Die Stiftung Sicherheit im Skisport (SIS), das Karlsruher Institute of Technology (Institute of Meteorology and Climate Research) und die Deutsche sporthochschule (Institute of Outdoor sports and Environmetal Science) hatten zum Expertenforum Klima.Schnee.sport eingeladen. Das Forum fand im Oktober 2018 auf der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus/Zugspitze sowie im Januar 2019 in Ruhpolding statt. Expertinnen und Experten europäischer Wetter- und Klimaforschungseinrichtungen nehmen nun in einem gemeinsamen Positionspapier Stellung zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Wintersport. Darin und in einer weiteren geplanten Veröffentlichung fassen die mehr als 20 beteiligten Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus 14 Forschungseinrichtungen den aktuellen Forschungsstand zusammen: Darin bestätigen sie Kernaussagen für den Alpenraum sowie die deutschen Mittelgebirge, weisen auf Wissensdefizite hin und geben mögliche Handlungsempfehlungen. „Uns ist es wichtig, die Diskussion über den Klimawandel und seine Folgen zu versachlichen“, sagt Initiator Prof. Ralf Roth, Institute of Outdoor sports and Environmental Science. „Darum ist es gut, dass es zu diesem Thema nun einen Konsens und eine klare gemeinsame Aussage führender wissenschaftlicher Einrichtungen in Deutschland, Schweiz und Österreich gibt.“
Steigende Temperaturen
Die mehr als 20 Forscherinnen und Forscher sind sich in der Erwartung einig, dass die Jahresmitteltemperatur im Alpenraum und den Mittelgebirgen bis zum Ende des Jahrhunderts um mindestens weitere zwei Grad Celsius steigen werde. „Die Zunahme der Temperatur betrifft alle Jahreszeiten. Nur durch Umsetzung von tiefgreifenden Maßnahmen zur Emissionsreduktion, wie im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 vorgesehen, kann dieser Wert unterschritten werden“, verdeutlicht Prof. Ulrich Strasser vom Institut für Geographie der Uni Innsbruck. „Dabei ist der Klimawandel für den Wintersport in seiner touristischen und spitzensportlichen Ausprägung unauflöslich verbunden mit veränderten Rahmenbedingungen und Unsicherheiten.“ Als Folge der Erwärmung werde die für den Schneesport geeignete natürliche Schneedecke langfristig (bis 2100) bis in mittleren Lagen im Alpenraum und in den Mittelgebirgen weiter zurückgehen. Dabei verkürze sich die Dauer der Schneebedeckung im Spätwinter um Wochen, etwas weniger stark auch im Frühwinter. Die eigentlichen wintertouristischen Kernmonate Januar und Februar seien in den Gebieten geringer betroffen. In diesem Zusammenhang ändern sich ebenfalls die klimatologischen Rahmenbedingungen für die technische Schneeerzeugung. Anzahl und Dauer der potentiellen Schneizeiten verringern sich, halten die Klimaforscherinnen und -forscher in ihrem Positionspapier fest.
Anpassung des Wintersports
Aussagen zur nahen Zukunft (bis 2050) seien schwieriger zu treffen, denn die zum Teil hohe natürliche Klimavariabilität überlagert den langfristigen Trend. „Diese starken Schwankungen können den auch bis 2050 stattfindenden allmählichen Anstieg der mittleren Temperatur markant überprägen. Die Kombination aus Variabilität und kontinuierlicher Erwärmung führt jedoch dazu, dass es immer wieder neue Temperaturmaxima geben wird. Beim Niederschlag ist die Variabilität besonders hoch und es lassen sich auch daher derzeit nur schwerlich klare Trends ausmachen“, erklärt Dr. Michael Warscher, ebenfalls Wissenschaftler am Innsbrucker Institut für Geographie. Gleichzeitig entwickelt sich das System Wintersport, auf das der Klimawandel einwirkt, mit seinen Produkten und Angeboten fortlaufend weiter. „Eine regionale Anpassung des Wintersports an den Klimawandel vollzieht sich nicht in einem Vakuum, sondern ist eingebettet in dynamische Vorgänge auf den verschiedensten Ebenen der regionalen Sektoren und Märkte“, so die beiden Vertreter der Universität Innsbruck im Expertenforum. Wintersportverbänden, Wintersportorten, Bergdörfern und Seilbahnbetreibern biete sich auf dieser Basis die Chance, sich aktiv an der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung „Klimawandel“ mit entsprechenden Maßnahmen zur Anpassung an die Folgewirkungen und Minderung der Treibhausgas-Emissionen zu beteiligen. „Zur Sicherung und Weiterentwicklung des Wintersports werden technologische, organisatorische Innovationen und Diversifikationen der Angebote nötig sein. Die Nutzung erneuerbarer Energien muss gestärkt und die Energie- und Ressourceneffizienz in allen Sektoren des Wintersports gesteigert werden. Für eine nachhaltige Entwicklung wird es nötig sein, noch mehr als bisher, Partnerschaften, Netzwerke und Systeme zum Informationsaustausch auf allen Ebenen zu etablieren. Schließlich werden sich die Akteure zur Zukunftssicherung des Wintersports Strategien zur Verbesserung der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit überlegen und die Innovationsfähigkeit des Wintersports verbessern müssen“, sind sich die Expertinnen und Experten in ihrem Positionspapier einig. Von österreichischer Seite waren neben den Experten der Universität Innsbruck Forscherinnen und Forscher der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik), des Instituts für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der ÖAW sowie des MCI – Management Center Innsbruck beteiligt.
Das Positionspapier steht unter www.stiftung.ski zum Download bereit.
(SIS, ZAMG, red)