About my Master Thesis: Historische Zeitschriften analysieren
Sophie Schubert hat in ihrer Masterarbeit die Zeitschrift "Der Krüpel" der ersten österreichischen Krüppelgemeinschaft analysiert. Diese Zeitschrift ist eine besondere Form der historischen Quelle und dient auch als Diskursraum für Menschen mit Behinderung der 1920er und 1930er Jahre im Roten Wien.
Die Zeitschrift „Der Krüppel“ erschien in den Jahren 1927 bis 1938 im sogenannten Roten Wien. Sie stellt als mitteilungsblatt der „Ersten österreichischen Krüppelarbeitsgemeinschaft“ ein Organ von Menschen mit Behinderung dar, die über ihre eigene Situation berichteten. Als Zeitschrift bietet „Der Krüppel“ eine besondere Form der historischen Quelle, die auch als Diskursraum für Menschen mit Behinderung der 1920er und 1930er Jahre im Roten Wien verstanden werden kann.
Denken in der Vergangenheit verstehen
Die Analyse von Zeitschriften eröffnet die Möglichkeiten, sich in eine Zeit zurückzuversetzen und zu verstehen, wie zu einem bestimmten Zeitpunkt gedacht wurde, Entscheidungen getroffen und Haltungen eingenommen wurden. Im Rahmen einer Diskursanalyse nach Landwehr (2018) werden einzelne Beiträge verschiedener Ausgaben der Zeitschrift „Der Krüppel“ bezüglich der Frage „Welche Vorstellungen zur Erziehung von Kindern mit Behinderung lassen sich in der Zeitschrift „Der Krüppel“ finden?“ aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive analysiert und mit dem historischen Kontext der 1920er und 1930er Jahre im Roten Wien in Verbindung gebracht.
Die Ergebnisse der Analyse machen zwei Spannungsfelder in Bezug auf Erziehungsvorstellungen sichtbar. Ein Spannungsfeld betrifft den institutionellen Raum zwischen Familien- und Schulerziehung, das andere die in den 1920er und 1930er Jahren aktuelle Fürsorge im Verhältnis zur Gemeinschaftserziehung. Außerdem wird erkennbar, dass bestimmte wiederholende Aussagen zur Erziehung von Menschen mit Behinderung im damaligen gesellschaftlichen und politischen Kontext getroffen wurden, sich der Tonus der Aussagen jedoch mit dem politischen Wandel ab den 1930er Jahren von Forderungen zu Legitimationen ändert und gewisse Aussagen nicht mehr auftauchen (konnten). Es stellt sich ein starker Bezug zwischen dem historischen Kontext und dem Erziehungsdiskurs in „Der Krüppel“ heraus, welcher die in der Zeitschrift erkennbare Betroffenenperspektive einschränkt.