Am 27. Oktober 1941 wurde Stefan Kudera (geboren am 8. September 1916 in Dietfurt, „Provinz Warthegau“, „Staatsangehörigkeit: Volksdeutscher aus dem ehemaligen Polen“, auch „staatenlos“) als Student der pharmazie an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck immatrikuliert. Er hatte zuvor an der Universität Posen studiert und stand nun im 6. Semester. Nachträglich wurde sein Innsbrucker Studium am 4. Dezember 1941 vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung genehmigt.
In Myslowitz (nahe Kattowitz, Polen [„Oberschlesien“]), dem Wohnort der Familie Kudera, hatte er die Matura am polnischen klassischen Gymnasium abgelegt. Sein Vater Bruno Kudera, Rechtsanwalt, lebte zu diesem Zeitpunkt noch. 1942 scheint im Inskriptionsblatt die Mutter Johanna Kudera als Witwe auf. Im Gasthof „Templ“ in der Innsbrucker Templstraße 32 bezog Stefan Kudera sein Studentenquartier, später im Gasthof „Sailer“ in der Adamgasse.
Am 26. Juli 1943 hat Stefan Kudera, der am 2. Juli 1943 exmatrikulierte, die pharmazeutische Diplomprüfung „mit dem Gesamturteil gut“ abgeschlossen.
Von der Anichstraße 44 weg, wo Stefan Kudera etwa seit Mitte 1943 wohnhaft war, wurde am 21. Februar 1944 sein jüngerer, am 5. August 1923 geborener Bruder Marian Kudera als Leiter einer Widerstandsgruppe von Polen in Tirol verhaftet. In den Matrikeln der Universität Innsbruck lässt sich Marian Kudera nicht als Medizinstudent nachweisen. Möglicherweise ist er als Helfer an das Krankenhaus Innsbruck gekommen.
Marian Kudera wurde bei der Gestapo Innsbruck, Herrengasse 1, von Kriminalsekretär Güttner, SS-Untersturmführer Hinterhuber und Kriminalassistent Pechlaner bestialisch gefoltert. (Bericht des Anstaltarztes auf Wikipedia nachzulesen.) Am 28. April 1944 wurden die Brüder Kudera mit anderen Polen in das KZ Dachau eingeliefert und dort am 19. Juli 1944 hingerichtet.
Literatur und Quellen
- Johann Holzner, Anton Pinsker, Johann Reiter, Helmut Tschol (Bearb.), Zeugen des Widerstandes, Innsbruck-Wien-München 1977, 47.
- Gerhard Oberkofler, Das Martyrium eines polnischen Widerstandskämpfers in Tirol, in: Weg und Ziel 1980, 32f.
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934-1945, Bd. 1, Wien 1984, 399-402, 547, 551 (Abschnitt bearbeitet von Andreas Maislinger)
- Eduard Rabofsky und Gerhard Oberkofler, Verborgene Wurzeln der NS-Justiz, Wien 1985, 23-26.
- Universitätsarchiv Innsbruck, Pharmazeutische Inskriptionsblätter und pharmazeutisches Prüfungsprotokoll Stefan Kudera.
- Online-Eintrag „Marian Kudera“ auf Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Marian_Kudera
(ip)