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Niewiadomski Jozef: Das Wunder der Menschwerdung Gottes
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Das Wunder der Menschwerdung Gottes
(Eine Predigt zu Lk 1,26-38)

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:Predigt in der Jesuitenkirche (am 22. Dezember 2002 um 18. Uhr)
Datum:2002-12-23

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Was haben wir da gehört und was ist uns zuteilgeworden? Hier und jetzt bei diesem Gottesdienst:

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- mittein in einer Welt, die das Weihnachtsfest zu einer Konsumorgie verwandelt hat und im Advent keine größere Sorge zu haben scheint, als die Angst, dass das Weihnachtsgeschäft nicht so gut läuft, wie im letzten Jahr;

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- in einer Welt, in der gleichzeitig Millionen von Menschen verhungern.., zu Tode kommen, ständig die Bilder jener Welt vor Augen habend, in der keine anderen Hoffnung zu herrschen scheint, als die Regel: "Lass uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!";

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- in einer Welt, die mit dem Krieg spekuliert, weil sie wiederum einmal die Inkarnation des Bösen gefunden hat, sich vor dem Bösen auch befreien möchte, ihn mit Gewalt im Zaun halten oder erschlagen will;

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- in einer Welt, in der seit Jahren sich Menschen in die Luft sprengen, andere mit in den Tod nehmen, weil sie keine Antwort auf den Teufelskreis des Bösen kennen;

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 was haben wir da gehört und was ist uns zuteil geworden?

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Wir haben das Evangelium: die Frohbotschaft gehört! Die Frohbotschaft von der "Kraft des Höchsten" (Lk 1,35). Die "Kraft des Höchsten" bekommt Gestalt unter uns Menschen und dies mit Hilfe einer Frau. Ist das nicht wunderbar? Ist das nicht die Geschichte des größten Wunders..., des Wunders aller Zeiten?

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Dem Bibelkundigen Kirchengeher fallen da sofort einige Parallelgestalten ein. Die glorreiche Judith etwa. Die kampfstarke Witwe. Von der Macht des Höchsten überschattet, schlägt sie dem schlaffenden Holofernes den Kopf ab (Jdt 13,1-10), löst also das Problem des Bösen mit List und Trug und brachialer Gewalt. Oder Jael, die dasselbe Problem mangels eines Schwertes mit einem Zeltpflock und einem Hammer löste, weil sie dem schlafenden Barak den Zeltpflock in die Schläfe hineinjagte (Ri 4,21) und so den Feind demütigte. Und der Prophetin Deborah zur Inspiration verhalt, ein Siegeslied auf die Kraft des Höchsten anzustimmen (Ri 5)und den größten Sieg aller Zeiten zu bejubeln. Oder die Geschichte der Königin Esther, die mit ihrer Schönheit und Klugheit die Ausrottung des jüdischen Volkes verhinderte indem sie ihrerseits ein Blutbad und dies landesweit inspirierte (Est 9,1-17) und so zum größten Sieg aller Zeiten verhalf.

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Zahlreich sind die faszinierenden Geschichten von der Kooperation der Frauen mit der "Macht des Höchsten". Zahlreich sind diese Geschichten in der Bibel, zahlreich sind sie in der Geschichte eines jeden Volkes, und geradezu unzählig in unserer Gegenwart. Mit dem Granatengürtel um ihren Schoß umgürtet, glauben sie das neue Leben in die Geschichte ihrer Völker zu bringen, in die Geschichte unserer Welt. Sie bringen dieses neue Leben, indem sie töten, den Bösen eliminieren, sich gleichzeitig selber vernichten und nach und nach zur Inspirationsquelle neuer Gewalttaten werden. Damit auch den Teufelskreis der Gewalt nähren.., zwar nicht mit ihren Brüsten, wohl aber mit der brachialen Gewalt ihres Hasses: eines Hasses, der den Tod überdauert. Sie bringen also das neue Leben! Aber eines, das sich in kurzer Zeit wiederum als die Wiederauflage des alten entpuppt. Das größte Wunder aller Zeiten wird zum banalen Alltagsgeschäft des Töten und des Getötetwerden.

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Und die Botschaft des Evangeliums? Jene Botschaft von der "Kraft des Höchsten", die die gewöhnliche Frau aus dem Volk überschattet und im wörtlichen Sinn neues Leben bringt? Ist das nicht ein Wunder? Ist das nicht die Unterbrechung der alltäglichen Teufelskreise?

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Ah wo denn! - schreit uns das banalisierte Fernsehenpublikum aller Orte entgegen. Schaut euch doch irgendein Handbuch der Mythologie an. Am besten in der preisgünstigen "Hollywood-Ausgabe", zugeschnitten auf das Niveau eines der ...zig-Kanäle, die landauf landab euch nur eines künden: Überall in der Welt hat es unzählige Jungfrauengeburten gegeben. Die Alten glaubten halt, dass das Göttliche nur auf außergewöhnlichem Weg in die Welt kommen muß: mit der Kraft der Pauken und Trompeten, wie auf der Leinwand. Das Wunder wird also in Hollywood gemacht und nicht in Nazareth. Ist es wirklich so?

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Müßten wir nicht - wir, denen das Evangelium zuteil wurde - protestieren und die Kraft des Wunders von Nazareth bezeugen? Müßten wir nicht das Außergewöhnliche der unzähligen Jungfrauengeburtslegenden entzaubern, diese eine zum Leuchten bringen und so zur Aufklärung in unserer Welt beitragen? Zahlreich sind die Legenden - das ist wahr. Es sind dies aber allesamt Vergewaltigungszenarien, die uns die Mythologie der Völker anbietet. Die Storys von der Begattung zwischen einem Gott und der Frau, die als das medium zur Klärung der Herabkunft eines neuen Gottes, eines strahlenden Helden, eines Krieges landauf landab erzählt wurden, berichten alle von der Vergewaltigung eines Menschen durch einen übermächtigen Gott. Als Raubvogel, als Stier, oder als ein monströses Wesen stürzt sich die Gottheit auf die Frau, verletzt sie, bringt sie in geistige Verwirrung und macht sie zum hilflosen Opfer der übermächtigen Gewalt. Und das Ergebnis? Sie Frau bringt zwar ein neues Leben in die alte Welt hinein, nährt dieses sogar mit ihren Brüsten, aber auch mit Kraft der brachialen Gewalt ihres Hasses. Sie bringt ein neues Leben, das sich bloß als Neuauflage des alten entpuppt. Der neue Gott ist auch nur ein alter Krieger: der Rivalität und dem hass ausgeliefert. Mißgünstig und neidig: schon damals zurechtgemacht für eine Hollywood Story und die inflationären, schreinenden größten Wunder allerzeiten, die von dorther kommen. Das Außergewöhnliche daran ist dermaßen außergewöhnlich, wie eine Vergewaltigung außergewöhnlich ist in unserem Alltag. Mehr nicht!

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Nicht so das Wunder von Nazareth. Das Wunder der gewaltfreien Kooperation zwischen einer Frau und dem wahren und lebendigen Gott. "Überschattet durch die Kraft des Höchsten" tötet sie nicht. Zieht auch keinen Granatengürtel an um ihren Schoß. Sie ist ja nicht verletzt worden und ihre Sinne nicht verwirrt. Sie ist begnadet und fähig eine herrschaftsfreie Kommunikation zu führen. Und sie gebiert das neue Leben, ein Leben, das alle Mechanismen sprengt! Sie kann dies alles tun, weil sie vom Gott in denkbar höchsten Ausmaß respektiert wird. Der wahre Gott bedient sich nicht der billigen Tricks, agiert nicht mit List und schon gar nicht mit brachialer Gewalt. Er bedient sich der Frau nicht und instrumentalisiert sie nicht! Er spricht zu Menschen, achtet aber auf seine Würde und die Freiheit. Das Evangelium von der Kooperation zwischen der "Kraft des Höchsten" und der Frau, zwischen Gott und Mensch sprengt alle uns bekannten Schemata. Es bedient sich zwar der menschlichen Sprache, bringt bekannte Bilder und Motive, transformiert aber diese. Es kündet eben das Wunder an: die Unterbrechung aller bekannten alltäglichen Teufelskreise durch die Kraft der göttlichen Liebe.

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Es ist ein Wunder, das das Leben und nur noch das Leben hervorbringt: das Wunder des Liebhaber des Lebens. Und dies auch in unsere Welt hinein: in die Welt, die der Konsumorgie verfällt, gleichzeitig aber dem Elend des Hungers ausgeliefert bleibt; in eine Welt in der die Menschen das Leben zu lieben gelernt haben, wie dies kaum in der Geschichte der Fall war, gleichzeitig aber sich buchstäblich in die Luft sprengen. Dieses Wunder, das das Leben ohne auch den Anschein von Zweideutigkeit möglich macht: das Leben und die Liebe pur - wie dies ein Yuppie sagen würde - wurde am schönsten im alten Adventlied: "Maria durch ein Dornwald ging" eingefangen. Schon im Vorübergehen kann das gottmenschliche Leben die toten Dornen zum Blühen bringen.

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Wir glauben dieses Wunder! Beten wir also, dass auch uns dieses Wunder des göttlichen Lebensliebhaber zuteil wird: uns und den unsrigen: Beten wir aber auch um dieses Wunder bei unseren Gegner und Feinden. Auf dass auch die "granatumgürtete Frauen" sich wandeln. Mögen die Rosen überall blühen!

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