Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Erna Appelt: Ein Wort des Abschieds
anlässlich des akademischen Festaktes zur Verabschiedung von Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren sowie von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, am Donnerstag, den 15. Dezember 2016
Sehr geehrter Herr Rektor, sehr geehrte Mitglieder des Rektor_innen-Teams, liebe Festgäste und liebe Kollegen und Kolleginnen!
Es ist mir eine große Ehre bei dem heutigen Festakt einige Worte zum Abschied sagen zu dürfen. Die bei der heutigen Feier geehrten ehemaligen Mitglieder der Universität Innsbruck können zweifellos auf unterschiedliche Lebensläufe und akademische Karrieren zurückblicken, auf zahlreiche Erfolge, aber natürlich auch auf Enttäuschungen und Rückschläge. Einiges haben wir aber gemeinsam: Wir beenden mit unserer Pensionierung bzw. der Versetzung in den Ruhestand den vermutlich wichtigsten Abschnitt unseres Lebens, die Zeit unseres akademischen Wirkens. Und wir stehen vor einem Lebensabschnitt, der uns neue Möglichkeiten eröffnet, in dem wir aber auch auf die Begrenztheit unseres Wirkens und unserer Möglichkeiten verwiesen werden. Der Moment des Abschieds mag für manche von uns Befreiung von Pflichten und Verantwortung sein. Für manche mag das Erleben des Verlusts an Status und Einfluss überwiegen. Ich vermute aber, dass bei uns allen gerade am heutigen Tag das Gefühl der Dankbarkeit andere Empfindungen zurückdrängt. Hier an dieser Universität, an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck konnten wir in den letzten Jahrzehnten in Lehre und Forschung tätig sein und in einem Ausmaß, das in nur wenigen Berufsfeldern gegeben, unsere beruflichen Ziele verwirklichen.
Naturgemäß kann ich über die Gefühle und Einschätzungen meiner Kollegen und Kolleginnen nur Vermutungen anstellen und letztlich nur für mich selbst sprechen. Diese Freiheit möchte ich mir auch nehmen. Ich persönlich habe der Universität Innsbruck in mehrfacher Hinsicht sehr viel zu verdanken, vor allem hinsichtlich der Verwirklichung meiner wissenschaftlichen Interessen und damit eng verbunden hinsichtlich meines Engagements für eine Gesellschaft, in der es mehr Geschlechtergerechtigkeit gibt, als in jener Welt, in die ich hinein geboren wurde.
Entscheidend hierfür waren v. a. das Engagement und die Einstellungen von maßgeblichen Führungspersönlichkeiten dieser Universität. Entgegen meiner Erwartungen waren es nicht so sehr die universitären Strukturen der Mitbestimmung und der Selbstverwaltungen, die hier als Türöffner fungiert hätten. Es waren vielmehr Rektorat und auch einige Dekane, die in der Phase des neoliberalen Umbaus, der intendierten „Verbetriebswirtschaftlichung“ der österreichischen Universitäten „windows of new opportunities“ geöffnet haben. Politikwissenschaftlich ausgedrückt könnte ich sagen: „Nicht nur Strukturen bestimmen unsere Wirklichkeit, auch: personalities matter“.
Etliche von uns werden sich noch an die Rede erinnern, die Altrektor Töchterle anlässlich seiner bewerbung um die Stelle des Rektors gehalten hat. Damals hat er sich klar und eindeutig gegen die bedingungslose Unterordnung unter den neoliberalen Zeitgeist positioniert. Und für viele von uns war es überraschend, dass sich diese Position durchsetzen konnte. Man könnte diese Position auch als eine „Ja, aber-Position“ bezeichnen. „Ja“ zum Umbau der Universität, zu weitgehend von außen vorgegebenen Strukturen, „aber“ gleichzeitig ein Bekenntnis zur Förderung der Autonomie der wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie zu neuen Formen kollektiver Selbstbestimmung.
In Fall meiner wissenschaftlichen Interessen war v. a. der Umbau der Forschungslandschaft der Universität Innsbruck von Bedeutung. Diese wurden bekanntlich vom damaligen Vizerektor für Forschung und unserem jetzigen Rektor Tilmann Märk initiiert. Und diese Tradition wurde und wird auch vom aktuellen Rektor_innenteam umgesetzt und weiterentwickelt.
Die Einrichtung zunächst des Forschungsschwerpunktes und 2008 der interfakultären Forschungsplattform „Geschlechterforschung: Identitäten, Diskurse, Transformationen“ war ein entscheidender Meilenstein in der Etablierung der Gender-Forschung an der Universität Innsbruck. Diese Institutionalisierung hat nicht nur die interne Vernetzung enorm gestärkt, sondern war auch ein starker Anstoß für neue Forschungsvorhaben, Publikationen und Projekte. Damit ist es gelungen, die Innsbruck Geschlechterforschung nicht nur in Österreich, sondern darüber hinaus bekannt zu machen.
Eng damit verbunden war aber auch eine weitere Institutionalisierung, nämlich die Einrichtung des interfakultären Masterstudiums „Gender, Culture and Social Change“. Auch hier haben Persönlichkeiten eine wichtige Rolle gespielt. Ohne das Wohlwollen und die Unterstützung der damaligen Vizerektorin für Lehre, Frau Prof. Margret Friedrich, wäre eine Umsetzung kaum möglich gewesen. Es ist jedoch auch dem Engagement vieler weiterer Mitarbeiterinnen der Universität zu verdanken, dass dieses ambitionierte Vorhaben realisiert werden konnte. Hier möchte ich vor allem stellvertretend für viele andere Elisabeth Grabner-Niel vom Büro für Gleichstellung und Gender Studies erwähnen, die sich unermüdlich für die Einrichtung dieses Masterstudiums eingesetzt hat.
Als Mitbegründerin und Leiterin der interfakultären Forschungsplattform „Geschlechterforschung“ sowie als Vorsitzende der Curriculum-Kommission des Masterstudiums „Gender, Culture and Social Change“ hatte ich die Möglichkeit, viele meiner Ideen und Vorstellungen umzusetzen und so – wie ich hoffe – einen Beitrag zu einer geschlechtergerechteren Universität zu leisten. All jenen, die hier dies ermöglicht und gefördert haben, all jenen, die hier mitgewirkt haben, möchte ich heute meinen Dank aussprechen
Mir ist bewusst, dass neue Persönlichkeiten den Innsbrucker Gender-Studies in Lehre und Forschung ein neues Gesicht geben werden. Dafür, dass Geschlechtergerechtigkeit aber auch weiterhin an der Universität Innsbruck einen wichtigen Stellenwert haben wird, dafür wurden die Weichen vom unserem Rektorat gestellt. Diesem gilt daher mein besonderer Dank!
Ich habe mir erlaubt, von meinen eigenen Erfahrungen zu sprechen. Ich bin mir aber sicher, dass die heute geehrten Kolleginnen und Kollegen auf Erfahrungen zurückblicken können, die sie zu einem ähnlich positiven Resümee veranlassen.