Innsbrucks Materialtechnologen mischen wieder mit
In den 1990er Jahren galt die Universität Innsbruck als Hochburg für Betonforschung. Das im Oktober eröffnete Christian-Doppler-Labor für die Anwendungsorientierte Optimierung der Bindemittelzusammensetzung und Betonherstellung (kurz: CD-Labor für Zement- und Betontechnologie) sowie zahlreiche weitere hochdotierte Drittmittelprojekte machen diesem Ruf erneut alle Ehre und beleben ein äußerst zukunftsweisendes Forschungsfeld wieder.
Prof. Roman Lackner, Leiter des Arbeitsbereichs Materialtechnologie an der Fakultät für Bauingenieurwissenschaften, vergleicht die Entwicklung der Betonforschung an der Universität Innsbruck in den vergangenen Jahren mit einem Dornröschenschlaf, der mit der Emeritierung seiner Vorgänger Prof. Waubke und Prof. lukas begann und nicht zuletzt mit der heutigen offiziellen Eröffnung des neuen CD-Labors ein Ende findet. Ebenso wie bei weiteren am Arbeitsbereich beheimateten Forschungsprojekten widmet sich auch das CD-Labor der Verbesserung und Weiterentwicklung des Baustoffs Beton. „Wir verfolgen zwei verschiedene Wege. Zum einen arbeiten wir problemorientiert. Das heißt, wir versuchen bestehende Schwächen des Materials, wie z.B. die mangelnde Hitzebeständigkeit von Beton unter Brandeinwirkung zu ergründen und die eingesetzten Materialien zu verbessern. Andererseits arbeiten wir zukunftsorientiert und entwickeln neuartige, zementgebundene Baustoffe wie zum Beispiel dauerhafte und energieeffiziente Spezialbetone“, erläutert Lackner die Arbeitsgebiete seines Teams. Dabei können die Wissenschaftler sowohl auf die experimentellen Möglichkeiten als auch auf Know-how aus der Vergangenheit zurückgreifen, in der die Universität Innsbruck für die Industrie eine zentrale Anlaufstelle in Sachen Zement- und Betontechnologie war. „Wir haben die Kooperationen mit innovativen, forschungsinteressierten Partnern aus der Industrie und Bauwirtschaft wieder verstärkt. Durch das Engagement der Firmen Doka und Schretter & Cie als Gründungsmitglieder konnte das CD-Labor realisiert werden. Die beiden Firmen betreiben jeweils ein eigenes Forschungsmodul“, erklärt Lackner.
Mikrostruktur verstehen
Der experimentelle Forschungsansatz aus den 1990er-Jahren wird dabei in allen Projekten um die sogenannte Mehrskalenmodellierung erweitert: eine computergestützte Herangehensweise, mithilfe derer die Mikrostruktur von Beton und die daraus erreichbaren technischen Eigenschaften per Computersimulation erforscht werden können. „Nicht nur die Anforderungen an den Baustoff Beton, sondern auch Umwelteinflüsse und Belastungen, die auf den Beton einwirken, werden immer komplexer. Unter diesen Vorzeichen kommt man mit Experimenten alleine einfach nicht mehr zurecht“, schildert Roman Lackner, selbst Experte auf dem Gebiet der Modellierung und Simulation. Bei der Mehrskalenmodellierung werden die Eigenschaften von Beton mit seiner Mikrostruktur und den Eigenschaften der einzelnen Bestandteile in Verbindung gebracht. „Jede makroskopisch beobachtbare Veränderung des Materials kann auf Vorgänge im Mikrokosmos des Betons zurückgeführt werden“, sagt der Forscher. „Da wir das Material zielorientiert verbessern wollen, müssen wir diese Vorgänge zunächst verstehen. Dann erst können wir die Schrauben identifizieren, die wir drehen müssen, um das Materialverhalten zu optimieren“, verdeutlicht er weiter. Eine Sache, die laut Lackner zwar einfach klingt, aber im Bereich der experimentellen Charakterisierung und Modellierung eine große Herausforderung darstellt.
Speziallabore als Leuchttürme
Unverzichtbares Standbein ist und bleibt aber auch die experimentelle Seite, wie Lackner hervorhebt. „Neben der Versuchsanstalt der Universität verfügen wir mit unseren beiden Speziallabors, dem NanoLAB und dem ChemieLAB, das von Dr. Andreas Saxer geleitet wird, über zwei Leuchttürme, ohne die wir unsere gesamte Arbeit nicht machen könnten“, so der Materialtechnologe. Darüber hinaus soll der Gerätepark im Rahmen des CD-Labors für die Materialcharakterisierung im Nano- und Mikrometerbereich mit zusätzlicher Unterstützung durch die Universität und die Tiroler Zukunftsstiftung erweitert werden. – Ein weiteres infrastrukturelles Plus, das den Innsbrucker Materialtechnologen neue Wege im Bereich der Betonforschung eröffnet.
Rückfragehinweis:
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Roman Lackner
Materialtechnologie Innsbruck (www.uibk.ac.at/mti)
Universität Innsbruck
Tel.: +43 (0)512 507 6600
E-Mail: Roman.Lackner@uibk.ac.at
Mag. Eva Fessler
Büro für Öffentlichkeitsarbeit und Kulturservice
Universität Innsbruck
Tel: +43 512 507-32020
E-Mail: eva.fessler@uibk.ac.at