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Niewiadomski Jozef: Laudatio für Dr. Karin Peter anlässlich ihrer Promotion „sub auspiciis Praesidentis rei publicae”.
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Laudatio für Dr. Karin Peter anlässlich ihrer Promotion „sub auspiciis Praesidentis rei publicae”.

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriefak
Abstrakt:
Publiziert in:Gehalten am 10. März 2011 in der Aula der Universität Innsbruck
Datum:2011-03-11

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Wer hätte das geahnt, dass eine Schülerin aus dem Kirschendorf Vorarlbergs, ein Mädchen aus Fraxern, das in der 1. Klasse Volksschule sich mit dem Lesen verdammt schwer tat, einmal „sub auspiciis" promovieren wird? Der Liegegips half da mit und auch der jüngere - noch nicht eingeschulte - Bruder, der schon damals einen „Sprachwissenschaftler" abgab. Und natürlich auch der Rest der Familie. Noch ein Bruder, der Vater: Volksschullehrer und Schuldirektor, die Mutter, gelernte Sekretärin, die daheim blieb, Oma, die bettlägerig und pflegebedürftig war. „Bin behütet aufgewachsen" - wird sie später sagen. Nach der Hauptschule in Klaus - aus der auch ein zweiter Promovent des Tages: Martin Gächter kommt, geht sie ans Oberstufengymnasium in Götzis. Wo das Lernen immer lustvoller wird. Wo ihr aber auch eines der größten Schocks ihres bisherigen Lebens widerfährt. In der 7. Klasse verunglückt eine besonders begabte Mitschülerin; das emphatische Vertrauen: „wir können die Welt verändern" bekommt gewaltige Kratzer. „Es sind nicht wir die Entscheidendes machen!" Meisterhaft begleitet der Klassenvorstand Dr. Margit Hofer die Schulklasse durch die Krise; rückblickend weiß Karin die Pädagogin, ihr menschliches Einfühlungsvermögen, ihre dezente und doch bestimmte Religiosität und ihr politisches Gespür zu schätzen: „Täglich lernten wir Nachrichten zu hören und zu lesen und über Tagespolitisches Geschehen zu diskutieren". Karin entdeckt die civil society, engagiert sich in der Jungschar, in der Pfarre, im Dekanat und will auch beruflich das Leben der Kinder mitgestalten. Deswgen geht sie nach der Matura an die Pädagogische Akademie in Feldkirch, absolviert die Volksschullehrerinnenausbildung (lernt gar das Handwerkarbeiten). Dort treten mehrere Frauen in ihr Lebenshorizont, Frauen, die etwas bewegen, fest im Glauben verwurzelte „burnig persons" mit Hildegard Lorenz an der Spitze. Das war der Grund doch mit dem Theologiestudium zu beginnen: „Eine der besten Entscheidungen meines Lebens" - wie sie später sagen.

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Einer der ersten Erlebnisse an der Theologischen Fakultät war die Überraschung bei einem Gastvortrag: „Nichts verstanden, obwohl deutscher Sprache so mächtig. Ich muss noch viel lernen!" Lernen nicht nur aus den Büchern und von den Professoren. Lernen durch Austausch mit den Mitstudierenden. Lernen bei Ferialjobs bei der Post, wo sie miterleben darf, dass türkische Mitbürgern mit den Kindern als Übersetzungshilfe zum Schalter kommen um sich Pension auszahlen zu lassen. Lernen im Unterrichtspraktikum und im Pastoraljahr, das sie in der Pfarre Allerheiligen in Innsbruck absolviert. Lernen auch in der Frauengemeinschaft der Frohbotinnen, im Volksmund Batschunserinnen genannt, mit denen sie ein Stück des Weges mitgegangen ist. Lernen schlussendlich auch von ihren StudentInnen an der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule Edith Stein, wo sie inzwischen Professorin ist und lernen muss, das reiche Wissen zu elementarisieren, damit es Biographien der Jugend prägt: einer Jugend, die halt anders ist als wir und doch uns allen gleich.

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„Wir müssen dünne Sohlen tragen
oder barfuß gehen.
Was wir berühren,
mit leichtem Finger berühren,
mit wachen Fingerspitzen. Nichts achtlos."

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- dichtete Hilde Domin, die geistige Patin unserer Promoventin.

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Im Rahmen des Studiums findet sie zu einem Lesekreis, das jahrein jahraus am Institut für Systematische Theologie angeboten wird und in dem mehrere Personen mehrere Semester lang einander herausfordern, methodisches Werkzeug der mimetischen Theorie von René Girard und der dramatischen Theologie in den Fußstapfen von Raymund Schwager zu lernen. Sie findet so den Weg zum Forschungszentrum: Religion-Gewalt-Kommunikation-Weltordnung. Die ambitionierte und emsig arbeitende Studentin will Brücken stärken zwischen der ihr biographisch wichtig gewordenen Bibelexegese und der im Schwerpunkt bearbeiteten Dogmatik, nimmt sich für ihre Diplomarbeit und Dissertation innovativer Themen an, arbeitet auch einen erfolgreichen Forschungsantrag an den Tiroler Wissenschaftsfond aus. „Transformation der Apokalypse": Das Projekt bündelt die ihr so wichtige Anliegen: Interdisziplinärer Zugang zur theologischen Forschung, Brücke zum gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Geschehen, Engagement für eine Lebensfördernde Religiosität. Monatelange Archivarbeiten in Raymund-Schwager-Archiv, Neufokussierungen des Anliegens im Forschungskreis: „Dramatische Theologie" und vieles andere mehr. Das Ergebnis: Eine bereits mehrfach ausgezeichnete Dissertation: „Apokalyptische Schrifttexte: Gewalt schürend oder transformierend? Ein Beitrag zu einer dramatisch-kritischen Lesart der Offenbarung des johannes". Methodisch meisterhaft und innovativ, sprachlich brillant und in der Sache klar und eindeutig. Die Widmung bringt die Dissertation auf die Kurzformel:

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„allen,
die unter Gewalt
leiden
und allen,
die Gewalt
zu verwandeln vermögen"

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„damit es andres anfängt
zwischen uns allen"

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(Im letzen Halbsatz wiederum Hilde Domin). Im Augenblick lehrt Karin Peter an der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule Edith Stein und arbeitet an einem FW-Forschungsprojekt: „Raymund Schwager Dramatische Theologie" in dem es u.a. auch um eine kritische Ausgabe der Korrespondenz zwischen Raymund Schwager und René Girard geht.

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„Ich hatte und ich habe ein reiches Leben", bekennt sie freimutig. Diese „burnig person", die in ihrem Leben so vielen anderen „burnig persons" begegnen dürfte. Liebe Karin, die Fakultät ist stolz auf Dich und ich persönlich bin besonders stolz, vor allem aber bin ich Dir dankbar. Dankbar, dass auch ich Dein Lehrer sein durfte!

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