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Politische Dokumente aus dem Universitätsarchiv

Politische Dokumente aus dem Universitätsarchiv

Dokument 1:
1896. Innsbrucker Burschenschaften setzen laut Aktenprotokoll aufgenommen im Rektorat der Universität Innsbruck das "Rassen" antisemitische "Waidhofener Prinzip", wonach "den Juden keine Satisfaktion gewährt" wird, um.

Vgl. dazu Peter Goller und Martin Urmann: Antisemitismus an der Universität Innsbruck. Vom "Waidhofener Prinzip zum "Ständestaat" (1896-1938), in: Antisemitismus in Österreich 1933-1938, hrg. von Gertrude Enderle-Burcel und Ilse Reiter Zatloukal, Böhlau, Wien 2018, 801-815.

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Dokument 2:
1897. Das Ministerium für Unterricht und Cultus genehmigt nach Wien auch für die Universität Innsbruck Satzungen zur "Einrichtung volksthümlicher Universitäts-Vorträge".  In Wien halten neben dem Historiker Ludo M. Hartmann etwa u.v.a.m. auch die Physiker Ernst Mach und Ludwig Boltzmann volksbildnerische Vorträge. Die zu Beginn der 1890er Jahre gegründete sozialdemokratische Tiroler "Volks-Zeitung" sieht einen alten Wunsch der Tiroler Arbeiterschaft nach Zugang zu wissenschaftlicher Bildung erfüllt. 

Vgl. Matthias Scantamburlo: Die Anfänge der Arbeiterbewegung in Tirol und Vorarlberg. dokumentiert anhand der "Volks-Zeitung. Organ für die Interessen des arbeitenden Volkes in Tirol und Vorarlberg" von 1892-1896, phil. Diplomarbeit, Innsbruck 2014 und Peter Goller: Arbeiterbewegung und Universität in Tirol. Am Beispiel der "volksthümlichen Universitäts-Vorträge" ab 1897, in: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft in Wien 4/2016, 19-25 (online unter www.klahrgesellschaft.at)

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Dokument 2a:
August 1914.
Kriegschauvinistischer Aufruf des Rektors der Universität Innsbruck Wilhelm Erben, Professor der mittelalterlichen Geschichte.

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Dokument 2b:
1915. Universitäre Kriegshetze. Die Universität Innsbruck verleiht an die Habsburger, Erzherzog Eugen und Erzherzog
Franz Salvator, sowie an Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf und General Viktor Dank  Ehrendoktorate.
Karl Kraus in den "Letzten Tagen der Menschheit" über die akademische Kriegsbarbarei:
"Dankl: Mir könnts bald zum Ehrendoktorat von Innschbruck gratuliern.

Vgl. Gerhard Oberkofler: Universitätszeremoniell. Ein Biotop des Zeitgeistes, Passagen-Verlag, Wien 1999.

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Dokument 2c:
1917. Das Ministerium für Kultus und Unterricht fordert die Universitäten auf, über die "Einführung militärwissenschaftlicher Disziplinen" zu beraten. Zahlreiche Innsbrucker Professoren erklären sich eifrig bereit, auch im Sinn künftiger Kriegstreibereien zu forschen. So  der "Päpste-Historiker" Ludwig Pastor, der schon kriegspropagandistische Biographien zu österreichischen Kriegsführern vorlegen kann.  Gleichzeitig habilitiert etwa die Rechtswissenschaftliche Fakultät Innsbruck im Juli 1917 den im Stab des Erzherzog Eugen tätigen Majorauditor Albin Schager für "österreichisches Militärstrafprozessrecht". Schager war dann zu Beginn der 1920er Jahre an den erfolglosen Restaurationsversuchen von Karl Habsburg beteiligt.

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Dokument 2d:
November/Dezember 1918. "Anschluss"-Ideologie als Lehre aus dem Kriegselend. Keine drei Wochen nach Kriegsende beschließt der Akademische Senat der Universität Innsbruck in seiner Sitzung vom 19. November 1918 "Anschluss"-Telegramme  deutscher Universitäten, u.a. Berlins, der "Universität Fichtes und Humboldts" im Sinn eines Deutschland "zwischen Maas und Memel, von der Etsch bis an den Belt" (Universität München) freundlich zu beantworten.

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Dokument 3:
1925. Innsbrucker Studentenverbindungen protestieren rabiat antisemitisch gegen die an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck erfolgte Habilitation des Zahnheilkundlers Wilhelm Bauer.

Vgl. Michael Gehler: Student und Politik.
Der Kampf um die Vorherrschaft an der Universität Innsbruck 1918-1938, Studienverlag, Innsbruck 1990.

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Dokument 4:
1926. Innsbrucker Studenten beteiligen sich an der Hetzkampagne gegen den in Hannover lehrenden Philosophen
Theodor Lessing, der es gewagt hatte, den Reichspräsidenten Hindenburg als intellektuell beschränkte Figur hinzustellen. ("Lessing-Affäre"). Nach 1933 wurde Lessing von Nazischergen auf der Flucht ermordet.

Vgl. die nachhaltig gültige sozial-historische Analyse zur Innsbrucker Studentenschaft von Michael Gehler: Korporationsstudenten und Nationalsozialismus in Innsbruck. Eine quantifizierende Untersuchung, in:
Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft 20/1 (1994), 1-20.

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Dokument 5:
1927. Die Universität Innsbruck feiert ihr 250-Jahr-Jubiläum. Angesichts der Teilung Tirols und der Abtrennung Südtirols kommt es zu einem Streit, ob die Universität Innsbruck italienische Universitäten zur Feier einladen darf. Innsbrucker nationale Vereine werfen der Universität Innsbruck mangelhaften Einsatz für die "Tiroler Landeseinheit" vor. Der Münchner Professor
Georg Kerschensteiner meint 1927 auch unter Berufung auf den soeben verstorbenen Philosophen Rudolf Eucken, die Frage der Verbindung zur italienischen Wissenschaft sei von jener des Protestes gegen die Mussolini faschistische Gewaltpolitik gegenüber Südtirol zu trennen.

Vgl. Peter Goller: Innsbrucker Universitätsjubiläen. Inszenierungen 1877 - 1927 - 1952 - 1969, in: Wissenschafts- und Universitäts-geschichtsforschung am Archiv, hrg. von Alois Kernbauer, Publikationen aus dem Archiv der Universität Garz 45, Graz 2016, 69-90.

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Dokument 6:
1933/34. Die austrofaschistische Unterrichtsverwaltung diszipliniert neben einigen nazistischen Innsbrucker Universitäts-professoren (wie den Geographen Friedrich Metz oder den Volkskundler Adolf Helbok) auch eine Reihe von NS-Studierenden. Vollständig dokumentiert in Alexander Freiberger: Die Universität Innsbruck im Austrofaschismus. Am Beispiel der Disziplinarverfahren gegen NS-Studierende, phil. Diplomarbeit, Innsbruck 2014.  

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Dokument 7:
1938. Ausschluss jüdischer Lehrender und Studierender durch die Universität Innsbruck. Vgl. systematisch dokumentiert in Gerhard Oberkofler: Bericht über die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Innsbruck, in: Zeitgeschichte 8 (1981), 142-149 sowie Peter Goller und Georg Tidl: Jubel ohne Ende. Die Universität Innsbruck im März 1938. Zur Nazifizierung der Tiroler Landesuniversität, Löcker-Verlag, Wien 2012.

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Dokument 8:
1939/1942. Bei der Universität Innsbruck eingelangte Erlässe zur "Überweisung von Leichen Hingerichteter an die anatomischen Institute". Vgl. dazu das von Prof. Erich Brenner (Medizinische Universität Innsbruck) geleitete Forschungsprojekt, jetzt:
Erich Brenner und Herwig Czech: Nazi victims on the dissection table - The Anatomical Institute in Innsbruck, in:
Annals of Anatomy - Anatomischer Anzeiger 2019, Elsevier, Science direct, avaiiable online 1 April 2019.

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Dokument 9:
"Entnazifizierung". Oktober-Dezember 1945/November 1946. Rektor Karl Brunner, Professor der Anglistik, 1938 als Anhänger des Austrofaschismus vom Naziregime entlassen, im Mai 19445 in das Rektorsamt zurückgekehrt, berichtet dem provisorisch für die Innsbrucker Universität zuständigen, beim Amt der Tiroler Landesregierung angesiedelten "Staatskommissär für die unmittelbaren Bundesangelegenheiten" über die seit der Befreiung im Mai 1945 gesetzten "Personalveränderungen". Im Oktober 1945 war an der Universität Innsbruck ein "Überprüfungsausschuss zur Säuberung von politisch unzuverlässigen Bediensteten" eingerichtet worden. Angesichts der "mild nachsichtigen" universitätsinternen Entnazifizierung kam es im Frühjahr 1946 zu zahlreichen Einsprüchen von Seite der französischen Militärregierung, sodass von Seite des Innsbrucker Universitätsdirektors Richard Pokorny im November 1946 dem nun wieder auch für Innsbruck zuständigen Bundeministerium für Unterricht über den aktuellen Stand der personell politischen Erneuerung berichtet wird. Bis 1949/50 zieht sich die "Entnazifizierung" hin. Sie ist politisch dominiert vom nun wieder an der Universität präsenten katholischen "Ständestaatslager". Nach und nach kehrt mit Unterstützung der Professorenkollegien auch ein großer Teil der stark nazistisch belasteten Professoren wieder in das lehramt zurück. Es kommt also zu keiner demokratischen Erneuerung der Tiroler Landeshochschule. Sie versinkt in "restaurativer" Stimmung.

Vgl. Gerhard Oberkofler und Peter Goller: Universität Innsbruck. Entnazifizierung und Rehabilitation von Nazikadern 1945-1950, Bader Druck und Verlag, Angerberg 2003 und Peter Goller: Die politische Lage an der Universität Innsbruck 1933/34 - 1938 - 1945/46, in: "Säuberungen" an österreichischen Hochschulen 1934-1945. Voraussetzungen, Prozesse, Folgen, hrg. von Johannes Koll, Böhlau Wien 2017, 365-403.

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Dokument 10:
1946/47. Nikolaus Grass (1913-1999), 1983 emeritierter Ordinarius der Rechtsgeschichte, gehörte unmittelbar nach 1945 als junger Privatdozent den universitären Überprüfungsgremien an. Der katholische Anti-Nazi Nikolaus Grass liefert eine realistisch prägnante Einschätzung über den zwischen 1938 und 1942 als NS-Rektor tätigen Historiker Harold Steinacker (1875-1965).

Vgl. dazu Gerhard Oberkofler: Nikolaus Grass - einige wissenschaftshistorische Miniaturen, Studienverlag, Innsbruck 2008.

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Dokument 11:
1946. Der 1938 aus Österreich vertriebene Physik-Nobelpreisträger Viktor Franz Hess wird von der Innsbrucker naturwissen-schaftlichen Fakultät primo et unico loco für die Lehrkanzel der Experimentalphysik vorgeschlagen. Mit Schreiben an seinen ehemaligen Innsbrucker Assistenten Rudolf Steinmaurer zögert Hess wegen der schwierigen wissenschaftspolitischen und -finanziellen Lage den Ruf anzunehmen. 

Vgl. Susanne Lichtmannegger: Nobelpreisträger Viktor Franz Hess und das Nachkriegsösterreich. Ein Beitrag zu den Problemen der Naturwissenschaften an der Universität Innsbruck, in: Tagungsband "Naturwissenschaften und Politik - Schwerpunkt: Die Jahre 1933-1955", hrg. von W. Gerhard Pohl, Linz 1997.

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Dokument 12:
Ende 1948.  Beispiel für die gescheiterte "Entnazifizierung". Das Ministerkomitee "zur Säuberung der leitenden Stellen in Staat und Wirtschaft von Nazielementen" wies Berufungsvorschläge der Innsbrucker Fakultäten wiederholt zurück, so etwa vorläufig jene für die neuerliche Wieder-Ernennung der Medizinprofessoren Franz Joseph Lang (Pathologie) und Siegfried Tapfer (Frauenheilkunde), und insbesondere für den besonders aggressiv nazistisch agiert habenden Zoologie-Professor
Otto Steinböck. Die Innsbrucker Philosophische Fakultät beharrt aber in wiederholten Eingaben auf der Rückkehr ihres ehemaligen Nazi-Dekans Steinböck. Auch in Reaktion auf dieses Dokument beharren die "Innsbrucker Fakultätsseilschaften"
auf ihrem Vorschlag, sodass Steinböck 1949 tatsächlich in sein Ordinariat zurückkehren kann ...

Vgl. Peter Goller und Gerhard Oberkofler: Krise der Wissenschaftspolitik und Faschismus an Österreichs Universitäten. Zur materiellen Basis der "Anschlussideologie", im speziellen des Innsbrucker Zoologen Otto Steinböck (1893-1969), in:
Jahrbuch des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW) für 1996, Wien 1996, 101-122.

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