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Wandinger Nikolaus: Allerheiligen - Allerseelen: Feiern und Gedenken
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Allerheiligen - Allerseelen: Feiern und Gedenken

Autor:Wandinger Nikolaus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:Was haben Allerheiligen und Allerseelen miteinander zu tun? Was haben wir mit den Heiligen zu tun, warum feiern wir sie? Sind unsere Verstorbenen auch Heilige? Der Blick auf die göttliche Güte ermöglicht uns Antworten.
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2001-11-05

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Lesungen: (Offb 7,2-4.9-14;) 1 Joh 3,1-3; Mt 5,1-12a Liebe Gläubige,

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da gibt es das heutige Hochfest - Allerheiligen - und einen Tag danach ist ein eher traurig-nachdenklicher Gedenktag - Allerseelen. Viele gehen an die Gräber der Verstorbenen und denken an sie. Ist das nicht eine seltsame Vermischung: heute ein Hochfest und morgen ein eher besinnliches Gedenken? Für viele steht der heutige Tag auch schon unter dem Einfluss von morgen. Sie denken auch heute schon ganz an ihre Lieben und nicht an Heilige, die uns oft so fern erscheinen. Warum sie feiern? Was haben sie mit uns und wir mit ihnen zu tun? Unsere eigenen Verstorbenen stehen uns da doch viel näher, sie bedeuten uns etwas - aber sind sie Heilige?

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Wer fällt uns denn ein, wenn wir das Stichwort „Heilige" hören? Zuerst sicher unsere Namenspatrone; dann Maria, die Apostel und solche, von denen wir dumpf in Erinnerung haben, dass sie wichtige historische Persönlichkeiten waren: die großen Ordensgründer und -gründerinnen oder Reformer und Reformerinnen: Benedikt, Dominikus, Ignatius, Teresa von Avila, Klara, Hildegard. Häufige Kirchgänger kennen dann auch die weniger Bekannten, die durch das ganze Jahr hindurch ihre Gedenk- und Festtage haben, und dann gibt es regional bedeutsame, wie die Seligen Otto Neururer und Jakob Gapp hier in Innsbruck.

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Aber da stellen sich doch zwei Fragen: Wenn die schon während des Jahres ihre Feste und Gedenktage haben, warum feiern wir sie dann heute noch einmal? Und warum sind sie Heilige, und meine Großtante, meine Oma oder mein Vater, die mir und anderen auch so viel Gutes getan haben, nicht?

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Ich würde darauf mit einer Gegenfrage antworten: Woher wollen wir das wissen? Könnte es nicht sein, dass wir manche unserer Verstorbenen ganz zurecht schon heute, an Allerheiligen, mitfeiern? Ich bin davon sogar überzeugt. Denn das ist gerade der Sinn des Hochfestes Allerheiligen, dass wir alle Heiligen feiern, nicht nur, die, die wir kennen, sondern alle, die es gibt. Wenn ein Heiliger oder eine Heilige ein Mensch ist, der von Gott endgültig erlöst und in seine Herrlichkeit aufgenommen ist, dann gibt es viel mehr Heilige als nur die, die wir mit Namen kennen. Wenn es wahr ist, dass Gott alle Menschen liebt und alle retten will, dann sind die uns namentlich bekannten Heiligen nur ein Teil aller Heiligen, man könnte sagen, sie sind die Prominenten unter den Heiligen.

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Es ist ja auch nicht so, dass jemand erst dann ein Heiliger oder eine Heilige wird, wenn der Papst ihn oder sie heilig spricht. Es ist vielmehr umgekehrt: Wenn die Kirche überzeugt ist: bei einem Menschen wird offen sichtbar, dass Gott ihn erlöst hat, dann spricht der Papst so einen Menschen heilig. Heilig sein kommt zuerst und dann das heilig gesprochen Sein, nicht umgekehrt. Allerdings ist es nicht leicht, die Kirche davon zu überzeugen, dass jemand heilig war. Im Heiligsprechungsverfahren gibt es eigens einen Anwalt gegen den Kandidaten, den advocatus diaboli. Der soll, wie es die Bibel vom Teufel sagt, den Kandidaten anschwärzen und alles Negative über ihn zusammentragen. Nur wenn er nichts findet, oder wenn das, was er findet, verschwindend gering ist im Vergleich zu den positiven Seiten des Kandidaten, erfolgt eine Heiligsprechung. Die Kirche will also nach menschlichem Ermessen ganz sicher gehen um einen Irrtum auszuschließen. Erst dann wird jemand heilig gesprochen.

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Was aber, wenn sie sich doch täuscht? Was, wenn etwas erst später herauskommt? Ist dann der Heilige gar nicht heilig? Wenn man sich mit realistischen Heiligenbiografien befasst, die ihre Aufgabe nicht nur im Bejubeln sehen, wird man feststellen, dass tatsächlich die meisten unserer Kirchenprominenten durchaus auch problematische Seiten hatten, und zwar nicht nur vor einer eventuellen Bekehrung, sondern auch hinterher. Wird aber so eine Heiligsprechung dann nicht wertlos? Die Kirche denkt da anders: sie ist überzeugt: wenn sie alles Menschenmögliche tut, um die Wahrheit über einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu finden, dann wird der Heilige Geist sie auch führen und sie irrt sich nicht, wenn sie einen Menschen heilig spricht.

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Das ist auf den ersten Blick sehr seltsam: Die Kirche kann sich irren, wenn sie den Lebenswandel eines Menschen untersucht, aber sie ist überzeugt sich nicht zu irren, wenn sie ihn heilig spricht. Wie geht das zusammen? Typische kirchliche Anmaßung? Ich würde sagen, dahinter steht nicht eigene Überheblichkeit, sondern das Vertrauen in die Güte Gottes. Die Kirche sagt damit: wenn wir uns ehrlich bemühen zu sehen, wie ein Mensch war und ihn für heilig befinden, dann hat dieser Mensch so viel Heiles und Erlöstes an sich, dass Gott in seiner Güte auch das Unerlöste und Unheile, das wir übersehen haben, noch zum Guten führt. Ein Heiliger, bei dem plötzlich viele dunkle Seiten auftauchen, ist vielleicht weniger als strahlendes Vorbild geeignet, seine Heiligkeit ist weniger deutlich sichtbar, aber er bleibt trotzdem ein Heiliger, weil Gott ihn erlöst hat. Es geht dabei nicht darum, dass wir immer Recht haben, sondern darum, dass Gottes Güte so groß ist. Interessanterweise hat die Kirche nämlich nie jemanden für „unheilig", d. h. für verdammt erklärt. Sie hat in ihrer Geschichte viele Fehler gemacht, Menschen ausgeschlossen und verurteilt, aber sie hat nie behauptet, sie wisse, dass ein bestimmter Mensch verdammt sei. Denn sie rechnet mit Gottes Güte. Und so ist Allerheiligen eigentlich zuerst ein Hochfest der Güte Gottes und erst in zweiter Linie der Menschen, die durch seine Gnade heilig wurden.

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Kommen wir wieder zu unseren Verstorbenen: Wenn wir an sie zurückdenken, wird uns vieles Gute einfallen, das sie uns und anderen getan haben. Wenn wir sie nicht verklären, sondern realistisch zurückblicken, werden wir auch ihre Fehler und Schwächen sehen, es werden vielleicht Verletzungen in uns wach, die sie uns angetan haben, und an denen wir immer noch leiden, die wir ihnen zwar gern vergeben würden, aber wenn wir ehrlich sind, noch nicht ganz vergeben haben, die wir ihnen noch nachtragen. Und wenn wir bedenken, dass unsere lieben Verstorbenen zu anderen Menschen vielleicht nicht so lieb waren wie zu uns, dann ist uns auch klar, dass sie keine Engel waren. Und doch: Wenn die Kirche die Güte Gottes so hoch ansetzt wie wir gerade gehört haben, sollten dann nicht auch unsere Verstobenen zu den Heiligen gehören? Ich denke, das dürfen wir hoffen. Ich glaube, wir feiern viele davon schon heute an Allerheiligen. Aber weil wir uns dabei nicht sicher sein können, denn wer kann schon in das Herz auch der Liebsten hinein schauen, gedenken wir morgen unserer und aller Verstorbenen und beten für sie, dass Gott auch ihr Unheiles noch verwandle und heilige. Und deshalb hat es schon seinen Sinn, dass diese beiden Tage nebeneinander liegen und ist es auch nicht ganz falsch, wenn wir heute schon an unsere Verstorbenen denken. Vielleicht sollten wir das aber wirklich mit mehr Feststimmung im Herzen tun, weil sie Heilige sein könnten.

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Und was ist mit uns selber, wie wir heute hier sitzen? Zu uns, wie zu den Generationen vor uns, sagt johannes: „Liebe Geschwister, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich."

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Leben wir in dieser Hoffnung und leben wir gemäß dieser Hoffnung, denn gerade dadurch werden auch wir heilig. Das ist unsere Aufgabe und unsere Berufung: Heilige zu werden. Auch wir sollen dazu gehören zur Gemeinschaft der Heiligen, von der wir nur die Prominenten kennen, die aber viel größer ist als die längste Allerheiligenlitanei lang ist. Vertrauen wir auf die Güte Gottes.

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