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Löffler Winfried: Algorithmus, Evolution und das Selbst
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Algorithmus, Evolution und das Selbst
(Zu Dennetts Theorie des Bewußtseins)

Autor:Löffler Winfried
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:Daniel Dennetts naturalistische Deutung des Bewußtseins und seiner evolutionären Entwicklung ist auch im deutschen Sprachraum ein philosophischer Bestseller geworden. Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch gravierende Begründungsmängel, nicht nur in der evolutionsbiologischen Fundierung, sondern vor allem wissenschaftstheoretischer Art: Behauptungen über die Gegenstände einzelner Wissenschaftsbereiche sollten nicht in den Rang genereller ontologischer Thesen gehoben werden.
Publiziert in:G. Krieger / H.-L. Ollig (Hgg.), Fluchtpunkt Subjekt. Facetten und Chancen des Subjektgedankens. Paderborn: Schöningh 2001, 223-240
Datum:2001-12-18

Inhalt

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1. Einführung

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Daniel C.[lement] Dennett hat etwas geschafft, was Philosophen - insbesondere jenen der eher theoretischen Fraktion - normalerweise nicht vergönnt ist: Seine Monographie „Consciousness Explained"(1) rangierte wochenlang in den Bestsellerlisten für Sachbücher und wurde von der New York Times unter die 10 besten Bücher des Jahres 1991 erkoren. Auch das Nachfolgerwerk „Darwin's Dangerous Idea" (2) wurde ein Bestseller, die Leserschaft des Wissenschaftsmagazins „Lingua Franca" erkor es sogar zum sechstbesten Sachbuch der 90er Jahre. Das Buch hat die jüngeren US-amerikanischen Darwinismus-Debatten nicht unwesentlich angeheizt - und zwar nicht nur jene mit religiösen Fundamentalisten, sondern auch jene zwischen verschiedenen Strömungen innerhalb der Evolutionsbiologie selbst, zwischen strikten und gemäßigten Darwinisten, um den Stellenwert der natürlichen Selektion innerhalb biologischer Erklärungen. Auch in deutscher Sprache verkauft sich Dennett offenbar gut, es gibt nur wenige angelsächsische Philosophen, von denen so viele Werke in relativ kurzer Zeit nach dem Erscheinen des Originals in Übersetzung zugänglich waren. (3)

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Diese Popularität ist insofern erstaunlich, als Dennetts philosophischer Werdegang nicht ganz dem üblichen entspricht, wie man in Nordamerika im Bereich der Cognitive Sciences sozialisiert wird: Dennett hat 1965 in Oxford bei Gilbert Ryle promoviert, (4) und bis heute findet man Verweise auf Ryle und Wittgenstein bei ihm häufiger als bei vergleichbaren Denkern - in Form von Zitaten ebenso wie bezüglich der literarischen Form: Mögen andere durch Definitionen und Argumente vorangehen, so erzählt Dennett ähnlich dem späten Wittgenstein gern Geschichten, bringt Beispiele, zieht Analogien und Vergleiche heran - vorzüglich aus dem technischen Bereich, aber auch aus dem psychologischen und biologischen. Mit solchen Geschichten, Beispielen und Analogien - Dennett selbst bezeichnet sie als „Intuitionspumpen" - versucht er den Leser dazu zu bringen, die Dinge so zu sehen wie er selbst; er erzählt, um zu zeigen. Aber auch inhaltlich bekennt sich Dennett zu Positionen, die isoliert genommen manchen anstößig erscheinen mögen, in ihrer Zusammennahme aber jedenfalls als unübersichtlich und als inkonsistente Mischung erscheinen: (5) Dennett verfolgt unübersehbar ein philosophisches Naturalisierungsprojekt und ist Materialist, d.h. ontologischer Realist bezüglich der Gegenstände der Physik, andererseits aber generell skeptisch bezüglich der Reichweite unserer Vernunft, unserer Fähigkeit zum korrekten Schließen und Interpretieren. Seine Philosophie hat dennoch mitunter deutliche Züge des Interpretationismus und Konstruktivismus bis hin zum Kulturalismus, er vertritt Quines Unerforschlichkeit der Referenz ebenso wie dessen holistische Bedeutungsauffassung, und wie Quine ist Dennett ist naturalistischer Szientist in dem Sinne, dass es keine Meta-Wissenschaft namens Philosophie oder Erkenntnistheorie gibt. Philosophie ist ein Teilgebiet der Wissenschaften als gesamtes Geflecht von Theorien, und philosophische Thesen müssen durch irgendwelche Erfahrungsdaten zumindest stützbar oder angreifbar sein, vorzugsweise durch Ergebnisse der Biologie und der Psychologie. Andererseits hält Dennett an einem prinzipiellen Unterschied zwischen Physik einerseits und Biologie und Psychologie andererseits fest, was die Erklärungsweisen betrifft: Erklärungen in der Physik nehmen im Explanans wesentlichen Bezug auf Gesetze, während in der Biologie und Psychologie intentionale Erklärungen nötig sind, die auf bestimmten Rationalitätsannahmen aufruhen - was wiederum im Lichte von Dennetts Rationalitätsskeptizismus problematisch erscheint. Dennett ist Behaviorist, aber nicht in dem simplen, vulgären Sinne, dass es mentale Phänomene in Wirklichkeit nicht gäbe, sondern insofern er Bewusstsein nicht als grundlegendes, irreduzibles Faktum in der Welt betrachtet. Bewusstsein ist ein Phänomen, das durchaus durch etwas grundlegenderes, nämlich einfachere Formen von repräsentierten Inhalten, funktional erklärbar ist. Und vor allem ist Dennett Evolutionist, insofern diese funktionale Erklärung des Bewusstseins gleichzeitig eine evolutionäre Erklärung der mentalen Inhalte darstellt. Dies hat auch durchaus kulturpolitische Implikationen, die insbesondere in seinen jüngeren Werken wie „Darwins gefährliches Erbe" deutlich werden, wo Dennett (ähnlich wie Richard Dawkins, sein Hauptgewährsmann in Sachen Biologie) gegen religiöse Anti-Darwinisten, aber auch gegen gemäßigtere Evolutionsbiologen wie Stephen Jay Gould, Richard Lewontin u.a. mit geradezu kulturkämpferischen Tönen zu Felde zieht.

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Dennetts Kombination von Positionen dürfte also nicht unbedingt einladend für den Leser sein, für den philosophisch Vorgebildeten vermutlich noch weniger als für den interessierten Laien. Vielleicht ist es also eher Dennetts Stil, der seinen Werken viel Verbreitung sichert. Wie gesagt, Dennett erzählt gern und arbeitet viel mit Beispielen, er ist nie um saloppe terminologische Neuprägungen verlegen und spart nicht mit eingestreuten Zitaten von Platon über Nietzsche bis Edgar Allan Poe, er konfrontiert mit eingängig dargestellten Befunden der empirischen Psychologie (die im Leser häufig das Erfolgsgefühl erzeugen, man habe das eigentlich ohnehin immer schon geahnt), mit Denkaufgaben, fiktiven Dialogen und Anleitungen zu eigenen psychologischen Experimenten, mit populären Darstellungen biologischer Befunde, mit Modellen und Grafiken, auch mit kurzweiligen Schnurren aus dem Wissenschaftsbetrieb, über Entdeckungsgeschichten, wissenschaftliche Kontroversen und Polemiken - und all dies ist jeweils armiert mit einer Unzahl an Literaturverweisen. Insgesamt stellt sich leicht der Eindruck eines intelligenten, kurzweiligen Infotainment ein, das allerdings von Seiten kompetenter Fachvertreter etwa aus dem Bereich der Biologie z.T. auf vehemente inhaltliche Kritik stößt.

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Es ist nicht ganz leicht, aus diesem etwas unübersichtlichem Feld das Wichtigste zu Dennetts Auffassung über das Bewusstsein zusammenzutragen. Zentrales Motiv dieser Auffassung ist jedenfalls eine Idee, die Dennett von seinem Doktorvater Ryle übernommen hat: Der Kampf gegen die Annahme eines cartesianischen Gespensts in der Maschine, also gegen die Annahme eines inneren Betrachters unserer mentalen Phänomene oder eines zentralen Bedeutungserzeugers namens „Ich". Dennett geht es dabei aber nicht darum, die Existenz mentaler Phänomene schlichtweg abzustreiten, sondern eine Erklärung für sie zu finden, die in ein materialistisches und evolutionistisches Weltbild passt.

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2. Dennetts Methode: Der „intentional stance" und die „Heterophänomenologie"

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Der Schlüssel zu sämtlichen Geheimnissen der Evolution und des Geistes ist eine Methode, die Dennett „intentionalen Standpunkt" (intentional stance) nennt, d.h. die Einnahme eines Standpunktes gegenüber dem Untersuchungsobjekt, die es als rational handelndes System versteht, ihm Absichten, gute Gründe und ähnliche Handlungsmotive zuschreibt. (6) Gegenüber intelligenteren Schachcomputern ist uns der intentionale Standpunkt wohlvertraut: Freilich, man könnte, wenn man Informatiker wäre und viel Zeit hätte, den nächsten Zug eines Schachcomputers auch aus seinem Programm vorausberechnen; ähnlich effektiv, aber viel einfacher ist es jedoch, den Computer als intentionales System zu interpretieren, das mich schlagen will, meinen Läufer nicht in die Nähe seines Turms geraten lassen will etc., in dem also Wünsche, Gründe etc. repräsentiert wird. Dieser Standpunkt, vor allem wenn er anhand eines Artefakts eingeführt wird, mag prima facie als schlechter Animismus erscheinen, oder geradezu als die Erhebung dessen, was uns in manchen Tierfilmen als naive Vermenschlichung so sehr stört, zur philosophischen Methode. Aber es geht Dennett nicht darum, einen Geist nach der Art des unseren in Tiere und Computer zu projizieren, sondern darum, auf die vielfältigen Arten hinzuweisen, wie in der Natur Informationsverarbeitungsmechanismen und Gründe verkörpert sind. Und welche Gründe ein intentionales System hat, welche Information über seine Umwelt in ihm repräsentiert ist, das erkennt man am ehesten über sein Verhalten. Mit anderen Worten: Der intentionale Standpunkt funktioniert, und zwar auf verschiedensten Ebenen: Würmer und Amöben „wollen" weg vom Gift und hin zur Nahrung, Sonnenblumen „drehen sich" dem Sonnenstand nach, frischgeschlüpfte Kuckucke „wollen" die einzigen Nahrungsempfänger im Nest sein und rollen daher die anderen Eier hinaus, etc. Freilich passiert all dies, ohne darüber zu reflektieren, aber wir können die Gründe dafür erkennen. Der intentionale Standpunkt funktioniert nicht immer problemlos und nicht untrüglich, aber im Großen und Ganzen funktioniert er, und er ist ein unverzichtbares Hilfsmittel. Intentionale Systeme sind nach Dennett also solche, deren Handlungsweise durch den intentionalen Standpunkt voraussagbar (und damit in gewissem Sinne erklärbar) ist, denen man also Gründe und ein Streben unterstellen kann. (7) Gründe gab es in der Natur seit ältesten Zeiten, schon Makromoleküle, die verschiedene Verbindungen anstreben, haben Gründe, aber es handelt sich um „freischwebende Gründe", die Mutter Natur zwar hat, die aber von niemandem reflektiert werden; die Reflexion von Gründen ist eine evolutionär ganz junge Erscheinung. Dass der intentionale Standpunkt auch über weite Speziesdifferenzen hinweg funktioniert, ist kein Zufall, stammen wir doch letztlich alle von makromolekularen Informationsrepräsentanten und Replikatoren ab, und tragen wir doch diese Mechanismen nach wie vor auf verschiedensten Ebenen in uns. Dennett übernimmt also von Richard Dawkins (8) die - im Grunde naturteleologische - Auffassung, dass es in der Natur „egoistische" Informationen gäbe, die nach ihrer Erhaltung, Replikation und Verbreitung (in verschiedenen Substraten, siehe dazu weiter unten) streben.

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Für die Untersuchung des Geistes hat diese Methode folgende Bedeutung: Dennett wendet sich gegen jene Tradition der Philosophie des Geistes, die in der Introspektion, in der phänomenologischen Schau der geistigen Phänomene den Schlüssel zum Geist sah, und die eine bestimmte irreduzible Qualität der Intentionalität als Konstitutivum für mentale Phänomene sah. Autoren innerhalb der analytischen Traditionen, die Dennett hier insbesondere im Visier hat, sind Colin McGinn, Thomas Nagel, John Searle und Roderick Chisholm. Dennett dagegen betreibt „ Heterophänomenologie" (9) insofern, als er die Erklärungsrichtung umkehrt: Introspektionsberichte sind keine Daten, die zur Erklärung dessen beitragen können, was im Bewusstsein vorgeht, sondern sie sind ein Teil des Explanandums. Die Perspektive der ersten Person, so Dennett, ist weder ein privilegierter noch ein irrtumsfreier Zugang, und er hat dafür eine Unzahl an wahrnehmungspsychologischen Befunden an seiner Seite, die uns auf immense Täuschungen, Irrtümer und Ergänzungen bei unseren eigenen Bewusstseinsinhalten ebenso hinweisen wie auf den fiktionalen Charakter eines „Bewusstseinsstroms". Nicht nur im Alltag und im Gerichtssaal, sondern auch nachweislich im Labor sagen wir in manchen Fällen unserer Erinnerung prompt, aufrichtig und felsenfest etwas Falsches, in blinkenden Leuchtschlangen sehen wir fahrende Leuchtpunkte, obwohl sich dort in Wirklichkeit nichts bewegt, und in manchen Versuchen ist unser Gehirn sogar dazu imstande, die objektive Reihenfolge von Zeitpunkten in der subjektiv erlebten Zeit zu vertauschen. Der Grund ist, so Dennett, dass wir verschiedene Wahrnehmungssysteme - in erster Näherung kann man an unsere Sinne denken - für Umweltinformationen besitzen, die parallel arbeiten und „mehrfache Entwürfe" ( multiple drafts) der Umgebung liefern. Das Gehirn leistet die „redaktionelle" Arbeit, diese mehrfachen Entwürfe zu einen verhaltensleitenden Entwurf über die Umweltverhältnisse zu verarbeiten, ist dabei aber u.a. auf die unterschiedlichen Empfindlichkeiten und Reaktionszeiten der einzelnen Systeme angewiesen, und so werden eben Ergänzungen verschiedenster Art vorgenommen.(10) Der Inhalt der Repräsentation ist nichts anderes als der Inbegriff der funktionalen Zustände, die Umwelteinflüsse im Gehirn, im Zentralen Nervensystem und im Körper überhaupt auslösen. Vieles davon erreicht gar nicht die Ebene der Bewusstheit, etwa unterhalten wir uns im Stehen in einem fahrenden Autobus, balancieren dabei unbemerkt unseren Körper im Gleichgewicht und repräsentieren damit in gewisser Weise das Schwanken des Busses. Und daneben läuft natürlich eine Unzahl weiterer Repräsentationsvorgänge auf verschiedensten Ebenen ab, von unserer Verdauung über die Temperaturregulierung bis zu den Bildern der Landschaft, die an uns vorbeiziehen. Zur weiteren Verdeutlichung: Ein Irrtum wäre es beispielsweise, nach „der" Zeit des Geschehens der inneren Repräsentation zu suchen, nach dem absoluten Zeitpunkt z.B. einer Reizwahrnehmung. Dies wäre wiederum ein Rückfall in eine Version des cartesianischen Theaters, die Annahme eines inneren Beobachters, vor dem die Bewusstseinsinhalte in einer bestimmten Abfolge vorbeiziehen. Die prinzipielle Trennung in eine subjektive und eine objektive Perspektive, in eine Perspektive der ersten Person und eine der dritten Person, ist falsch; was im Geist vorgeht, ist unter Heranziehung sämtlicher Zugangswege zu untersuchen, wobei allerdings der Perspektive der 3. Person primäre Bedeutung zukommt, vorzugsweise natürlich der Betrachtung der Gehirnprozesse sowie der sprachlichen und sonstigen Verhaltensäußerungen eines Organismus. Diese Heterophänomenologie vom intentionalen Standpunkt her ist also eine indirekte Methode, und sie gleicht der literarischen Deutung von Texten in ihren Kontexten: Was im Geist vorgeht, welcher Art die mentalen Gegenstände sind, die die heterophänomenologische Welt eines Subjekts ausmachen, ist, wenn überhaupt, durch die Betrachtung seiner Verhaltens- und Reaktionsweisen angesichts ihrer Kontexte erforschbar. Dies geht umso leichter, je näher uns Subjekte stehen, sowohl von ihrer biologischen Organisation als auch von ihrem Lebenskontext her. Wie es ist, eine Fledermaus zu sein, unterscheidet sich also nur graduell davon, wie es ist, ein Leipziger Zeitgenosse Bachs zu sein und seine Kantaten erstmals zu hören.

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3. Die Evolution des Geistes und der Kultur

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Eine vereinigende Idee, die hinter Dennetts Werk vor allem in jüngerer Zeit steht, ist die Ausdehnung des Evolutionsgedankens über den Bereich der Biologie hinaus in den Bereich der Kultur. Dennett übernimmt von Richard Dawkins (11) den Begriff des „Mems" und hat einiges zur Popularisierung dieses Begriffs beigetragen. Vereinfacht gesagt, sind Meme Einheiten der kulturellen Vererbung, etwa Ideen, Praktiken und Institutionen, die ähnlich den Genen den Prozessen der Replikation und der Auslese bzw. Verdrängung gehorchen. Bedeutsam für unser Thema ist dabei, dass der Geist ein Produkt nicht nur der natürlichen Evolution, sondern auch der kulturellen Evolution und Gestaltung ist (PmB 183). (12)

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Aber beginnen wir von Anfang an. Intentionale Systeme, die roboterartig nach sogenannten „freischwebenden Gründen" handeln, gab es von Anfang, genauer gesagt von den ersten selbstverdoppelnden Makromolekülen an, deren direkte Nachkommen wir sind. Und wir sind nicht nur ihre Nachkommen, sondern bestehen auch aus solchen Robotern: Hämoglobinmoleküle, Antikörper, Neuronen, der Innenohr-Augen-Reflexapparat - auf jeder Analyseebene von den Molekülen aufwärts besteht unser Organismus (natürlich einschließlich des Gehirns) aus Maschinen, die stumm ihre erstaunlichen, elegant gestalteten Aufgaben ausführen (SdG 36). Wir alle sind Ansammlungen von Billionen von Makromolekülmaschinen, die letztlich alle von den ersten, selbstverdoppelnden Makromolekülmaschinen abstammen, aber interessanterweise kann ein hinreichend komplexes Gebilde, das aus solchen Robotern besteht, durchaus echtes Bewusstsein besitzen. Im Laufe der Evolution sind diese intentionalen Systeme, die aufgrund von Informationen bestimmte Ziele verfolgen, immer komplizierter und „geistähnlicher" geworden. Um nur einen Aspekt von vielen zu erwähnen, die Dennett erläutert: Zunehmend wurden Organismen fähig, Informationen aus einem weiteren Raum einzubeziehen. Geschah Informationstransport ursprünglich nur durch Molekültransport und -diffusion, also langsam und ungerichtet, so ist Schwingungs- bzw. Schallempfindlichkeit bereits ein Fortschritt, weil Schall ein schnelleres Medium ist und zudem den Transport von Mustern gestattet. Darüber hinaus lassen Schallwellen ihre Quelle eher erkennen, womit wir dem „Handeln auf Entfernung" bereits näher sind. Zusätzliche Lichtempfindlichkeit bringt gegenüber der Schallempfindlichkeit den entscheidenden Vorteil, dass sich das Medium geradlinig und berechenbar ausbreitet. Hat der Organismus eine Art Lochkamera und vielleicht sogar eine Linse, so kann er sich ziemlich genaue Informationen über weit entfernte Oberflächen und Ereignisse verschaffen (SdG 102f). Ein wichtiger weiterer Schritt in der Entwicklung zum Geist ist die Fähigkeit zur Verfolgung von Gegenständen, die durch die Kooperation verschiedener Systemteile möglich wird. Erfolgreiche Verfolgung von Gegenständen setzt die Möglichkeit der Antizipation voraus (etwa wenn das verfolgte Objekt kurz hinter einem Baum verschwindet); so entwickelt sich aus der Repräsentation des Raumes auch langsam die Repräsentation von Zeit, etc. Was sich hier in wachsender Komplexität realisiert, ist die Unterscheidung zwischen innen und außen, zwischen mir und dem Rest der Welt, laut Dennett ein grundlegendes biologisches Prinzip (SdG 131f, PmB 534).(13)

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Dennett schlägt als Struktur für die Kooperation von Subsystemen im Organismus Boolesche Schaltalgebren vor, also beliebig komplexe Kombinationen von EIN/AUS-Schaltern, UND- ODER- und NICHT-Gattern. Solche Strukturen, die Umweltinformationen algorithmisch verarbeiten, sind für Dennett der Schlüssel zur Entwicklung höherer Leistungen, und die Unterschiede zwischen Viren und Menschen sind letztlich nur eine Frage der Komplexität:

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„Sind in einem Lebewesen Dutzende, Hunderte oder Tausende derartiger Schaltkreise eingerichtet, so lassen sich komplexe Tätigkeiten zum Schutze des Lebens zuverlässig steuern, und alles, ohne dass sich in dem Lebewesen irgendetwas abspielt, was nach dem Denken bestimmter Gedanken aussieht. Es gibt sehr viel Als-ob-Entscheidungen, Als-ob-Erkennung, Als-ob-Versteckspiel. ... Wie vielseitig kann ein solcher Aufbau werden? Das ist schwer zu sagen. In jüngster Zeit haben Wissenschaftler künstliche Steuerungssysteme konstruiert und zur Probe laufen lassen, die viele verblüffende Verhaltensmuster erzeugen, wie wir sie auch bei relativ einfachen Lebensformen beobachten. [Dennett spielt offenbar auf den Konnektionismus an.] ... Man ist also versucht zu glauben, dass die ganzen erstaunlich komplizierten Verhaltensabläufe dieser Geschöpfe sich durch einen solchen Aufbau koordinieren lassen, auch wenn wir bisher nicht wissen, wie man ein System mit der erforderlichen Komplexität steuern soll." (SdG 135)

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Entscheidend für Dennett ist nun, dass auch die Evolution insgesamt ein solcher algorithmischer Prozess(14) ist, dass Gestaltung, Ordnung und Komplexität zunehmen können, ohne dass es einen von vornherein existierenden Geist braucht, weder in Form vitalistischer Seelenenergien noch eines göttlichen Planers noch einer ähnlichen Größe zur Erklärungslückenfüllung. In einer immer wiederkehrenden Metapher: es gibt evolutive Kräne, aber man braucht keine „skyhooks", keine Himmelshaken, keinen „Deus ex machina", der in die Evolutionsprozesse eingreift. Weil algorithmische Prozesse substratneutral sind, kann auch die kulturelle Evolution als Teil des gesamten, algorithmischen Geschehens betrachtet werden. Dies ist die Essenz von „Darwins gefährlicher Idee". Man kann aber auch gegenüber der Evolution insgesamt den intentionalen Standpunkt einnehmen, d.h. sie als Prozess des Handelns nach Gründen verstehen, nach Gründen, die zunächst freischwebend und unreflektiert sind, und die nur „Mutter Natur" kennt.

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Als die entscheidenden Stadien auf dem Weg hin zu bewusstseinsbegabten Geschöpfen sieht Dennett die folgenden drei an:

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Zunächst die genetische Evolution von gleichsam „fest verdrahteten", in ihrem Phänotyp fixen Lebewesen, von denen im Wege der Selektion die begünstigten überlebten; dazu gehören Lebewesen, deren Reaktionsweisen fix sind (Dennett nennt sie „Darwinsche Geschöpfe") ebenso wie solche, die zum Lernen durch operante Konditionierung fähig sind (Dennett nennt sie „Skinnersche Geschöpfe"). Das Lernen solcher Organismen (durch blindes Ausprobieren und Verstärkung im Erfolgsfall) ist nach Dennett ein der natürlichen Selektion analoger, algorithmischer Vorgang.

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die Entwicklung von Lebewesen mit „plastischem Phänotyp", deren Aufbau Elemente enthielt, die sich auf die während der Erprobung eintretenden Ereignisse in gewissem Ausmaß einstellen konnten. Dies geht nur, wenn sie eine Art „innere Umwelt" haben, in der eine Menge Information über die äußere Umwelt und ihre Gesetzmäßigkeiten gespeichert ist, und mithilfe derer sie mögliche Reaktionsweisen im Vorhinein beurteilen können (Dennett nennt diese Lebewesen „Poppersche Geschöpfe").

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die kulturelle Evolution: Mit dem Menschen (oder vielleicht auch schon bei anderen Primaten) steigt die Repräsentationsfähigkeit explosionsartig an Dazu trägt eine Fähigkeit bei, die allerdings auch schon bei niedrigeren Tieren beobachtbar ist: Wir verlagern Teile unserer kognitiven Aufgaben in die Umwelt, benützen natürliche und künstlich geschaffene Orientierungspunkte, wir schaffen also verschiedene Strukturen, von den Markierungen von Ameisenstraßen bis hin zur Schrift. Der Vorteil an der Sache ist, dass wir die eigentlichen Daten in der Außenwelt belassen können und nur die Zeiger und Verzeichnisse im Kopf haben müssen. Die Grenze zwischen innen und außen verfließt damit, und es ergibt sich ein weiterer Vorteil: man kann die Früchte des Lernens den „Neulingen" zur Verfügung stellen. Voraussetzung dafür ist die Kommunikation zwischen Lebewesen, die dort auftritt, wo ihr evolutiver Nutzen größer ist als ihre Kosten. Und Voraussetzung solcher Kommunikation ist die Fähigkeit, sich selbst und anderen gegenüber den intentionalen Standpunkt einzunehmen. Dennett nennt Lebewesen, die dazu fähig sind, „Gregorianische Geschöpfe" (nach dem britischen Psychologen und Intelligenztheoretiker Richard Gregory). Gregorianische Geschöpfe können Werkzeuge benützen, in denen Umweltinformationen gespeichert sind; Werkzeuge sind umso effektiver, je mehr Information über die Umwelt in ihre Herstellung eingeflossen ist. Bekannt ist das Beispiel von Schimpansenkulturen, in denen die Technik des Ausraubens von Termitenbauen durch Stochern mit Stöcken weitergegeben wird; die Schimpansen kommen nicht selber auf den Trick, und in manchen Kulturen wird er gar nicht benutzt, obwohl Termiten vorhanden wären. Die machtvollsten Werkzeuge sind Wörter und Begriffe - die geistigen Werkzeuge. Funktional betrachtet sind Wörter und Begriffe „Knoten im Gehirn", d.h. stabile Assoziationszusammenhänge zwischen Hör-, Artikulations- und Tätigkeitsvorgängen.

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Dennett spricht hier bewusst in einem idealisierenden Modell. Andere Passagen zeigen aber, dass er damit doch auch zeitlich sukzessive Stadien meint, die sich allerdings auch in ein und demselben Organismustyp überlappen können.  (15)

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Mit dem Menschen als dem am weitesten flexiblen, repräsentations-, kommunikations- und imitationsfähigen Wesen tritt eine ungeheure Beschleunigung der Evolution, und zwar im Bereich der kulturellen Evolution, ein. Die Einheiten dieser Evolution, die Einheiten der kulturellen Vererbung, sind Meme. Beispiele für Meme sind das Rad, Kleidung, Vendetta, rechtwinkliges Dreieck, Alphabet, kalender, die Odyssee, Rechnungsart, Schach, perspektivisches Zeichnen, Evolution durch natürliche Auslese, Impressionismus, Dekonstruktionismus (PmB 265). Meme haben Ähnlichkeiten mit Genen, sie können sich verbreiten und verschwinden; und sie stehen in verschiedenen Beziehungen zu unserer evolutiven Fitness: Meme, die nicht nur aus ihrer Sicht als egoistische Selbstverdoppler, sondern auch aus unserer Sicht gutartig sind, sind etwa Zusammenarbeit, Musik, Schriftstellerei, kalender, Bildung, Umweltbewußtsein, Abrüstung, das Gefangenendilemma, Die Hochzeit des Figaro, MobyDick, Pfandflaschen, die SALT-Verträge; umstrittenere Fälle sind etwa farbige Nachbearbeitung von klassischen Filmen, Fernsehwerbung, das Ideal der ‚politischen Korrektheit'. Für uns ausgesprochen gefährliche Meme sind Antisemitismus, Flugzeugentführungen, Sprühdosengraffiti und Computerviren (DgE 505).

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4. Das Selbst als theoretische Fiktion: das „Zentrum der narrativen Schwerkraft"

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Welchen Platz nimmt in diesem evolutionären Bild nun der Geist ein? Welche Erklärung findet das Ich, das Bewusstsein von einem ‚Selbst' als Einheitspunkt der mentalen Zustände? Woher kommt die Illusion vom cartesianischen Theater?

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Dennetts Antworten werden an diesem Punkt deutlich metaphorisch, und man muss wohl, um Dennett nicht Unrecht zu tun, ihren Stellenwert richtig einschätzen: Dass das Bild von der Entwicklung des Geistes, das hier gezeichnet wird, reichlich hypothetisch, ja unvorstellbar wirkt, muss dem Wert der Argumentation nicht eo ipso schaden. Vermutlich würde nämlich jede Theorie, wie der Geist aus dem Materiellen entstanden sein könnte, mit dem Problem der Hypothetizität und Unvorstellbarkeit zu kämpfen haben. Zugunsten von Dennetts Theorie ließen sich also wohl immer Paritätsargumente - im Vergleich mit konkurrierenden Theorien - ins Treffen führen.

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Wie auch immer: Dennetts Antworten liegen auf zwei Linien. Die erste Antwortlinie betrifft eher die Frage der funktionalen, technischen Voraussetzungen der Entstehung des Bewusstseins. Wie kann die Illusion eines Bewussteinsstroms, einer zeitlichen Abfolge mentaler Zustände, also etwas wesentlich serielles, in einer Maschine entstehen, die evolutiv augenscheinlich zur parallelen Verarbeitung verschiedenster Umweltinformationen adaptiert wurde? Dennett greift hier zu kybernetischen Überlegungen und insbesondere zum Begriff der virtuellen Maschine: das Bewusstsein ist eine virtuelle serielle Maschine, die - in relativ ineffizienter Weise - auf der parallelen Hardware läuft, die uns die Evolution geliefert hat.

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Die zweite Linie der Antwort betrifft die Frage, wie es evolutiv dazu kam und was der selektive Vorteil des Bewusstseins sein könnte (denkbar wäre ja auch, dass das Bewusstsein eine Art Software-Virus in den menschlichen Gehirnen ist, der für nichts gut ist). Dennett hält zunächst fest, dass das Bewusstsein eine relativ junge Entwicklung und überdies überwiegend ein Produkt der kulturellen Evolution ist, d.h. des unüberschaubaren Memkomplexes, in den wir hineingeboren werden und der uns hauptsächlich im Wege des sprachlichen und sonstigen Sozialverhaltens weitergegeben wird. Das Bewusstsein ist also ein ungeheurer Komplex von Mem-Effekten im Gehirn (PmB 277); dies ist u.a. der Grund, warum seine funktional wichtigen Eigenschaften für die Neurophysiologie unsichtbar bleiben, trotz größter Bemühungen (PmB 289). Irgendwann in der Evolution Gregorianischer Geschöpfe taucht jedenfalls die Fähigkeit auf, sich selbst und anderen gegenüber den intentionalen Standpunkt einzunehmen. Dies ist freilich eine Hypothese; wie der Weg dorthin genau verlief, weiß auch Dennett nicht (PmB337). Eine wesentliche Rolle dürften dabei Gewohnheiten verbaler Autostimulation gespielt haben, also in erster Näherung so etwas wie Selbstgespräche. Es konnte von Nutzen sein, Informationen durch Worte an die eigenen Ohren gelangen zu lassen, um im Gehirn die richtigen Assoziationsmechanismen auszulösen. (PmB 256-263) Die funktionale Architektur des Gehirns, seine kognitive Organisation wird durch diese Prozesse der Autostimulation verbessert. Es scheint z.B. empirische Belege zu geben - etwa bei sogenannten „split brain"-Patienten, bei denen wichtige Verbindungslinien zwischen den beiden Gehirnhälften unterbrochen wurden - , die dahin deuten, dass die Kommunikation zwischen den Gehirnhälften durch solche sprachlichen Umwege teilweise simuliert wird. Wie auch immer es um diese Belege stehen mag: was ist aus der Sicht dieser Hypothese das Ich? Aus Dennetts Sicht ist das Ich eine nützliche Fiktion, deren Nutzen nach der Art des Nutzens anderer Meme verstehbar wird:

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„Ein Ich [ist] meiner Theorie zufolge eine Abstraktion, definiert durch die Myriaden von Zuordnungen und Interpretationen (einschließlich der Selbstzuschreibungen und Eigeninterpretationen), die die Biographie des lebenden Körpers komponiert haben, dessen narratives Gravitationszentrum das Ich ist. Als solches spielt das Ich eine hervorragende Rolle in der laufenden kognitiven Ökonomie des lebenden Körpers, der von allen Dingen seiner Umgebung mentale Modelle erzeugen muß, von denen das Modell des eigenen Ich am wichtigsten ist." (PmB 547f)

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Offensichtliche evolutive Vorteile dieses Mems einer solchen Ich-Fiktion sind die Fähigkeiten zur Selbstmotivation und Selbstkorrektur, die z.B. Voraussetzung von Langzeit-Arbeitsgängen wie Ackerbau, Bauprojekte und andere zivilisatorische Leistungen sind. Ein weiterer Nutzen ist die Fähigkeit zur sozialen Simulation, d.h. die Anwendung von Introspektion zur Gewinnung von Ahnungen darüber, was andere denken und fühlen, und die Fähigkeit zu großflächigen Problemlösungen, obwohl wir Teilproblemen nur wenige Zehntelsekunden Aufmerksamkeit widmen, etc. (PmB 292f, 295 u.a.).

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All dies mag von einem funktionalistischen Standpunkt aus noch plausibel erscheinen, aber die entscheidende Frage scheint nach wie vor offen zu sein: Was ist das Bewusstsein, das Selbst, das Ich? Es scheint doch einen Bereich selbstverständlicher, grundlegender phänomenaler Qualitäten, oder basaler Fakten zu geben, die in all dem Gesagten bisher nirgends vorkommen: eben dass ich es bin, der wahrnimmt, denkt und spricht, dass es meine Zahnschmerzen und meine Wünsche sind, an die ich denke, etc. Wenn es überhaupt irgendetwas Reales gibt, so würden viele wohl einwenden, dann das Ich.

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Dennett hält zunächst anhand verschiedener Belege entgegen, dass diese Einheit des Ich - er spricht in einer Metapher(16) vom „Zentrum der narrativen Schwerkraft", dem Zentrum, in dem sich unsere Erzählungen über die Welt verdichten - keineswegs so selbstverständlich und unaufhebbar ist. Quasi-Ichs, Übergänge von Ichs und Mehrheiten von Ichs kann es durchaus geben, ähnlich wie in der Evolution der Übergang zum Geist eine graduelle Entwicklung war. Schon sprachlich dehnen wir manchmal die Grenzen unseres Ichs aus, wenn wir etwa sagen, wir seien bei Glatteis mit ungutem Gefühl gefahren, weil wir unter unseren Rädern gar nichts mehr von der Straße gespürt hätten. Anscheinend setzen wir hier die Grenze unserer taktilen Reizoberfläche irgendwo außerhalb unseres Körpers an. Aus der empirischen Psychologie sind laut Dennett Fälle von Ich-Dissoziation (d.h. der Auslagerung von Schmerzen aus der Ich-Einheit in Fällen extremer Qual) und Patienten mit multipler Persönlichkeitsunordnung bekannt, d.h. des Lebens zweier Ichs in ein und demselben Körper, mit unterschiedlichen Eigennamen und Autobiographien. Es gibt also offenbar Fälle, wo die fraglose Einheit und Zuordnung des Zentrums der narrativen Schwerkraft abgeändert ist, wo im Zuschauerraum des cartesianischen Theaters ein gewisses Kommen und Gehen herrscht.

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Was ist nun dieses Ich, dieses Zentrum der narrativen Schwerkraft? Es ist nichts Zusätzliches zum materiellen Bestand der Welt, aber deshalb auch nicht schlechterdings nichts. Die Metapher vom Zentrum der narrativen Schwerkraft hat eine ratio analoga: Der Massenschwerpunkt, den man einem Körper in der Physik zuschreibt, ist nichts Zusätzliches in der materiellen Welt, aber er ist etwas ungemein praktisches, eine nützliche theoretische Fiktion: man kann die Gravitation, die auf den Körper einwirkt, bezüglich dieses Punktes kalkulieren. Ähnlich ist das Zentrum der narrativen Schwerkraft eine nützliche Fiktion, die der Vereinfachung unserer theoretischen Erzählung über die Welt dient: Unser Körper spinnt Erzählungen über die Welt, über sich selbst und die anderen, und das Ich ist deren fiktives Zentrum. Umgekehrt spinnen unsere Erzählungen uns, das Selbst ist das Produkt der genetischen und kulturellen Evolution. Auch die sogenannten qualia, die Empfindungsqualitäten, die von manchen als ontologische Festung der Subjektivität, als ein Bereich irreduzibler indexikalischer Fakten verteidigt werden, sind nach Dennett im Prinzip nichts anderes als komplexe Bündel angeborener und erlernter Assoziationen und Dispositionen.(17)

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Der Weiterbestand des Ich hängt nicht an irgendwelchen zusätzlichen Entitäten, an keinen Seelenperlen oder cartesianischen Seelen. Er hängt am Weiterbestand der Erzählung, und die könnte - weil der algorithmische Prozess auch nicht an ein bestimmtes Substrat gebunden ist - prinzipiell in verschiedensten Substraten realisiert sein. Theoretisch kann sie ewig weiterleben, man könnte zumindest prinzipiell also auch den Tod des Körpers überleben.

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Eine weitere - prima facie vielleicht paradoxe - Konsequenz ist die, dass es, hinreichende Komplexität vorausgesetzt, auch Roboter mit Bewusstsein geben könnte. Wer hier entgegnet, man könne sich dies einfach nicht vorstellen, hier fehle doch immer entscheidendes, dem hält Dennett das einfache, bereits weiter oben erwähnte Paritätsargument entgegen: Es ist nicht schwieriger, sich dies vorzustellen, als sich vorzustellen, wie und warum ausgerechnet ein organisches menschliches Gehirn auf Kohlenstoffbasis Bewusstsein entwickeln sollte.

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5. Umrisse einer Kritik

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Eine kritische Auseinandersetzung mit Dennetts Theorie des Bewußtseins könnte sowohl auf der Ebene der innerbiologischen Diskussion um die Triebkräfte der Evolution als auch auf wissenschaftstheoretischer Ebene ansetzen. Ich beschränke mich in diesem letzten Abschnitt darauf, einige der naheliegenden Hauptkritikpunkte zu skizzieren.

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5.1 Erklärungsengpässe des Pan-Selektionismus à la Dawkins / Dennett:

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Biologen haben vehemente Kritik an methodischen und inhaltlichen Mängeln der einzelwissenschaftlichen Begründung seines Evolutionsmodells geübt. Ich greife davon nur zwei Problemkreise heraus. Erstens: Dennett ist der philosophische Exponent eines Darwinismus der strengsten Observanz, der die Tragweite des Selektionsmechanismus verabsolutiert (und bei weitem überschätzen dürfte). Ein notorisches offenes Problem der Evolutionsbiologie sind bekanntlich jene mutativen Veränderungen von Nukleotidsequenzen, die offenkundig keinen Adaptationswert haben sind, d.h. die zwar den Phänotyp z.T. deutlich verändern, aber keinerlei erkennbare Auswirkungen auf den Selektionserfolg des Phänotypen haben. Biologen diskutieren heute verschiedenste Theorien zur Erklärung dieses Faktums, ohne deshalb gleich zu mythologischen „skyhooks" greifen zu müssen. Um nur eine dieser Theorien zu skizzieren: Nach der weithin akzeptierten „neutralen Theorie der Evolution" (neutral theory of evolution) von Motoo Kimura (18) sind die allermeisten Variationen im Genom von ihrem Selektionswert her neutral, d.h. ohne erkennbaren schädlichen oder vorteilhaften Effekt. Der empirische Hintergrund der Hypothese ist die Entdeckung, dass die Vorstellung genetisch homogener und an eine bestimmte Umwelt perfekt angepasster Populationen falsch ist, weil sich die Variationsbreite des Genpools innerhalb von Populationen als überraschend hoch erwiesen hat. Diese Variationsbreite wird weitergegeben, wenngleich die einzelnen Mutationen - als einzelne betrachtet - zum Großteil bald wieder verschwinden. Dies bedeutet zum einen, dass die Verteilung von Mutationen in späteren Generationen nicht nur von Selektion, sondern im hohen Grade von Zufällen, kontingenten Umweltumständen, Veränderungen der Lebensbedingungen, den Interaktionen im Zusammenleben mit anderen Arten etc. abhängt; genetisch vielfältige und nicht perfekt angepasste Genotypen können also verschiedene „Lösungswege" zum Weiterleben in verschiedenen Umweltsituationen finden. (19) Dies bedeutet weiters, dass die eigentliche Einheit der Betrachtung evolutionärer Vorgänge nicht das einzelne Individuum oder sein Genom sein kann, sondern immer etwas größeres, etwa eine Individuengruppe oder eine Population und ihr jeweiliger Genpool.(20) Vor allem aber bedeutet dies, dass nicht für jedes in einer Art verbreitete Merkmal unbesehen die Frage gestellt werden sollte, aufgrund welcher Vorteile es selektiv begünstigt worden sein könnte, da es eben eine Vielfalt von zufälligen Merkmalen ebenso gibt wie „Nebeneffekte" von selektiv wirksamen Merkmalen (überhaupt ist die Frage, was eigentlich als ein „Merkmal" einer Art, Gruppe oder Population zu betrachten ist, d.h. wie große oder kleine Maßstäbe hier anzulegen sind. Dies ist keineswegs trivial!) . Auch ist zu berücksichtigen, dass der selektive Wert von Merkmalen nur in Relation zu den jeweiligen Umwelteigenschaften beurteilt werden kann, die keineswegs stabil sein müssen und sich schnell ändern können.(21) Das simple, aber nach wie vor weithin populäre Bild von Mutation und Selektion ist also aus verschiedener Rücksicht seit langem differenziert worden.

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Freilich hat auch Dennett von solchen Fakten und den auf ihnen aufbauenden theoretischen Ansätzen Kenntnis genommen und spielt in einigen Nebenbemerkungen auch auf sie an. Insgesamt gehen sie allerdings weitgehend hinter der aufgebotenen Vielzahl von Beispielen von Veränderungen, die eine adaptive Interpretation nahezulegen scheinen, unter. Daher sind es nicht etwa nur religiöse Fundamentalisten oder New Age-Schwärmer, bei denen Dennetts einseitige und reduktionistische Sicht der Dinge auf radikale Ablehnung stößt. Auch unter wissenschaftstheoretisch besonneneren Evolutionsbiologen (22) begegnet Dennetts Popularisierung Dawkins'scher Ideen größten Vorbehalten. (23)

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Zweitens: Wie auch Dennett an verschiedenen Stellen seines Werkes zugeben muß, gibt es offenkundige gravierende Unterschiede zwischen Genen und Memen: (24) Meme verändern sich teilweise durch direkte, bewusst herbeigeführte Eingriffe, Gene durch Zufallsmutation; bei Memen ist der Austausch zwischen lange getrennten Kulturen möglich, bei Genen ist kein Austausch zwischen weiter entfernten Arten möglich; Meme können sich miteinander vermischen, Gene nicht; Meme unterliegen einer Art Lamarckistischer Evolution (d.h. erworbene Meme werden weitergegeben), Gene dagegen unterliegen der Darwinistischen Evolution (wie immer sie genau funktionieren mag). Manches spricht also dafür, dass - wie manche Kritiker argwöhnen - die wichtigste Gemeinsamkeit zwischen „Genen" und „Memen" eventuell eine phonetische sein könnte.

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5.2 Das Grundproblem: Dennetts naturalistische Ontologie der Person „von unten":

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Von solchen Schwächen in der evolutionsbiologischen Abstützung einmal abgesehen, hat Dennetts Deutung des Bewußtseins durchaus gewisse philosophische Vorzüge. Sofern man wirklich am Projekt einer ontologischen Ausdeutung unserer naturwissenschaftlichen Befunde über den Geist festhalten will, ist Dennetts Funktionalismus vermutlich eine der attraktiveren Optionen. Dennett ist einerseits kein radikaler Reduktionist (etwa im Sinne des eliminativen Materialismus), er kommt andererseits aber ohne die Anreicherung der Ontologie durch dubiose mentale Lückenfüllerentitäten aus (das ist der durchaus berechtigte Kern von Dennetts Kritik an „Gespenstern in der Maschine", „Seelenperlen" und anderen „cartesianischen Entitäten" als behaupteten Trägern des Bewusstseins). Dennett sucht auch nicht etwa - wie Roger Penrose und andere dies tun - auf der Ebene der Quantenmechanik nach Tätigkeitsorten für den Geist, und, vor allem, er nimmt die Bedeutung der sprachlichen Welterschließung für das Bewusstsein wesentlich ernster als andere Theorien. Wer immer noch entgegnet, er könne sich einfach nicht vorstellen, wie ein noch so komplexer algorithmischer Prozess jemals die Fiktion eines Ich erzeugen sollte, dem kann Dennett jeweils das oben bereits erwähnte Paritätsargument (Peter Bieri nennt es übrigens das „Tibetanische Gebetsmühlenargument" (25)) entgegenhalten: Auch bei realen menschlichen Körpern können wir uns das eigentlich nicht vorstellen, warum ausgerechnet sie ein Bewusstsein entwickeln sollten. Aber wir haben eben eines.

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Dieses „Tibetanische Gebetsmühlenargument" kann allerdings auch als Hinweis auf das grundlegende Problem gelesen werden, mit dem Dennetts Ansatz verbunden ist: nämlich auf das dahinterstehende naturalistische Projekt einer „Ontologie der Person von unten", d.h. den Versuch, das Wesen von Personsein, Subjektivität und Bewusstsein und anderen Phänomenen auf der „Makroebene" (d.h. der Ebene unseres Sprechens und Handelns mit Personen und anderen Gegenständen der Lebenswelt) ausgehend von biologischen u.a. Befunden, d.h. von den Bausteinen auf der „Mikroebene" her zu erklären. Die entscheidende Kritik an Dennett müsste daher m.E. an diesem Naturalisierungsprojekt ansetzen.

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„Naturalismus" in der Philosophie des Geistes ist ein äußerst schillernder Begriff mit dringendem Explikationsbedarf. Ich habe an anderer Stelle (26) ausführlichere Explikationsvorschläge gemacht, die ich hier nur in Kürzestform zusammenfassen möchte. „Naturalismus" kann verstanden werden (a) als eine semantische These, der zufolge alle kognitiv sinnvollen Sätze in Sätze der Naturwissenschaften übersetzbar sein müssen, (b) als eine ontologische These, der zufolge es nur die Gegenstände der Naturwissenschaft, insbesondere die der Physik „wirklich gibt", und/oder (c) als eine methodologische These, der zufolge es jenseits der Einzelwissenschaften keine übergeordnete Disziplin namens „Philosophie", „Erkenntnistheorie" oder dergleichen gibt, und der zufolge die Methoden der Philosophie sich nicht grundsätzlich von denen der Einzelwissenschaften unterscheiden.

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Dennett vertritt sichtlich einen methodologischen Naturalismus und einen ontologischen, und akzentuiert beim letzteren besonders eine negative Stoßrichtung: Cartesianische Entitäten in irgendeiner Form gibt es nicht. Dennetts Ziel ist eine einheitliche Theorie der Wirklichkeit, in der eine Erklärung der Makroeigenschaften in Begriffen der Mikroeigenschaften der Bestandteile gesucht wird, eine Erklärung des „problematischen" mentalen Bereichs durch Rückführung auf den „unproblematischen" materiellen Bereich. Dabei wird jedoch übersehen, dass beide Bereiche keineswegs fraglos gegeben sind, sondern jeweils Abstraktionsprodukte verschiedener Richtungen sind. Theorien über „mentale" Gegenstände einerseits und „physikalische" Gegenstände andererseits sind also Ergebnisse abgeleiteter Redeweisen, die man aus der Alltagsrede dadurch erhält, dass man von anderen Aspekten jeweils methodisch absieht.

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Methodische Einschränkungen der Betrachtungsweise in einem bestimmten Erkenntnisbereich vorzunehmen und von einem speziellen „Gegenstandsbereich" dieser Betrachtung zu sprechen, ist wissenschaftstheoretisch völlig legitim und begründet den praktischen Erfolg mancher solcher Redeweisen, insbesondere den der Naturwissenschaften. Etwas anderes ist es jedoch, diese unsere Redeweise über spezielle, abstrahierte Gegenstandsbereiche in den Rang genereller ontologischer Behauptungen zu erheben. (27) Sofern man nämlich versucht, komplexe Ausgangsphänomene (hier: Personen in ihrer charakteristischen Doppelaspektigkeit von mentalen und physikalischen Eigenschaften) aufgrund von Abstraktionsprodukten (hier: Makromolekülen, Genen, Algorithmen u.a.) ontologisch zu rekonstruieren, droht etwas, was man den „Trugschluss aufgrund reziproker Begriffskonstitution" nennen könnte: man versucht genau jene Eigenschaften zu rekonstruieren, von denen vorher im Verlauf der Abstraktion abgesehen wurde.(28) Und dann liegt es aus Ausweg nahe, dass diese Eigenschaften doch bereits wieder in die „Konstruktionsbausteine" diejenigen Eigenschaften eingeschmuggelt werden müssen. Die Doppelaspektigkeit auf der Makroebene, die für menschliche Personen charakteristisch ist, (29) wird also auf eine (postulierte) Doppelaspektigkeit auf der Mikroebene zurückgeführt. Bei Dennett zeigt sich dies - neben den zahllosen menschlich-technischen Metaphern von Maschinen und ihren Bauplänen, auf die seine Erklärungen an entscheidenden Stellen rekurrieren - u.a. in der Annahme von „freischwebenden Gründen" in Mutter Natur und der Annahme „egoistischer" Replikatoren auf verschiedenen Ebenen, die nach ihrer Erhaltung und Verbreitung streben.

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Dass Hypostasierungen von durch Abstraktion erhaltenen Gegenstandsbereichen problematisch sind, dafür liefert gerade Dennett einige gute Argumente - soweit es gegen seltsame „cartesianische Entitäten" geht. Die Verleihung eines ontologischen Primats an einen anderen Abstraktionsbereich - nämlich den der Gegenstände physikalischer, chemischer und biologischer Theorien - ist allerdings ebenso problematisch. (30)

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Literaturverzeichnis

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  • Orr, H. Allen, Gould on God: Can religion and science be happily reconciled? (= Rezension von Stephen Jay Gould: Rocks of Ages: Science and Religion in the Fullness of Life, 1998), in: Boston Review, Oktober/November 1999.
  • Orr, H. Allen, The scope of natural selection(reply to Daniel Dennett), in: Boston Review, Oktober/November 1996.
  • Philosophy and Phenomenological Research 53, Heft 4 (1993) (Themenheft zu Daniel C. Dennett).
  • Quitterer, Josef, Ist das Selbst eine theoretische Fiktion? In: Vielfalt und Konvergenz der Philosophie, hrsg. v. W. Löffler, E. Runggaldier, Wien 1999, 375-379.
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  • Seager, William, The Elimination of Experience, in: Philosophy and Phenomenological Research 53 (1993), 345-365.
  • Sober, Elliott, From a Biological Point of View. Essays in Evolutionary Philosophy, Cambridge - New York 1994.
  • Strawson, Peter Frederick, Einzelding und logisches Subjekt. Ein Beitrag zur deskriptiven Metaphysik ( Individuals. An essay in descriptive metaphysics, 1959), Stuttgart 1972.
  • The Units of Evolution. Essays on the Nature of Species, hrsg. v. M. Ereshefsky, Cambridge/Mass. - London 1992.
  • Wieser, Wolfgang, Vom Werden zum Sein. Energetische und soziale Aspekte der Evolution, Berlin - Hamburg 1989.
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Anmerkungen:  

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 1. des menschlichen Bewusstseins ( Consciousness Explained, 1991), Hamburg 1994. [Im Folgenden: PmB.]

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2.Darwins gefährliches Erbe. Die Evolution und der Sinn des Lebens ( Darwin's Dangerous Idea, 1995), Hamburg 1997. [Im Folgenden: DgE.]

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3. Neben PmB und DgE sind dies: Spielarten des Geistes.Wie erkennen wir die Welt? Ein neues Verständnis des Bewusstseins ( Kinds of minds, 1996), München 1999 [Im Folgenden: SdG]; Ellenbogenfreiheit. Die wünschenswerten Formen von freiem Willen ( Elbow Room, 1984), Frankfurt 1986. Zur Popularität Dennetts im deutschen Sprachraum dürfte die gemeinsam mit Douglas R. Hofstadter (dem Autor von Gödel, Escher, Bach) herausgegebene und als Sachbuchbestseller in etlichen Auflagen und Sonderausgaben nachgedruckte Sammlung Einsicht ins Ich. Fantasien und Reflexionen über Selbst und Seele ( The mind's I, 1981), Stuttgart 1984 wesentlich beigetragen haben.

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Sammlungen von Beiträgen über Dennetts Philosophie finden sich in Heft 4 von Philosophy and Phenomenological Research 53 (1993), im Doppelheft 1/2 von Inquiry 36 (1993), in dem Sammelband Dennett and his Critics. Demystifying Mind, hrsg. v. B. Dahlbom, Oxford u.a. 1994 sowie neuerdings in dem Sammelband Dennett's Philosophy: A Comprehensive Assessment, hrsg. v. D. Ross, D. Thompson, A. Brook, Cambridge/Mass. u.a. 2000. Einige neuere Aufsätze Dennetts sind in der Sammlung Brainchildren (Cambridge/Mass. - London 1998) zusammengefasst.

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4. D.C. Dennett, Content and Consciousness, London 1969.

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5. Vgl. Dennetts autobiographische Bemerkung in einem Interview: „Maybe I´m what you get when you cross Ryle with Quine and add a little neuroscience": An interview with Dan Dennett, in: Cogito (Winter 1992), 115.

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6. D.C. Dennett, The Intentional Stance, Cambridge/Mass. - London 1978.

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7. P. Bieri, Intentionale Systeme: Überlegungen zu Daniel Dennetts Theorie des Geistes, in: Struktur und Erfahrung in der psychologischen Forschung, hrsg. v. J. Brandstädter, Berlin 1987, 208-252. Zu Dennetts Entwicklung hin zum intentional stance siehe W. Lyons, Approaches to Intentionality, Oxford 1995, 16-39.

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8. R. Dawkins, Das egoistische Gen ( The selfish gene,1976, 2.Auflage 1989), Berlin 1978, überarbeitete und erweiterte Ausgabe Heidelberg 1994.

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9. PmB, Kap. 4. Zum Verhältnis von Dennetts Heterophänomenologie zur traditionellen Phänomenologie siehe D. Carr, Phenomenology and Fiction in Dennett, in: International Journal of Philosophical Studies 6 (1998), 331-344.

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10. Zur Kritik an den philosophischen Folgerungen aus der - i.w.S. empirischen - Theorie der multiple drafts siehe K. Akins, Lost the Plot? Reconstructing Dennett's Multiple Drafts Theory of Consciousness, in: Mind and Language 11 (1996), 1-43.

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11. R. Dawkins, Das egoistische Gen (siehe Anm. 8). Von den zahlreichen anderen einschlägigen Werken Dawkins' siehe insbesondere The extended phenotype. The long reach of the gene. With a new afterword by Daniel Dennett, Oxford - New York 1999 (1.Auflage 1982), Kap. 6.

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12. Für eine ausführliche Darstellung der Theorie der Meme und der kulturellen Evolution siehe kürzlich S. Blackmore, Die Macht der Meme oder die Evolution von Kultur und Geist ( The meme machine, 1999), Heidelberg 2000. Wie es scheint, geht Dennett selbst in seinen jüngeren Werken - wohl aufgrund der vielfachen Kritik an Dawkins - wieder auf Distanz zur Idee der Meme. In SdG, das in vielem eine Zusammenfassung älterer Werke ist, (1996/2000) findet sich jedenfalls keine Spur mehr davon.

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13. Anzumerken ist dabei, dass evolutionär frühere Repräsentationssysteme und „alte Talente" in höheren Organismen nicht gänzlich verschwinden. Man denke etwa an unseren Geruchssinn und die Synapsenvorgänge, die immer noch auf Informationsübertragung durch Molekültransport beruhen, oder an unser Gehör, das den zwar schnelleren, aber ungerichtet sich ausbreitenden Schall als Medium benützt. Der Gesichtssinn dagegen benutzt bereits ein Medium, das sich in berechenbarer Weise ausbreitet und bricht. Damit werden die Lokalisierung der Informationsquellen und wesentlich reichere Umweltrepräsentationen ermöglicht.

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14. Wesentliche Eigenschaften eines algorithmischen Prozesses sind nach Dennett (DgE 65): (1) Substratneutralität, d.h. dass die Wirksamkeit des Prozesses nur von seiner logischen Struktur, nicht aber von den kausalen Fähigkeiten der Materialien, in denen er verwirklicht ist, abhängt; (2) Einfachheit, d.h. mechanische Ausführbarkeit ohne kluge Entscheidungen, heikle Urteile und Intuitionen; (3) garantierte Ergebnisse, d.h. Ergebnissicherheit und -gleichheit, wenn der Algorithmus fehlerfrei ausgeführt wird.

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15. Man denke etwa an das oben unter Anm. 13 über die Erhaltung „alter Talente" Gesagte.

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16. Kritisch dazu J. Quitterer, Ist das Selbst eine theoretische Fiktion? In: Vielfalt und Konvergenz der Philosophie, hrsg. v. W. Löffler, E. Runggaldier, Wien 1999, 375-379.

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17. Gegen Dennetts Sicht der Qualia siehe J. Holt, Blindsight in Debates about Qualia, in: Journal of Consciousness Studies 6 (1999), 54-71; B. Johnsen, Dennett on Qualia and Consciousness: A Critique, in: Canadian Journal of Philosophy 27 (1997), 47-82; W. Seager, The Elimination of Experience, in: Philosophy and Phenomenological Research 53 (1993), 345-365.

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18. M. Kimura, The neutral theory of molecular evolution, Cambridge u.a. 1983.

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19. W. Wieser, Die Evolution sozialer Strukturen und die soziale Struktur der Evolution, in: ders., Vom Werden zum Sein. Energetische und soziale Aspekte der Evolution, Berlin - Hamburg 1989, 89-104, bes. 96-100.

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20. Siehe dazu E. Mayr, Eine neue Philosophie der Biologie, Darmstadt 1988, besonders Teil IV, sowie die Aufsatzsammlung The Units of Evolution. Essays on the Nature of Species, hrsg. v. M. Ereshefsky, Cambridge/Mass. - London 1992.

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21. Neuere Arbeiten zur Wissenschaftstheorie der Evolutionsbiologie: E. Mayr, Eine neue Philosophie der Biologie, Darmstadt 1988; E. Sober, From a Biological Point of View. Essays in Evolutionary Philosophy, Cambridge - New York 1994; E. A. Lloyd, The Structure and Confirmation of Evolutionary Theory, Princeton 1993; Biology and Epistemology, hrsg. v. R. Creath, J. Maienschein, Cambridge u.a. 2000. Eine stärker naturalistische Position nimmt Michael Ruse ein: Evolutionary Naturalism. Selected Essays, London 1995; The Darwinian Paradigm. Essays on its history, philosophy and religious implications, London 1989.

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22. Siehe etwa die fundierte, aber äußerst kritische Rezension des Evolutionsbiologen H. Allen Orr in der führenden einschlägigen Fachzeitschrift Evolution: Dennett's Dangerous Idea (review of Darwin's Dangerous Idea, by Daniel C. Dennett), in: Evolution 50 (1995), 467-472. Dass Orr kreationistische oder sonstige religiöse Motive völlig fern liegen, und dass seine Kritik vielmehr auf wissenschaftstheoretischen Einwänden beruht, belegen u.a. seine zwei Rezensionen von Michael J. Behes Darwin's Black Box (in: Boston Review Dezember/Januar 1996/97) und Stephen Jay Goulds Rocks of Ages (ebenda Oktober/November 1999). In eine ähnliche Richtung wie Orr geht auch J.C. Ahouse, The tragedy of a priori selectionism: Dennett and Gould on adaptationism, in: Biology and Philosophy 13 (1998), 359-391. - Monographien zur Evolutionismusdebatte bis etwa 1996 verzeichnet die Bibliographie von James L. Hayward: The Creation/Evolution Controversy. An Annotated Bibliography. Lanham: The Scarecrow Press 1998. Aus der weitläufigen neueren Literatur sei erwähnt: S. Rose, Darwins gefährliche Erben. Biologie jenseits der egoistischen Gene (Lifelines. Biology Beyond Determinism, 1997), München 2000. Eine laufend aktualisierte und kommentierte Bibliographie zur Evolutionismusdebatte bietet der holländische Biologe Gert Korthof im Internet an: http://home.wxs.nl/~gkorthof/ (WWW-Adresse Stand Mai 2001).

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23. Stellungnahmen wie die folgende von Stephen Jay Gould - die hier auch deshalb wiedergegeben werden soll, um einen Eindruck von der Polemik zu verschaffen, die die Debatten z.T. überlagert - sind kein Einzelfall: „Das Buch [gemeint ist „Darwin's Dangerous Idea, W.L.] liest sich wie die Karikatur einer Karikatur - denn wenn Richard Dawkins den Reichtum Darwins trivialisiert hat, indem er die strikteste Form eines adaptationistischen Arguments in einer maximal reduktionistischen Form vertritt, dann hat Dennett, als Dawkins' Publizist, es geschafft, einen bereits fehlerhaften und unplausiblen Ansatz in eine noch vereinfachendere und unüberzeugendere Form zu bringen. Wenn, wie oft bemerkt wurde, die Geschichte das Erhabene als Farce wiederholt, und wenn T.H. Huxley wirklich als „Darwin's Bulldogge" [Darwin's bulldog] gewirkt hat, dann tut man sich in diesem Buch schwer, der Vorstellung von Dennett als „Dawkins' Schoßhund" [Dawkins' lapdog] zu widerstehen.": Stephen Jay Gould, Darwinian Fundamentalism, in: The New York Review of Books, 12.Juni 1997, Kap. 2.

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24. Darauf hat u.a. H. Allen Orr hingewiesen: Dennett's Dangerous Idea (Anm. 22), 470; siehe auch ders., The scope of natural selection (reply to Daniel Dennett), in: Boston Review, Oktober/November 1996, 36-38.

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25. P. Bieri, Was macht Bewusstsein zu einem Rätsel? In: Spektrum der Wissenschaft, Oktober 1992, 48-56.

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26. W. Löffler, Naturalisierungsprogramme und ihre methodologischen Grenzen, in: Der neue Naturalismus - eine Herausforderung an das christliche Menschenbild, hrsg. v. J. Quitterer, E. Runggaldier, Stuttgart 1999, 30-76.

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27. O. Muck, Methodologie und Metaphysik, in: ders., Rationalität und Weltanschauung. Philosophische Untersuchungen, hrsg. v. W. Löffler, Innsbruck - Wien 1999, 155-201, bes. 179ff.

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28. Dass diese Problematik - den Terminus „Trugschluss aufgrund reziproker Begriffskonstitution" verdanke ich Otto Muck - verschiedene Formen sogenannter „revisionärer Metaphysik" belastet, habe ich zu zeigen versucht in: Was ist eigentlich revisionäre Metaphysik?, in: Metaphysics in the Post-Metaphysical Age. Proceedings of the 22nd International Wittgenstein-Symposium 1999, hrsg. v. U. Meixner, Wien 2001 (in Druck).

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29. P.F. Strawson, Einzelding und logisches Subjekt. Ein Beitrag zur deskriptiven Metaphysik ( Individuals. An essay in descriptive metaphysics, 1959), Stuttgart 1972, Kap. 3.

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30. Ich danke Karl Edlinger für einige hilfreiche Kommentare und Hinweise.

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