Der Klimawandel hat langfristig auf alle gesellschaftlichen Bereiche Auswirkungen, der Wintersport ist davon nicht ausgenommen. Das zeigt eine Studie, an der Forscher*innen aus Kanada, den Vereinigten Staaten und Österreich beteiligt waren. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass ohne eine drastische Verringerung der weltweiten Treibhausgasemissionen nur eine der insgesamt 21 Städte, die bisher Gastgeber der Olympischen Winterspiele waren, in der Lage sein wird, bis zum Ende dieses Jahrhunderts zuverlässig faire und sichere Bedingungen für Winterspiele zu bieten. Werden die Emissionsziele des Pariser Klimaabkommens erreicht, erhöht sich die Zahl der klimasicheren Austragungsorte auf acht, während nur sechs als unzuverlässig gelten.
Viele Austragungsorte in Europa bis 2050 unbedeutend
Für die Studie untersuchten die Forscher*innen historische Klimadaten von den 1920er Jahren bis heute sowie künftige Szenarien für den Klimawandel in den Jahren 2050 und 2080. „Das haben wir auch 2014 schon einmal gemacht, allerdings mit weniger Kennzahlen und ohne die Sicht von Athletinnen und Athleten zu berücksichtigen. 2014 kamen noch sechs von 19 ehemaligen Austragungsorten als erneute Gastgeber bis zum Ende dieses Jahrhunderts in Frage“, betont Robert Steiger von der Universität Innsbruck. Laut den aktuellen Berechnungen der Wissenschaftler*innen könnte auch die zweifache Olympiastadt Innsbruck die Winterspiele schon Mitte dieses Jahrhunderts nicht mehr ausrichten. „Der Klimawandel verändert die Geographie der Olympischen Winterspiele und wird leider die Liste der Austragungsorte, die für den Wintersport berühmt sind, verringern. Die meisten Austragungsorte in Europa werden bereits in den 2050er Jahren als unbedeutend oder unzuverlässig eingestuft, selbst in einer emissionsarmen Zukunft“, so der Tourismusforscher weiter
Selbst eine emissionsarme Zukunft kann nicht mehr verhindern, dass viele ehemalige Austragungsorte künftig wohl nicht mehr für die Winterspiele in Frage kommen.
Studie bezieht internationale Athleten und Trainer mit ein
Zusätzlich zu den Klimadaten haben die Forscher*innen in der aktuellen Studie auch internationale Athlet*innen und Trainer*innen befragt und fanden heraus, dass 89 Prozent der Meinung sind, dass veränderte Wettermuster die Wettkampfbedingungen beeinflussen. Ganze 94 Prozent befürchten sogar, dass sich der Klimawandel auf die zukünftige Entwicklung ihres sports auswirken wird. „Wir wollten aus der Sicht der Athletinnen und Athleten verstehen, welche Klima- und Schneebedingungen faire und sichere Wettkämpfe ermöglichen, und dann feststellen, welche Olympia-Gastgeber diese Bedingungen in Zukunft bieten könnten“, sagt Natalie Knowles, eine an der Studie beteiligte Doktorandin von der Universität Waterloo und ehemalige kanadische Profi-Skifahrerin.
Das Wetterrisikomanagement wird dabei für potenzielle Gastgeber immer wichtiger, da die durchschnittliche Tagestemperatur im Februar in den bisherigen Veranstaltungsorten stetig gestiegen ist: Von 0,4 °C bei den Spielen in den 1920er bis 1950er Jahren über 3,1 °C bei den Spielen in den 1960er bis 1990er Jahren bis hin zu 6,3 °C bei den Spielen im 21. Jahrhundert. Und eine zusätzliche Erwärmung von 2 °C bis 4,4 °C wird bis zum Ende dieses Jahrhunderts prognostiziert.
„Wir haben die vielen Möglichkeiten untersucht, wie die Olympischen Winterspiele das Wetterrisiko seit den ersten Spielen in Chamonix, Frankreich, vor fast 100 Jahren verringert haben“, sagt Michelle Rutty von der Universität Waterloo. „Aber es gibt Grenzen für die Bewältigung von Wetterrisiken, und wir haben gesehen, dass diese Grenzen in Sotschi und Vancouver überschritten wurden“, so die Forscherin weiter.
Kein sport kann sich Auswirkungen des Klimawandels entziehen
Das Internationale Olympische Komitee hat als Gründungsorganisation des „United Nations sports for Climate Action Framework“ dem Klimawandel inzwischen Priorität eingeräumt. „Kein sport kann sich den Auswirkungen des Klimawandels entziehen. Das Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens ist entscheidend, um den Schneesport, wie wir ihn kennen, zu retten und sicherzustellen, dass es auf der ganzen Welt Orte gibt, an denen die Olympischen Winterspiele stattfinden können“, sagt Daniel Scott, Professor für Geographie und Umweltmanagement in Waterloo.