Geschichte/n des Wohnens: Kulturen, Krisen, Utopien
Internationale Tagung des Forschungszentrums „Kulturen in Kontakt“
24.-27. Januar 2024
Claudiana, Universität Innsbruck
Organisation:
Dorothee Birke (Anglistik), Alena Heinritz (Vergl. Literaturwiss.) und Christoph Singer (Anglistik)
Abstract
Wohnen als kulturelle Praxis übernimmt in Zeiten globaler und lokaler Krisen und Transformationen zwei Funktionen. Zum einen wird die Wohnung zu einer Projektionsfläche für Hoffnungen und Ängste. Zum anderen wird die Wohnung zu einem Ort realer ökonomischer, ökologischer und politischer Veränderungen. Aus kulturhistorischer Perspektive erschließen sich mit einem Blick auf Praktiken des Wohnens Prozesse der Subjektbildung sowie der Aushandlung von ökonomischen, affektiven und ästhetischen Strukturen. Deutlich wird auch eine Dialektik von Abgrenzung und Inklusion.
In heutigen westlichen Gesellschaften erscheint die Wohnung spätestens dann als Krisenort, wenn Wohnraum zu einem ökonomischen Spekulationsobjekt wird, der Klimawandel die ökologischen Perspektiven auf und Bauweisen von Wohnungen verändert und in einer von Mobilität und Migration geprägten Welt trditionelle Konzepte von Sesshaftigkeit und Verwurzelung in Frage gestellt werden. Gleichzeitig wird die Wohnung – gerade in pandemischen Zeiten – zu einem (oft prekären) Rückzugsort. Hier stellt sich die prinzipielle Frage der Abgrenzung des Wohnraums, wenn differenzierte räumliche Designationen und Institutionen sich überlagern und die Sphären des Öffentlichen und Privaten sich gegenseitig durchdringen.
Die interdisziplinäre Konferenz des Forschungszentrums “Kulturen in Kontakt” (KiK) an der Universität Innsbruck stellt kontemporäre Krisen und Utopien des Wohnens in einen historischen und kulturübergreifenden Kontext. Wir verstehen das Wohnen als kulturelles Imaginäres, welches sich in Praktiken übersetzt, die immer wieder neu definiert und mit Bedeutung aufgeladen werden. In diesem Sinne soll die Tagung den Narrativen und anderen diskursiven Formationen nachspüren, die das Wohnen zum Gegenstand der Darstellung, Diskussion und Reflexion machen.
Virtual-Reality-Installation „Lock Peeking“ von Lukas Ladner und Sarah Milena Rendel
In den Pausen haben Sie Gelegenheit, die VR-Installation "Lock Peeking" von Lukas Ladner und Sarah Milena Rendel im Türingsaal zu erleben. Mit der VR-Brille können Sie in ganz unterschiedliche Wohnräume und ihre Geschichten eintauchen. Hier findet eine ganz eigene, traumartige Ästhetik zusammen mit Interviewstimmen, die von den sozialen und ökonomischen Bedingungen des Wohnens erzählen. Das VR-Projekt, das im vergangenen Jahr in der HTL für Bau & Design in Innsbruck ausgestellt war, ist jetzt exklusiv im Rahmen der Konferenz wieder zu besichtigen.
Abstracts zu den Vorträgen
Tagungsbericht
Programm
15:30–17:30 Kick-Off-Veranstaltung für Studierende
Begrüßung (Claudiasaal, Claudiana)
Cornelia Feyrer: Wohnen als (trans)kulturelles Phänomen – Inspirationen und Impulse für und aus der Lehre zur translationsrelevanten Kulturwissenschaft
Violet Stathopoulou: a. House and Home - student research into English idioms and related lexis
b. Creative Writing Project: What does home mean to you? - excerpts from short stories written by students
Posterpräsentation und Gespräche bei Getränken und Snacks (Türingsaal, Claudiana)
18:00 Begrüßung und Einführung (Eva Binder für das Forschungszentrum „Kulturen in Kontakt“ und die Organisator:innen)
18:45–19:45 Keynote: Thomas Wegmann (Innsbruck): Hohlraumhartnäckigkeit oder Wie die Höhle zur Höhle wurde, als man modern zu wohnen begann (Moderation: Dorothee Birke)
Sektion 1: Im haus der Geschichte (Moderation: Eva Binder)
09:00–09:30 Annika Jahns (Jena): „Ist der Preis für unsere Komfortwohnung die Einsamkeit?“ – Wohnen im ‚haus des Sozialismus‘ im Spiegel von Texten des Zirkels Schreibender Arbeiter des VEB Carl Zeiss Jena
09:30–10:00 Sebastian Donat (Innsbruck): ‚Wohnen in der Zone‘ und Mauerfall – Beobachtungen zur Rolle privater Lebensräume in literarischen und filmischen Wendenarrativen
10:00–10:30 Svetlana Efimova (München): 2017: die Wohnung als Erinnerungsmedium in der russischen Kultur
10:30–11:00 Kaffeepause
Sektion 2: Wohnen Denken (Moderation: Oliwia Murawska)
11:00–11:30 Reinhard Margreiter (Innsbruck): Zur Normativität des Wohnens
11:30–12:00 Merve Yıldırım (Frankfurt am Main): Corbusier between Islam and International Style
12:00–12:30 Peter Volgger (Innsbruck): The Sensemaking Machine
12:30–14:00 Mittagspause
Sektion 3: Unbehaustheit (Moderation: Teresa Millesi)
14:00–14:30 Hanna Henryson (Stockholm): Dislocated Dwellings: Literary Narratives of Urban Homelessness as Zeitdiagnose
14:30–15:00 Sascha Pöhlmann (Dortmund): Obdachlosigkeit in Videospielen zwischen Individuum und Struktur
15:00–15:30 Kaffeepause
Sektion 4: Draußen und Drinnen (Moderation: Heike Ortner)
15:30–16:00 Sarah Heinz (Wien): The Politics of Banality: Literary Representations of Homemaking Practices under Lockdown in Sarah Moss’ The Fell
16:00–16:30 Verena Thaler (Innsbruck): Virtuelle Räume zwischen Öffentlichkeit und Privatheit: Zur sprachlichen Konstruktion von Wohnräumen in Chat-Gesprächen
16:30–17:00 Susanne Bayerlipp (Frankfurt am Main): Clutter | Affects | Vulnerability – Negotiations of the Family Home in BBC1’s My Hoarder Mum and Me
20:00 Abendveranstaltung im Leokino (Anichstraße 36, 6020 Innsbruck): "Wohnen" mit Sarah Milena Rendel und Lukas Ladner
Sektion 5: Zimmer (Moderation: Maria Piok)
09:00–09:30 Olaf Gipser (Innsbruck): Wohnbauarchitektur als Kritik des täglichen Lebens
09:30–10:00 Katarzyna Grzywka-Kolago (Warschau): Von der Geburtsstube zum Sterbezimmer. Zum Wohnkonzept der Brüder Grimm
10:00–10:30 Anja Gerigk (Dresden/München): Atmosphärisches Wohnen bei Doderer. Szenen der Strudlhofstiege
10:30–11:00 Reto Rössler (Flensburg): Ein Zimmer für sich allein. Intersektionalität und Interieur in Anke Stellings Roman Schäfchen im Trockenen
11:00–11:30 Kaffeepause
Sektion 6: Urbane (Un-)Wohnlichkeit (Moderation: Christian Quendler)
11:30–12:00 Ana Rogojanu, Georg Wolfmayr (Wien): Soziale Wohnraumproduktion in Wien zwischen Staat, Markt und Wettbewerb
12:00–12:30 Gerhild Fuchs (Innsbruck): Gianni Celatis Erzählungen von den Bedingungen und Folgen der ‚Unwohnlichkeit‘ in der megalopoli padana
12:30–13:00 Maria Sulimma (Freiburg): A Gentrifier and a Dog: Narratives of Urban Transformations and their Canine Representations
13:00–14:30 Mittagspause
Sektion 7: Wohnen in Bewegung (Moderation: Peter Pohl)
14:30–15:00 Michaela Bstieler (Innsbruck): Philosophie des Versteckens. Zwischen ethischer Einsamkeit und politischer Widerständigkeit
15:00–15:30 Martin Sexl (Innsbruck): Mobilien oder: vom Wohnen im Automobil
15:30–16:00 Kaffeepause
Sektion 8: Wohnfühlen (Moderation: Julia Pröll)
16:00–16:30 Violet Stathopoulou (Innsbruck): Snapshots of Hearth and Home: from Hestia to One-bedroom Flats and Back to the Garden
16:30–17:00 Ornella Krämer (Innsbruck): Der Duft von Opas Plätzchen – Geschichten vom Zuhause in zeitgenössischen Bilderbüchern
17:00–17:30 Nicole Rettig (Konstanz): „Life in plastic, it’s fantastic“. Wohnen im Plasticaeum
18:30 Gemeinsames Abendessen
Sektion 9: (Alb-)Träume des Wohnens (Moderation: Martin Sexl)
09:00–09:30 Peter Pohl (Innsbruck): Komfort der Katastrophe. Zur Poetik des Wohnens in postapokalyptischen Robinsonaden der Nachkriegsliteratur
09:30–10:00 Maxim Shadurski (Siedlce): The Timescapes of Home and the Novel in the Anthropocene
10:00–10:30 Brigitte Rath (Innsbruck): Caring Homes: Fantasien geschützter Gemeinschaft
10:30–11:00 Kaffeepause
Sektion 10: Metamorphosen (Moderation: Doris Eibl)
11:00–11:30 Waltraud Fritsch-Rößler (Innsbruck): Die Kemenate als liminaler Ort
11:30–12:00 Sophie Renninger (Würzburg): Home Guides as Agencies of Change: From the Victorian Parlor to the Modern Living Room
12:00–12:30 Ingrid Mayrhofer-Hufnagl (Innsbruck): Von Wohnen zu Lebensräumen: KI als Impulsgeber für innovative Architektur
12:30–13:00 Abschluss