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Weber Franz: „Da fehlt es an einer richtigen Inkulturation“
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„Da fehlt es an einer richtigen Inkulturation“
(Wie lernfähig und inkulturationsbereit ist der „Missionskontinent“ Europa)

Autor:Weber Franz
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:
Publiziert in:# in: Lebendiges Zeugnis 56 (2001), 176-187
Datum:2002-07-02

Inhalt

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Es war kein geringerer als der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der vor einiger Zeit in einer ermutigend offenen und herausfordernden Stellungnahme zur Zukunft von Religion und Kirche in Deutschland unter anderem den Blick auch auf die befreiende Weite der Weltkirche lenkte und die geistlichen Aufbrüche in ihr mit der kirchlichen Situation hierzulande in Verbindung brachte. Hier in Deutschland, so sagte Kardinal Karl Lehmann, fehle es trotz allem, was wir nach wie vor an guten Erfahrungen vorzuzeigen hätten, doch offensichtlich "an einer richtigen Inkulturation", weil wir "vielleicht auch spröde, wenig schöpferisch" seien und uns "nicht so schrecklich viel" einfalle, um den "Enthusiasmus und Aufbruch in einer angemessenen, guten Weise bei uns einzuwurzeln". (1)

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Man braucht eine so ehrliche und spontan geäußerte Beobachtung eines führenden Kirchenmannes nicht auf die Goldwaage legen und auch nicht gleich von allen Seiten religionssoziologisch und pastoraltheologisch beleuchten, um nachweisen zu können, dass der Vorsitzende der Bischofskonferenz den Nagel auf den Kopf getroffen und ein Problem beim Namen genannt hat, das man nicht nur in Deutschland, sondern überhaupt in der Kirche des deutschsprachigen Raumes und im übrigen Europa viel deutlicher sehen und in der theologischen Reflexion wie in der pastoralen Umsetzung entschlossener in Angriff nehmen sollte. Lehmann hatte diese Feststellung ja nicht einfach aus der Luft gegriffen, sondern war nach seiner eigenen Aussage vor allem durch seine Begegnung mit Missionaren aus aller Welt und seine Präsenz auf vielen weltkirchlichen Synoden und Gremien zu dieser Überzeugung gekommen. (2)

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Was aber braucht die Kirche in Europa an "richtiger Inkulturation" und von wem lässt sie sich dabei helfen? Hat sie als Erbin des christlichen Abendlandes, die über Jahrhunderte Trägerin und Protagonistin der Weltmission der Kirche war und sich auch oft selbstbewusst als solche fühlte und gebärdete, überhaupt so etwas wie "Inkulturation" notwendig? Man könnte wahrscheinlich sehr leicht eine Probe aufs Exempel machen, indem man Theologinnen und Theologen und theologisch interessierte Gläubige, die mit dem Begriff vielleicht doch die eine oder andere Idee oder Vorstellung verbinden, dahin befragt, wo sich für sie in der Kirche von heute die Frage der Inkulturation der christlichen Botschaft besonders dringend stelle. Würde das Ergebnis einer solchen Umfrage nicht doch mit ziemlicher Sicherheit darauf hinauslaufen, dass die meisten der Befragten Inkulturationsprozesse vor allem in den ehemaligen "Missionsländern" Asiens, Afrikas und Lateinamerikas für dringend notwendig halten?

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So sehr das Wort Inkulturation in den letzten Jahren nach einer anfänglichen eher zaghaften Verwendung in der Missionswissenschaft heute auch zu einem lehramtlichen Standardbegriff geworden ist und gegenwärtig sogar in Gefahr gerät, zu einem theologischen Schlag- und Modewort zu verkommen, so wenig erscheint oft klar, was darunter tatsächlich allgemein und im Einzelfall verstanden wird. Da in diesem Rahmen weder eine begriffs- und missionsgeschichtliche, noch eine biblisch-systematische Abklärung (3) dieser Frage im Blickfeld steht, sondern die Aktualität der Inkulturationsproblematik für Europa, kann der Einfachheit halber davon ausgegangen werden, dass die Inkulturation des Evangeliums grundsätzlich in jeder historischen Situation eine drängende pastorale Frage (4) ist, die sich auch und gerade für die Kirche bei uns mit besonderer Dringlichkeit stellt. Paul VI. hatte bereits 1975 in seinem Apostolischen Schreiben "Evangelii nuntiandi" für die gesamte Kirche eine neue Art von Evangelisierung gefordert, die nach ihm darin zu bestehen habe, "die Frohbotschaft in alle Bereiche der Menschheit [zu] tragen und sie durch den Einfluß von innen her um[zu]wandeln". (5) Paul VI. hatte dabei nicht in erster Linie irgendwelche "Missionen in fernen Ländern" im Auge gehabt, sondern vor allem auch die Überwindung des dramatischen Bruches zwischen dem Evangelium und der modernen Kultur,(6) die nach den Vorstellungen dieses theologisch weitsichtigen und pastoral sensiblen Papstes nur auf dem Weg einer ganzheitlichen Inkulturation des Evangeliums zu erreichen sei.

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Lässt sich die Kirche im deutschsprachigen Raum, der dieser Inkulturationsprozess ohne Zweifel auf vielen Ebenen "ins Haus steht" und die dabei nicht selten aus Angst vor allem Neuen und in Panik gegenüber zahlreichen erosionsartigen Einbrüchen in ihre traditionellen "Besitzstände" tatsächlich oft ängstlich, übervorsichtig und wenig kreativ reagiert, von den Erfahrungen anderer Ortskirchen in der südlichen Erdhälfte positiv zum Wagnis der Inkulturation herausfordern? Die Annahme einer solchen Herausforderung wäre gewiss ein Zeichen für die anfanghafte Verwirklichung einer "dynamischen Katholizität", wie sie in der Kirchenkonstitution des 2. Vatikanischen Konzils beschrieben ist. In einer "Lerngemeinschaft Weltkirche"(7), in der "die einzelnen Teile ihre eigenen Gaben den übrigen Teilen und der ganzen Kirche" hinzubringen, (8) sollten auch die Ortskirchen im deutschsprachigen Raum viel deutlicher erkennen, dass sie der Weltkirche nicht nur viel geben konnten und weiter zu geben haben, sondern dass sie auch "von den Anderen", die sie einst missioniert haben, sehr viel zu lernen hätten. Der folgende Beitrag möchte dazu Mut machen, dass sich die Kirche im deutschsprachigen Raum viel stärker, als sie dies bisher zu tun bereit war, auf solche weltkirchliche Lernprozesse einlässt. Zunächst ist aber der "Missionskontinent Europa" selbst in den Blick zu nehmen. Der Einladung zu einer realistisch-nüchternen Wahrnehmung der Veränderungsprozesse in den Kirchen des Südens folgen dann Hinweise auf einzelne Grunderfahrungen der Evangelisierung im außereuropäischen Raum, die zwar gewiss nicht direkt auf die pastorale Situation bei uns übertragen werden können, die sich aber für das Wagnis der Inkulturation des Evangeliums als grundsätzlich richtungsweisend herausstellen.

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1. Europa - der schwierigste Missionskontinent?

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Es scheint, dass sich das einstmals christliche Abendland noch immer sehr schwer damit tut, sich als "Missionsland" zu verstehen, und dass es gerade für selbst- und sendungsbewusste Katholiken traditioneller Prägung noch immer Mühe kostet, sich selbst und ihre Ortskirchen als Adressaten der Evangelisierung "ansprechen" zu lassen. Hier fällt zweifelsohne das überkommene Missionsverständnis auf unser eigenes Haupt zurück, in dem die früheren "Missionsgebiete" ekklesiologisch und kirchenrechtlich auch dann noch als "zweitklassige" Ortskirchen galten und nicht als gleichwertig betrachtet wurden, als in ihnen längst einheimische Bischöfe die Leitung übernommen und die Seelsorge größtenteils in die Hände einheimischer Priester und Laien übergegangen war. Diese Diözesen sind nicht mehr "Kirchen der Dritten Welt", die man zwar gutmeinend und wohlwollend mit Spenden versorgt, die man aber insgeheim vielleicht doch noch oft als Kirche der "armen Heiden" betrachtet, von denen man im traditionsreichen Westen als dem "Mutterland" des Glaubens nichts oder nicht viel an "Gegenleistung" erwarten kann.

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Johannes Paul II. hatte bereits im Jahre 1978 in einer Ansprache vor dem Rat der europäischen Bischofskonferenzen das ehemals christliche Abendland als den schwierigsten Missionskontinent dargestellt. (9) In seinem Apostolischen Schreiben "Tertio Millenio Adveniente" (1994) betrachtet der Papst Europa erneut als Adressat der Missionstätigkeit der Kirche, wenn er schreibt: "Mit dem Zusammenbruch großer antichristlicher Systeme auf dem europäischen Kontinent, zunächst des Nationalsozialismus und dann des Kommunismus, erscheint die Aufgabe dringend nötig, den Männern und Frauen Europas erneut die befreiende Botschaft des Evangeliums anzubieten." (10) In einer vielsagenden Bezugnahme auf die Missionspredigt des Paulus in Athen (vgl. Apg 17, 16-34) verweist Johannes Paul II. auf Europa als "Missionsgebiet in der Gestalt unterschiedlichster Areopage" und meint damit "die weiten Bereiche der modernen Zivilisation und Kultur, der Politik und der Wirtschaft"(11). In "Novo Millennio ineunte" (2001) versucht der Papst der Kirche in Europa noch entschiedener die Augen dafür zu öffnen, was die Stunde geschlagen hat, wenn er mit Nachdruck feststellt, dass "der Bestand einer 'christlichen Gesellschaft' [...] inzwischen auch in den alten Evangelisierungsgebieten der Vergangenheit" angehöre und dass man sich hier heute "mutig einer Situation [zu] stellen" [habe], "die im Zusammenhang mit der Globalisierung und der neuen gegenseitigen Verflechtung von Völkern und Kulturen [...] immer vielfältiger und anspruchsvoller wird". (12)

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Wie mutig stellt sich die Kirche bei uns dem Anspruch dieser neuen "Missionssituation"? Schon 1978 hatte Johannes Paul II. im Anschluss an seine kritische Analyse der kirchlichen Situation in Europa davor gewarnt, sich durch die neue und schwieriger werdende Lage der Verkündigung zu einer pessimistischen Sicht verleiten zu lassen und sich so der Herausforderung und Chance der Stunde zu entziehen. (13) Im Blick auf die Weltkirche kann kein Zweifel daran bestehen, dass viele Ortskirchen und Gemeinden durch mindestens ebenso komplexe und konfliktreiche Situationen in ihrem Christsein herausgefordert und auf die Probe gestellt sind wie wir im deutschsprachigen Raum, dass dort aber offensichtlich auf der Suche nach neuen Wegen in der Evangelisierung oft hoffnungsvollere Wege beschritten werden als bei uns.

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2. Gegen eine romantische Verklärung der "jungen" Kirchen

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Wer selbst in Bedrängnis ist, neigt manchmal dazu, die Situation der anderen unbesehen optimistischer einzuschätzen als die eigene. Das gilt auch für unsere Kirchensituation, die gegenwärtig tatsächlich vielfach als pastorale Notsituation erfahren wird. Es mag durchaus sein, dass viele die Kirche bei uns nicht ganz zu Unrecht und nicht nur im Blick auf den Altersdurchschnitt der Gottesdienstbesucher, sondern auch in anderer Hinsicht vielfach als alt und deshalb unbeweglich erfahren. Die inzwischen nicht mehr so häufig gebrauchte Redeweise von den "jungen" Kirchen birgt aber bei aller Sympathie, die darin auch mitschwingen mag, nicht nur die Gefahr eines versteckten Paternalismus in sich, sondern entspricht einfach nicht mehr den Tatsachen. Denn erstens sind diese Kirchen in Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika von ihrer oft wechselvollen Geschichte her gesehen gar nicht mehr so jung, sondern längst durch schmerzlich-leidvolle Lernprozesse reif und erwachsen geworden. Sie haben trotz mancher bis heute andauernder Bevormundung von außen gelernt, ihre eigenen Wege zu gehen.

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Kirche und christliche Gemeinden sind nirgendwo auf der Welt nur mit jugendlichem Schwung und Enthusiasmus am Leben zu erhalten. Dort, wo Evangelisierung, wie es Paul VI. in "Evangelii nuntiandi" meisterhaft zum Ausdruck gebracht hatte, nicht nur Dekoration und oberflächlicher Anstrich bleibt, sondern "mit vitaler Kraft in der Tiefe und bis zu ihren Wurzeln - die Kultur und die Kulturen des Menschen"(14) zu erreichen versucht, dort schafft sie nicht nur Neues. Sie verursacht auch tiefgreifende Konflikte, die allein schon deshalb nicht zu vermeiden sind, weil sich die Botschaft des Evangeliums nicht einfach leicht-sinnig und leicht-fertig an bestehende soziale und kulturelle Vorgegebenheiten anpassen lässt, sondern sich immer wieder um des Menschen und seiner Befreiung willen gegenüber unmenschlichen Verhältnissen "querlegen" muss. Das erfordert von den Kirchen vor Ort, die wie etwa in den meisten Ländern Asiens eine kleine Minderheit darstellen, oft sehr klare und mutige Optionen. In den letzten Jahrzehnten haben Christinnen und Christen in vielen Ländern in ihrem Glauben harte Bewährungsproben durchgestanden, die nicht selten auch Verfolgung und Martyrium zur Folge hatten.

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Wer von Europa aus meint, christliche Glaube sei im Süden der Weltkirche leichter und billiger zu haben als bei uns, muss sich sagen lassen, dass die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Kirche dort vielerorts alles eher als optimal sind: Christliches Leben vollzieht sich oft unter lebensbedrohenden Spannungen. Die Gemeinden müssen in vielen Teilen der Weltkirche - anders als bei uns - mit armseligen Mitteln überleben. Die Globalisierung des neoliberalen Wirtschaftsmodells trifft überall am härtesten die Armen und Ärmsten, die in der Welt von heute zu Millionen überflüssig geworden sind. Vielleicht bleiben Glaube und Kirche unter ihnen oft gerade deshalb "am Leben" und "am realen Leben dran", weil hier Menschen aus einem letzten und "abgrundtiefen" Gottvertrauen heraus um ihr Überleben kämpfen.

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Es muss daran erinnert werden, dass sich in vielen Ländern der Erde die Kirche zwar zu einem (geringeren) Teil auch in der Oberschicht, mancherorts stärker in den Mittelschichten der Gesellschaft etabliert hat, dass es aber im überwiegenden Teil der Gläubigen - wie einst in Korinth (vgl. 1Kor 1, 26) - "nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme" gibt, sondern dass Gott nach wie vor "das Niedrige in der Welt und das Verachtete" erwählt (1Kor 1, 28). Man könnte deshalb ohne Übertreibung sagen, dass in der Weltkirche von heute die Kirche der Armen rein statistisch gesehen den "Normalfall von Kirche" darstellt. Darin liegt eine gewaltige Chance, aber auch eine Herausforderung an alle Ortskirchen, in deren Gemeinden freilich die von der Soziallehre des gegenwärtigen Papstes so entschieden angemahnte vorrangige Option für die Armen (15) oft nicht oder nur sehr halbherzig in die Tat umgesetzt wird. Die Kirche im deutschsprachigen Raum, die sich auch ihrerseits sehr dezidiert für eine Konkretisierung dieser pastoral-sozialen Grundentscheidung der Universalkirche ausgesprochen hat, (16) kann gerade in der Anwaltschaft für die Lebensrechte der Armen und sozial Schwachen bei uns sehr viel von anderen Ortskirchen in Lateinamerika, Afrika und Asien lernen.

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3. Selbstbewusstsein und aufrechter Gang

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Die Einsicht, dass Europa "nicht die Welt ist" und dass die zahlenmäßig gegenüber den Kirchen des Südens immer kleiner werdende europäische Kirche nicht mehr das Maß aller Dinge sein kann, (17) hat bereits auf dem 2. Vatikanischen Konzil zu einer ekklesiologischen Umkehr von einem zentralistisch-uniformistischen Kirchenbild zu einem neuen Verständnis von Kirche geführt, die wesentlich in den Ortskirchen und durch die Ortskirchen lebt und handelt.(18) Paul VI. hat den nach dem Ende des Kolonialzeitalters auch im kirchlichen Bereich nach größerer Eigenständigkeit strebenden ehemaligen Missionskirchen bei aller Warnung, die universale Kirche nur als "einen mehr oder weniger lockeren Zusammenschluß von [...] Teilkirchen" (19) zu betrachten, doch sehr den Rücken gestärkt, als er in "Evangelii nuntiandi" sehr klar darauf hinwies, dass die "universale Kirche in den Teilkirchen konkrete Gestalt" annimmt, "die ihrerseits aus einer bestimmten Menschengruppe bestehen, die eine bestimmte Sprache sprechen, einem kulturellen Erbe verbunden sind, [...] einer geschichtlichen Vergangenheit und einer bestimmten Ausformung des Menschlichen". (20) Dabei konnte es dem Papst wohl nicht nur um eine Emanzipation um der Emanzipation willen gehen, sondern um das tiefere Anliegen "wahrhaft eingewurzelter Teilkirchen, die sich sozusagen verschmolzen haben mit den Menschen, aber auch mit den Wünschen, Reichtümern und Grenzen, mit der Art zu beten, zu lieben, Leben und Welt zu betrachten, wie sie für eine bestimmte Menschengruppe charakteristisch sind", deren Aufgabe es ist, "das Wesentliche der Botschaft des Evangeliums sich tief zu eigen zu machen [...]". (21)

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Paul VI. hat es in den Jahren nach dem Konzil immer wieder verstanden, bei aller Sorge um die Einheit der katholischen Kirche den Ortsbischöfen Mut dazu zu machen, in ihren Kontinental- und Lokalkirchen um der ihnen als Hirten anvertrauten Menschen willen in der Evangelisierung "eigene Wege zu gehen". Die damals mit wenigen Ausnahmen noch kaum sozial denkenden lateinamerikanischen Bischöfe forderte der Papst am Ende des Konzils ausdrücklich dazu auf, die Probleme der Unterentwicklung aufzugreifen, ihre Stimme zu erheben und ihre Pastoral zu ändern. (22) Aus der Botschaft an die Völker Lateinamerikas, die den Schlussdokumenten der Bischofsversammlung von Medellín (1968) vorangestellt ist, spricht bereits ein neues Selbst- und Sendungsbewusstsein der Bischöfe, das für den weiteren Weg der lateinamerikanischen Kirche von großer Bedeutung werden sollte: "Als Lateinamerikaner nehmen wir teil an der Geschichte unseres Volkes [...] Als Hirten mit einer gemeinsamen Verantwortung möchten wir uns mit dem Leben all unserer Völker verpflichtend verbinden [...] Es ist Teil unserer Aufgabe, mit Nachdruck diejenigen Zustände Lateinamerikas anzuklagen, die eine Beleidigung des Geistes des Evangeliums darstellen."(23) Einen für die Entwicklung des Selbstbewusstseins der afrikanischen Kirchen wichtigen Beitrag hat Paul VI. in seiner bekannten Ansprache an die afrikanischen Bischöfe in Kampala geleistet, als er sie dazu aufforderte, dem Christentum innerhalb eines legitimen Pluralismus eine afrikanische Gestalt zu geben und als Christen und Afrikaner die eigenen Missionare des afrikanischen Kontinents zu sein. (24)

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Es wäre in diesem Zusammenhang im einzelnen viel darüber zu sagen, welche Bedeutung die kontinentalen Bischofskonferenzen und deren regelmäßige Versammlungen für die Entstehung eines neuen kollegialen Bewusstseins unter den Bischöfen hatten und wie sich daraus trotz enger kurial-zentralistischer Vorgaben auf den einzelnen Sonderversammlungen der Bischofssynode in den 90er Jahren vor der Jahrtausendwende (1994 für Afrika; 1997 für Amerika; 1998 je eine eigene Versammlung für Asien und Ozeanien) auch eine neue Bereitschaft und Entschlossenheit zu einer inkulturierten Form von Evangelisierung im jeweiligen Kontext entwickelte: Die Forderung nach einer sich vor kolonialer und postkolonialer Minderwertigkeit und Unterwürfigkeit distanzierenden afrikanischen "Kirche mit aufrechtem Gang", wie sie ein Bischof vor der Afrikasynode formulierte,(25) der dringende Wunsch nach einer "Kirche mit einem wahrhaft asiatischen Gesicht", den der Erzbischof von Jakarta, Kardinal Julius Darmaatmadja, in seinem Resummée zur Asiensynode zum Ausdruck brachte, (26) und die auf dieser Synode "überraschend selbstbewusst" (27) auftretenden Bischöfe sowie deren Kollegen auf der Ozeaniensynode, die "Klartext redeten" und sich entschieden gegen jede von außen aufgezwungene Konformität zur Wehr setzten (28): All das und vieles mehr sind Beispiele und kräftige Lebenszeichen von Ortskirchen, die in Einheit mit der Weltkirche selbst die Verantwortung für die Evangelisierung vor Ort übernehmen wollen. Die ehemaligen Missionskirchen haben bei allen Problemen, die sie zu bewältigen haben, ein neues und differenziertes missionarisches Sendungsbewusstsein entwickelt, von dem wir in Europa nur träumen können, von dem wir uns aber auch einiges "abschauen" sollten.

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Auf die Frage nach den Ursachen der massiven Verunsicherung, wie sie bei uns nicht nur in weiten Kreisen des Kirchenvolkes, sondern vor allem auch unter den Kirchenleitungen und wohl auch in der Theologie festzustellen ist, sollte man auf keinen Fall plakativ-vereinfachende Antworten geben oder rasche Schuldzuweisungen vornehmen. Was Eugen Biser jedoch in seiner "Einweisung ins Christentum" als mögliche Gründe für diese Identitätskrise zu bedenken gibt, lässt gerade im Vergleich zum wachsenden Selbstvertrauen und missionarischen Schwung in den Kirchen des Südens aufhorchen: In der europäischen Christenheit habe sich, so Biser, angesichts massiver Infragestellungen so etwas wie ein "resignatives Gefühl der Unterlegenheit" herausgebildet und ein "Zweifel an der Durchschlagskraft der eigenen Botschaft, an der Legitimität des Missionsauftrags, ja sogar an der dem Christentum zustehenden Rolle" (29).

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Wenn die "Befolgung des missionarischen Auftrags immer ein Zeichen kraftvollen Lebens" (30) der Kirche ist, dann ist die grundsätzliche Infragestellung der Sinnhaftigkeit der Weitergabe der christlichen Botschaft tatsächlich auch als ein wesentliches Element einer Sinnkrise der Kirche in unseren Breiten und als Symptom einer tiefer sitzenden Glaubensunsicherheit zu deuten. Ein Blick auf die Erfahrungen unserer Schwesterkirchen im Süden der Welt, die oft unter schwierigen Bedingungen ganz neue und gewagte eigene Wege der Evangelisierung gehen, auf denen nicht nur Bischöfe, sondern vor allem einfache Frauen und Männer ein sehr eigenständiges Selbst- und Sendungsbewusstsein entwickeln, sollte all jenen, die auch bei uns durch ihr Engagement das Leben der Gemeinden tragen, Mut geben, sich mit mehr Selbstvertrauen um eine neue Gestalt von Kirche zu mühen.

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Vergleicht man die Stellungnahmen vieler Bischöfe aus Asien, Ozeanien, Afrika und Amerika auf den Kontinentalsynoden, die die Eigenständigkeit und Inkulturationstätigkeit ihrer jeweiligen Ortskirche als eine Überlebensfrage des Christentums in ihren Ländern sehen und von der zentralen Kirchenleitung immer wieder mehr Raum zum selbständigen pastoralen Handeln forderten, so darf man wohl auch den Bischöfen und der gesamten Kirche im deutschsprachigen Raum auch ein wenig mehr an Eigeninitiative und ortskirchlicher Verantwortung wünschen. Was bei uns vielfach fehlt, ist ein Mehr an hoffnungs-vollem "Wage-mut" und Initiativfreudigkeit im Sinne von Kardinal Lehmann, der in seiner kritischen Bestandsaufnahme unserer Kirchensituation zur Überzeugung kommt, "dass man in Rom viel mehr wagen sollte und dass wir auch - das gilt für die ganze Weltkirche - an vielen Stellen dazu einfach zu feige und zu bequem sind" (31).

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4. Das not-wendende Wagnis der Inkulturation

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Dass gesellschaftlich-kirchliche Umbruchssituationen und pastorale Not-lagen oft nicht zum "Absterben" der Kirche, sondern zu einem "Aufleben" neuer Glaubens- und Gemeindeerfahrungen führen, ließe sich durch viele Beispiele aus der Kirchengeschichte belegen. Man sollte deshalb die vielbejammerte pastorale Notsituation bei uns entschlossener aus dieser Perspektive betrachten und sie als Chance zur Entwicklung neuer Formen der Evangelisierung erkennen. Denn Not lehrt nicht nur beten, sondern ist oft auch Anstoß zu einer "inkulturierten" Praxis kirchlichen Lebens, in der der Bruch zwischen Evangelium und Kultur (32) und die Kluft, die dadurch entsteht, nicht durch den Rückzug in ein binnenkirchliches Ghetto vertieft, sondern durch einen ehrlichen Austausch zwischen dem Anspruch des christlichen Glaubens und den Herausforderungen des jeweiligen kulturell-zeitgeschichtlichen Kontextes "überbrückt" wird. In den Missionsbewegungen der Neuzeit hatte die Kirche oft vergeblich - und manchmal auch gewalttätig - versucht, die europäisch-kulturellen Ausdrucksformen des Christentums in alle anderen Kontexte zu übertragen, "ohne ihre eigene historische Bedingtheit zu erkennen, geschweige denn zu reflektieren" (33). Das spannungsgeladene Ringen um ihre je eigene geschichtliche und kulturelle Identität und Sozialgestalt, das sich zur Zeit in den außereuropäischen Ortskirchen vollzieht, (34) macht die Kirche nun erst im eigentlichen Sinn des Wortes zur "katholischen" und damit multikulturellen Weltkirche, in der die Mitteilung von Inkulturationserfahrungen auch auf unsere Theologie und Kirchenpraxis in den deutschsprachigen Ländern zurückwirken kann.

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Von kaum einem Thema war auf den römischen Kontinentalsynoden der 90er Jahre so viel die Rede wie von der Notwendigkeit der Inkulturation. Viele der Stellungnahmen der Synodenväter haben sich dazu - oft leider nur in abgeschwächter Form - in den entsprechenden nachsynodalen Schreiben des Papstes niedergeschlagen. Die zentrale Forderung der afrikanischen Bischöfe, "daß die Inkulturation sämtliche Bereiche des Lebens der Kirche und der Evangelisierung einbezieht: Theologie, Liturgie, Leben und Aufbau der Kirche" wurde von Johannes Paul II. wörtlich in "Ecclesia in Africa" übernommen. (35) Dieses ganzheitliche auf den gesamten Lebensvollzug einer Ortskirche ausgerichtete Verständnis von Inkulturation findet sich auch im nachsynodalen Schreiben "Ecclesia in Asia", wo darauf hingewiesen wird, dass sich die Kirche zuerst zu bemühen hat, "die Gedanken und Herzen ihrer Zuhörer, ihre Werte und Gebräuche, ihre Probleme und Schwierigkeiten, ihre Hoffnung und Erwartungen zu erfahren" (36). Dass der Papst gerade für den asiatischen Kontext als Schlüsselbereich der Inkulturation vor allem auch "eine inkulturierte Theologie speziell im Bereich der Christologie"(37) forderte und damit wörtlich einen Antrag der Asiensynode aufnahm, ist angesichts mancher Konflikte etwa zwischen Rom und indischen Theologen bemerkenswert. Dabei sollte aber nicht übersehen werden, dass Johannes Paul II. die Theologen auch dazu einlädt, keine vom Glaubensvollzug der Gemeinden isolierte theologische Reflexion zu betreiben, sondern "im Geist der Einheit mit den Hirten und den Gliedern des Gottesvolkes vorzugehen, das über den ursprünglichen Glaubenssinn nachdenkt, was nie aus dem Blick verloren gehen soll" (38).

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Nicht immer ist jedoch auf den römischen Kontinentalsynoden und in den nachsynodalen Schreiben die Notwendigkeit der Inkulturation klar genug herausgestellt und in den Blick genommen worden. So gehen viele Aussagen von "Ecclesia in America" weithin am Leben der lateinamerikanischen Kirche und ihrer Gemeinden vorbei und nehmen bei weitem nicht die zahlreichen Ansätze zu einer inkulturierten Evangelisierung auf, die vorher auf den Vollversammlungen des lateinamerikanischen Episkopats in Puebla (1979) und Santo Domingo (1992) entfaltet worden waren.(39) Auf der Amerikasynode selbst hatte es aber keineswegs an bischöflichen Stellungnahmen zur Inkulturationsproblematik gefehlt. "Wagen wir mit mehr Mut und Offenheit die Inkulturation", sagte Bischof Erwin Kräutler in der Synodenaula, und er nannte dabei einige der auch bei uns als "neuralgisch" empfundenen Lebensfragen der Kirche: "Die ernstgemeinte Inkulturation des Evangeliums erfordert eine kritische Überprüfung unserer kirchlichen Strukturen, Liturgien, Riten, Theologien, Ausdrucksformen und Ämter, denen die Dynamik fehlt und die nicht immer dem Auftrag der Kirche entsprechen [...]." (40)

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Inkulturation ist in der Kirche von heute gewiss nicht nur ein afrikanisches, asiatisches oder lateinamerikanisches Problem, sondern auch eine Lebens- und Überlebensfrage für die Kirche in Europa. Man muss F.X. Kaufmann wohl zustimmen, wenn er für die Kernländer der abendländischen Christenheit nicht nur den Langfrist-Trend einer Säkularisierung, sondern einen "eklatanten Abbruch religiöser Traditionen" konstatiert. (41) Mit welcher Art von Evangelisierung oder Neuevangelisierung werden wir als Kirche auf diese neue "Missionssituation" reagieren? Bischof Kurt Koch hat mit Recht vor einem missverständlichen Gebrauch des Begriffs "Evangelisierung" und vor allem vor einer fragwürdigen Praxis der "Neuevangelisierung" Europas gewarnt. Jeder aus einer "kirchenintegralistischen Eroberungsmentalität" (Ottmar Fuchs) kommende Versuch einer Rechristianisierung des Abendlandes, in der aus einem kirchlichen Totalitätsanspruch heraus alle Menschen in Europa wieder unter das Evangelium und unter die katholische Kirche gezwungen werden sollen, (42) wäre das Gegenteil einer glaubwürdigen Inkulturation in die Moderne und von vornherein zum Scheitern verurteilt. Christian Friesl und Regina Pollak kommen im Anschluss an ihre jüngste religionssoziologische Analyse der Lebenskonzepte und Werthaltungen von Österreicherinnen und Österreichern zur Forderung nach einer Form von Inkulturation, in der die Kirche den Dialog mit der modernen Gesellschaft und ihrer postmodernen Vielfalt als zentrale Herausforderung annimmt. (43)

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Die Ortskirchen des Südens sind nicht nur mit gewaltigen sozialen Problemen, sondern auf je verschiedene Art und Weise mit kultureller, ethnischer und religiöser Vielfalt und den sich daraus ergebenden Konflikten konfrontiert. Sie haben darauf vielfach mutiger und kreativer reagiert als die Kirchen des Nordens und Westens auf die Herausforderungen der Moderne und Postmoderne, die in einer globalisierten Welt freilich auch in zunehmendem Maß auf das Christentum in der südlichen Hemisphäre zukommen und auch dort neue Formen einer inkulturierten Evangelisierung erfordern. Unter diesen Voraussetzungen werden wir in Zukunft viel von einander zu lernen haben.

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5. Weniger Angst - mehr Mut und Lernbereitschaft

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Der Blick auf die Lern- und Inkulturationserfahrungen in den verschiedenen Teilen der Weltkirche von heute erweist sich für uns im deutschsprachigen Raum, die wir uns offensichtlich unserer missionarischen Sendung an die Welt von heute oft nicht mehr so sicher sind, weil wir die "Sache Jesu" aus den Augen verloren haben, genau so lehrreich wie ein Rückblick in die Kirchen- und Missionsgeschichte. Aus meinem eigenen Erleben und Miterleben lateinamerikanischer Kirchenwirklichkeit in der langjährigen Begleitung brasilianischer Basisgemeinden weiß ich ein wenig um die Erfahrung des hoffnungs- und leidvollen Lebens und Sterbens von Kirche und um die Notwendigkeit des je neu einzugehenden, lebensnotwendigen Wagnisses der Inkulturation.(44) Für die positive Bewältigung der vielbeschworenen Kirchenkrise im deutschsprachigen Raum, die aus einer Perspektive gläubiger Zuversicht nicht weniger einen Kairos für eine Erneuerung der Kirche darstellt als die heute oft nostalgisch verklärte Zeit unmittelbar nach dem 2. Vatikanum, wünsche ich mir vor allem weniger Sorge unserer Kirche um sich selbst und weniger Angst vor dem Verlust traditioneller Besitzstände und überkommener Formen kirchlichen Lebens. Ich habe in Lateinamerika sehr viel frische Kirchenluft eingeatmet und erwarte mir auch für unsere Breiten mehr pastorale Kreativität und mehr Mut zum notwendigen Experiment. Die Frage, wie lernfähig und inkulturationsbereit der Katholizismus im deutschsprachigen Raum tatsächlich ist, bleibt für mich weiterhin offen.

30
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In vielen Ortskirchen des Südens haben sich Bischöfe, Priester, Ordensleute und vor allem oft ganz einfache Frauen und Männer aus dem Volk entschlossener den Herausforderungen der Stunde gestellt als bei uns. Es lohnt sich, von ihnen zu lernen und daraus Mut zur Bewältigung der eigenen Kirchenstunde zu schöpfen. Denn die Botschaft des Evangeliums hat auch in unserer Zeit nichts von ihrer weltgestaltenden und weltverändernden Kraft verloren. "Wenn ein Glaube unglaubwürdig zu werden beginnt, dann in erster Linie deshalb, weil seine Anhänger an seiner Fähigkeit zweifeln, ihr privates Leben und dessen gesellschaftliche Rahmenbedingungen in seinem Sinn zu gestalten", schreibt Eugen Biser in seiner Analyse des Christentums an der Jahrtausendwende.(45)

31
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Es ist in jeder Hinsicht ermutigend und hoffnungsvoll, unter welch wechselvollen und schwierigen Lebensbedingungen sich christlicher Glaube gegenwärtig in verschiedenen Kontexten inkulturiert und überall dort auch gesellschaftlich greifbar neue Gestalt annimmt, wo die Kirche dem Leben und Sterben der Menschen nahe bleibt. Die im Jahre 1941 in schwerer Zeit und im Angesicht des Todes von P. Alfred Delp gestellten Fragen nach dem Leben und Überleben der Kirche haben nichts an Aktualität verloren: "Kirche wird immer sein. Aber wird Kirche immer bei uns sein? Wenn wir fragen: Lebt oder stirbt die Kirche?, dann meint das unsere Kirchenstunde. Da helfen uns keine Erwägungen. Da hilft nur die ehrliche Bestandsaufnahme dessen, was ist, und der innere Versuch, damit fertigzuwerden." (46)

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Anmerkungen:

33
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1. K. Lehmann, Es ist Zeit, an Gott zu denken. Ein Gespräch mit Jürgen Hoeren, Freiburg 2000, 175.

34
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2. Vgl. ebd., 175-180.

35
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3. Vgl. dazu Art. "Inkulturation": I. Begriff und Problemstellung (G. Collet), II. Biblisch-theologisch (A. Feldtkeller), III. Missionsgeschichtlich (K. Schatz), IV. Systematisch-theologisch (R. Schreiter), in: LThK3 5, 504-509.

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4. T.H. Groome, Art. "Inkulturation. V. Praktisch-theologisch", ebd., 509.

37
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5. Apostolisches Schreiben Papst Paul VI. über die Evangelisierung in der Welt von heute "Evangelii nuntiandi" (enthalten in: Arbeitshilfen 66), Bonn 1998, n. 18.

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6. Ebd., n. 20.

39
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7. Vgl. dazu K. Piepel, Lerngemeinschaft Weltkirche: Lernprozesse in Partnerschaften zwischen Christen der Ersten und Dritten Welt, Aachen 1993.

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8. 2. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, n. 13; vgl. dazu auch F. Weber, "Geschenkte Katholizität". Impulse für eine weltkirchliche Spiritualität der Mit-teilung, in: Ordenskorrespondenz 40 (1999) 3-18.

41
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9. Vgl. dazu K. Koch, Neuevangelisierung im Missionskontinent Europa. Chancen und Versuchungen, in: J. Müller (Hg.), Neuevangelisierung Europas, Freiburg/Schweiz 1993, 111-148, hier 111.

42
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10. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben "Tertio Millenio Adveniente" (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 119), Bonn 1994, n. 57.

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11. Ebd.

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12. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben "Novo Millennio Ineunte" (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 150), Bonn 2001, n. 40.

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13. Vgl. Koch, Neuevangelisierung, 111.

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14. Evangelii nuntiandi, n. 20.

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15. Vgl. Johannes Paul II., Enz. "Sollicitudo rei socialis" (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 82), Bonn 1988, n. 42.

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16. Vgl. Für eine Zukunft in Solidarität und gerechtigkeit. Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland, München 1997, nn. 105-107; Sozialhirtenbrief der katholischen Bischöfe Österreichs, Wien 1990, n. 125.

49
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17. Vgl. dazu F. Weber, Not lehrt handeln. Lateinamerikanische Kirchenerfahrungen als Ermutigung zu einer Neugestaltung unserer Seelsorge, in: H. Windisch (Hg.), Seelsorge neu gestalten. Frage und Impulse, Graz 1995, 85.

50
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18. Vgl. L. Bertsch (Hg.), Was der Geist den Gemeinden sagt. Bausteine einer Ekklesiologie der Ortskirchen, Freiburg 1991, 8.

51
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19. Evangelii nuntiandi, n. 62.

52
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20. Ebd.

53
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21. Ebd., n. 63.

54
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22. Vgl. dazu F. Weber, Für oder gegen die Armen? Zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte einer not-wenigen Grundentscheidung der Kirche; in: R. Bucher (Hg.), In Würde leben. Interdisziplinäre Studien zu Ehren von Ernst Ludwig Grasmück, Luzern 1998, 188-208, 196f.

55
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23. Botschaft an die Völker Lateinamerikas, in: Adveniat. Dokumente. Projekte 1-3, Essen 1969, 7-12, hier 7-9.

56
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24. Hier zitiert nach der italienischen missionswissenschaftlichen Zeitschrift Ad gentes 1 (1997) 178f.

57
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25. Vgl. R. Sarah, Den aufrechten Gang finden, in: HerKorr 48 (1994) 245-251.

58
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26. Zitiert nach: Sonderversammlung der Bischofssynode für Asien, in: Weltkirche 4/1998, 121.

59
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27. Vgl. dazu G. Evers, Überraschend selbstbewusst. Die asiatischen Bischöfe auf ihrer Synode, in: HerKorr 52 (1999) 356-361.

60
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28. Ozeaniensynode: Die Bischöfe der Inseln reden Klartext, in: HerKorr 53 (1999) 65-66.

61
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29. E. Biser, Einweisung ins Christentum, Düsseldorf 1997, 20f.

62
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30. Johannes Paul II., Enz. "Redemptoris Missio" (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 100), Bonn 1990, n. 2.

63
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31. Lehmann, Es ist Zeit, an Gott zu denken, 178.

64
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32. Vgl. Evangelii nuntiandi, n. 20.

65
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33. T.H. Groome, Inkulturation. Praktisch-theologisch, 509.

66
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34. G. Collet, Inkulturation. Begriff und Problemstellung, 505.

67
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35. Johannes Paul II., Nachsynodales Schreiben "Ecclesia in Africa" (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 123), Bonn 1995, n. 62.

68
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36. Ders., Nachsynodales Schreiben "Ecclesia in Asia" (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 146), Bonn 2000, n. 21.

69
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37. Ebd., n. 22.

70
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38. Ebd., vgl. auch Enz. "Redemptoris missio", n. 54.

71
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39. Vgl. dazu F. Weber, "Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt." Anfragen an das Apostolische Schreiben "Ecclesia in America" aus der Sicht lateinamerikanischer Kirchenerfahrung, in: M. Delgado (Hg.), Blutende Hoffnung. Gustavo Gutiérrez zu Ehren, Luzern 2000, 186-199.

72
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40. E. Kräutler, Christus weist auf Amazonien hin, in: Missionszentrale der Franziskaner (Hg.), Quo vadis, Kirche in Amerika? (Berichte. Dokumente. Kommentare 71), Bonn 1998, 21-31.

73
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41. Vgl. F.X. Kaufmann, Wie überlebt das Christentum?, Freiburg 2000, 11.

74
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42. Koch, Neuevangelisierung, 115f.

75
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43. Vgl. C. Friesl/R. Pollak, Konflikte im Wertesystem, in: H. Denz (Hg.), Die Konfliktgesellschaft. Wertewandel in Österreich 1990-2000, 40.

76
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44. Vgl. dazu F. Weber, Gewagte Inkulturation. Basisgemeinden in Brasilien: eine pastoralgeschichtliche Zwischenbilanz, Mainz 1996.

77
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45. E. Biser, Glaubenserweckung. Das Christentum an der Jahrtausendwende, Düsseldorf 2000, 32.

78
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46. A. Delp, Gesammelte Schriften III, Frankfurt/M. 1983, 234-235.

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