"Weltanschauung": Konturierungen eines umstrittenen Themas
8. - 10. November 2012
Universität Innsbruck
Katholisch-Theologische Fakultät
Karl-Rahner-Platz 3
A-6020 Innsbruck
Beginn: Donnerstag, 8. 11.2012, 19.s.t., Madonnensaal
Die Wortgeschichte von „Weltanschauung“ ist kurz, aber reich an semantischen Wendungen: Zwischen seinem ersten, eher beiläufigen Auftreten bei Kant 1790, der Subjektivierung seiner Bedeutung in der Romantik und den inflationären Ideologisierungen und Politisierungen von „Weltanschauung“ im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert liegen nur 150 Jahre. Besonders der Missbrauch der NS-Ideologen hat das Wort in vieler Augen diskreditiert, es lebt aber u.a. im juristischen Sprachgebrauch fort und hat in den Debatten um den „Neuen Atheismus / Humanismus“ wieder Konjunktur: Dort wird z.T. wieder eine naturalistische „wissenschaftliche Weltanschauung“ in Aussicht gestellt.
Mit semantischen Klippen ist also zu rechnen. Dennoch bedarf die Philosophie eines Analysebegriffs, der den allgemeinsten Orientierungsrahmen von Menschen bezeichnet. „Weltanschauung“ könnte ein geeigneter Terminus dafür sein. In der von O. Muck vorgeschlagenen Explikation enthält eine Weltanschauung nicht nur Bewertungen, sondern auch das grundlegende theoretische Koordinatensystem, gemäß dem wir uns im Denken und Handeln orientieren. In diesem Sinne sind Religionen Weltanschauungen, die sich jedoch mit vielen anderen Weltanschauungen inhaltlich überlappen. Die Tagung geht ideengeschichtlichen, anwendungsbezogenen und systematisch-philosophischen Aspekten nach.
Vorträge:
Edgar Morscher (Salzburg) „Wissenschaftliche Weltanschauung“ – gibt es so etwas?
Karl Acham (Graz) Formen und Funktionen der Weltanschauung
Jan Radler (Frankfurt/O.) Leiten Weltanschauungen unser Handeln an? Einige historische und systematische Bemerkungen
Björn Hofmeister (Berlin) Weltanschauung und Nationalismus – Zur Dynamik alldeutscher Ideologie 1890-1939/45
Otto Muck (Innsbruck) Rationale Elemente von Weltanschauung
Patrick Riordan (London): Weltanschauung: Das Spannungsfeld zwischen Inhalt und Funktion
Nikolaus Wandinger (Innsbruck) Weder Ideologie noch Beliebigkeit. Theologische Anmerkungen zum Begriff der „Weltanschauung“
Gisela Raupach-Strey (Halle/S.) Weltanschauungen als Herausforderung der Philosophie- und Ethikdidaktik
Hansjörg Hemminger (Stuttgart) Weltanschauungen als Objekte der empirischen Sozialforschung
Kurzporträts der Vortragenden:
Karl Acham, Dr.phil.Dr.h.c., geb. 1939, Studium der Philosophie, Geschichte und Germanistik in Graz, Habilitation in Philosophie, ist em. Prof. für Soziologie an der Universität Graz. Gastprofessuren u.a. in Deutschland, Kanada, China, Brasilien, Japan; Arbeitsschwerpunkte: Geschichts- und Sozialphilosophie, Geschichte und Theorie der Geistes- und Sozialwissenschaften, Kultursoziologie
Hansjörg Hemminger, Dr.habil.rer.nat., geb. 1948, Studium der Biologie und psychologie, Habilitation an der Universität Freiburg/Breisgau, ist Weltanschauungsbeauftragter der Evangelischen Landeskirche Württemberg; Arbeitsschwerpunkte: Religions- und Sozialpsychologie extremer Weltanschauungsgemeinschaften, Kreationismus
Björn Hofmeister, PhD, geb. 1973, Studium der Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, der University of Sussex und der Duke University, Promotion an der Georgetown University, ist Mitarbeiter am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin. Arbeitsschwerpunkte: Nationalismusforschung, Kriegstheorien, Verbandsgeschichte und Soziale Bewegungen
Winfried Löffler, Dr.phil.Dr.iur., geb. 1965, Studium der Rechtswissenschaften, Theologie und Philosophie in Innsbruck, ist Ao.Universitätsprofessor am Institut für Christliche Philosophie der Universität Innsbruck und Präsident der Österr. Gesellschaft für Religionsphilosophie. Arbeitsschwerpunkte: Logik, Wissenschaftstheorie, Religionsphilosophie
Edgar Morscher, Dr.phil., geb. 1941, Studium der Philosophie, Germanistik und der Theologie, ist Emeritus am Fachbereich Philosophie der KGW-Fakultät der Universität Salzburg. Arbeitsschwerpunkte: Ethik, Philosophische Logik, Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts einschließlich Gegenwartsphilosophie
Otto Muck SJ, Dr.phil., geb. 1928, Studium der Philosophie mit Mathematik an der Universität Wien und am Berchmanskolleg München sowie der Theologie an der Universität Innsbruck, ist Emeritus am Institut für Christliche Philosophie der Universität Innsbruck. Arbeitsschwerpunkte: Wissenschaftstheoretische Grundlagen von Metaphysik und weltanschaulichem Dialog
Jan Radler, Dr.phil., geb. 1976. Studium der Kulturwissenschaften an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), ist dort Mitarbeiter am Lehrstuhl für philosophische Grundlagen kulturwissenschaftlicher Analyse. Arbeitsschwerpunkte: Wissenschaftstheorie, Geschichte der Wissenschaftstheorie und Umweltethik
Gisela Raupach-Strey, Dr.phil., geb. 1946, Didaktikerin des Philosophie- und Ethik-Unterrichts an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1992-2012. Studium in Bonn, Tübingen und Heidelberg, Gymnasiallehrerin für Philosophie und Mathematik in Hannover und Berlin (bis 1998), Lehrerfort- und -weiterbildungen. Dissertation zur Sokratischen Methode in der Tradition von L. Nelson und G. Heckmann
Patrick Riordan SJ, Dr.phil., geb. 1950, Studium der Theologie in Dublin und Philosophie in München und Innsbruck, ist Dozent für Philosophie am Heythrop College der University of London. Arbeitsschwerpunkte: politische Philosophie, das Gemeinwohl, Religion und Politik
Nikolaus Wandinger, Dr.theol.habil., geb. 1965, Studium der Theologie und Philosophie in Innsbruck, San Francisco und Berkeley, ist Assistenzprofessor am Institut für Systematische Theologie der Universität Innsbruck. Arbeitsschwerpunkte: Theologische Anthropologie, Methodik der Dramatischen Theologie, Karl Rahner, Theologie in der Populärkultur
Konzeption und Wissenschaftliche Leitung: Ao. Univ.-Prof. DDr. Winfried Löffler & Präsidium der ÖGRPh