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Wandinger Nikolaus: Der Heilige Geist und unser Leib
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Der Heilige Geist und unser Leib
(Gedanken zum Pfingstfest 2020 (LJ A)

Autor:Wandinger Nikolaus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:Predigt gehalten am Pfingstsonntag, 31. Mai 2020
Datum:2020-06-02

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Lesungen: (Apg 2,1–11); 1 Kor 12,3b–7.12–13 Joh 20,19–23

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Liebe Gläubige,

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ich weiß nicht, wie es Ihnen ergangen ist in der Zeit der ganz strengen Ausgangs- und Kontaktsperre, wie Sie den Kontakt zu lieben Menschen aufrechterhalten haben. Da gibt es das gute alte Telefon – natürlich inzwischen auch als Handy – und es gibt alle möglichen Dienste, wie man über das Internet Verbindung in Bild und Ton halten kann. Wir auf der Universität haben auf diese Weise sogar Lehrveranstaltungen und Besprechungen abgehalten. Das geht. Aber es geht oft holprig. Mal reißt die Verbindung des einen ab; dann fliegt die andere aus der Leitung. Und nicht immer kann man so leicht wieder einsteigen. Trotzdem: Das Internet hat es uns ermöglicht, dass aus dem physical distancing nicht wirklich ein social distancing wurde, wie man immer wieder – meiner Meinung nach unzutreffend – gesagt hat. Wir konnten soziale Kontakte über die Technik aufrechterhalten, auch wenn wir die physische, die körperliche, Nähe aus gutem Grund nur mit den uns am allernächsten Stehenden gepflegt haben.

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Nun könnte man sich fragen: Vielleicht ist der Heilige Geist so etwas Ähnliches, so eine Art Online-Verbindung zu Gott, nur eben viel besser als das Internet. Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto mehr wurde mir klar, dass das zwar nicht ganz falsch ist, dass es aber viel zu einfach gedacht ist. Der Heilige Geist ist viel mehr als nur eine ganz stabile Verbindung zu Gott. Lassen Sie mich ein wenig ausholen, um das zu erklären.

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Wenn wir nachher das Glaubensbekenntnis beten, sagen wir, dass Jesus Christus „durch den Heiligen Geist“ empfangen wurde. Das große Credo erklärt etwas ausführlicher, dass der eingeborene Sohn des Vaters „Fleisch angenommen [hat] durch den Heiligen Geist“ und so Mensch geworden ist. Der Heilige Geist ist also derjenige, durch den das ewige Wort des Vaters Mensch werden konnte. Umgekehrt kann keiner erkennen und sagen, dass der Prophet aus Nazaret namens Jesus der Sohn Gottes war und ist, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet, hat uns Paulus gerade in der Lesung erklärt.

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Der Heilige Geist ist also wirklich eine Verbindung von Gott und Mensch, aber nicht im Sinne einer Verbindung zwischen zwei ansonsten voneinander getrennten Größen – wie das Internet –, sondern eine Verbindung, die dadurch entsteht, dass das Verbindende sich ins Innerste der beiden Verbundenen einsenkt. Dieser Geist verbindet Gott und die Menschen, indem er es ermöglicht, dass Gott ein Mensch wird und so dieser Mensch in alle Ewigkeit auch im Innersten Gottes ist. Und dieser Geist lässt uns erkennen, dass Gott in einem Menschen anwesend ist. Ein Mann aus Nazaret ist die Anwesenheit Gottes selbst in der Welt. Der Heilige Geist befähigte die Jüngerinnen und Jünger und befähigt nun uns, das zu sehen: In diesem Menschen aus Fleisch und Blut gibt es eine Tiefendimension, die unendlich ist, eine Dimension, die göttlich ist. Uns wird Gott gerade durch diesen Menschen in dessen Leiblichkeit zugänglich, weil der Heilige Geist diese Leiblichkeit durchdringt und gerade sie zum Erfahrungsort Gottes macht. Weil das so ist, weil für den christlichen Glauben das fleischgewordene Wort Gottes Anfang, Zentrum und Ziel ist, darum gibt es Christsein nicht ohne Leiblichkeit – aber auch nicht ohne Heiligen Geist.

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So wie der Geist uns im Mann aus Nazaret Gott erschließt, so erschließt er uns auch in der Kirche, in ihren leiblichen, sakramentalen Zeichen und in anderen Menschen das Göttliche. Er verbindet nicht nur Gott und die Menschen, sondern auch die Menschen untereinander. Paulus betont das in der heutigen Lesung: Die Kirche besteht aus Menschen verschiedener Herkunft und verschiedenen Standes. Der Heilige Geist macht sie zu einem Leib und zwar weder durch Gleichmacherei – wir bleiben verschiedene Individuen – noch durch eine bloß äußerliche Verbindung, sondern dadurch, dass der Geist selber in jeden und jede von uns eintritt und in unserem Innersten bleibt. An einer früheren Stelle seines 1. Briefes nach Korinth sagt Paulus auch: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt?“ (1 Kor 6,19) Unser Leib ein Tempel des Heiligen Geistes! Auch in uns wohnt Gott selbst. Manche Mystiker sprachen vom göttlichen Funken in uns. Die Verbindung zu Gott kann also nicht abreißen wie eine Internet-Connection. Die Verbindung zu ihm ist untrennbar. Was allerdings passieren kann, ist, dass wir selbst uns von unserem innersten Wesenskern entfernen und dann sowohl die Verbindung zu uns selbst als auch zu Gott verlieren. Unter anderem, um das zu verhindern oder wieder rückgängig zu machen, gibt es leibliche Zeichen der Gegenwart Gottes.

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Eine Hostie, ein kleines Stück Brot. Der Heilige Geist ermöglicht, dass Christus selbst darin gegenwärtig ist und dass wir das im Glauben erkennen und erfahren können. Und wir können diesen Christus in der Gestalt des Brots essen und nehmen damit ihn selbst in unser Inneres auf. Auch hier ermöglicht der Geist, dass etwas, das zunächst uns äußerlich ist, Teil von uns wird, in unser Innerstes eingeht und wir so mit ihm – und durch ihn auch miteinander – verbunden werden.

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Der Heilige Geist und das Leiblich-Materielle sind keine Gegensätze, sondern der Geist ist derjenige, der uns die Tiefendimension des Leiblichen erahnen und erspüren lässt und uns damit das Göttliche erfahrbar macht. Gleichzeitig zeigt er uns auch, dass das Göttliche nicht im Leiblichen und Materiellen aufgeht, sondern dieses unendlich übersteigt – und wir damit auch. Darum können wir eine gewisse Zeit lang auch ohne Eucharistiefreier, ohne Sakramente ohne viele physische Kontakte auskommen. Aber das geht nicht auf Dauer. Wir sind nicht nur für unser biologisches Überleben auf physische Kontakte angewiesen, unsere Gottesbeziehung lebt auch daraus, weil Gott uns so geschaffen hat und sein Geist uns gerade so durchwirkt. Darum glaubt die Kirche auch, dass wir einst mit Leib und Seele auferstehen werden. Ohne Leib, ohne körperlichen Kontakt wäre der Himmel nämlich nicht der Himmel, gäbe es kein ewiges Glück bei Gott, vielmehr könnte es eine ewige Langeweile sein. Unser Glaube sagt aber etwas anderes: Jesus spricht vom himmlischen Hochzeitsmahl. Freilich ist das eine Metapher, aber eine, die genau bei unserer Leiblichkeit und Genussfähigkeit anknüpft und sagt: So muss es im Himmel sein – sonst ist es nicht der Himmel. Der Heilige Geist ist auch in unseren menschlichen Festen und Feiern, derjenige, der uns ihre Tiefendimension zeigt: ein gelungenes Hochzeitsfest ist in seinem Innersten schon ein Stück Himmel, so dass wir erahnen können, wie es dort sein wird.

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Unser Leib ist es allerdings auch, der krank wird, der uns leiden macht. Unsere Leiblichkeit macht uns empfindlich, im schlimmsten Fall kann man uns durch körperliche Verletzung oder Folter auch seelisch zerstören. Das zeigt einerseits noch einmal, wie wesentlich unsere Leiblichkeit für uns ist: sie ist nicht trennbar von unserem Personsein. Wieder ist es aber der Geist Gottes, der uns – weil er uns zuinnerst ist – durch das Leiden hindurch und darüber hinaus führen kann, so wie er es bei Jesus getan hat. Auch er fühlte sich im Leiden von Gott verlassen – und doch hatte er das Vertrauen, sich am Ende in die Hände seines Vaters fallen zu lassen. Und als Auferstandener zeigt er seine Seite und seine Hände – die Stellen mit seinen Wundmalen.

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Weil der Heilige Geist uns das Göttliche und die Botschaft Jesu nicht mehr nur äußerlich und fremd sein lässt, sondern sie in uns einsenkt und zu unserem Eigenen macht, darum macht er uns auch fähig, damit hinauszugehen ohne Furcht und sie anderen mitzuteilen. Der Mut, der die Apostel befähigte, zuerst in Jerusalem und dann in der ganzen Welt das Evangelium zu verkünden, kam auch aus ihrem Inneren, aus diesem Geist, der verbinden kann, indem er sich einsenkt und das Innere selbst verwandelt ohne es zu entfremden.

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Ich möchte Sie heute an Pfingsten einladen, einmal im Alltag darauf zu achten: auf das Verbindende, das keine äußere Brücke braucht, auf die Tiefendimension des Leiblichen, darauf, wie das Göttliche Teil von uns geworden ist.

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Fürbitten

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  • P.: Herr, unser Gott, du hast deinen Geist in die Welt gesandt, damit die Menschen zum Heil finden. In diesem Geist beten wir:
  • V.: Lass deine Kirche aufmerksam dem Wehen des Heiligen Geists lauschen, damit sie Christus treuer nachfolge und ihn so verkünde.
  • A.: Wir bitten dich, erhöre uns.
  • V.: Schenke uns die Fähigkeit, die Tiefendimension der Dinge in der Welt zu spüren und so immer mehr mit dir verbunden zu werden.
  • A.: Wir bitten dich, erhöre uns.
  • V.: Steh allen bei, die leiden, vor allem den Kranken und jenen, die von anderen verfolgt werden. Stärke sich durch den Geist des Mutes.
  • A.: Wir bitten dich, erhöre uns.
  • V.: Schenke unseren Verstorbenen die Freude des Himmels bei dir und lass sie teilhaben an deinem Hocnhzeitsmahl.
  • A.: Wir bitten dich, erhöre uns.
  • P.: Darum bitten wir im Heiligen Geist, durch Christus unseren Bruder und Herrn, dich den ewigen Vater – ein Gott in Zeit und Ewigkeit,
  • A.: Amen.

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