Wintersemester 2024
Bachelor
Wir begrüßen Andreas Rumpfhuber im Studienjahr 2024/25 als Gastprofessor für Architekturtheorie!
Design Studio E1: A Piece of Fiction (Grounded in Reality)
Andreas Rumpfhuber
Das Entwurfsstudio folgt der Behauptung, dass Architektur ein fiktionales Werk hervorbringt, das auf realen Ereignissen und konkreten Situationen beruht und in diesen verankert ist. Dieses Werk kann (ähnlich wie in den anderen Künsten) einen weiten Bogen spannen: Manchmal ist es fantastische Welterklärung, manchmal bietet es alltägliche, pragmatische Lösungen an. In jedem Fall reagiert Architektur auf die jeweils aktuellen Diskurse und interveniert in diese.
Verstehen wir die Praxis der Architektur in diesem Sinne, werden Kompetenzen wichtig, die über das disziplinär gefasste und traditionelle Handwerk hinausreichen und im weitesten Sinne mit Theorie und Forschung, mit Beobachten sowie mit analytischem Denken und Reflektieren assoziiert werden.
Im Entwurfsstudio „A Piece of Fiction (Grounded in Reality)“ werden den Student/innen die Grundlagen einer methodischen Herangehensweise vermittelt. Mit den Mitteln der Architektur – dem Zeichnen, dem Modellbauen, dem Schreiben, etc. – geht es in einem ersten Schritt um das genaue Beobachten, das umfassende Recherchieren und das präzise Analysieren. In einem zweiten Schritt werden daraus Fiktionen extrapoliert, die im Spannungsfeld ästhetischer, politischer, sozialer und wissenschaftlicher Erkenntnis verhaftet sind.
Ausgangspunkt der einzelnen Projekte ist jeweils ein - mehr oder weniger - surreales, jedenfalls nicht ganz einordenbares, oder am ersten Blick unverständliches und gleichzeitig faszinierendes Bild (einer Realität). In einem ersten Schritt sind die Student/innen angehalten das was sie sehen in Worte und Zeichnungen, eventuell auch in Modellen zu beschreiben und zu analysieren, sowie parallel dazu Recherchen über die Inhalte des Bildes zu machen. Diese erste Phase endet mit einer Zwischenpräsentation bei den Mid-Terms. In der zweiten Phase des Projektes werden die Erkenntnisse über die Realität des Bildes in einen Entwurf extrapoliert, der in rekursiv in die Realität des Bildes interveniert.
Hinweis: Die wöchentlichen Termine für das Entwerfen werden mit einem Intensivworkshop in der KW 44 (28.10 - 31.10.) und einem (freiwilligen) Workshop in Wien am 18. und 19. Dezember ergänzt.
Design Studio Bachelor Thesis: Stranger Theories
Tim Altenhof & Giacomo Pala
In this studio we want to focus on the confluence of architecture and theory, examining both buildings and texts. Each of you will draw a house from a deck of cards, which will serve as your primary object of analysis for the first semester. You will thoroughly familiarize yourself with your assigned house, prepare it in 3D, research the relevant literature, and develop an essay based on your chosen case study.
In addition to this textual analysis, you will also transform your house based on a theoretical essay drawn from a separate pool of sources, much like you selected your house. Think of this essay as a modifier. This setup provides you with two completely randomized input parameters—a house and a text—ensuring that your work evolves independently of personal preferences or current trends, driven instead by analytical rigor and a curiosity for the unknown. Contingency guides the initial process.
In this way, through punchy writing and clever design, you will have the chance to conduct an in-depth analysis of your house, approach architectural theory at the intersection of text and design, and hone your skills in representation, research, writing, and thinking. You will also reflect upon the various ways to reuse existing knowledge in the field of architecture.
By the end of the first semester, each of you will have produced an essay on your house in English, as well as a series of modifications expressed through models and drawings. The houses we have selected are historic and contemporary classics in architecture, spanning various periods and countries. Due to its scale, an individual house serves as the architectural base unit, its nucleus, making it particularly conducive to exploration and more manageable for detailed analysis. Together, these exercises will equip you with the tools necessary to tackle your Bachelor thesis in architectural theory.
For the second semester, we fall back on our previous experiences and have you select an imaginary place from the eponymous dictionary to prompt your own thesis. As students, you will pair up in groups of two to develop out of your chosen place a contemporary research topic which you will explore through design and writing, a parallel endeavour that will ultimately lead to the production of your own book. Such imaginary places include, but are not limited to Acaire, a vast forest surrounded by a low red wall, but also Nepenthe, an island in the Mediterranean Sea whose volcanic origin gave rise to a number of spectacular cliffs. What contemporary issues could be developed from these places—ranging from geology to ecology, new expressive potentials to innovative typologies, climate change to material extraction, and the Technosphere to the Anthropocene? And which research paths could you explore by thinking, writing, and designing within your own framework?
Peter Volgger
Die Cultural Studies zielen ihrem Ansatz nach auf eine Beschäftigung mit Alltagspraktiken, alltäglichen kulturellen Konflikten und Fragen soziokultureller Verhandlungen von Identität im Spannungsfeld von Macht, Kultur und Identität. Der Fokus richtet sich auf aktuelle Entwicklungen und Objekte der Gegenwartskultur, die auf ihre diskursiven, politischen sowie lebensweltlichen Implikationen und Kontexte hin analysiert werden. Im Rahmen der Cultural Studies versuchen wir die realen Kräfte zu verstehen, die Architektur produzieren und zu beobachten, auf welche Art und Weise sie zustande kommt. So gesehen ist die Architektur eine kulturelle Artikulation im Sinne der Cultural Studies.
Bettina Schlorhaufer
Im Rahmen der Lehrveranstaltung erhalten die Studierenden Einblick in die politischen, ideologischen, künstlerischen und philosophischen Zusammenhänge von Architektur, Städtebau und Landschaft vom späten 19. Jahrhundert bis in die Zwischenkriegszeit.
SE Ausgewählte Themen der Architektur: Gender, Diversity und die gebaute Stadt
Katerina Haller
GenderSpace – Feministische Strategien in Raumproduktion und Raumaneignung.
Die Lehrveranstaltung reflektiert und analysiert entlang von Schlüsseltexten, Blogs und künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum kritisch die Verwobenheit von Geschlecht, Herkunft und Klasse. Was und wie wird in der Stadt gebaut? Wo liegen Reglementierungen und Ausschlüsse, wo mögliche Raumaneignungen und subversive Zwischenräume? Diesen Fragestellungen werden entlang der disziplinübergreifenden Gender Studies aktiv nachgegangen und fordern ein Nachdenken und Sprechen über geschlechtergerechtes Bauen.
SE Architekturtheoretische Diskurse: Performing Domesticities
Eleni Boutsika-Palles, Bettina Siegele
In this seminar we will depart from the understanding of architecture as the spatial manifestation of social relations and constructs. An interwoven web of bodies, spaces and identities, where bodies are performing architecture and architecture is performing bodies.
More specifically, we will be looking into the performance of everyday life within constructed and assigned architectures, examining how domestic spaces influence our lives, dictate how we spend time, and impact the way we operate.
Through readings, discussion and a practical workshop/exercise, we will explore alternative visions of domestic life from the mid-nineteenth century to the present through the lens of cultural politics, gender, and sexuality.
The seminar includes a syllabus with selected texts, two rounds of discussion, a lecture by an invited guest and a ‘reflection-in-action’1 two-day workshop.
Master
Wir begrüßen im Studienjahr 2024/25 im Team Architekturtheorie die Hollein-Schülerin Helga Schania und ihren Partner Hermann Fankhauser
vom Mode-Label Wendy&Jim!
SE Sonderkapitel der Architekturtheorie: Miucca Llloyd Wright / Helmut Spalt / Vivienne Seijima
Helga Maria Schania
Unser Arbeitstitel signalisiert einen Matchpoint zwischen Modedesign und Architektur.
Zwei Methoden kurzfristiger Gewinnmaximierung und Steigerung des Interesses an einer Marke haben sich in der Mode durchgesetzt: Die Kooperation zweier Marken und das Wechseln der Creatives Directors von einer Majorbrand zur Nächsten - ein Hinweis darauf, dass die einzige kreative Komponente der Kollaboration die Zusammenführung von zwei Namen ist, das Produkt sich aber keineswegs von Vorangegangenen unterscheidet. Es löst langfristig keine Probleme dieses Wirtschaftszweiges.
Im ersten Semester wollen wir der Frage nachgehen, ob eine Zusammenführung/Kollaboration zwischen Architektur x Mode zielführender wäre. Namen bekannter Modedesigner und Architekten werden spielerisch gemischt und anschliessend die Personen dahinter analysiert.
Welche der damals gültigen Grenzen hat die jeweilige Person durch ihre Sichtweise erweitert oder sogar drastisch durchbrochen?
Auf welche Art und Weise hat sie dadurch die traditionelle Mode/ Architektur herausgefordert neue Wege zu gehen und neue kreative Ausdrucksformen eröffnet. Welche der beiden Disziplinen bildet zu welchem Augenblick seine Zeit besser ab?
Werden durch die Zusammenführung interdisziplinärer Namen möglicherweise nicht nur ästhetische, sondern auch technische und ökonomisch Fragen unserer Zeit beantwortet?
Jeder Name hat ein Feld stark geprägt und eine Wahrnehmung in eine neue Richtung ermöglicht. Die Verbindung von zwei Namen aus den unterschiedlichen Disziplinen kann eine interessante Fusion von Mode und Architektur in einem völlig neuen Blickwinkel darstellen.
Design Studio M1: Revolutionary Grounds
Peter Volgger
In Zeiten der Krise akquirieren die Crash-Propheten ihre Kundschaft im Querdenker-Milieu, sie bauen dafür einen ganzen Kosmos aus Blogs und YouTube-Formaten auf oder möchte eine Revolution im TikTok-Style. Wer zur Revolution aufruft, will das große Feuerwerk. Jetzt geht‘s los! Endlich! Die Veränderung muss jetzt um jeden Preis kommen. Vieles scheint heute an das Ende seiner Möglichkeiten zu kommen, es braucht einen neuen Schub. Die Fundamentalkritik kommt aber nicht mehr nur von den linken und rechten Rändern der Gesellschaft, sondern auch aus ihrer Mitte. Selbst das Establishment fordert ein radikales Umdenken. Für andere ist der Aufruf zur Revolution eine befremdliche Parole, zu nahe an der Rhetorik des Klassenkampfes dran oder zu gefährlich für die eigene Existenz in der Konsumblase.
Der Schweizer Theatermacher Milo Rau rief vor kurzem in Wien die „Freie Republik“ aus und machte die Stadt zusammen mit Künstler:innen und Aktivist:innen zur Plattform für die Verhandlung einer postkapitalistischen Zukunft. Die Wiener Festwochen sollten zu einem Ereignis voller revolutionärer Energie werden. Für Milo Rau ist das Theater ein Ort der „Schubumkehr“, er will mit den Mitteln des Theaters den Kapitalismus hacken, in die Institutionen reingehen und sie umwandeln. In Wien war alles Theater, aber sehr politisch.
Milo Raus Slogan „Wien muss brennen“ erinnert an „Architektur muss brennen“!, das Coop Himmelb(l)au vor mehr als einem halben Jahrhundert in die Welt schrie. Architektur sollte immer politisch sein und Position beziehen. Architektur ist Einmischung und als solche eine Form des Aktivismus. Daran schließen wir an. Wir möchten ein strategisches Feld schaffen, in dem unterschiedliche Deutungsprojekte um die konkrete Lesart des Demokratischen ringen. Entscheidend für revolutionäre Architektur sind die gegenhegemonialen Momente.
Die Student:innen werden dazu aufgefordert, eine Bühne für die Veränderung der Welt zu entwerfen. Dieser „revolutionary ground“ kann überall sein, im Urwald oder mitten in der Millionenstadt, auf dem Boden oder in der Luft, im Großen wie im Kleinen. Gesucht werden angedachte, sich in Entwicklung befindende oder realisierte Aktionen, Ideen, Engagements, Projekte oder starke Statements, die einen Beitrag zu dem Thema «Architektur & Aktivismus» leisten. Im Fokus steht der Prozess, die Herangehensweise und die Art der Verhandlung mit den Mitteln der Architektur. Die Ergebnisse können temporäre Installationen, konkrete Projekte oder visionäre/künstlerische Arbeiten sein. Alles sollte auf einer fundierten Recherche und einer theoretischen Auseinandersetzung beruhen. Es geht also darum, neue Räume zu öffnen für Diskurse und Debatten, die wir in herausfordernden Zeiten dringend brauchen. Es geht um eine radikale Erweiterung des Diskurses. Wie setzt man emanzipatorische Praktiken mit den Mitteln der Architektur um? Wie verwandelt man die ganze Welt in einen Ort der Verhandlung?
Im Mittelpunkt der gegenhegemonialen Bildersteht das Thema „Wohnen“ (das Spektrum dafür reicht vom Bewohnen unseren Planeten, einer Stadt oder eines hauses). Wir werden uns mit radikalen Projekten der Vergangenheit auseinandersetzen, aber auch Protestarchitekturen der Gegenwart ins Auge fassen.
Die Arbeiten der Studierenden sind Teil eines umfangreichen Projekts, das von verschiedenen Partnern mitgetragen wird (Euregio-Projekt Stadtarchiv Innsbruck, Land Tirol, Eck Museum of Art in Bruneck und Architekturstiftung Südtirol u.a.). Die Arbeiten sollen im Rahmen von zwei getrennten Ausstellungen und einer Installation im öffentlichen Raum (sofern es eine Genehmigung dafür gibt) der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Andreas Rumpfhuber
Unter dem Titel „Die Geschichte zeitgenössischer Architektur“ will ich im kommenden Semester der Genese einer Architektur nachspüren, dessen Praxis sich seit dem Ende des zweiten Weltkrieges gegenüber der Moderne und ihrer wirtschaftlichen, technologischen, politischen Rahmung radikal verschoben hat.
Ziel ist es für mich den Zuhörer*innen ein Verständnis und analytisches Werkzeug an die Hand zu geben, in den aktuellen Diskursen der Architektur navigieren zu können und im besten Fall, daraus eine eigene Position zu entwickeln.
Die Vorlesung konzentriert sich konkret auf die Analyse signifikanter Projekte und ihrer Einbettung in gesellschaftliche Diskurse der letzten 50 Jahre. Symbolischer Ausgangspunkt der Vorlesung ist der 8. Februar 1971. An diesem Tag eröffnet in New York das Datenzentrum der weltweit ersten vollelektronischen Wertpapierbörse der „National Association of Securities Dealers Automated Quotations“ (NASDAQ).
Kurz darauf, am 15. August 1971 erklärt dann der damalige US Präsident Nixon den Ausstieg aus dem Bretton Woods Vertrag, der in den westlichen Industienationen das Nachkriegswirtschaftswunder und den sozialliberalen Wohlfahrtsstaat erst ermöglicht hatte. Ab diesem Moment wird die Geldproduktion mehr und mehr virtuell, die Nutzung elektronischer Technologie intensiviert und die politische Ideologie, die gemeinhin als „Neoliberalismus“ bekannt ist, zunehmend das dominante Denkmuster der Politik jedweder Couleur.
Damit verschiebt sich aber auch die Rahmung der Architektur und ihrer Produktion. Die Themen, die Inhalte und die ästhetische Praxis verschieben sich und sind in signifikanten Projekten gut nachzuspüren. Exemplarisch sei hier das Buch „Delirious New York“ des niederländischen Architekten Rem Koolhaas erwähnt …
SE Ausgewählte Themen der Architektur: Workshop Surrealismus
Peter Volgger
Vor hundert Jahren rief Andrè Breton im »Manifest des Surrealismus« dazu auf, die Welt und das Leben zu verändern. Er ermutigte dazu, über die Realität hinauszuträumen. Im Vorwort beschreibt Breton das Wesen des Alltags in der Moderne als eine Entfremdung des Individuums sowohl von sich selbst als auch von der Welt. Die Surrealisten wandten sich gegen eine Kultur, in der die Menschen sich in einer immer weiter anwachsenden Welt der Dinge eingerichtet haben, die sie benutzen, aber nicht mehr wahrnehmen. Der Einsatz von Fantasie und Kreativität sollte mit der »Herrschaft der Logik« brechen und alles Gleichförmige und Repressive subvertieren und scheinbar Vernünftiges unterwandern. Man erhoffte sich eine radikale Veränderung des Alltags der Menschen und der Gesellschaft im Ganzen.
In Zeiten von Angst und Furcht können kreative Ausdrucksformen nicht nur Mittel zur Verbindung und Kommunikation, sondern sie lindern manchmal auch den Ernst der Lage zugunsten der Umarmung des Surrealen. Eine Reise durch die Bilderwelten des Internets lässt den Schluss zu, dass der Surrealismus auf Pinterest und Instagram wiederkehrt. Zeigte uns der Surrealismus einst, wie verrückt die Welt sein könnte, so ist die reale Welt heute surrealer als alle Vorstellungen, die wir uns von ihr machen können.
Das Seminar findet oberhalb des Stuibenwasserfalls im Ötztal statt, einem Ort, der „schön ist wie das zufällige Zusammentreffen einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Seziertisch“. Dort setzen wir uns im Seminarraum mit Kunst und Theorie des Surrealismus auseinander, insbesondere mit den Themen Architektur und Körper. Am Nachmittag werden wir gemeinsam in der Werkstatt große Pappmache-Fantasie-Figuren basteln, die ausgestellt werden sollen.