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Wiener Kleiderordnung 1450 – Universität Innsbruck

Projekte und Forschung

Wiener Kleiderordnung um 1450

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Ordnung der Männer

Erstens: Ein jeder Bürger, welcher des Raths ist, oder Rath wird, oder des Raths gewesen ist, möge auf das höchste seine Kleidung mit Mader oder Zobel verbrämen, und auf dem Haupte einen Hut oder eine Haube mit Mader oder Zobel tragen dürfen. Er soll aber keine goldene Schnur, noch eine Schnur mit Perlen um das Haupt noch Knöpfe mit Perlen tragen.

Auch soll er kein seidenes Gewand tragen, ausgenommen Seidenzeug zu Joppen und zu Ermel.

Alle Erbbürger und Kaufleute sollen auf das höchste ihre Kleider mit Mader, und auf dem Haupt ein Hütel mit Mader unterfüttert oder eine Haube mit Mader tragen. Es soll auch keiner über vier Mark Silber an seinem Leibe haben.

Alle Handwerker mögen auf das höchste tragen einen Hut oder eine Haube von Fuchs, Luchs oder Vorczeins; doch können sie auch haben Mader auf dem Haupt, und einen Maderbalg um den Hals. Sie sollen auch nichts von Seidenzeug tragen, ausgenommen zu Joppen und Ermeln, das soll seyn von allerlei Zendal[1] oder Vorstat[2], und darunter und darüber nicht, er sey eine Kleidung, wie es für den Rath verordnet ist. Auch soll er ein solcher nicht über zwey Mark Silber an sich tragen.

Alle Diener und Knechte, Burgerdiener und Handwerkdiener (Gesellen) in was Wesen sie seyen, sollen weder etwas von Pelzwerk noch von Seiden tragen; auch soll ein solcher nicht über ein Mark Silber an sich haben, noch einen goldenen Ring; desgleichen soll ein solcher auch kein Gewand tragen, wozu die Ehle mehr als einen Gulden kostet. Doch mag ein Knecht tragen einen alten übertragenen Rock, den ihm sein Herr schenket.

Ferner soll kein Knecht einen Biberhut tragen, weder eine Haube, die theurer ist, als ein Pfund Wienerpfennige; eben so soll es den Dienern verbothen seyn, eine goldene Schnur, Perln, oder perlene Buchstaben tragen.

Endlich sollen auch alle Burger und ihre Diener, alle Handwerker und ihre Diener nicht mehr gespitzte Schuhe tragen.

Ordnung der Frauen

Es soll keine Burgerinn einen goldreichen Zeug zu Ermeln oder Bruchstücken, noch zu Goller[3] haben, doch dass der Werth desselben Zeugs nicht theurer sey, als die Ehle vier Gulden, auch soll keine Burgerinn sammetene, damastene Röcke oder Mäntel tragen.

Weder soll eine Frau Perln tragen, weder auf Röcken noch auf Mänteln noch auf Gollern, ausgenommen an den Ermeln mag eine ein Paar Linien haben von Perln, Gold oder Silber. Ist sie eine Burgerinn, so soll dieses aber nur acht Gulden, ist sie eine Handwerkerin, so soll es nur vier Gulden werth seyn, und darüber nicht. Auch soll weder eine Burgerinn noch eine Handwerkerinn auf den Brislen ein edles Gestein tragen.

Auch soll keine Burgerinn noch Handwerkerinn lauteres Gold, Perln oder Edelgestein an dem Gürtel tragen; weder soll eine Burgerinn auf Gürteln und an Geschmeid von Silber an ihr haben, da über vier Mark schwer sey, eine Handwerkerinn aber nicht über dritthalb Mark.

Es soll auch keine Zobl, Hermelin, noch Laßniczeins weder unter dem Rock, noch unter der Mänteln tragen auf keine Weise; aber zu Brämen kann sie Hermelin oder Laßniczeins haben, welche jedoch nicht breiter als drey Zwerchfinger breit seyn sollen. Auch soll keine mehr einen Flug tragen, die mit Hermelin unterzogen sind. Welche aber einen Flug tragen will, die mag ihn mit Seidenzeug, oder mit Vechwämchen oder mit Rehrücken unterziehen lassen.

Deßgleichen soll keine einen Schleyer tragen, der mehr habe als zwölf Vach. Noch soll ihr Kleid länger seyn, denn dass es ihr auf der Erde nachschleppe um ein Viertelheil einer Ehle und nicht darüber.

Es soll soll auch keine goldene Ringe an ihren Händen tragen, die über dreyßig Gulden werth sind. Doch mag eine ein Häftel tragen, das zwanzig Gulden werth sey aber nicht darüber. Auch soll keine Frau noch Dirne in der Stadt verbunden gehen, noch ein Hütl tragen, es sey denn, dass es regne, oder dass sie über Feld gehen will.

Ordnung der Dirnen

Einer jeden Dirne ihr Gewand soll nur auf die Erde stossen und nicht länger seyn, auch soll sie keine perlene oder abgenähte Preyl, noch Goller von Goldzeug, noch seidene Ermel tragen, denn nur von schlechtem Zendel soll es ihnen erlaubt seyn.

Auch soll keine Dirne einen Schleyer, der über sechs Fach habe, weder ein Silber am Gürtel, noch einen korallenen Paternoster (Rosenkranz) tragen.

Deßgleichen soll keine Dirne eine Bräm, noch einen goldenen Ring tragen; aber von Pelzwerk mögen sie tragen kleine schlechte Bräme von Kelmadern, Ottern, oder von Maderzageln.

Damit aber die Ordnung also gehalten werde, so sollen Bürgermeister, Stadtrichter, und die des Raths, die ersten binnen vierzehn Tagen anfangen an ihnen selbst und an ihren Hausfrauen, und wer über vierzehn Tagen ausser des Hausses, darin sie selbst wohnen, ungehorsam befunden würde, und wieder diese Ordnung handelte, der oder die sollen so oft der Stadt zu Pön verfallen seyn, und von jedem Stück fünfzehn Gulden bezahlen.

Welcher der Genannten, oder seine Hausfrau in den nächsten vier Wochen das Geboth und die Ordnung bräche, der oder die soll so oft es geschieht von jedem Stück der Stadt zehn Gulden Strafe erlegen.

In den nächsten sechs Wochen sollen alle Manns- und Frauenpersonen insgemein die vorgenannte Ordnung zu halten verbunden seyn; welcher Mann oder Frau darnach betreten würde, die wider die Ordnung gethan hätte, der oder die sollen, so oft es geschehen in die Strafe verfallen seyn, von jedem Stück fünf Gulden erlegen.

Welcher Knecht oder Dirne in den nächsten acht Wochen die vorgeschriebenen Artikel übertritt, der oder diesselbe ist der Stadt zur Strafe verfallen von jedem Stücke, so oft es geschehen, zwey Gulden.

Von der gemeinen Weiber wegen ist abgeredet worden, daß jede ein offenbares Zeichen von einem gelben Tüchlein an der Achsel tragen soll, einer Handbreit, und einer Spann lang.

Von der heimlichen Weiber wegen ist beschlossen, daß dieselben alle weder Pelzwerk, noch Seidenzeug, auch kein Sturzhütl, noch Hauben tragen, damit man sie vor anderen frommen (ehrlichen) Frauen erkennen möge; welche aber anders gieng, der soll man den Mantel nehmen zu Gerichtshanden. Sie sollen auch in der Kirche nicht stehen, wo die Burgersfrauen, und andere fromme Frauen stehen.

Wegen der heimlichen Ehefrauen ist der Artikel dem Burgermeister und Rath vorbehalten, in Geheim die Sache zu verhandeln.


Aus: Anton von Geusau, Die Geschichte der Belagerung Wiens durch den König Mathias von Hungarn, in den Jahren 1484 - 1485 (Wien 1805), 90-96.


[1] zendal (mhd. zindal, zindel, zendal, zendel, sendel, cendal; v. ital. zindalo, zendalo, grch.-lat. sindon = Stoff aus Indien). Ein schleierartiger Luxus-Seidenstoff, im 13. Jh. zunächst in Lucca hergestellt, verwendet für Kleider und Futter, Möbelbezüge und Fahnen.
[2] vorstat, vorstatt, vorstadt, m., n.?, ein Kleiderstoff, entstellt aus worsted, nach der englischen Stadt Worsted in der Grafschaft Norfolk, wo dergleichen Tuche hergestellt wurden.
[3] goller, göller, n., seltener m., Kragen, Halsstück an der Rüstung, Brustkleid 

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