Lisa Pfahl
Institut für Erziehungswissenschaft
Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Disability Studies
seit 01.10.2015
Forschung
Lisa Pfahl wird an der Leopold-Franzens-Universität das interdisziplinäre Lehr- und Forschungsgebiet der Disability Studies vertreten. Es vermittelt ein kultur- und sozialtheoretisch informiertes Verständnis von Behinderung und untersucht, welche ökonomischen, rechtlichen, kulturellen, sozialen, therapeutischen bzw. technischen Verhältnisse gesellschaftliche Vorstellungen von Normalität, Produktivität, Autonomie, Gesundheit und Begabung stützen und legitimieren. Im Zentrum des jungen, internationalen Forschungsfeldes stehen für sie Fragen danach, welche Zuschreibungen Behinderung bzw. den behinderten Körper hervorbringen, wie Behinderung erfahren wird, wie soziale und pädagogische Praktiken stigmatisieren und welche neue Formen des Ableism durch gegenwärtige Bildungs- und Arbeitsmarktpolitiken entstehen. Mit ihrem Hintergrund in der kulturwissenschaftlichen, historisch und qualitativ orientierten Soziologie ist Lisa Pfahl sowohl daran interessiert, das Zusammenwirken von Behinderung, Gender und Klasse zu untersuchen als auch am Transfer dieses Wissens in gesellschaftliche Praxisfelder (Bildungseinrichtungen, Erwachsenen- und Berufsbildung, Kunst und Kultur, Menschenrechtsbildung, alternative Ökonomien der Sorge). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Ungleichheit, Benachteiligung und Behinderung sowie die Wissenskulturen von Disziplinen und emanzipatorischen Bewegungen.
Leben
Lisa Pfahl ist in Berlin geboren und der Nähe von Nürnberg in einer Großfamilie zusammen mit vielen Pflegegeschwistern aufgewachsen. Von 1996 bis 2003 hat sie Soziologie, Philosophie und Politik an der Freien Universität Berlin studiert sowie Kurse in GLBT und Afro-American Studies an der University of Minnesota besucht. Während ihrer Promotionszeit am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung begann sie sich im Zuge des sogenannten Pisa-Schocks für die wissenschaftliche Konstruktion von Behinderung zu interessieren. Dieses Thema bot die Gelegenheit, sich mit dem Verhältnis von Wissen, Macht, Ungleichheit und Subjektivierung zu beschäftigen. Pfahls Forschungsarbeiten zur Geschichte der Sonderpädagogik und zu den Biographien von ehemaligen Sonderschüler*innen hat sie am Institut für Soziologie der Universität Göttingen und später am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin fortgesetzt. Mit der daraus hervorgegangenen Arbeit „Techniken der Behinderung. Der deutsche Lernbehinderungsdiskurs, die Sonderschule und ihre Auswirkungen auf Bildungsbiographien“ wurde Lisa Pfahl 2009 an der Freien Universität Berlin promoviert. Die Studie wurde mit dem Dissertationspreis der Sektion Bildung und Erziehung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie ausgezeichnet. Als Postdoc-Fellow der Volkswagen-Stiftung hat Lisa Pfahl am Goldsmiths und der London School of Economics and social Sciences (LSE) eine internationale Perspektive auf Selektions- und Klassifikationspraktiken entwickelt. Von 2011 bis 2013 vertrat sie an der Universität Bremen die Professur „Inklusive Pädagogik“ und beschäftigte sich mit einer Begabungsförderung für Alle und bildungspolitischen Fragen zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention. Anschließend war sie als Juniorprofessorin für Disability Studies an der kultur-, sozial- und bildungswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin tätig und Mitglied im Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterforschung. Lisa Pfahl beteiligt sich seitdem intensiv an dem Austausch zwischen den Disability Studies und den Gender, Queer und Inter*Trans Studies als auch am Austausch der Disability Studies mit Vertreter*innen der deutschsprachigen Behindertenbewegung.