Milijana Pavlović
Heroes
(05.07.2019)
Das neu errichtete haus der Musik, direkt neben dem Innsbrucker Landestheater, ist nicht nur der Ort für Konzerte von Klassik bis Pop, im vierten Stock des Gebäudes wird auch darüber geforscht. Dort liegt das Institut für Musikwissenschaft, wo sich Milijana Pavlovićs Büro befindet. Ein bewegtes Leben habe sie bereits hinter sich, erzählt sie. Aufgewachsen im kriegsgebeutelten Bosnien-Herzegowina in den 80er und 90er Jahren studierte sie an der Universität in Banja Luka, im Norden des Landes, englische Sprache und Literatur. Nach erfolgreichem Abschluss zog es Pavlović in die oberitalienischen Stadt Ferrara, wo sie ein Doktorratsstudium in Musikwissenschaft absolvierte. Danach ging es zurück nach Bosnien-Herzegowina, ehe ihr Weg sie 2013 nach Innsbruck führte.
Rock als Initiator
Das Thema Musik war bereits vor dem Beginn ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit zu einem Motor für Veränderung in ihrem Leben geworden. Begonnen hat alles im Jahr 1989. In Berlin fiel die Mauer und die Scorpions hatten mit „Wind of Change“ einen Nummer-Eins-Hit, weit über das geeinte Deutschland hinaus. Auch in Bosnien-Herzegowina war der Song Ende der 80er in den Charts und erreichte die damals neunjährige Pavlović: „Das Lied habe ich sehr oft gehört. Mit der Zeit konnte ich es sogar auswendig und dann wollte ich wissen, was der Sänger da singt. Und so habe ich begonnen, mir Englisch beizubringen.“ Das musikalische Angebot zu dieser Zeit in Mrkonjić Grad, wo sie und ihre Familie damals lebten, war wenig divers. Auf der einen Seite standen der Rock und seine Auswüchse, auf der anderen Seite Turbofolk, ein Genre, das folkloristische Elemente des Ostens mit Beats des Westens vereint. In beiden, erzählt sie, habe sie sich nie zu hundert Prozent zu hause gefühlt, auch wenn sie zu dieser Zeit viel Rock gehört hat. Guns n‘ Roses, Iron Maiden und Metallica gehörten zu ihren damaligen Lieblingsbands, die „Ghosts of the Past“, wie die Musikwissenschaftlerin sie rückblickend nennt.
Eine Fernsehsendung als Wendepunkt
Der musikalische Wendepunkt, der in weiterer Folge ihr ganzes Leben beeinflussen würde, trat ein, als sie mit 17 Jahren im Fernsehen ein Programm mit dem Namen „Triller“ sah: „Eigentlich habe ich bei dem Programmnamen erwartet, dass ein Film kommt. Stattdessen wurde in einen Konzertsaal zu einem Orchester geschalten und ein lächelnder Mann betrat die Bühne. Und als dieser Mann die Arme hob, machte er Magie damit. Das war so ein Schock für mich, dass es so etwas überhaupt gab. Erst durch diese Aufführung bin ich zu einem kompletten Menschen geworden.“ Den lächelnden Mann, der mit nur einer Handbewegung ihr ganzes Leben veränderte, lernte sie Jahre später kennen – es war der Dirigent Claudio Abbado. Auch wenn dieser mittlerweile nicht mehr am Leben ist, hat er das Leben Pavlovićs bis heute beeinflusst: „Das Feuer, das er in mir ausgelöst hat, versuch ich meinen Studierenden mitzugeben.“
Mahler als Forschungsschwerpunkt
Ein Bild Abbados hängt auch zentral in ihrem Büro. Neben anderen Helden wie David Bowie und Leonard Cohen gibt es noch einen weiteren musikalischen Fixstern, der ihre wissenschaftliche Karriere beeinflusste und zu einem ihrer Forschungsschwerpunkte wurde: Gustav Mahler. Auch dort fand die erste Begegnung über das Fernsehen statt: „Als ich ihn das erste Mal im Fernsehen gehört habe, hatte ich Gänsehaut. Ich habe das Programm bis zum Ende geschaut, um zu erfahren, wer diese wunderschöne Musik geschrieben hat. Und dank meiner Arbeit kann ich mich jetzt intensiv und wissenschaftlich mit Mahler beschäftigen.“
Eine noble Vision
Neben Interessen wie dem Fotografieren und ausgedehnten Wanderungen in den Dolomiten, interessiert sich Pavlović auch sehr für Quantenmechanik und andere Themen, die man so eher aus Star Trek – eine ihrer Lieblingsserien – kennt. Als Fan erkennt sie in der Science-Fiction-Serie auch zahlreiche Ansätze, die sie ihrer eigenen Forschung zu Grunde legt: „In Star Trek liegt immer das Forschen und Entdecken, nie das Beherrschen im Vordergrund. Da steckte eine noble Vision dahinter, die mir sehr gefällt. Und außerdem haben sie Musik von Mahler in ihren Soundtracks verwendet“, erzählt sie schmunzelnd.
(Autor: Philipp Buchacher)
Steckbrief
Name
Dr. Milijana Pavlović
Funktion
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Musikwissenschaft
An der Uni seit
2013
Wohnort
Innsbruck
Herkunft
Mrkonjić Grad/Bosnien-Herzegowina