größeren Teil uns beziehungsweise dem Bund Oberland, welcher einen Teil der Heimatwehr bildet, [schon] angehören“. Damit die studierende Jugend als Speerspitze der „in dem ‚Zwangsstaate‘ Österreich zusammengefassten Deutschen“ in „nationaler Hinsicht“ bzw. gegenüber dem auszuschaltenden sozialistischen Lager ihre politische Aufgabe erfüllen könne, sei „es unerlässlich, dass sie sowohl im Gebrauch der Waffen ausgebildet und geistig auf den Kampf nach außen und innen eingestellt ist: gerade das letztere ist deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil der Deutsche wie keine andere Nation geneigt ist, internationalen und pazifistischen Gedankengängen nachzugeben und weil in klarer Erkenntnis dieser Tatsache der Gegner eifrigst an der Verseuchung unserer studierenden Jugend arbeitet (siehe die Beilage, zusammengestellt aus Berichten Wiener Hochschulkreise).“ Rektor Adolf Günther merkte zum Schreiben an: „Wird durch mündliche Rücksprache erledigt. 4.11.27“.

Dem Schreiben an Rektor Adolf Günther legten Heimwehrführer Richard Steidle und sein Stellvertreter Ekkehard Pesendorfer ein hetzerisch antisemitisch antisozialistisches Flugblatt bei: „In letzter Zeit wurde festgestellt, dass die linksgerichteten Strömungen an den Hochschulen in Wien von sowjetrussischen Agenten unterstützt werden. Von diesen Hochschulen aus gehen die Bestrebungen auf Einigung aller links stehenden Gruppen. Der Hauptförderer dieser Bestrebungen ist der Rechtsanwalt Dr. Bruno Schönfeld, der in Wien I, Spiegelgasse Nr. 11, wohnt. Er ist Vizepräsident des ‚Friedensbundes‘ und gehört dem internationalen Akademischen Block an. In seinem Hause verkehren auffallend viele Juden der verschiedenen Vertretungen. Warum diese Einigungsarbeit oder richtiger gesagt der Einfluss der Russen gerade in den Hochschulen einsetzt, ist aus folgendem zu erklären. Auf den Wiener Hochschulen ist ein großer Hundertsatz von jüdischen Hörern, die aus Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, also aus Ländern mit dem numerus clausus stammen. Diese bilden verschiedene Clubs, die durchwegs kommunistisch orientiert wenn auch sozialdemokratisch organisiert sind. Die Russen treten als Ukrainer auf und führen fast durchgehend falsche Namen, so dass man ihre Identität nur schwer feststellen kann. Ausschlaggebend ist ihr Einfluss auf die [antifaschistische sozialdemokratische] Akademische Legion, der sie zum Großteil angehören.“[19]

Für die Marginalität sozialistischer Aktivitäten im Innsbrucker Hochschulumfeld ist bezeichnend, dass der „12. Februar 1934“, der Aufstand von Schutzbundeinheiten, der Arbeiterwiderstand und dessen blutige Niederschlagung für Rektor Raimund Klebelsberg sowohl in einem Bericht an das Unterrichtsministerium vom 28. Februar 1934 als auch 20 Jahre später in seinen „Innsbrucker Erinnerungen 1902-1953“ [=Schlern-Schriften 100, Innsbruck 1953] nur eine zu vernachlässigende Randerscheinung darstellte. Nur der Konflikt der Konkurrenzfaschismen interessiert Rektor Raimund Klebelsberg. Die Auseinandersetzung zwischen dem klerikalfaschistischen Heimwehrlager und illegalen NS-Studenten war im Zuge der Requirierung von Universitätsräumen durch die „Heimwehr“ im Februar 1934 eskaliert, hingegen: „Im Zuge der Schutzbund-Unruhen blieb die ganze Universität vom 15. bis einschließlich 20. d.M. geschlossen. Ruhestörungen sind nicht vorgefallen, waren m.E. auch nicht zu befürchten. Ich hatte daher ebenso wie der Herr Sachwalter der Hochschülerschaft den maßgebenden Stellen die Wiedereröffnung der Universität schon zu einem früheren Zeitpunkte vorgeschlagen.“[20]

 


[1] Vgl. Albert Fuchs: Geistige Strömungen in Österreich 1867-1918. Nachdruck der Ausgabe 1949. Mit einem Vorwort von Friedrich Heer, Wien 1984, 145-147.

[2] Vgl. Christian H. Stifter: Universität, Volksbildung und Moderne – die „Wiener Richtung“ wissenschaftsorientierter Bildung, in: Universität – Forschung – Lehre. Themen und Perspektiven im langen 20. Jahrhundert, Göttingen 2015, 293-316 und Wilhelm Filla: Wissenschaft für alle – ein Widerspruch? Bevölkerungsnaher Wissenstransfer in der Wiener Moderne. Ein historisches Volkshochschulmodell, Innsbruck 2001, 41.

[3] Vgl. Otto Bauer: Die Wiener Arbeiterschule [1906], in: Otto Bauer, Werkausgabe 7, Wien 1979, 862-870.

[4] Walter Benjamin: Eduard Fuchs, der Sammler und Historiker (1937), in derselbe: Gesammelte Schriften II/2, Frankfurt 1977, 465-505, hier 472f.

[5] Zur Frühgeschichte der „Volks-Zeitung“ vgl. Matthias Scantamburlo: Die Anfänge der Arbeiterbewegung in Tirol und Vorarlberg. Dokumentiert anhand der „Volks-Zeitung. Organ für die Interessen des arbeitenden Volkes in Tirol und Vorarlberg“ von 1892-1896, phil. Diplomarbeit, Innsbruck 2014 und Universitätsarchiv Innsbruck, Verzeichnis der von österreichischen und deutschen Universitäten verwiesenen Studenten, angefangen am 10. März 1893 reichend bis 1921. 1919/20 wurden etwa im Auftrag Gustav Landauers handelnde Studierende des Münchner revolutionären Hochschulrats vom April 1919 als Gemaßregelte verzeichnet, u.a. Walter Klein, Hans Bloch oder Egon Wertheimer-Ranshofen.

[6] Vgl. ähnlich über die Erschöpfung nach überlangem Arbeitstag in der Arbeiterabendschule der Weimarer Republik Peter Weiss: Die Ästhetik des Widerstandes. Roman, Frankfurt 1985, 59: „Mehr als die Hälfte der Teilnehmer fiel nach den ersten Stunden ab. Die Stirnen schlugen aufs Pult, niedergehaun von zwölf Stunden, die um sieben Uhr abends aus Blei waren. Das Unterrichtswesen kalkulierte diese Gefallenen ein, die Überlebenden hielten sich mit den Fingern die Augen auf, starrten die verschwimmenden Tafeln an, kniffen sich in den Arm, kritzelten ihre Hefte voll.“

[7] Vgl. Bericht über die volksthümlichen Universitätsvorträge gehalten an der k.k. Universität in Innsbruck im Winter 1897/98, im Selbstverlage der k.k. Universität, Innsbruck 1899. Diese Berichte erscheinen unter analogem Titel nach jedem Studienjahr bis 1918 (u.a. vorhanden an der Universitätsbibliothek Innsbruck).

[8] Vgl. Klausjürgen Miersch: Emil Kaler-Reinthal (1850-1897). Sozialethiker und früher österreichischer Arbeiterführer, Wien 1992, 355-367, 472-488.

[9] Vgl. Christian Schwaighofer: Literarische Gruppen in Tirol. Vereine, Zeitschriften, Almanache 1814-1914, phil. Diss., Innsbruck 1983, 278-355.

[10] Vgl. zur sozialistischen Arbeiterkultur in Tirol und Vorarlberg Gerhard Oberkofler: Die Tiroler Arbeiterbewegung. Von den Anfängen bis zum Ende des 2. Weltkrieges, 2. Auflage, Wien 1986, 144f. und Reinhard Mittersteiner: „Fremdhäßige“, Handwerker & Genossen. Die Entstehung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Vorarlberg, Bregenz 1994, 351-371.

[11] 1925 druckte die „Volks-Zeitung“ etwa Guy de Maupassants „Der schöne Georg“ in Folgen ab. 1927 beispielsweise Victor Hugos „Die Elenden“. Die Literatur- und Kulturpolitik der „Volks-Zeitung“ wäre einer näheren Untersuchung wert!

[12] Vgl. Vincenz John: Genossenschaften oder Kartelle? Ein volksthümlicher Vortrag. Sammlung gemeinnütziger Vorträge, herausgegeben vom Deutschen Vereine zu Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse Nr. 257, Prag 1900. Vgl. doch über John hinausgehend Karl Marx: Instruktionen für die Delegierten des Provisorischen Zentralrats zu den einzelnen Fragen (des Kongresses der „Internationale“ in Genf im September 1866), in: Marx-Engels Werke (MEW) 16, Berlin 1962, 190-199: „Wenn die Gewerksgenossenschaften notwendig sind für den Guerillakrieg zwischen Kapital und Arbeit, so sind sie noch weit wichtiger als organisierte Kraft zur Beseitigung des Systems der Lohnarbeit und Kapitalherrschaft selbst.“

[13] Vgl. Klaus Taschwer: Hochburg des Antisemitismus. Der Niedergang der Universität Wien im 20. Jahrhundert, Wien 2015.

[14] Zur widersprüchlichen Wirkung des partiellen (Wahl-) Bündnisses der Sozialdemokratie mit dem bürgerlichen Liberalismus in Schul- oder Kulturfragen, zum Eindringen des bürgerlichen Nationalismus in die Arbeiterbewegung oder zu einer bloß reformistischen Wahlrechtstaktik jenseits des Massenstreiks vgl. Gerhard Oberkofler: Die Tiroler Arbeiterbewegung. Von den Anfängen bis zum Ende des 2. Weltkrieges, 2. Auflage, Wien 1986, 82f., 89-90, 122-125, 131f., 154f. und Joachim Gatterer: „rote milben im gefieder“. Sozialdemokratische, kommunistische und grün-alternative Parteipolitik in Südtirol, Innsbruck 2009, 89-94. Zu Battistis Weg in einen „demokratischen Irredentismus/Interventionismus“ vgl. Claus Gatterer: Unter seinem Galgen stand Österreich. Cesare Battisti. Porträt eines „Hochverräters“, Neuauflage, Wien-Bozen 1997, u.a. 32, 160-163.

[15] In der „Volks-Zeitung“ vom 20. Juni 1927 erschien eine Karikatur mit der Überschrift „Doktorenfabrik“. An der Wand des Promotionsraums hängt ein Schild mit der Aufschrift: „Promotionen täglich 8-12h, 2-6h! Ehrendoktorate aller Fakultäten stets auf Lager. Korrespondenzkarte genügt. Promoviere sofort. Universität Innsbruck“ Und der Rektor spricht zu fragwürdigen Honoratioren: „Und so begrüße ich als promovierte und noch zu promovierende Doctores honoris causa unserer Alma mater die Herren Jodocus Fink, Laurentius Berglhuber, Ignatius Seipel, Sigismundus Bosel, Carolus Vaugoin, Camillus Castiglioni, Othon Waldegg – ach ja, richtig, der ist ja momentan am Erscheinen verhindert. …“ U.a. protestierte die „Volks-Zeitung“ am 17. August 1928 gegen die Verleihung eines staatswissenschaftlichen Ehrendoktorats an den bayerischen Ministerpräsidenten, den „Reaktionär“ Heinrich Held.

[16] Vgl. Helge Zoitl: „Student kommt von Studieren!“. Zur Geschichte der sozialdemokratischen Studentenbewegung in Wien, Wien-Zürich 1992, 316-340 – Wolfgang Speiser: Die sozialistischen Studenten Wiens 1927-1938, Wien 1986 oder Peter Goller: „Ein starkes Stück. Versuchte Habilitation eines kommunistischen Juden ...“ Universitäten im Lichte politischer und rechtlicher Willkür am Beispiel des Habilitationsverfahrens von Karl Horovitz an der Wiener Universität 1923-1925, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Jahrbuch 1998, Wien 1998, 111-134. – Unter bulgarischen Studenten mutmaßten die Tiroler Polizeibehörden kommunistische Sympathisanten. Vgl. Gerhard Oberkofler: Die bulgarischen Studenten an der Universität Innsbruck in den Jahren 1918-1938, in: Tiroler Heimat 45 (1982), 39-76.

 

[17] Vgl. Peter Goller – Gerhard Oberkofler: Geschichte der Universität Innsbruck 1669-1945, Frankfurt 1996, 78-81.

[18] Zur Niederschlagung des infolge der Justizpalastbrand-Ereignisse ausgerufenen Verkehrstreiks in Tirol vgl. Gerhard Oberkofler: Der 15. Juli 1927 in Tirol. Regionale Bürokratie und Arbeiterbewegung, Wien 1982.

[19] UAI, Sammelkarton „Universität/Sozialismus 1890ff.“ - Über Bruno Schönfeld, der nach dem Februar 1934 angeklagte Schutzbündler verteidigt hat und 1938 in die USA flüchten musste, vgl. Gerhard Oberkofler: Thomas Schönfeld (1923-2008). Österreichischer Naturwissenschaftler und Friedenskämpfer, Innsbruck 2010, 14-28. Vgl. zu Studentenschaft und Heimatwehr Michael Gehler: Student und Politik. Der Kampf um die Vorherrschaft an der Universität Innsbruck 1918-1938, Innsbruck 1990, 190-194.

[20] Universitätsarchiv Innsbruck, Akten des Rektorats 1366 und 1468 aus 1933/34. - Vgl. Peter Goller – Gerhard Oberkofler: Emmerich Übleis (1912-1942). Kommunistischer Student der Universität Innsbruck – Antifaschist – Spanienkämpfer – Sowjetpartisan, Innsbruck 2000.

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