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Das Adambräu – Universität Innsbruck

Das Adambräu

Als Sohn Tiroler Eltern in München geboren, wuchs Lois Welzenbacher zwischen Tirol und Oberbayern auf. Sein beruflicher Werdegang bis Ende der dreißigerjahre - Studium in München, eigene Büros in Innsbruck und München - deckt sich mit dieser Geografie. Welzenbacher avancierte binnen kurzer Zeit zum unangefochten bedeutendsten Protagonisten der klassischen weißen Moderne in der Architektur Tirols. Als einziger österreichischer Architekt wurde er 1932 eingeladen, an der Ausstellung "The International Style. Architecture since 1922" im Museum of Modern Art in New York teilzunehmen. Vertreten war er dort mit dem haus Treichl in Innsbruck (1929-1931) und dem haus Schulz in Recklinghausen (1928 / 1929). In Innsbruck und Hall konnte er in den zwanziger und dreißiger Jahren Bauten unterschiedlicher Funktionen verwirklichen, die als Garanten einer vielversprechenden Entwicklung der Moderne galten, unter anderem das Verwaltungsgebäude des Städtischen Elektrizitätswerk in Innsbruck (1926), Sudhaus und Kühlschiff der Adambräu-Brauerei sowie das Kurhotel Seeber in Hall in Tirol (1930-1932). So setzte Welzenbacher schon zu Lebzeiten den Maßstab qualitätvoller moderner Architektur, an dem sich seine Zeitgenossen und alle nachfolgenden Generationen bis heute messen lassen müssen.

(Quelle: Archiv im Adambräu - Die Architektursammlung im Welzenbacher-Bau, S.7)

der Architekt - Bild


Das Sudhaus des Adambräu nimmt im Werk Welzenbachers eine besondere Stellung ein: Es ist einer der wenigen und zugleich der früheste seiner Industriebauten. Zugleich ist die Brauerei neben der ehemaligen staatlichen Tabakfabrik, die Peter Behrens und Alexander Popp fast gleichzeitig zwischen 1929 und 1935 in Linz errichtet haben, der zweite herausragende, international bedeutsame Industriebau der frühen Moderne in Österreich.

Für die brautechnische Konzeption und Ausstattung des Adambräu-Sudhauses war der Brauerei-Ingenieur Theodor Ganzenmüller (1864-1937) aus Freising (Bayern) verantwortlich. Wie aus einem erhaltenen Plan der Sudhaus-Ausstattung hervorgeht, war zunächst an eine konventionelle Ziegelarchitektur gedacht. Welzenbacher verwarf diese Planung und setzte ihr eine homogene, weiß verputzte Fassade entgegen. Dass das Sudhaus mit neun Geschoßen wie ein kleiner Wolkenkratzer - damals "Turmhaus" genannt - wirkt, war in erster Linie funktional bedingt. Die vertikale Organisation des Bauverfahrens von oben (Frischwasserspeicher im 7. Obergeschoß) nach unten (Sudkessel im 1. Obergeschoß) war damals durchaus üblich, neu hingegen war die ästhetische Gestaltung der Hülle für die aufwändige Brautechnik. Auch die mit Ziegelmauern ausgefachte Stahlbetonrahmen-Konstruktion entsprach einer zeitgemäßen Bauweise. Welzenbachers Bau besticht durch die feinen Proportionen und die herausragende Qualität der Ausarbeitung aller Details. Der internationalen Avantgarde jedoch sind die Fassadengestaltung und die verschiedenen Formelemente verpflichtet. Vorallem die sogenannten Dampfermotive verleihen dem Bau eine gerade zu modische Attitüde: Brüstungen wie Relings, Flachdächer wie DecksKamine wie Schornsteine von Ozeanriesen, zuoberst ein Fahnenmast mit wehender Flagge.

Ebenso kühn fiel die Gestaltung des Kühlschiffs aus, das mit seinen nur fünf Geschoßen wie ein kleiner Bruder westlich versetzt hinter dem Sudhaus errichtet wurde. Hierher wurde die sudheiße Würze aus den Sudkessel unterirdisch in die 11 x 9 Meter große Blechwanne unter dem charakteristischen Dach gepumpt. Zwischen Lamellen konnte Frischluft hindurchströmen und so die Würze abkühlen. Die auffällige Dachhaube mit zentraler Lüftungslaterne und ihrem gekrümmten Abzugs-Bügel formte so das unverwechselbare Erscheinungsbild dieses Gebäudes. Zur Erbauungszeit mussten Sudhaus und Kühlschiff wie das futuristische Versprechen einer neuen Zeit wirken.

Alle anderen Gebäude der Brauerei standen architektonisch und gestalterisch im Gegensatz zu den beiden Neubauten Welzenbachers. Mit ihrem Standort in Wilten, einem gründerzeitlichen Stadtquartier mit gemischter Bebauung für Handel, Gewerbe und Wohnen in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof und den Gleisanlagen der Brenner-Eisenbahn, besaß die Brauerei eine ideale infrastrukturelle Anbindung. Nach Kriegszerstörungen, Wiederaufbau und dem letztendlichen Abbruch eines Großteils der BRauereigebäude hat sich die städtebauliche Umgebung zwischen Südbahnstraße und Adamgasse gravierend gewandelt. Weitere Veränderungen, Abbrüche und Neubauten sind bereits angekündigt.

Quelle: Archiv im Adambräu - Die Architektursammlung im Welzenbacher-Bau, S.7-8)

Adambräu, Ansicht der Brauerei von Innen.

die Brauerei - Bild_2

die Brauerei - Bild_3

1994 wurde der Brauereibetrieb im Adambräu eingestellt, die beiden Gebäude 1996 unter Denkmalschutz gestellt und somit vor dem Abriss bewahrt. Bei der denkmalgerechten Renovierung wurde ein stringentes Sanierungskonzept erarbeitet. Oberstes Ziel war die weitgehende Erahltung der originalen Raumstrukturen mit ihren durch die Funktion bestimmten Charakteristika. Dies sind vor allem die trichterförmigen Auslässe der Silos auf Ebene 3, die Wasserbehälter auf den Ebenen 4, 5 und 7 sowie die Durchlässe für Fallrohre und Förderschnecken, die durch den Einbau von transparenten Gittern und feuerbeständigen Gläsern spannungsvolle Durchblicke zwischen den Geschossen gestatten.

Besonders spektakulär wirkt der Eingriff in den Getreide- und Malzsilos auf den Ebenen 4 und 5. Dort wurden durch das Einziehen von Böden aus Metallgittern aus vertikal orientierten, über drei Geschoße reichenden Kornspeichern horizontal genutzte Sammlungsräume. Besonders auffallend ist ihre diagonale und nicht axiale Erschließung. Die Silowände aus armiertem Beton wurden an ihren Kreuzungspunkten aufgeschnitten. So wird heute augenfällig, dass die Wände nur Raumteiler und keine tragenden Strukturen sind.

Darüber hinaus galt die Forderung zur Erhaltung oder Wiederherstellung der ursprünglichen Erscheinung: Die originalen Fensterrahmen aus Eisen wurden in einem aufwändigem Verfahren mit einer Doppelverglasung versehen, der weiße, feinkörnige Putz der Außenfassade wurde wieder hergestellt, die gesamte Dämmung nach Innen verlegt. Neue Elemente wurden nur dort eingebaut, wo die neuen Nutzungen es dringen erforderlich machten: So erhielten die Archivräume zwei neue Treppen, die eine interne Erschließung unabhängig vom alten, öffentlichen Treppenhaus ermöglichen. Eine Wendeltreppe führt heute an der Stellen der alten Schrotmühle von der Ebene 6 hinunter zur Ebene 5. Im ehemaligen Silo verbindet eine einfache Stahltreppe die eigentlichen Sammlungsdepots auf Ebene 5 und 4.

Neu ist auch die Farbgestaltung des gesamten hauses: an Stelle einer ursprünglichen, zum Teil starkfarbigen Fassung, vor allem der technischen Ausstattung und Maschinen, trat eine durchgehende schwarz-weiße Farbigkeit, bei der alle Putzflächen weiß und alle Metallteile schwarz gefasst sind. Während die Renovierung des Sudhauses nach denkmalpflegerischen Kriterien erfolgte und dafür mehrfach ausgezeichnet wurde, sind bei der Sanierung des Kühlschiffes grobe Fehler unterlaufen: Mehr als bedauerlich ist der Abbruch des markanten Bügels über der gewölbten Dachhaube, der ebenso ersatz- wie grundlos entfernt wurde. Völlig unverständlich sind der rote Fassadenanstrich und die zusätzlichen eingebrochenen Fenster, die dem originalen Erscheinungsbild zuwiderlaufen.

(Quelle: Archiv im Adambräu - Die Architektursammlung im Welzenbacher-Bau, S.9-10)

die Umnutzung - Bild


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