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Sandler Willibald: Zeit der Barmherzigkeit – Zeit des Gerichts. Ein Ausweg aus dem katholischen Dilemma mit den wiederverheirateten Geschiedenen?
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Zeit der Barmherzigkeit – Zeit des Gerichts. Ein Ausweg aus dem katholischen Dilemma mit den wiederverheirateten Geschiedenen?

Autor:Sandler Willibald
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:Ist es vielleicht ungerecht und unbarmherzig zugleich, wiederverheiratete Geschiedene kategorisch von den Sakramenten fernzuhalten, weil man sie damit einem Gericht gerade entzieht, welches sich (nach 1 Kor 11,29) Menschen zuziehen, die kommunizieren ohne den Leib des Herrn zu berücksichtigen – ein Gericht allerdings, das ihrer Rettung dient (1 Kor 11,30)? Dieser irritierende Gedanke erweist sich als fruchtbar, wenn man berücksichtigt, dass die ganze Kirche zugleich unter Gottes Barmherzigkeit und Gericht steht. Beachtet man nicht nur Christi Lehre zur Unauflöslichkeit der Ehe, sondern auch die Weise, wie er gerichtet hat, so ergeben sich neue Ansätze für einen Weg der Mitte in der gegenwärtigen kirchlichen Polarisierung. Sowohl die Gerechtigkeit als auch die barmherzige Liebe, sowohl Treue zum Wort Gottes als auch Solidarität mit den Menschen sind radikaler zu verfassen, als sie von den Konfliktgegnern gewöhnlich eingefordert werden. So ergibt sich eine Option für eine differenzierte Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten bei stärkerer Berücksichtigung eines Gerichts, unter dem die ganze Kirche durch Gottes Wort und Sakrament gestellt ist. Dieser dramatisch theologische Ansatz greift die Vision eines „Kairos der Barmherzigkeit“ von Papst Franziskus für wiederverheiratete Geschiedene auf und interpretiert ihn im Kontext seiner Forderung einer vertieften Solidarität mit den Armen und Marginalisierten.
Publiziert in:
Datum:2014-05-30

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Vorwort

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Ist es vielleicht ungerecht und unbarmherzig zugleich, wiederverheiratete Geschiedene kategorisch von den Sakramenten fernzuhalten, weil man sie damit einem Gericht gerade entzieht, welches sich (nach 1 Kor 11,29) Menschen zuziehen, die kommunizieren ohne den Leib des Herrn zu berücksichtigen – ein Gericht allerdings, das ihrer Rettung dient (1 Kor 11,30)? Dieser irritierende Gedanke erweist sich als fruchtbar, wenn man berücksichtigt, dass die ganze Kirche zugleich unter Gottes Barmherzigkeit und Gericht steht. Beachtet man nicht nur Christi Lehre zur Unauflöslichkeit der Ehe, sondern auch die Weise, wie er gerichtet hat, so ergeben sich neue Ansätze für einen Weg der Mitte in der gegenwärtigen kirchlichen Polarisierung. Sowohl die Gerechtigkeit als auch die barmherzige Liebe, sowohl Treue zum Wort Gottes als auch Solidarität mit den Menschen sind radikaler zu verfassen, als sie von den Konfliktgegnern gewöhnlich eingefordert werden. So ergibt sich eine Option für eine differenzierte Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten bei stärkerer Berücksichtigung eines Gerichts, unter dem die ganze Kirche durch Gottes Wort und Sakrament gestellt ist. Dieser dramatisch theologische Ansatz greift die Vision eines „Kairos der Barmherzigkeit“ von Papst Franziskus für wiederverheiratete Geschiedene auf und interpretiert ihn im Kontext seiner Forderung einer vertieften Solidarität mit den Armen und Marginalisierten.

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Im Folgenden soll dieser Ansatz vorgestellt werden. In der Länge eines schmalen Büchleins und publiziert im Internet ist er als Versuch gedacht, aufbauend auf einem vertieften Zusammenhang von Gnade und Gericht im Streit um die wiederverheirateten Geschiedenen berechtigte Anliegen der gegnerischen Seiten aufzugreifen und diese in ein konstruktives Gespräch miteinander zu bringen. Sollte sich daraus eine fruchtbare Diskussion ergeben, könnte eine überarbeitete Version – die die berechtigten Anliegen noch besser berücksichtigt – als Buch daraus werden.

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Trotz des Umfanges bleibt dieser Beitrag auf Teilbereiche der Problematik begrenzt. Die Argumentation wird auf biblischer Grundlage entwickelt. Auf die Theologiegeschichte gehe ich hier nicht ein. Eine umfassende Behandlung des Themas der wiederverheirateten Geschiedenen müsste zudem eine positive Ehetheologie entfalten und die Bedeutung einer angemessenen Ehevorbereitung entwickeln.1 Beides wäre auch im Rahmen des vorgelegten Denkansatzes möglich, musste hier aber aus Zeitgründen unterbleiben. Im Blick auf die kommenden Bischofssynoden erscheint es mir wichtig, theologische Vorschläge jetzt einzubringen. Martin Lintner, Roman Siebenrock, Jan Heiner Tück und Paul Weß danke ich für ihre Anregungen, die mir halfen, den Text zu verbessern.

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1. Spielraum für einen „Kairos der Barmherzigkeit“?

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Von einem „Kairos der Barmherzigkeit“ sprach Papst Franziskus auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Rio, als ihn ein Journalist auf die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten anredete. „Den Weg der Barmherzigkeit gehen“ hieß für ihn näherhin, die – durch den heutigen Epochenwechsel und auch durch Fehler der Kirche – Verwundeten zu pflegen.

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„Wenn da einer ist ... nicht auf ihn warten: hingehen und ihn aufsuchen! Das ist die Barmherzigkeit [...] Ich denke, als der ,verlorene Sohn‘ nach hause kam, hat der Vater nicht zu ihm gesagt: ,Aber du, hör mal, komm herein: Was hast du denn mit dem Geld gemacht?‘ Nein! Er hat ein Fest gefeiert! Später, vielleicht, als der Sohn sprechen wollte, hat er gesprochen.“2]
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Angewandt auf das Kommunionverbot von wiederverheirateten Geschiedenen scheint der Sinn des Gesagten klar zu sein: Wenn jemand den himmlischen Vater aufsuchen will und vielleicht schuldverstrickt wie der verlorene Sohn zur Eucharistie kommt, dann will der Vater dennoch ein Fest mit ihm feiern. Die Verfehlungen werden dabei nicht einfach zugedeckt. Zu geeigneter Zeit werden sie drankommen: „später, vielleicht, als der Sohn sprechen wollte ...“.3

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In die gleiche Richtung weist eine Aussage des Papstes zum Sinn der Eucharistie im jüngsten Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“:

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„Doch es gibt noch andere Türen, die ebenfalls nicht geschlossen werden dürfen. Alle können in irgendeiner Weise am kirchlichen Leben teilnehmen, alle können zur Gemeinschaft gehören, und auch die Türen der Sakramente dürften nicht aus irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden. Das gilt vor allem, wenn es sich um jenes Sakrament handelt, das ‚die Tür‘ ist: die Taufe. Die Eucharistie ist, obwohl sie die Fülle des sakramentalen Lebens darstellt, nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen. Diese Überzeugungen haben auch pastorale Konsequenzen, und wir sind berufen, sie mit Besonnenheit und Wagemut in Betracht zu ziehen. “4]
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Bei vielen wecken diese Aussagen von Papst Franziskus Hoffnung: Hoffnung für zahllose Christen, die nach gescheiterten Ehen in einer neuen Beziehung und mit Gott in der Kirche leben wollen; Hoffnung für viele Seelsorger und Bischöfe, die gerade aus ihrer Treue zu Christus hin und her gerissen sind zwischen einer Loyalität mit dem kirchlichen Lehramt und einer pastoralen Sorge, die den Betroffenen mehr anbieten muss als nur tröstende Worte.5

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Aber welche Spielräume bestehen für einen solchen „Kairos der Barmherzigkeit“. In der Frage, wie weit die Kirche den Betroffenen in Treue zu Jesus Christus entgegenkommen darf – gibt es seit Jahrzehnten nicht nur Kontroversen, sondern eine kirchliche Polarisierung, die durch die Äußerungen und behutsamen Schritte des neuen Papstes eher noch angeheizt wurden, bis in die vatikanische Kurie. In dieser Polarisierung ist das Verbindende im Blick zu behalten: Dass den wiederverheirateten Geschiedenen, die sich zugleich der katholischen Kirche zugehörig sehen, vor allem fürsorgende Liebe und nicht Verurteilung zukommen soll, ist ein Konsens, der seit dem Apostolischen Schreiben Familiaris Consortio aus dem Jahr 1981 fraglos festgehalten ist.6 Auch darin, dass das Wort des Herrn, wonach der Mensch nicht trennen darf, was Gott verbunden hat (Mk 10,9; Mt 19,6), für die Kirche bindend ist, stimmen (fast) alle Streitenden überein. Zwischen diesen fraglosen Grenzsteinen von Recht und Barmherzigkeit tobt der Konflikt. Stein des Anstoßes ist die lehramtliche Position, dass die Kirche zwar „unablässig bemüht“ sein soll, wiederverheirateten Geschiedenen „ihre Heilsmittel anzubieten“, aber dass die Sakramente zu diesen angebotenen Heilsmitteln nicht dazu gehören dürfen. Nicht weil die Kirche das nicht will, sondern weil sie es nicht kann. Denn die Betroffenen „stehen insofern selbst ihrer Zulassung im Weg, als ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche sind, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht“ (Familiaris Consortio 84).7

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Gegen diese – mittlerweile mehrfach eingeschärfte – lehramtliche Weichenstellung wird unter anderem auf Härtefälle hingewiesen, in denen Menschen, unschuldig von ihrem Ehepartner verlassen, neue Beziehungen eingegangen sind, oft aus einer Gewissenspflicht, angemessen für ihre Kinder zu sorgen.8 Ist die Kirche durch Jesu Gebot dazu verpflichtet, dass sie diesen Opfern einer von Jesus gebrandmarkten Hartherzigkeit (Mt 19,5) auch noch lebenslang den Zugang zu den Sakramenten verwehrt oder ihnen – mit der Auflage einer strengen sexuellen Enthaltsamkeit – Bedingungen auflegt, die sie in vielen Fällen nicht erfüllen können?9

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Dazu hat Johannes Paul II. in „Familiaris Consortio“ betont, dass die Hirten „um der Liebe willen zur Wahrheit verpflichtet sind, die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden“ (Familiaris Consortio 84). Aber die lehramtlichen Festlegungen lassen keinen konkreten Handlungsspielraum für derartige Unterscheidungen. Die Anwendung der Epikie (also die Berücksichtigung außergewöhnlicher Umstände auch gegen den Wortlaut eines Gesetzes, um dem Sinn des Gesetzes gerecht zu werden)10 – zugunsten einer eingeschränkte, pastoral verantwortete Zulassung zu den Sakramenten – wurde von den Hütern des katholischen Glaubens zurückgewiesen. Sie könne „hier nicht angewandt werden, weil es sich bei der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe um eine göttliche Norm handelt, über die die Kirche keine Verfügungsgewalt hat“11.

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Dass die Kirche keine Verfügungsgewalt hat, die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe anzutasten, ist weitgehender Konsens. Strittig ist allerdings, wie diese „göttliche Norm“ (ius divinum) umzusetzen ist. Heißt das zwingend, dass die Kirche wiederverheiratete Geschiedene generell nicht zum eucharistischen Mahl zulassen kann, abgesehen von der zugestandenen Ausnahme eines Lebens in strenger Enthaltsamkeit? Ist diese verbindliche Interpretation der göttlichen Norm nach Familiaris Consortio selber „göttliche Norm“ und deshalb irreformabel? Und was bedeutet näherhin „nicht zulassen“? Heißt das – maximalistisch –, dass Priester wiederverheirateten Geschiedenen, soweit sie als solche bekannt sind, an der Kommunionbank die Spendung des Sakraments verweigern müssen, weil sie andernfalls Jesu klares Gebot in Misskredit bringen? Dass es so nicht gemeint sein kann, ist ebenfalls (fast) allgemeiner Konsens zwischen den Konfliktparteien.12 Bedeutet „nicht zulassen“ dann minimalistisch, dass die Kirche keine formelle Zulassung aussprechen kann, aber auch niemanden aktiv am Hinzutreten hindert? Diese Sichtweise – wie auch die erste Extremposition – wird ausdrücklich vom kirchlichen Lehramt zurückgewiesen.13

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Wo liegt dann das rechte Maß der Umsetzung von Jesu Gebot? Auch zu dieser Frage geben uns Jesu Lehre, sein Umgang mit Übertretern und die urkirchliche Rezeption von beidem im Neuen Testament wichtige Hinweise.

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2. Biblische Vergewisserung: Das Gebot Jesu und seine paulinische Rezeption

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2.1 Zurückweisung eines Rechts auf Scheidung (Mt 19)

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Ohne Zweifel hat Jesus die Ehe hoch geschätzt und sie als unauflöslich angesehen.14 Am schärfsten zeigt sich das in seiner kategorischen Abweisung eines kasuistischen Rechts auf Scheidung. Gegen dieses verweist er auf die göttliche Schöpfungsordnung, die in der Ordnung des Gottesreichs neu aufleuchtet:

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„Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein? Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ (Mt 19,5-6; vgl. Mk 10,6-9)]
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Bei der Interpretation dieser Texte wird oft übersehen, dass Jesus hier in erster Linie den Versuch zurückweist, die Verstoßung eines Ehepartners als vor Gott legitim hinzustellen. Jesu Widerspruch gilt nicht primär den EhebrecherInnen, sondern den Pharisäern, die mittels juristischer Differenzierungen als rechtens darstellen, was nach Gottes Willen niemals rechtens sein kann. Juristische Legitimierungsversuche sind nach Jesu Urteil einer Hartherzigkeit (Mt 19,8; Mk 10,5) geschuldet, die in der ursprünglichen Schöpfungsordnung, die angesichts des anbrechenden Gottesreichs erneuert wird, keinen Platz hat.

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Wer sich von seinem Ehepartner trennt, erweist sich gemäß dieser Lehre Jesu als im Widerspruch zu Gottes Schöpfungswillen stehend. Ohne sich dem kasuistisch entwinden zu können, steht er oder sie unter dem Gericht Gottes.15 Wie dieses Gericht ausfällt oder – vermittelt durch kirchliche Repräsentanten – auszufallen hat, darüber ist an dieser Stelle nichts gesagt.

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Angewandt auf heutige Fragen wird von dieser Schriftstelle aufgrund ihrer legalismuskritischen Intention eher eine unangemessene Ausweitung der Eheannullierung kritisiert,16 – mit dem trügerischen (wenngleich kirchenrechtlich nicht intendierten) öffentlichen Eindruck, dass ja nun alles rechtens wäre. Das von Jesus eingeschärfte Verbot, dass der Mensch nicht trennen darf, was Gott verbunden hat, muss nicht zwangsläufig zu bleibenden Sanktionen im Fall einer neuen eheähnlichen Beziehung führen. Nicht weniger vereinbar mit Jesu Lehre und vor allem mit seinem konkreten Umgang mit Sündern ist ein Weg der Buße, mit voller – auch öffentlicher – Anerkennung von Schuld, Schuldverstrickung und Scheitern.

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Exemplarisch für einen solchen Weg ist David, der seine schwere Schuld – Ehebruch mit Batseba und Mord an ihrem Mann Urija – bekannte und dafür Buße tat (2 Sam 11f). In der Folge musste David sich nicht von Batseba trennen; über ihren gemeinsamen Sohn Salomon bis hin zu Jesus schrieb Gott die Heilsgeschichte auf solch krummen Wegen weiter. Dennoch wurde David zu einem Vater des Glaubens, wobei von seiner gebrochenen Biografie nichts zugedeckt wurde: „David war der Vater von Salomo, dessen Mutter die Frau des Urija war“, heißt es in der großen Genealogie am Anfang des Matthäusevangeliums (Mt 1,6).17]
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Jesus stellt den Moralgesetzen, welche die Pharisäer vertreten und auf Mose zurückführen, nicht einfach ein anderes Moralgesetz – nämlich ein kategorisches Trennungsverbot – entgegen. Mit seinem kompromisslosen Rückbezug auf Gottes Schöpfungsordnung, die als solche dem Sündenfall – und der aus ihr erwachsenen „Hartherzigkeit“ – noch vorausliegt und mit dem anbrechenden Gottesreich wieder neu greifbar wird, kritisiert er nicht nur bestimmte Einzelgebote mittels anderer Gebote, sondern durchbricht den legalistischen Ansatz – d.h. den Versuch, Schuldverstrickungen kasuistisch zu bändigen – grundsätzlich.18

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In der Gegenprobe: Würde man Jesu kategorisches Scheidungsverbot legalistisch interpretieren, dann müsste man bemängeln, dass die Kirche seit ihren Anfängen bis in die Gegenwart dieses Gebot nur inkonsequent umgesetzt hat. Denn verboten und sanktioniert wurde nicht die Trennung, sondern erst die Wiederverheiratung. Nachdem sich diese ‚Diskrepanz‘ schon im Neuen Testament findet,19 ist das legalistische Interpretationsprinzip in Frage zu stellen, aus welchem eine solche Diskrepanz folgt.

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Damit ist noch nichts gesagt gegen rechtliche Regelungen in Tora, neutestamentlicher Gemeindeordnung und Kirchenrecht an sich. Die – hier mit den Worten „Legalismus“ und „kasuistisch“ bezeichnete – Einstellung, die Jesus in diesen Textstellen zurückweist, verengt die Perspektive von Menschen – etwa das Leid einer beinah willkürlich verstoßenen Frau20 – auf Versuche, deren Rechtmäßigkeit zu regeln. Demgegenüber rückt Jesus den ursprünglichen Schöpfungswillen Gottes wie auch – konsequent daraus sich ergebend – die Not von Menschen in die Mitte. Soweit diese Perspektive nicht verstellt wird, ist gegen rechtliche, auch kasuistische Regelungen von der Lehre und dem Beispiel Jesu her nichts einzuwenden, während zugleich vieles für sie spricht.
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Zudem wird in Mt 19 und Mk 10 betont, dass die Pharisäer Jesus eine Falle stellen wollten. Der zugespitzte Konflikt und das Interesse, den Gegner zu disqualifizieren, verdunkeln hier den Blick auf den lebendigen Gott und – untrennbar davon – auf die konkret betroffenen Menschen noch weiter. Das ist die Gefahr von Polarisierungen,21 bis in die gegenwärtigen Kontroversen um die wiederverheirateten Geschiedenen: In der Fixierung auf den Gegner geht der Blick auf den konkreten Personen mit seiner Not und Heilsbedürftigkeit verloren.]
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Allerdings geht es Jesus nicht nur darum, einen verengten Legalismus zurückweisen. Im Gottesreich, dessen greifbaren Anbruch er verkündet, ist die Schöpfungsordnung wiederhergestellt und über sich hinausgeführt. Danach werden Mann und Frau, die sich aneinander gebunden haben, „ein Fleisch“, und in solcher Bezogenheit und Verwiesenheit (auf einander und über sich hinaus) sind sie Gottes Ebenbild.22 Demgemäß antwortet er zu hause den nachfragenden Jüngern:

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„Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet“ (Mk 10,12)]
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem mosaischen Gesetz ein Ehebrecher mit dem Tod zu bestrafen ist. Ohne die von Jesus kategorischen zurückgewiesenen mosaischen Klauseln für eine legitime Entlassung kann offenbar dieser Fall – angesichts von faktisch immer wieder vorkommenden Zerrüttungen – sehr schnell eintreten. Demgemäß reagieren die Jünger auf Jesu Urteil überfordert: „Wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es nicht gut zu heiraten“ (Mt 19,10). Die Möglichkeit, diesem verschärften Gebot zu entsprechen – ob durch eine vertiefte eheliche Liebe oder durch Verzicht auf die Ehe „um des Himmelreiches willen“ (Mt 19,12) – wurde durch das Erlösungswerk Jesu Christi freigesetzt.23

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2.2 Die nicht verurteilte Ehebrecherin (Joh 8)

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Jesu Rückgriff von einem Gesetzesdenkens auf den ursprünglichen göttlichen Schöpfungswillen entspricht seinem Verhalten gegenüber den Schriftgelehrten und Pharisäern, als diese ihn nach Joh 8 mit dem mosaischen Gesetz konfrontieren, dass eine auf frischer Tat ertappte Ehebrecherin zu steinigen ist.24 Innerhalb eines legalistisch-kasuistischen Paradigmas bliebe Jesus nur die Alternative von Steinigung – im Gegensatz zu seiner Botschaft der Vergebung – oder Nichtsteinigung, womit er sich in einen direkten Widerspruch gegen das mosaische Gesetz stellen würde.

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Jesus entkommt diesem Dilemma, weil er hinter den Legalismus zurückgreift auf eine im Schöpfungswillen Gottes wurzelnde Ethik. In dieser Perspektive steht allerdings nicht nur die Frau unter dem Gericht Gottes, sondern alle, auch die Urteilenden.25 Deshalb: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie“ (Joh 8,7).

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Dieses durch Jesus vermittelte Gericht Gottes unterläuft das legalistische Dilemma zwischen Rigorismus und Laxismus, Unmenschlichkeit und Gottlosigkeit. In einer Barmherzigkeit, die zugleich gerecht ist und in einer Gerechtigkeit, die zugleich barmherzig ist, gibt Jesus dem Sünder seine verlorene Würde zurück26, benennt dabei ohne Abstriche Sünde als Sünde und zielt durch Vergebung hindurch auf Rettung, Befreiung und Umkehr des Sünders:

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„Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ (Joh 8,11)]
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Nichtverurteilen und die Aufforderung, nicht mehr zu sündigen schließen sich nicht aus.27 Vielmehr befähigt das erste – als bedingungslos neu zugesagte Würde – zum zweiten. Es kommt nicht zur Verurteilung, auch nicht zur Dispens von einem göttlichen Gesetz, sondern zur Befreiung zum Guten, „wenn ein schuldiger Mensch mit der Befreiung von seiner Schuld in die Fähigkeit versetzt wird, die frühere Verfehlung hinter sich zu lassen und zu einem verantwortlicheren Leben zu finden. Damit erhält die Ehe einen Schutz, der unvergleichlich viel besser ist als der, der in der Tötung des Ehebrechers liegt“28.

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Nochmals: Die in den Evangelien vorgefundene Legalismuskritik Jesu stellt nicht das Kirchenrecht als solches in Frage. Was hier als „Gebot des Herrn“ aufscheint, ist die Pflicht, moralische Gesetze theozentrisch auf Gott zurückzubeziehen, dessen Wille nicht Verdammnis, sondern die Rettung der Menschen ist, – in einer ursprünglichen Einheit von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, der wir uns aus unserer postlapsarischen Perspektive immer nur annähern können. Daraus ergibt sich die Anforderung einer Rückbeziehung – Relationierung und nicht Relativierung – jedes Einzelgesetzes hin auf das von Gott angezielte und damit den Menschen stets vorgegebene „Heil der Seelen ..., das in der Kirche immer das oberste Gesetz sein muss“29, wie das kirchliche Gesetzbuch in seinem letzten Kanon betont.]
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2.3 Keine Wiederheirat! Ein Herrengebot von Paulus (1 Kor 7)

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Diese Weitung eines legalistischen Ansatzes finden wir auch beim kategorischen Verbot der Wiederheirat, welches Paulus auf Jesus Christus zurückführt:

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„Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen – wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich wieder mit dem Mann –, und der Mann darf die Frau nicht verstoßen“ (1 Kor 7,10f).]
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Aus legalistischer Perspektive müsste man sich wundern, wie Paulus feierlich als Gebot Christi – in kirchlicher Rezeption: als ius divinum – verkündet, dass die Frau sich nicht vom Mann trennen soll, um dann ohne einen Hinweis auf Sanktionierung fortzufahren: „Wenn sie sich aber trennt ...“30 Offenbar rechnet Paulus mit der Möglichkeit eines Scheiterns. In einer solchen Situation, die gewiss Schuld beinhaltet, gilt es, möglichst zu tun, was Gottes Willen am nächsten kommt: „Wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet ...“

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Angesichts weiterer Komplikationen, die es seit den Anfängen der Kirche gibt und die in der heutigen Kirche stark zugenommen haben, legt sich die nächste Frage wie die erste nahe: „Wenn sie aber nicht unverheiratet geblieben ist ...“31

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Wie ist mit einem solchen Fall gemäß der Intention Jesu umzugehen? Nach der in den Evangelien bezeugten Lehre Jesu bedeutet eine Wiederverheiratung – sowie eine sexuelle Bindung an eine (anderweitig verheiratete) Person anderen Geschlechts, nicht aber schon die Scheidung von einem Ehepartner – ausdrücklich Ehebruch (moicheia). Dieser ist nach dem mosaischen Gesetz mit Steinigung für beide Übertreter zu ahnden. Jesus hat aber dieses Gesetz auf einen „Ehebruch im Herzen“ bereits durch ein begehrliches Anschauen verschärft; und konfrontiert mit der Ehebrecherin32 hat er nicht nur von einer derart drakonischen Strafe, sondern von jeder Bestrafung Abstand genommen. Im Vergleich mit dem mosaischen Gesetz stellen wir bei Jesus zwei Veränderungen fest, die nur miteinander berücksichtigt werden können: (1) eine Verschärfung der Gebote – im gehorsamen Blick auf den Schöpfergott und im solidarischen Blick auf die betroffenen Menschen – durch Zurückweisung von Ausnahmeregelungen, die der Faktizität einer unerlösten, hartherzigen Welt gerecht werden. (2) Einen Verzicht Jesu auf direkte Sanktionierung. In der biblischen Urkirche ist beides etwas abgemildert, aber doch noch ausgeprägt vorhanden. Es gibt dort Sanktionen, etwa Exkommunikation, allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen.33

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Schauen wir von da aus auf die kirchliche Gegenwart, so können wir feststellen: In einer gewissen Nähe zur ersten Verschiebung steht das personalistische Eheverständnis Johannes Pauls II., das auch in Familiaris Consortio eingeflossen ist. Es steht dem Radikalismus des Evangeliums näher als die neuscholastische, kasuistische Moraltheologie und wirkt damit menschennäher, lebendiger und sympathischer, ist aber auch schärfer, – insbesondere dadurch, dass kasuistische Ausnahme- und Dispensregeln weitgehend ausfallen. Damit es angesichts der heutigen schwierigen Bedingungen für eine glückende Ehe lebbar ist, müsste auch der zweite Punkt – also eine große Zurückhaltung bei Sanktionen – entsprechend stärker rezipiert werden, als es bis jetzt der Fall ist. Das spricht für die sogenannten pastoralen Lösungsversuche, von den Grundsätzen der Oberrheinischen Bischöfe (1993) bis zu Walter Kaspers jüngstem Vortrag vor dem Kardinalskollegium „Das Evangelium von der Familie“. Allerdings muss wohl noch deutlicher herausgearbeitet werden, was von diesen Vorschlägen durchwegs betont wird: dass es nicht um eine nachlässige Toleranz geht, welche den Anspruch des Evangeliums relativiert. Aber wie soll das ohne direkte Sanktionen möglich sein? Diese Frage kann zurück an die Praxis Jesu gestellt werden. Denn Jesus hat nicht sanktioniert und dennoch Menschen auf kompromisslose Weise konfrontiert, wo sie sich dem Anspruch des Evangeliums entzogen. Im dritten Kapitel werden wir uns dazu anschauen, wie Jesus gerichtet hat. Zuvor aber müssen wir noch einen entscheidenden Text zum neutestamentlichen Eheverständnis untersuchen.

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2.4 Eheliche Liebe, wie Christus die Kirche liebt (Eph 5)

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Die entscheidende biblische Begründung für das Kommunionverbot für wiederverheiratete Geschiedene ist nach Familiaris Consortio das 5. Kapitel des Epheserbriefs.34

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„Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, 26 um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen. 27 So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos. 28 Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. 29 Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn, wie auch Christus die Kirche. 30 Denn wir sind Glieder seines Leibes. 31 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. 32Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche. 33 Was euch angeht, so liebe jeder von euch seine Frau wie sich selbst, die Frau aber ehre den Mann“ (Eph 5,25-33).]
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Zentral ist dabei Vers 32. Die Vulgata übersetzt „mysterium“ („Geheimnis“) mit „sacramentum“. Worin besteht dieses Geheimnis oder ‚Sakrament‘?35 Die unmittelbare Antwort gibt der vorausgehende Vers: »Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein«. Hier wird die Aussage des zweiten Schöpfungsberichts (Gen 2,24) aufgenommen und christologisch vertieft: In Gen 2,24 bezieht sich das „Darum“ auf die Erschaffung der Frau aus der Rippe des Mannes. In Eph 5,31 schließt das „Darum“ an den vorausgehenden Vers an: weil wir Glieder des Leibes Christi sind. Dadurch also, dass Christus sich für die Kirche hingegeben hat, um sie zu heiligen und zu reinigen im Bad der Taufe (Vers 25f) und ihr auf diese Weise eine herrliche Gestalt zu geben (Vers 27), dadurch wird das schöpfungsmäßig begründete und durch Sünde entstellte Zueinander von Mensch zu Mensch wiederhergestellt und entscheidend vertieft: dazu, dass wir alle Glieder seines Leibes sind (Vers 28). „Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein.“ Menschen, die in Christus sind, sind eine neue Schöpfung (2 Kor 5,17; Gal 6,15), und zwar nicht nur als einzelne, sondern in ihrem Zueinander: als Glieder seines Leibes.36 In dieser christologischen Vertiefung einer schöpfungsmäßigen Beziehung zwischen Mann und Frau besteht das „große Mysterium“ (oder nach der Vulgata: ‚Sakrament‘37), von dem Paulus in Vers 32 spricht. Wird es so verstanden, dann ist klar, dass es, wie Paulus sagt, auf Christus und die Kirche bezogen ist.38

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Diese Interpretation entspricht bestens dem paränetischen Zusammenhang des Textes:39 Es geht um den Mann, der die Frau lieben soll (Vers 28), wie Christus die Kirche liebt. Und dieses Sollen ist ohne Überforderung40 möglich, weil es in einem neuen Sein gründet, nämlich dem kirchlichen Zueinander-Sein als Glieder des Leibes Christi, dessen hingebungsvolle Liebe sich im Verhältnis der Christen zueinander auswirkt. Dieses das Sollen begründende und ermöglichende neue Sein ist das „große Geheimnis“, von dem Paulus spricht.41 Es ist der Ermöglichungsgrund dafür, dass Mann und Frau als „ein Fleisch“ in einer neuen Innigkeit leben können, – als ideale Verwirklichung von Kirche: „verherrlicht“ und „ohne Flecken, Falten oder andere Fehler“ (Vers 27) – auf diese Weise als sichtbare Vergegenwärtigung der Liebe Christi zu seiner Kirche. Und weil sie als verwandelte Glieder Christi so leben können, sollen sie es auch.

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Damit gibt der Epheserbrief eine tiefe Interpretation des Eheverständnisses Jesu. Jesus begründete ein kategorisches Scheidungsverbot ja, indem er hinter die sündig gefallene Schöpfung auf den ursprünglichen göttlichen Schöpfungswillen zurückgreift. Von dieser Radikalität können sich die Jünger zunächst nur überfordert fühlen: „Wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es nicht gut zu heiraten“ (Mt 19,10). Durch seine erlösende Selbsthingabe ermöglicht Jesus aber eine tiefe Transformation der Menschen in ihrem mitmenschlichen und ehelichen Zueinander. Diese erlösende Transformation wird von den Menschen im Sakrament der Taufe – „durch das Bad des Wassers im Wort“ (Eph 5,2642) – angenommen und im Sakrament der Eucharistie je von neuem vollzogen.

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Allerdings ist diese erlösende Verwandlung – die Menschen erreichend und wirksam gemacht durch die Sakramente – kein Automatismus. Es ist eine anfängliche Freisetzung, die durch ihr Bemühen, als neue Menschen zu wandeln, erst fruchtbar gemacht werden muss. Dazu fordern Eph 5,25.28.33 und viele andere Schriftstellen auf.

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Und dennoch gibt es Scheitern. Seit den Anfängen der Kirche sind Ehen zerbrochen, kam es zu Wiederverheiratungen und gibt es zahllose Ehen, die vom paulinischen Ideal kaum etwas erkennen lassen.43 Wir werden der biblischen Offenbarung nur gerecht, wenn wir das, was uns wie ein abgehobenes Ideal erscheint – eine „verherrlichte“ Kirche, „ohne Flecken, Falten oder andere Fehler“ (Eph 5,27) – ohne Abstriche als Vorgabe akzeptieren und zugleich mit einer Realität zusammenschauen, in der – auch nach der Taufe und in christlichen Gemeinden – das Scheitern an dieser Vorgabe zur Tagesordnung gehört. Eine solche Spannung wird schon in der biblischen Urgeschichte aufgerichtet, vom siebenfachen „Gut – Sehr gut“ im ersten Schöpfungsbericht bis zum „Verdorben und voller Gewalt“ vor der Sintflut.44 Diese Diskrepanz markiert die Erlösungsbedürftigkeit der Welt. Sie wird von Jesus Christus übernommen und durch sein Erlösungswerk stellvertretend überwunden. In der Kirche mit ihren Sakramenten wird diese Erlösung konkret, und zwar nicht indem die Kirche als fertige neue Schöpfung erstrahlt, sondern dank einer immer neu sich vollziehenden Transformation. Die Kirche ist nur dadurch heilig – „verherrlicht“ und „ohne Flecken, Falten oder andere Fehler“ – indem sie immer neu durch die (sakramentale) Begegnung mit Christus geheiligt, verherrlicht und gereinigt wird. Es handelt sich hier nicht um eine statische, sondern um eine dynamische Heiligkeit, – ein durch das Erlösungswerk Christi gewirktes Heilwerden, das durch die Kraft des Heiligen Geistes – vermittelt durch die von ihm konstituierte Kirche – die Menschen erreicht: in den Sakramenten als Aktionsräumen für eine unter Umständen dramatische Begegnung des auferstandenen Gekreuzigten mit Menschen, die seine Botschaft zurückgewiesen und verraten haben. „So will er [Christus] die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler“ (Eph 5,27): Das ist nicht abgeschlossene Vergangenheit, sondern je neue Gegenwart, und auch dann nicht einfach geglückter Vollzug, sondern Wollen Christi, weil es vom einstimmenden Mittun der Menschen abhängt.

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Wenn es nicht so wäre, dann wäre die Kirche bereits fertiges Gottesreich, Gemeinschaft der makellos Heiligen – „ohne Flecken, Falten oder andere Fehler“ in einem triumphalistischen Sinn.45 Und um einem solchen missverstandenen Vollkommenheitsideal zu entsprechen, müsste die Kirche alles Hässliche und Falsche an ihr unter den Teppich kehren und alle jene ausschließen, die diesem Ideal offenkundig nicht entsprechen.46

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2.5 Wiederverheiratete Geschiedene: in einem „objektiven Widerspruch zum Bund Christi mit der Kirche“?

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Was ergibt sich daraus für den kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen?

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1. Insgesamt begründet Eph 5,25-32 in Übereinstimmung mit der Lehre Jesu ein hoch anspruchsvolles Eheverständnis, das in der erlösenden Selbsthingabe Jesu Christi und dessen Übernahme in den Sakramenten47 gründet. Familiaris Consortio – wie auch die „Theologie des Leibes“ von Johannes Paul II.48 – greifen darauf zurück. Vor diesem Hintergrund muss das verbreitete Phänomen von zivil wiederverheirateten Christen als Entstellung des Leibes Christi – in seiner Repräsentanz durch Ehepartner – ernst genommen werden. Dass Lebensstand und Lebensverhältnisse von wiederverheirateten Geschiedenen in einem „objektiven Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche sind, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht“49, ist im Blick auf die Bundessymbolik von Eph 5 nicht von der Hand zu weisen.

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2. Allerdings tritt dieser objektive Widerspruch nicht erst dort auf, wo sich Geschiedene neu mit anderen Partnern verheiratetet haben. Bereits eine Scheidung ohne Wiederverheiratung bricht die symbolische Vergegenwärtigung der Liebe Christi mit seiner Kirche.

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Wir haben gesehen: Von der Ehelehre Jesu her sind wir nicht mit einem Wiederverheiratungsverbot, sondern mit einem kategorischen Trennungsverbot konfrontiert. Paulus übernimmt das Trennungsverbot als Herrenwort, verbietet aber angesichts des Faktums, dass Trennungen doch passieren, die Wiederheirat. Eph 5 bringt hier durch seine Bundestheologie eine neue Perspektive in den Blick. Hinter dem Bild von Christus, der die Kirche wie ein Mann seine Frau liebt, steht die alttestamentliche Bundesvorstellung von Gott, der mit seinem Volk wie durch ein Eheband verbunden ist. Dieser Bund wurde immer wieder durch die Untreue Israels gebrochen, und mehrfach konstatiert Gott in Reaktion darauf einen endgültigen Bruch. Als Hosea in prophetischer Handlung eine Prostituierte heiraten und ein Kind aus dieser Ehe „Lo-Ammi“ („nicht mein Volk“) nennen muss (Hos 1,9), ist das wie ein Scheidebrief, der Israel ausgestellt wird. Aber wider alle Erwartung holt Gott seine verstoßene Braut zu sich zurück:„Ich habe Erbarmen mit Lo-Ruhama (Kein Erbarmen), und zu Lo-Ammi (Nicht mein Volk) sage ich: Du bist mein Volk!, und er wird sagen: (Du bist) mein Gott!“ (Hos 2,25). So erweist sich das „Eheband“ Gottes mit seinem Volk als eines, das bis zum Zerreißen überspannt wird. Dennoch wird der Bruch niemals dadurch endgültig gemacht, dass Gott sich ein anderes Volk erwählt. Überträgt man das auf die eheliche Beziehung, dann wird Scheidung möglich, nicht aber eine Heirat mit einem anderen Partner, – weil dadurch eine Scheidung irreversibel wird, – ebenso wie Gott sein Volk zwar verworfen, aber niemals durch ein anderes ersetzt hat.50
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Das zeigt sich allerdings auf der Ebene einer alttestamentlichen Bundessymbolik, die durch den Epheserbrief zwar auf die Ehe angewandt, aber zugleich transformiert wird. Im Bund zwischen Christus und Kirche verrät diese ihren Herrn immer wieder, niemals aber gibt Christus die Kirche preis. Hier ist die Bundestheologie dermaßen radikalisiert, dass bereits die Scheidung von Ehepartnern einen objektiven Widerspruch zur Liebe Christi, die sie symbolisieren sollten, aufrichtet.]
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Zudem entstellt bereits eine offenkundig lieblos geführte Ehe nach Eph 5 die Repräsentanz der Liebe Christi, zu der sie berufen ist. Von daher gewinnt der Aufruf zur ehelichen Liebe in diesem Text seine Dringlichkeit. Nicht nur Wiederverheiratungen, sondern auch geschiedene und offenkundig zerstrittene Ehen stehen also nach Eph 5 in einem objektiven Widerspruch zum Anspruch, als Glieder Christi „ein Fleisch“ zu sein und wie er zu lieben.

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3. Diese „Flecken, Falten oder anderen Fehler“ (Eph 5,27) am Leib Christi werden aber nicht nur durch die Taufe („durch das Wasserbad im Wort“ Eph 5,26) anfänglich weggenommen, sondern immer neu durch die Begegnung mit der erlösenden Liebe und Hingabe Christi überwunden, wie über Eph 5 hinaus festzuhalten ist. Das geschieht durch das Sakrament der Buße, aber auch durch das Sakrament der Eucharistie: Diese „ist, obwohl sie die Fülle des sakramentalen Lebens darstellt, nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen“51. Denn in der Eucharistie vollendet sich, was Jesus in seinem öffentlichen Wirken angekündigt und durch sein Erlösungswerk vollzogen hat: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Mk 2,17).

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Daraus folgt nun nicht, dass unterschiedslos jeder Mensch Zugang zu den Sakramenten haben sollte,52 Dagegen spricht bereits die urkirchliche Praxis der Exkommunikation. Wohl aber steht zu vermuten, dass den Sakramenten mehr an Heilung – auch angesichts objektiver Widersprüche zum Leib und zur Liebe Christi – zuzutrauen ist, als gegenwärtig meist angenommen wird. Sakramente müssen als dramatische Prozesse der Begegnung mit Gott gesehen werden, in denen Gnade und Gericht eng miteinander verbunden sind.53

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Vor diesem Hintergrund stellt sich neu die Frage: Ist die Kirche im Namen Jesu dazu verpflichtet, einen solchen „objektiven Widerspruch“ in jedem Fall zu unterbinden, damit die Zeichenhaftigkeit des eucharistischen Sakraments nicht beeinträchtigt wird? Muss sie dazu richten, urteilen oder Sanktionen setzen? Oder stehen ihr auch andere Wege offen, mit diesem Widerspruch umzugehen? Auf diese Fragen gibt auch der Epheserbrief keine Antworten. Direkte Aussagen dazu sind in der Bibel nicht vorhanden. Eine biblische Wegweisung kann sich aber an Jesu Verhalten orientieren: daran, wie er selber gerichtet und geurteilt hat.

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3. Jesus richtet indirekt!

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3.1 Richten und Nichtrichten Jesu im Johannesevangelium

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„Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ (Joh 8,11). Dieses Nichtrichten Jesu – ohne vom Anspruch einer Unauflöslichkeit der Ehe abzurücken54 – heißt allerdings nicht, dass Jesus keinerlei richterliche Funktion ausgeübt hätte. Das Johannesevangelium betont, dass der Vater das Gericht ganz dem Sohn übertragen hat (Joh 5,22); zum Gericht ist er in diese Welt gekommen (Joh 9,39) und sein Wort wird den Ungläubigen richten am Letzten Tag (12,48). Andererseits sagt das vierte Evangelium, dass „Gott ... seinen Sohn nicht in die Welt gesandt [hat], damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird“ (Joh 3,17; vgl. 12,47). Und im Anschluss an die Stelle mit der Ehebrecherin wirft Jesus den Pharisäern vor: „Ihr urteilt, wie Menschen urteilen, ich urteile über keinen“ (Joh 8,15). Hat Jesus also nun gerichtet oder nicht?55

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Der scheinbare Widerspruch löst sich im Gefolge von Joh 3,17, wo Jesus dem Nikodemus erklärt:

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„Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. 18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat. Denn mit dem Gericht verhält es sich so: 19 Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse. 20Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden. 21 Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.“ (Joh 3,17-21)]
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Deutlich wird hier: Jesus urteilt oder richtet nicht direkt. Sein direktes Sprechen und Handeln besteht allein darin, dass er Gottes Liebe offenbart.56 Aber durch diese Offenbarung Gottes – johanneisch: durch dieses Licht – werden die Menschen mit den dunklen Seiten ihrer eigenen Existenz – der Finsternis (Vers 19) – konfrontiert.

72
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Wie schmerzhaft dieser Vorgang ist, macht das Lukasevangelium an Petrus deutlich. Seine erste Begegnung mit Jesus war für ihn eine Erfahrung überbordender Fülle: Er erfuhr sich beschenkt mit einem unvorstellbar reichen Fischfang. Dennoch, ja gerade deshalb „fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder“ (Lk 5,8).57 Jesus aber richtet den Erschütterten auf: „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen“ (5,10). – Petrus und seine Gefährten nahmen die Zusage an und glaubten.

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Dieses konkrete Ereignis macht exemplarisch sichtbar, was das Johannesevangelium allgemein ausdrückt:

74
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„Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat“ (Joh 3,18).]
75
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Glauben bedeutet, das vollmächtige Wort Jesu, das bereits das Herz erreicht hat, anzunehmen – konkret: es nicht nur zu hören, sondern auch zu befolgen – sodass sich seine Wirkung auf die dunklen, noch unerlösten Anteile der eigenen Existenz ausbreitet. Nicht glauben bedeutet, Gottes Wort zu hören und nicht zu befolgen (vgl. Joh 12,47). „Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet“, nicht weil Jesus ihn verurteilt hätte, sondern weil sein vollmächtiges Heilswort das Herz des Menschen erreicht hat und als abgelehntes den Menschen von innen heraus richtet:58

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„Wer meine Worte nur hört und sie nicht befolgt, den richte nicht ich; denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu retten. Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn richten am Letzten Tag.“ (Joh 12,47f)59]
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Damit sind die Aussagen über Richten und Nichtrichten Jesu nun ohne Widerspruch vereinbar: Jesus richtet nicht direkt, sondern indirekt, indem Menschen, die nicht glauben, sich einem Selbstgericht ausliefern. Wer sich seiner aufdeckenden und reinigenden Gegenwart entziehen will, dem verkehrt sich durch seine Zurückweisung die erfahrenen Gnade in eine Unheilsdynamik. Auf diese Weise richtet er sich selbst: „Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse. Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden“ (Joh 3,18-20).

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3.2 Eucharistie als Gericht (1 Kor 11,29)

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Für die nachösterlichen Christen vollzieht sich die Begegnung mit Jesus Christus vorrangig im Sakrament. Auch die Feier der Eucharistie ist Kairos – eine Gnadenchance, die auch verpasst werden kann – wodurch sich die Gnade in Gericht verwandelt:

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„Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt.“ (1Kor 11,27-29)
81
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]
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Unwürdiges Kommunizieren bedeutet demnach, vom Leib und Blut des Herrn zu essen und zu trinken, „ohne den Leib des Herrn zu bedenken“ („diakrínein tô sôma“). Leib des Herrn hat bei Paulus eine doppelte Bedeutung: Die den Leib des Herrn Empfangenden werden selber zu einem gemeinschaftlichen Leib Christi.60 Beides, christologischer und ekklesiologischer Leib, wird in der Eucharistie zur untrennbaren Einheit – beides wird gewandelt –, und wer die Wirklichkeit dieses zugleich gemeinschaftlichen Leibes nicht achtet, „isst sich selbst das Gericht“61.

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Wie es zu diesem Gericht kommt, können wir in einer gewissen Nähe zur obigen Interpretation von Joh 3,18f folgendermaßen erklären: Durch die Begegnung mit Christus erfahren die Eucharistie Feiernden nicht nur eine einigende Kraft, die sie zum gemeinschaftlichen Leib Christi aufbaut. Zugleich schwächt die Gegenwart von Gottes Wort vorhandenen ‚unreine‘ Kräfte der Vergemeinschaftung – vor allem eine gemeinschaftliche Identitätssicherung durch einigende Abgrenzung von Anderen.62 Wenn sie „den Leib Christi missachten“, indem sie sich der transformierenden Gegenwart Christi dort entziehen, wo diese im Begriff ist, sie in ihrer ganzen, auch gemeinschaftlichen Existenz zu verwandeln, werden dennoch die problematischen Vergemeinschaftungskräfte geschwächt, ohne dass die Feiernden die positiv-gemeinschaftsstiftende Gemeinschaftsbildung „im Heiligen Geist“ in genügender Weise erfahren können. Konkret: Wer regelmäßig in die Messe geht und dort das Evangelium hört, bringt es nicht mehr so leicht fertig, in der gleichen Weise egozentrisch (in einem Gruppenegoismus) zu leben, wie es ‚Heiden‘ können. Zugleich reicht es nicht für eine Erneuerung von Gemeinschaft „in Christus“, wenn man sich nicht mit ganzem Herzen auf die Wandlung des gemeinschaftlichen Leibes zum Leib Christi einlässt.63 Unwürdig Kommunizierende sowie Gemeinschaften von unwürdig Kommunizierenden setzen sich so einer (kollektiv und individuell) identitätszersetzenden Dynamik aus.]
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Was Paulus im Anschluss an die zitierte Stelle schreibt, wird auf diese Weise plausibler:

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„Deswegen sind unter euch viele schwach und krank, und nicht wenige sind schon entschlafen“ (1 Kor 11,30).64]
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3.3 Eine achtlos kommunizierende Kirche unter dem Gericht

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Schwach, kraftlos und „entschlafen“: Ist nicht das der geistliche Zustand von vielen Eucharistie feiernden Ortskirchen und Gemeinschaften? Sollen wir daraus schließen, dass große Teile der Kirche unter einem Gericht stehen, welches nach Paulus damit zu tun hat, dass Christen beim Feiern der Eucharistie notorisch den Leib Christi missachten?

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Auf der Grundlage der obigen Ausführungen zu indirektem Gericht und eucharistischem Selbstgericht würde ich sagen: teilweise. Es gibt nämlich auch eine verbreitete geistliche Schwäche, die darauf zurückzuführen ist, dass viele Kirchgänger noch gar nicht richtig in das Mysterium der Eucharistie eingeführt sind. Das Taufsakrament ist bei ihnen noch nicht durch eine entsprechende Lebenswende fruchtbar geworden, und so scheint auch die Wirkung der Eucharistie oberflächlich und kraftlos zu sein, – nicht nur für Kirche und Gesellschaft, sondern auch für sie selber. Sie sind zu einem größeren Teil Ungläubige geblieben in der Weise, dass sie das Wort Gottes noch gar nicht innerlich erreicht hat. So sind sie gar nicht in der Lage, das sakramentale Wort Gottes wirklich aufzunehmen. Und deshalb können sie es auch nicht wirklich ablehnen.

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Andererseits gibt es in einer Kirche, in der reife und unreife Christen beieinander sind und sich nicht nur positiv gegenseitig beeinflussen, auch die in Joh 12,47 angesprochene Form eines Unglaubens, dass jemand Gottes Wort gehört hat und dennoch nicht befolgt.65 Und das entspricht dann der Situation der Korinther, wie sie Paulus in 1 Kor 11 anprangert. Hier kann es zu dramatischen Gerichtsprozessen kommen, bei der die konventionelle Übersetzung von 1 Kor 11,30 nachvollziehbar wird: „Deswegen sind unter euch viele schwach und krank, und nicht wenige sind schon entschlafen“. Gemeinden und geistliche Gemeinschaften mit Menschen, die schon viel Gnade erfahren haben, können sich auch gegenseitig schwächen und fertig machen. Wie viele haben sich wohl aufgrund eines achtlosem eucharistischen Kommunizierens schon „das Gericht gegessen“, – unter Umständen bis zur Selbstzerstörung?66

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Aber auch das achtlose, „unwürdige“, Kommunizieren einer Mehrzahl von Menschen, die die Kraft des Evangeliums noch nicht kennen gelernt haben, kann ein Gericht nach sich ziehen, weniger dramatisch, aber gleichwohl folgenschwer: die Ortskirchen werden im Glauben geschwächt durch den fortlaufenden Eindruck einer Wirkungslosigkeit der Sakramente und anderen gemeinsamen Glaubensvollzüge.

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So muss man entsprechenden lehramtlichen Aussagen zustimmen: Es handelt sich hier tatsächlich um einen „objektiven Schaden für die kirchliche Gemeinschaft“67. Wenn allerdings der Päpstlichen Rat für die Interpretation von Gesetzestexten eine solchen Beeinträchtigung der Kirche darauf zurückführt, dass „jemand, der öffentlich als unwürdig bekannt ist, den Leib des Herrn empfängt“, dann wäre zu ergänzen: Der Schaden, der hier tatsächlich entsteht68 – eine allgemeine, tiefgreifende Schwächung des gemeinschaftlichen Leibes Christi – liegt gewiss nicht nur an den vergleichsweise wenigen wiederverheirateten Geschiedenen, die man nicht am Kommunizieren gehindert hat, sondern an einer weitaus größeren Zahl von Kirchenbesuchern, die nicht dazu bereit sind oder nicht einmal daran denken, die unheilen Beziehungen, in denen sie leben, eucharistisch wandeln zu lassen;69 zumal, wenn man bedenkt, dass es hier nicht nur um individuelle Beziehungen geht, sondern um den katholisch-allumfassenden Leib Christi, dem überall dort geschadet wird, wo Menschen kategorisch ausgeschlossen oder missachtet werden.70 Dazu gehören auch soziale Problematiken einer Rücksichtslosigkeit und Ungerechtigkeit, die von den Nächsten – den Armen, Kranken, Arbeits- und Obdachlosen am Ort – bis zu den Fernsten (etwa den zahllosen anonymen Opfern einer globalen Verteilungsungerechtigkeit) reicht.71

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Allerdings gehört die Problematik eines achtlosen Kommunionempfangs – unter anderem durch wiederverheiratete Geschiedene – hier auch dazu.72 Die Achtlosigkeit mancher wiederverheirateter Geschiedener gegenüber der Verletzung des gemeinschaftlichen Leibes Christi, den sie mit einem früheren Verlassen ihres Ehepartners verschuldet haben, kann auch ein Mitgrund und Symptom für einen geschwächten Zustand von Kirche sein. Hier gilt es also, „die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden“ (Familiaris Consortio 84), dies aber in selbstkritischer Wahrnehmung einer viel tiefer und weiter reichenden Erkrankung des gemeinschaftlichen Leibes Christi.73 Die gegenwärtige Verfahrenheit der innerkirchlichen Kontroversen um die wiederverheirateten Geschiedenen könnte damit zusammenhängen, dass die Problematik eines „unwürdigen Kommunizierens“ nicht in seiner ganzen Tragweite wahrgenommen wird:

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Konservative Christen äußern häufig den Verdacht, dass bei den Reformvorschlägen für eine begrenzte Zulassung wiederverheirateter Christen zu den Sakramenten der radikale Anspruch, unter dem Kirche und Christen in ihrer sakramentalen Repräsentanz Christi stehen, unterboten wird, und manche nehmen an, dass mit einer solchen unangemessenen Toleranz eine verbreitete Schwächung der Kirche zusammenhängt. Eine schärfere Wahrnehmung des indirekten Gerichts im Handeln Jesu sowie beim unachtsamen Feiern des eucharistischen Sakraments kann diese Problematik als eine erschließen, die die Ortskirchen als ganze mit all ihren Mitfeiernden tiefer betrifft, als gemeinhin auch von Konservativen wahrgenommen wird. Damit wird von der Problematik kommunizierender wiederverheirateter Geschiedener nicht abgelenkt,74 wohl aber wird diese in einem sachgemäßen, tiefgreifenden kirchlichen Problemkontext verankert. Nur in diesem Kontext kann sie hinreichend gelöst werden, wenn das Problem einer durch Missachtung des Leibes Christi geschwächten Kirche wirklich an der Wurzel angegangen werden soll.

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3.4 Ein Gericht, das der Rettung dient (1 Kor 11,32)

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Bemerkenswert – zumal angesichts dieses bedrückenden Befundes eines achtlosen (und in diesem Sinn: unwürdigen) Kommunizierens in der gegenwärtigen Kirche – ist, dass Paulus das damit provozierte Gericht nicht als Verdammnis, sondern als (Um-)Weg zur Rettung sieht:

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„Gingen wir mit uns selbst ins Gericht, dann würden wir nicht gerichtet. Doch wenn wir jetzt vom Herrn gerichtet werden, dann ist es eine Zurechtweisung, damit wir nicht zusammen mit der Welt verdammt werden“ (1 Kor 11,32).]
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Paulus legt also nahe, alles Nötige zu tun, um nicht der Dynamik des Gerichts zu verfallen. Im Zweifelsfall ist es aber entsprechend seiner Lehre besser, sich diesem Gericht auszusetzen, weil es – wenn auch durch Zerbruch hindurch75 – der Rettung dient.

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4. Zeit des Gerichts – auch ohne Kommunionverbot

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4.1 Erste Schlussfolgerungen zum Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen

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Wer sich von seinem Ehepartner trennt und eine neue, „eheähnliche“ Beziehung eingeht, steht damit im Widerspruch zur Schöpfungs- und Heilsordnung, die Jesus seiner Kirche eingeschärft hat.76 Für die zerbrochene Ehe gilt, dass die zwei einmal „ein Fleisch“ geworden sind77 (vgl. Mt 19,5) und die Trennung damit unweigerlich „tief ins Fleisch“ geschnitten hat.78 Das gilt in verschärftem Maß, wenn die Bindung von Christen sakramental vollzogen und so öffentlich zum Zeichen der Liebe Christi zu seiner Kirche erklärt wurde. Verletzt werden dann durch Scheidung und Wiederheirat nicht nur die Ehepartner, sondern auch der gemeinschaftliche Leib Christi: der Bund zwischen Christus und seiner Kirche, der durch den Ehebund sakramental vergegenwärtigt wird.

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Faktisch kann die Trennung lange zurückliegen und so „Gras über die Sache gewachsen sein“. Möglicherweise ist inzwischen eine neue Partnerschaft und Familie gewachsen, mit viel Segen füreinander und unter Umständen auch für die Gemeinde. Die – sakramental vermittelte – Begegnung mit Jesus Christus hat allerdings die Kraft, verborgene und verdrängte Bruchstellen der eigenen Biografie freizulegen, wo sie nicht schon – in Buße und (innerer) Versöhnung – dem richtenden und rettenden Licht Christi ausgesetzt wurden. „Denn wer davon isst und trinkt, ohne den [auch gemeinschaftlichen] Leib des Herrn zu bedenken, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt.“ (1 Kor 11,29)

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Zu diesem Gericht sind nach Paulus zwei gegenläufige Dinge zu sagen:

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(1) Es äußert sich in einer Schwächung des Leibes Christi (11,30),

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(2) Es zielt nicht auf Verdammnis, sondern auf Rettung (11,32), wenn auch, so können wir mit Paulus hinzufügen, „wie durch Feuer hindurch“ (1 Kor 3,15).

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Unter Berücksichtigung dieser Spannung muss die Kirche entscheiden, ob und inwieweit sie Betroffene zum Empfang der Sakramente zulassen kann. Einerseits muss sie die kirchliche Gemeinschaft und auch die Betroffenen vor Schwächung schützen. Andererseits darf sie sie nicht von einem Gericht fernhalten, das ihrer Rettung dient. Dabei haben kirchliche Verantwortliche zu berücksichtigen, dass der eigentlich Richtende Christus selbst ist. Und Christus richtet indirekt.

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Wenn die Kirche wiederverheiratete Geschiedene kategorisch von der eucharistischen Kommunion fernhält, entzieht sie ihnen nicht nur „Gnadenmittel“ – im Sinn von Begegnungsräumen für die heilende und vollendende Gnade –, sondern sie entzieht sie auch einem Gericht, das effektiver und zugleich barmherziger als jedes menschliche Gericht ist. Zweifellos gehört es zur kirchlichen Verantwortung, die kirchliche Gemeinschaft vor destruktiven Dynamiken zu schützen, denen Christen sich und andere ausliefern, wenn sie den Leib des Herrn achtlos empfangen. Aber hier gilt es abzuwägen:

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Gerade weil die Eucharistie „ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen“79 ist, kann und darf die Kirche mehr an „objektivem Widerspruch“ zulassen, als sie es gemäß der gegenwärtigen Rechtslage erlaubt. Kommunionverbot ist ein mögliches, aber nicht das einzig mögliche Mittel, um wiederverheiratete Geschiedene und die kirchliche Gemeinschaft zu schützen. Es gibt auch den Weg einer Zulassung in kritischer Solidarität,80 wozu die Aufklärung über Gottes Gebot und die Warnung (in Katechese und Predigt) vor einem Selbstgerichts gehören. Menschen müssen um die Dynamiken des Selbstgerichts, welche aus einer achtlosen Begegnung mit dem Mysterium Christi entstehen, wissen und davor gewarnt werden, – generell und vor allem in der Ehevorbereitung. Aber nach Paulus darf ihnen ihre Eigenverantwortung auch nicht einfach abgenommen werden: „Jeder prüfe sich selbst ...“ (1 Kor 11,28) – und: „Gingen wir mit uns selbst ins Gericht, dann würden wir nicht gerichtet.“ (11,31) – Ob und wie ernsthaft jemand „mit sich selbst ins Gericht geht“, ist letztlich eine Gewissensfrage, die von kirchlichen Entscheidungsträgern zu respektieren ist, – allerdings nicht grenzenlos, sondern im rechten Maß. Denn ein unwürdiges und achtloses Kommunizieren hat nicht nur individuelle Auswirkungen, sondern schwächt den gemeinschaftlichen, kirchlichen Leib Christi. Deshalb kann ein Nichtzulassen zu den Sakramenten gerechtfertigt sein.

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Bei Paulus findet sich beides: In 1 Kor 11 warnt er die Korinther vor den Konsequenzen eines rücksichtslosen Umgangs mit dem gemeinschaftlichen Leib Christi,81 aber er überlässt ihnen selbst die Entscheidung, sich zu prüfen: „jeder prüfe sich selbst“ (1 Kor 11,28). Angesichts eines drastischen Falls von Blutschande fordert er hingegen einen (evt. vorübergehenden) Ausschluss aus der Gemeinde, – ein verfügtes Gericht, das allerdings dem Heil des Delinquenten dient: „damit sein Geist am Tag des Herrn gerettet wird“ (1 Kor 5,5).82

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4.2 Das vergessene Gericht

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Der kirchliche Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen – und weiter die Fragen der Ehe- und Sexualmoral vor allem seit Humanae Vitae – sind seit vielen Jahren Gegenstand von dornigen Konflikten mit polarisierten Positionen. Die jeweiligen Konfliktgegner mit ihren Argumenten sind dabei zu achten, denn gewöhnlich erkennen sie in den von ihnen vertretenen Auffassungen Gottes Gebot, dem sie sich verpflichtet wissen, und auch das verbietet ihnen, einfach nachzugeben. Solche epochalen Zerwürfnisse mit berechtigten Anliegen auf allen Seiten haben gewöhnlich mit Situationen struktureller Sünde zu tun. Erst wenn diese überwunden sind – und das kann Jahrzehnte dauern –, ist der Weg für Lösungen frei, die den berechtigten Anliegen, die von Gegnern gegeneinander eingebracht werden, im Wesentlichen gerecht werden können.83

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Solche strukturelle Sünde, die Polarisierungen fördert und echte, die berechtigten Anliegen der Konfliktgegner integrierende Lösungen blockiert, finden wir nicht nur in jüngeren gesellschaftlichen Entwicklungen – etwa weltweiten Zersetzungsprozessen von Ehe und Familie84 –, sondern auch in der katholischen Kirche selbst.

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Dazu gehört gewiss die im Kapitel 3.2 angesprochene „eucharistische Schwächung“ einer Kirche, die den gemeinschaftlichen Leib Christi notorisch missachtet. Hier möchte ich die These zur Diskussion stellen: Diese Schwächung hängt zusammen mit einer unzulänglichen Berücksichtigung der biblischen Gerichtsbotschaft, welche über Jahrhunderte nicht ausreichend mit der Kernbotschaft von Gottes Liebe vermittelt war.85

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Als um die Mitte des 20. Jahrhunderts innerhalb von kaum mehr als einer Generation in der Verkündigung eine verbreitete Höllenangst einer allgemeinen Heilszuversicht wich,86 war das zunächst vor allem ein Gewinn: Die Barmherzigkeit Gottes und das Evangelium als Heilsbotschaft leuchteten neu auf. Was damit allerdings – sozusagen aus einem Pendelschlag, der über die rechte Mitte nun in die Gegenrichtung ausschlägt – in den Hintergrund gedrängt wurde, ist der ungeheure Ernst von Gottes Gericht (eschatologisch, aber auch hereinreichend in unsere gegenwärtige Welt87), dem sich keiner wird entziehen können. Und zwar gerade deshalb, weil es sich um ein Gericht handelt, das ganz aus Liebe besteht. Die Begegnung mit Jesus Christus und in ihm, dem Weltenrichter, mit allen Menschen, mit denen wir als Täter oder Opfer jemals in unserem Leben zu tun bekamen88 – soll uns den Weg in Gottes himmlische Herrlichkeit ebnen. Dies dadurch, dass seine Liebe, die wir in unseren innerweltlichen Jas zu Gott bereits grundsätzlich angenommen haben, uns restlos durchdringt. Diese radikalisierte Liebe und Wahrhaftigkeit, die im Begriff ist, unsere eigene zu werden, konfrontiert uns solcherart von innen in einem unerbittlichen Selbstgericht mit den Schattenseiten all unserer irdischen Lieblosigkeit und Schuld.89 Entfacht wird damit ein furchtbares inneres Feuer einer Liebesreue,90 dem wir uns nicht – oder wenn, dann nur in die Hölle – entziehen können.91 Und gewiss würden wir uns diesem Gerichtsfeuer entziehen und damit in die ewige Gottferne abrutschen, wenn nicht Christus, der gute Richter, uns halten würde.92 In diesem Gerichtsfeuer werden wir sehnsüchtig wünschen, dass wir bereits unser irdisches Leben in konsequenterer Umkehr von der erfahrenen Liebe Gottes durchformen lassen hätten,93 und Christen werden die bittere Frage stellen, warum sie von der Kirche nicht genügend gewarnt worden sind.

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Das ist eine schwere Verantwortung für die christlichen Verkündiger.94 Man könnte zu dem Schluss kommen, dass diese Verantwortung in weiten Bereichen der heutigen Kirche über Jahrzehnte auf geradezu unverantwortliche Weise vernachlässigt wurde. Aber anders als traditionalistische und evangelikale Kritiker meinen, kann das den Seelsorgern nicht moralisierend – etwa als Feigheit – vorgeworfen werden, sondern hat mit einer „strukturellen Sünde“ oder geschichtlichen Schuldverstrickung zu tun, die weit zurückreicht. Vor dem Hintergrund einer Geschichte der Höllenangst, die die Liebe Gottes verdunkelte, wäre eine forcierte Gerichtsverkündigung fast zwangsläufig als „Drohbotschaft“ missverstanden worden. Nur in dem Maß, als die reine Liebe und Gewaltlosigkeit Gottes – die absolut zentral ist – genügend begriffen ist, kann die Wahrheit des göttlichen Gerichts richtig verankert werden. Die theologischen Grundlagen für diesen dramatischen Zusammenhang von Liebe und Gericht sind in den vergangenen Jahrzehnten vor allem in der dramatischen Theologie tiefer ausgearbeitet worden.95 Es gilt nun, diese Grundlagenarbeit vermehrt fruchtbar zu machen für eine kirchliche Praxis, die der in einer Botschaft radikaler Liebe implizierten Gerichtsdimension mehr Raum gibt.

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4.3 Die grundsätzliche Möglichkeit der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten

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All das hat viel mit den Fragen um die wiederverheirateten Geschiedenen zu tun. Die obigen biblischen Überlegungen legen es nahe, dass – angesichts eines „objektiven Widerspruchs“ zu dem Liebesbund Christi mit der Kirche – diese das Gericht weniger selbst in die Hand nimmt, sondern mehr Gott überlässt. So wie Jesus Christus, dem der Vater das Gericht übergeben hat, dieses nicht direkt ausübte, sondern durch ein barmherziges Handeln Menschen auch den Dynamiken eines Gerichts auslieferte, welches er selber durch seine erlösende Hingabe bis in den Tod auffing. Jesus ging ja sogar so weit, dass er vom Abendmahl – der Urform aller Eucharistie – nicht einmal den Judas ausschloss. Allerdings mit dramatischen Wirkungen: „Als Judas den Bissen Brot genommen hatte, fuhr der Satan in ihn. Jesus sagte zu ihm: Was du tun willst, das tu bald!“ (Joh 13,27).96

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Aber müsste die Kirche dann – ausgerichtet am Vorbild Jesu – nicht unterschiedslos alle zur Kommunion zulassen, ja überhaupt auf jede Sanktion, jede Exkommunikation verzichten? Das ist deshalb nicht der Fall, weil die Kirche nicht mit Christus identisch ist. Da ihre Sendung – im Unterschied zur universalen Sendung Jesu Christi – im Konkreten immer begrenzt ist,97 muss sie sich fragen, welche Gerichtsdynamiken (von Konflikt und Schwächung) sie realistisch auffangen kann und deshalb zulassen darf. So ist die Kirche in ihren Regelungen einem realisierbaren „Normalfall“ verpflichtet, der beinhaltet, dass Menschen in gravierenden Fällen auch (zeitweilig) exkommuniziert oder zu den Sakramenten nicht zugelassen werden, wo zu erwarten ist, dass sie in der Aufarbeitung der Folgen (verschärfte Dramatik oder Schwächung des Einzelnen und/oder der kirchlichen Gemeinschaft) überfordert wäre.98]
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Geht es also darum, wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zuzulassen, nicht um ihnen in einer unwahrhaftigen Barmherzigkeit das Gericht zu ersparen, sondern um sie einem effektiveren – wenn auch letztlich auf ihre Rettung zielenden – Gericht zu übergeben? Soll das heißen, dass in den gegenwärtigen kirchlichen Polarisierungen die sogenannten „Scharfmacher“99 eigentlich gar nicht scharf genug sind, weil sie die Menschen durch ein Kommunionverbot vom wirklich effektiven, gerechten und rettenden göttlichen Gericht gerade fernhalten?

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Ich würde sage: ja, aber mit zwei Vorbehalten:

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1. Es gibt auch ein Ressentiment der ‚Gerechten‘ gegenüber jenen, die sich nicht an vorgegebene Regeln gehalten haben. Eine kirchliche Lösung des Problems mit den wiederverheirateten Geschiedenen darf sich nicht damit belasten, den Übertretern eine Strafe aufzuerlegen, damit das „Gerächtigkeitsbedürfnis“100 von Entrüsteten zufriedengestellt wird, – auch nicht durch den Hinweis darauf, dass Unwürdige sich einem effektiveren Gericht aussetzen, indem sie kommunizieren. Anstelle dessen geht es darum, Erlösung als einen dramatisch-dialogischen Prozess zu verstehen, in dem Gnade und Gericht (über die Auswirkungen von kairologisch freigesetzter Freiheit) engstens miteinander verbunden sind.

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2. Der Verweis auf die mit dem Kommunionempfang mitgegebene Möglichkeit eines Selbstgerichts wäre heuchlerisch, solange die implizite Gerichtsdimension von Evangelium und Sakramenten in der Verkündigung, sowie insgesamt in der Praxis der Kirche nur ungenügend entfaltet ist. Das ist nicht durch eine Rückkehr zu Moral- oder gar Höllenpredigten zu erreichen. Das Gericht erwächst aus der größeren Liebe, wenn diese wirklich ohne Einschränkungen verkündigt und auch gelebt wird. Die größere Liebe verwirklicht sich nicht auf dem Rücken von Opfern; sie nimmt alle mit hinein, auch die verborgenen Ausgegrenzten, – auch den verlassenen Partner aus einer ersten Ehe. Dabei kann es nicht darum gehen, den Menschen ihre Scheiternsgeschichte immer neu vorzuhalten. Vielmehr wird durch eine gelebte authentische Liebe, die auch über den eigenen Tellerrand schaut, in allen (nicht nur den wiederverheirateten Geschiedenen) eine Sensibilität geweckt, die das verdrängte Ausgrenzen in der eigenen Lebensgeschichte bewusst macht, – auch gegebenenfalls den verlassenen früheren Ehepartner. In einer ‚ausgrenzungssensiblen‘ Kirche werden solche verdrängten – individuellen, aber auch strukturellen – Anteile freigelegt und können so vor den Gekreuzigten gebracht werden, im Bewusstsein, dass wir mit den Opfern zugleich ihn getroffen haben, dass er diese Schuld bereits im Ansatz überwunden hat, indem er sie – stellvertretend vergebend – vor den himmlischen Vater gebracht und uns so die Möglichkeit zu einem versöhnten Leben selbst dort eröffnet hat, wo wir die konkrete Vergebung von Menschen, die wir verletzt haben, nicht empfangen können.101

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Das ist der sakramentale Sinnzusammenhang, an dem auch – aber längst nicht nur! – Menschen, die in einem „objektiven Widerspruch zum Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche“102 leben, teilhaben können. Nicht nur wiederverheiratete Geschiedene sind in der Situation, dass eine Versöhnung mit Menschen, denen gegenüber sie schuldig geworden sind, blockiert ist, und dass sie gerade durch ihr aufrichtiges Bemühen, vor Gott als gute Menschen zu leben, immer wieder neue Verwundungen und neues Unrecht verursachen. Das ist die Eigenart von strukturellen Sünden, die nicht nach den Maßstäben individueller Übertretungen adäquat beurteilt werden können. Die gegenwärtigen kirchlichen Regelungen – etwa das Gebot einer Trennung oder von sexuellen Enthaltsamkeit – sind trotz ihres hohen Anspruchs nur sehr begrenzt wirksame Versuche, diesen fortwirkenden Widerspruch zu Gottes Heilswillen entschärfen. Hingegen hat die durch Jesus gewirkte und durch den Heiligen Geist in der Kirche – vor allem in den Sakramenten – vermittelte Erlösung die Kraft, auch dort Sünde zu vergeben, wo strukturelles Unrecht nicht überwunden werden kann. Solches ist dort der Fall, wo die Trennung vom wiederverheirateten Partner oder auch nur die Entscheidung zu einer radikalen Enthaltsamkeit (gegenüber einem überforderten Partner) gewissensmäßig nicht verantwortet werden kann, weil es seinerseits Unrecht bewirken würde.

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In solchen Strukturen der Sünde, in nicht nur wiederverheiratete Geschiedene verstrickt sind, können sich die Betroffenen dem erlösenden Christus überantworten, der auch dort bereits stellvertretend vorweg Versöhnung gewirkt hat, wo sie hier und jetzt noch nicht vollzogen werden kann.103 Diese Selbstüberantwortung an den Erlöser, welche in Buße und Eucharistie sakramental vollzogen wird, ersetzt nicht ein verantwortliches Handeln zur maximalen Überwindung der Auswirkungen von Schuld, sondern setzt es frei. Das heißt konkret: Kommunionverzicht oder sexuelle Enthaltsamkeit sind Möglichkeiten, die hier neben anderen in Frage kommen.104 Aber sie sind weder hinreichend, um das „objektive Unrecht“ aus der Welt zu schaffen, noch sind sie in jedem Fall die angemessenen Mittel, um weitestmöglich verantwortlich die Folgen der eigenen Geschichte von Schuld und/oder Scheitern zu tragen. Deshalb scheint mir eine generelle Dekretierung dieser Maßnahmen durch das kirchliche Lehramt problematisch zu sein.105 Sie könnten neben anderen als Beispiele genannt werden, die in einem Einzelprozess konkret zu erwägen sind, um mit der Irregularität bestmöglich umzugehen.

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In der Argumentation in diesem Kapitel geht es mir um nicht mehr (aber auch nicht um weniger) als um die grundsätzliche Möglichkeit der Kirche, unter bestimmten Umständen wiederverheiratete Geschiedene zu den Sakramenten zuzulassen. Der Grund für diese Möglichkeiten ist eine sündenlösende Kraft der Erlösung, die auch in strukturell sündigen Situationen, die immer wieder sozusagen Sünde produzieren, wirksam ist, – natürlich immer unter der Voraussetzung, dass der Betroffene das äußerste ihnen zu einer Bereinigung Mögliche versuchen.

125
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Diesem argumentativen Anliegen ist es auch geschuldet, dass ich hier bei wiederverheirateten Geschiedenen durchwegs von Sünde und Schuld gesprochen habe. In konkreten Scheiternssituationen und auch bei einer zivilen Wiederverheiratung kann Sünde und moralische Schuld – zumal für einen der Betroffenen – in einem nur sehr geringen Maße vorliegen. Und gerne stimme ich dem Einwand zu, dass für die konkrete seelsorgliche Begleitung ein Insistieren auf Schuldfragen wenig hilfreich ist. Für die grundsätzliche Möglichkeit der Kirche, Betroffene zu den Sakramenten zuzulassen ist aber die Frage entscheidend, was mit Sünde und Schuld geschieht – gerade auch dort, wo sie sich für die Zukunft nicht verantwortlich verhindern lassen. Deshalb diese Fokussierung.]
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Die hier angesprochene Problematik spiegelt sich auch in dem von Papst Benedikt verwendeten Gleichnis vom verlorenen Sohn. Einige konservative Christen halten die Anwendung dieses Gleichnisses auf wiederverheirateten Geschiedene für unangemessen, da der verlorene Sohn gewiss zurückkehrte, ohne weiter zu sündigen.106 Wiederverheiratete Geschiedene würden hingegen weiter „in einem dauernden, öffentlichen Ehebruch“107 leben. Könnte es der Vater denn akzeptieren, wenn der Sohn zu hause weiterhin das Vermögen verschleuderte? – Gewiss nicht, wo es mutwillig geschieht. Es ist aber etwas anderes, wenn der Sohn sich erst auf dem Weg einer Reifung in die Liebe des Vaters hinein befindet oder wenn er sich aufgrund seiner vergangenen Schuldgeschichte in Dilemma-Situationen kommt, wo er den Willen des Vaters nur auf die eine oder die andere Weise verletzen kann.

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4.4 Ein verändertes kirchliches Bewusstsein als Voraussetzung für die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten

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Ein zentrales Argument des kirchlichen Lehramts gegen die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion ist das öffentliche Ärgernis, im Sinn eines Handelns, das die anderen zum Schlechten bewegt.108 Ein solches Ärgernis kann dort vermieden werden, wo Menschen das ihnen zum Guten Mögliche tun und das ihnen Unmögliche demütig vor Gott bringen. Dafür braucht es das entsprechende Problembewusstsein und Bemühen des betroffenen Einzelnen, einen geeigneten (institutionellen, liturgischen) Rahmen, in dem das zum Ausdruck kommen kann,109, sowie ein geschärftes Bewusstsein im Kirchenvolk dafür, dass Eucharistie (bzw. Erlösung, die sich durch den Vollzug der Sakramente vollzieht) ein dramatischer Prozess ist, in dem Gnade und Gericht eng miteinander verbunden sind. Wo diese Voraussetzungen gegeben sind, ist auch die Gefahr gebannt, dass „bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung“110 entsteht, – im Gegenteil! Dürfen oder müssen dann, wenn diese Voraussetzungen gegeben sind – Betroffene noch generell vom „Heilmittel“ Eucharistie ferngehalten werden?

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Allerdings sind die genannten Bedingungen in der Kirche zur Entstehungszeit von Familiaris Consortio und in der Gegenwart noch nicht ausreichend verwirklicht, sodass der restriktiven Position des Dokuments ein bedingtes Recht zuerkannt werden kann. Werden diese Voraussetzungen geändert, dann öffnen sich unter anderem auch111 Wege zur sakramentalen Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen. Unter den geänderten Bedingungen wird diese Zulassung sich nicht zur Schwächung des gemeinschaftlichen Leibes Christi auswirken, sondern – aufgrund der vertieften Erfahrung einer versöhnenden Wirkung des Sakraments – zu seiner Stärkung.

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Aber für diese freigesetzte Wirkung des eucharistischen Sakraments sind als Voraussetzung ausgrenzungssensible Ortskirchen notwendig, die wissen, was sie tun – und auch riskieren –, wenn sie den Leib des Herrn empfangen und sich seiner Wandlung unterziehen. Dieses Wissen kann nur praktisch angeeignet werden in Ortskirchen, wo Ausgegrenzte unterschiedlicher Art – auch sozial und psychisch, sowie gesellschaftlich und auch familiär, Gegner und Feinde der Gruppen, denen man zugehört – vor dem Herrn eine vorbehaltlose Offenheit entgegengebracht wird. Auch hier ist das Moment einer strukturellen Schuldverstrickung zu berücksichtigen, um eine moralisierende Überforderung zu verhindern. Eine solche Inklusion von Ausgegrenzten überfordert Christen und Ortskirchen in vielen Fällen. Wenn aber das Bewusstsein geweckt ist, dass eine solche Offenheit für Christen unverzichtbar sind, dann kann das entsprechende Unvermögen – im Bewusstsein der Erlösungsbedürftigkeit und in einer Haltung der Buße – in die Feiern der Sakramente stärker als bisher mit hineingenommen werden.

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Hier erweist sich das soziale Anliegen von Papst Franziskus als relevant für das Bemühen, die Problematik der wiederverheirateten Geschiedenen an der Wurzel anzugehen. Vor dem Hintergrund seiner in Evangelii Gaudium verfochtenen Lehre einer grenzüberschreitenden Solidarität erweisen sich die schlichten Worte des Papstes zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen auf diese Weise als konsequent und herausfordernd:

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„Ich denke, als der ,verlorene Sohn‘ nach hause kam, hat der Vater nicht zu ihm gesagt: ,Aber du, hör mal, komm herein: Was hast du denn mit dem Geld gemacht?‘ Nein! Er hat ein Fest gefeiert! Später, vielleicht, als der Sohn sprechen wollte, hat er gesprochen.“]
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Der ältere Bruder des verlorenen Sohns – und mit ihm die Rigoristen im kirchlichen Konflikt – würden vielleicht einwenden: „Da kann der Vater auf den Nimmerleinstag warten, bis mein gefallener Bruder von sich aus zu ihm kommt, um über seine Schuld zu sprechen.“ – Aber die Liebe des Vaters ist nicht ohnmächtig; sie ist sanft, aber zugleich glasklar und beinhart. Es ist eine Liebe, die mit kompromissloser Wahrhaftigkeit verbunden ist und auf diese Weise alles verborgene Unwahrhaftige unfehlbar freilegt,112 – und dies ohne allen Druck von Sanktionen. Diesem Verhalten des in seiner Barmherzigkeit herausfordernden Vaters entspricht die kirchliche Verkündigung, wenn sie den Menschen den vollen Anspruch des Evangeliums ohne Abstriche zumutet, so wie Jesus seinen erschreckten Jüngern, aber ohne sie zu verurteilen oder unter Druck zu setzen. Wird es in Liebe und Wahrheit verkündigt, dann entfaltet das Evangelium seine verwandelnde Kraft, – heilend und richtend zugleich.

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Die Wahrheit der Liebe wird aber nicht nur durch eine am Beispiel Jesu orientierte kompromisslose Verkündigung verwirklicht, sondern indem sie ohne Abstriche gelebt wird. Demgemäß fordert Papst Franziskus zu einer Liebe ohne Kompromisse auf. Seine Botschaft, dass niemand sich dem Anspruch der Armen entziehen kann – ohne Ausnahme und ohne Ausrede113 – hat die Klarheit und Härte des Evangeliums. Wo das gelebt wird, werden Menschen von selber draufkommen, wo sie in ihrer Biografie noch Menschen ausgeschlossen und die Liebe begrenzt haben. Und so kommt – wiederholt und aus einem zunehmend verfeinertem Gewissen – der Kairos, „dass der Sohn [mit dem Vater über das, was noch unversöhnt ist] sprechen will.“

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4.5 Wiedereinführung einer öffentlichen Buße auf freiwilliger Grundlage

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Dem entspricht eine Erneuerung der Bußpraxis. In der frühen Kirche gab es eine öffentliche Buße, die auch „Exkommunikationsbuße“ genannt wird, weil die Pönitenten für eine längere Zeit nicht an der Eucharistie teilnehmen durften.114 In einer für Schuldverstrickung und Gericht, Buße und Umkehr sensibilisierten Kirche wäre eine Wiederaufnahme dieser altkirchlichen öffentlichen Buße möglich, und zwar ohne öffentliche Stigmatisierung, wenn es unter der Voraussetzung einer Freiheit ohne Zwang geschieht. Wie zu Exerzitien könnten sich Gruppen von Menschen zusammenfinden, um unter kompetenter geistlicher Begleitung Verletzungen und Schuldverstrickungen aufzuarbeiten – erlittene wie auch anderen zugefügte –, und zwar im Rahmen einer Ortskirche, welche dadurch als ganze am Prozess der Bewusstwerdung, Buße und Reinigung teilhat. Die Gruppe würde am Sonntagsgottesdienst teilnehmen, ohne zu kommunizieren, an einem besonderen Ort im Kirchenraum und vielleicht sogar in eigenen Bußgewändern oder mit violetten Schals, die mit Würde getragen werden. Denn die BüßerInnen stehen nicht nur für sich selbst, sondern nehmen eine wichtige Rolle innerhalb der Gemeinde ein. So wie die anderen Gemeindemitglieder die Büßer im Gebet begleiten und für sie stellvertretend kommunizieren, so gilt auch umgekehrt, dass die Büßerinnen für die anderen Gemeindemitglieder nicht-kommunizieren. Stellvertretend tragen sie nicht nur ihre eigene Schuld, sondern die Schuld aller vor Gott hin. Dieser Bußprozess kann sich über einige Monate erstrecken, bis in der Osternachtsfeier die volle Wiederaufnahme der Büßer feierlich vollzogen wird.

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Eine derartige auf freiwilliger Basis wiedergewonnene Form der öffentlichen Buße wäre dann auch ein geeigneter Ort, wo ein Prozess der Buße für wiederverheiratete Geschiedene zum Abschluss kommen könnte.

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Damit derartige teil-öffentliche Bußexerzitien nicht zur Stigmatisierung von TeilnehmerInnen führt, müssten mehrere Voraussetzungen gegeben sein:

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(a) Es ist ein kirchliches und gemeindliches Bewusstsein dafür vorhanden, dass es hier nicht primär um individuell zuordenbare moralische Sünden geht, sondern um Schuldverstrickungen, an denen wir alle mehr oder weniger beteiligt sind, auch wenn dies individuelle Schuld nicht ausschließt.

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(b) Nicht nur wiederverheiratete Geschiedene, sondern Menschen in verschiedensten Situationen struktureller Schuld – selbst wenn sie eher Opfer als Täter sind – nehmen an solchen öffentlichen Bußexerzitien teil.115

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(c) Eine kirchliche Regelung für wiederverheiratete Geschiedene ist offen genug, dass für diese nicht ein Druck oder Zwang zur Teilnahme entsteht.116

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(d) Wiederverheiratete Geschiedene werden mit dem Abschluss dieser Bußexerzitien wie alle anderen TeilnehmerInnen zum Kommunionempfang zugelassen.

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Der letzte Punkt besagt nicht zwangsläufig, dass die Kirche wiederverheirateten Geschiedenen über ein relativ einfaches Verfahren eine volle Wiedereingliederung ermöglicht. Die Zulassung zu solchen „Büßer-Gruppen“ kann über vorbereitende Beichtgespräche reguliert werden, sodass je nach Situation eine Teilnahme den Abschluss eines längeren Prozesses bildet. Außerdem setzen solcher Bußformen ein gewachsenes Bewusstsein unter den Gläubigen voraus, dass eine Zulassung zu den Sakramenten nicht schon eine vorbehaltlose Vergebung bzw. Billigung bestimmter Lebensformen durch die Kirche bedeutet, sondern Eucharistie wie auch die anderen Sakramente für alle zugleich ein Sakrament der Heilung ist, auch durch die Überlieferung an ein rettendes Gericht. Zugesagt wird durch die feierliche Wiederaufnahme, dass die persönlich vollzogene Zeichenhaftigkeit eines Christen nun derart ist, dass die immer noch gegebenen Differenzen zum Vorbild Christi als tolerierbar angesehen werden: d.h., dass durch die volle Mitfeier eines Christen die Christus (mit seinem Willen zur Unauflöslichkeit der Ehe) repräsentierende Zeichenhaftigkeit der feiernden Gemeinde nicht auf unverantwortbare Weise verunklärt und der Prozess einer richtenden Reinigung die kirchliche Gemeinde nicht überfordert. Auch wenn der objektive Widerspruch zwischen Lebensform und der Liebe Christi zu seiner Kirche erhalten bleibt, spielt für die Tolerierbarkeit einer solchen Diskrepanz auch der Weg von Buße, Reue als Selbstdistanzierung gegenüber früherer Schuld und Schuldverstrickung eine wichtige Rolle, zumal wenn dies öffentlich sichtbar gemacht wird.]
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Ob und wie eine derartige halb-öffentliche Form von gemeindlichen Bußexerzitien möglich ist, ist vor allem pastoraltheologisch zu klären. Der hier eingebrachte Vorschlag ist nur als Beispiel gedacht, wie ein vertieften Schuld- und Gerichtsbewusstsein – über eine entsprechende Verkündigung in Katechese und Homilie hinaus – in der katholischen Kirche konkret umgesetzt werden kann.

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Eine andere Möglichkeit: In Kirchen liegen in einer Kiste im Mittelgang violette Schals auf. An einer bestimmten Stelle während der Eucharistiefeier, im Bußteil oder unmittelbar vor dem Kommunionempfang besteht die Möglichkeit, dass Kommuniongänger einen Schal umhängen. Damit signalisieren sie eine Schuldverstrickung und Erlösungsbedürftigkeit, die über die individuellen Sünden – die wie üblich möglichst vor der Eucharistiefeier zu beichten sind – hinausgehen.117 Es geht hierbei um Beeinträchtigungen des Leibes Christi – im Bereich der Familie, im Zusammenhang mit der Arbeit, als Bürger eines Landes – denen man sich trotz empfangener Sündenvergebung und echter Reue auch in Zukunft nicht wird entziehen können, solange nicht strukturelle Bedingungen verändert sind. Unter anderem auch dazu gehört die Not von wiederverheirateten Geschiedenen, die die Tatsache des „objektiven Widerspruchs“, in dem sie sich befinden, in echter Reue beichten, wobei sie dennoch nicht verhindern können, dass Vollzüge, die diesen Widerspruch ‚zementieren‘ (etwa der sexuelle Akt mit der Partnerin in zweiter Ehe), wieder vorkommen werden, – nicht aus moralischer Schwäche, sondern aus Gewissensgründen.

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5. Anknüpfung an das Eheverständnis von Johannes Paul II. – das Gesetz der Gradualität

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5.1 Theologie des Leibes

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Die gegenwärtige katholische Lehre zu Ehe und Sexualität, zu der die Regelungen für wiederverheiratete Geschiedene dazugehören, ist geprägt von Gewissensentscheidungen zweier Päpste: Paul VI. in Humanae Vitae und Johannes Paul II. in Familiaris Consortio. Beiden ging es darum, dem von ihnen erkannten Willen Christi auch gegen starken Widerstand und breites Unverständnis treu zu bleiben. Johannes Paul II. hat Humanae Vitae voll mitgetragen, dabei aber gegenüber einer mehr naturrechtlichen Argumentation konsequent seine personalistische Beziehungsethik eingebracht. In 130 Katechesen (1979-1984) entfaltete er eine „Theologie des Leibes“, die in idealer Weise zeigt, wie eine unverkürzte Verbindung von ehelicher Sexualität, Offenheit für Nachkommenschaft und sakramentaler Christusverbundenheit aussehen kann.118 Sie gibt eine bis zur Überforderung anspruchsvolle, aber gleichwohl auch für viele junge Menschen attraktive Orientierung,119 hinter die man – entsprechend der oben betonten Treue zu einem unverkürzten Evangelium – nicht zurückgehen sollte.

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Das setzt allerdings auch voraus, dass die Theologie des Leibes Johannes Pauls II. nicht einfach nur unverändert weitergegeben wird, sondern in einer wechselseitigen Durchdringung zwischen christlichem Ideal und konkreten Situationen in einer Weise weiter entwickelt wird, dass das Ideal nicht zur überfordernden Idealisierung wird, welche unter Umständen ein Scheitern geradezu vorprogrammiert.120 Dafür wäre die Dramatik gelingender und auch scheiternder Beziehungen stärker zu entfalten, wie sie bereits in biblischen Bildern zum Ausdruck kommt, – im Blick darauf „dass diese Bilder nur in ihrer wechselseitigen Dramatik uns davor schützen, in jene Verhängnisse der Romantik zu verfallen, die ohne Umkehr das verlorene Paradies beschwören. Es gibt keinen Weg zurück ins Paradies, keinen zurück in den Schoß der vertrauten Kindheit.“121]
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Allerdings war die Ehemoral von Johannes Paul II. nicht frei von der Gefahr, dass das Ideal zur Messlatte wurde, aufgrund derer Christen, die daran scheitern, sanktioniert werden. Das ist nach dem Eindruck vieler auch in dem Urteil der Fall, dass wiederverheiratete Geschiedene „insofern selbst ihrer Zulassung [zu den Sakramenten] im Weg [stehen], als ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche sind, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht“122.

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5.2 Gesetz der Gradualität – aber keine Gradualität des Gesetzes

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Im Blick auf die mögliche Überforderung durch das anspruchsvolle christliche Eheideal hat Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben ein Prinzip formuliert, das auf eine stärkere theologische Entfaltung noch wartet:123 ein „Gesetz der Gradualität“ oder „des stufenweisen Weges“, wonach zu berücksichtigen ist, dass Menschen auf eine volle Einsicht und Wertschätzung des unverkürzten göttlichen Gebotes hin erst unterwegs sind.124 Damit erklärt der Papst zunächst, warum die vom Schöpfergott grundgelegte sittliche Ordnung – wie er sie z.B. in Humanae Vitae adäquat eingefordert sieht – oft als überfordernde Last wahrgenommen wird, obwohl sie „nicht etwas den Menschen Demütigendes und Unpersönliches sein kann“, sondern „der vollen Entfaltung seines Menschseins [dient], in jener einfühlenden und bindenden Liebe, mit der Gott selbst jedes Geschöpf beseelt, hält und zu seiner Seligkeit führt“125. Gemäß dem „Gesetz der Gradualität“ kann die angemessene Freude am sittlich Guten eine faktisch noch sehr begrenzte sein, denn sie nimmt mit einem stufenweisen Wachstum zu.

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Zudem erlaubt die Perspektive des Weges eine relative Wertschätzung von ethischen Haltungen, die im ausschließlichen Vergleich mit der vollen Verwirklichung nur als defizient erscheinen würden. Gemäß dem Gesetz der Gradualität

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„soll die kirchliche Verkündigung nicht nur auf noch vorliegende Defizite in den Lebenwegen der Menschen achten, sondern ihren bereits zurückgelegten Weg als ein stufenweises Wachstum würdigen, das dem Ziel des Evangeliums entgegenführt. Die Kirche wird keineswegs alles, was heute gängige Praxis ist, als vor dem Evangelium gültige Lebensform akzeptieren können. Aber sie wird auch nicht allen Formen partnerschaftlichen Lebens, in denen sie keine wirkliche Alternative zur Ehe sehen kann, von vornherein jede moralische Qualität absprechen und die gemeinsamen Erfahrungen, die von den Betroffenen selbst oft als positiv empfunden werden, als wertlos oder irreführend zurückweisen.“126]
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Allerdings fügte der Papst in Familiaris Consortio gleich hinzu, dass dieses Gesetz der Gradualität nicht mit einer „Gradualität des Gesetzes“ – also einer nur graduellen Geltung moralischer Normen – verwechselt werden darf, bei der der moralische Anspruch abhängig von einer eingeschränkten Reife des Paares herabgesetzt werden kann.

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Der Spielraum für ein positiv gewertetes „Gesetz der Gradualität“, ohne sich dem Vorwurf einer scharf zurückgewiesenen „Gradualität des Gesetzes“ auszusetzen, ist eng und schwer zu bestimmen, wenn es etwa darum geht, Positives in irregulären Beziehungen zu würdigen. Demgemäß sind die Formulierungen in der zitierten Stellungnahme der katholischen Kirche Deutschlands ausgesprochen vorsichtig. Wenn Geschiedene in echter Liebe und Treue einander zugetan sind, miteinander eine Familie gründen und ihre Liebe auch verantwortlich in der Öffentlichkeit bekunden – durch eine zivile Trauung –, so wird gemäß dieser Interpretation eines „Gesetzes der Gradualität“ doch nicht positiv von moralischer Qualität gesprochen, sondern nur davon, dass die Kirche einer solchen Beziehung nicht „von vornherein jede moralische Qualität absprechen“ und die oft positiv gewertete gemeinsame Erfahrung der Betroffenen nicht schlechthin „als wertlos oder irreführend zurückweisen“ wird. Aber, so wäre hier zurückzufragen, lässt sich in einer liebevollen und verantwortlichen Zweitbeziehung überhaupt nichts Positives benennen, ohne dass man in die Falle einer „Gradualität des Gesetzes“ geht? Gemäß dem Gesetz der Gradualität müsste es hierin zumindest etwas Positives in dem Sinn geben, als es die Grundlage für einen nächsten Schritt einer christlich-moralischen Reifung ergibt, in dem auch die kirchliche Position besser erkannt wird. Konkret könnte die Wahrnehmung der Verantwortung für den zweiten Ehepartner und für die gemeinsamen Kinder

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zu einem Wachstum im Bewusstsein umfassender Verantwortung beitragen, welches zuletzt den unter Umständen bisher ausgeblendeten geschiedenen Ehepartner mit einbegreift. Daraus könnte dann auch eine Einsicht in die sakramentale Tragweite der früheren Beziehung erwachsen, mit entsprechender Reue oder der wahrgenommenen Verantwortung, gegebenenfalls ein Ehenichtigkeitsverfahren zur Klärung der Situation anzustrengen.

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5.4 Dramatische Gradualität

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Dass der Ansatz bei einem „Gesetz der Gradualität“ insbesondere von der Moraltheologie bisher kaum rezipiert wurde,127 dürfte mit der genannten Gefahr zusammenhängen, dass jeder Vorschlag in diese Richtung sofort dem Vorwurf einer „Gradualität des Gesetzes“ ausgesetzt ist. Meiner Auffassung nach hängt das mit einem eindimensionalen Verständnis von Gradualität zusammen.128 Bereits der Begriff „Gradualität“ legt ein geradlinig stufenweises Wachstum in Richtung auf moralische Vollkommenheit nahe. Nun gehört es zur Problematik von Strukturen der Sünde, dass bestimmte Werte darin ohne Änderung der Strukturen nicht mehr miteinander vereinbar sind und deshalb ein Wachstum ohne Brüche – im Sinne eines kontinuierlichen Weiterreifens – nicht möglich ist.

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Ein prominentes Beispiel ist die Aussage: „Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann.“129 Diese Anwendung des Gesetzes der Gradualität durch Papst Benedikt XVI. hat für erhebliche Irritationen gesorgt.130 Das Problem – zumindest bei diesen Irritationen – liegt in der linearen Vorstellung von einem „ersten Schritt“.131 Kann der Prostituierte einfach geradlinig weitere Schritte gehen, um zur moralischen Vollkommenheit zu gelangen, oder kommt er damit zwangsläufig an Punkte von Umkehr und auch Zerbruch, wo das was bisher offenbar „gut“ war, nicht mehr gut sein kann? Bei der ersten Sichtweise geht man in die Falle einer „Gradualität des Gesetzes“, indem man den Gebrauch von Kondomen für bestimmte Menschen in bestimmten Situationen als „gut“ deklarieren muss. Die zweite, ‚dramatischere‘ Sichtweise entgeht diesem Dilemma.

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Es müsste also auf eine dramatische Gradualität reflektiert werden, mit notwendiger Umkehr in der Folge von Gnadenerfahrungen, die zugleich die Erfahrung eines Gerichts über das bisher Gelebte bedeuten. Dabei wird vieles, das vorher nicht nur als gut erschien, sondern (als Grundlage für eine spätere vertiefte Einsicht) auch gut war – in unserem Beispiel der Kondomgebrauch des Prostituierten als Wahrnehmung einer Verantwortung für andere – in einem anderen Licht erscheinen und grundsätzlich geändert werden müssen. In der erweiterten Perspektive, zu der besagter Prostituierter unter Umständen gerade dank seines Kondomgebrauchs als „ersten Schritts einer Moralisierung“ gelangt, wird dieser Kondomgebrauch von ihm dennoch als Symptom einer falschen Grundhaltung erkannt werden und deshalb zumindest als ambivalent erscheinen. Rückblickend kann der bekehrte Prostituierte dann immer noch in seinem Bemühen um Gesundheit und Lebensschutz ein positives Anliegen erkennen; aber er kann nicht mehr den Kondomgebrauch als solchen als gut beurteilen. Insofern wird auch dieser ein Gegenstand seiner Reue sein.

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Von daher leuchtet klar ein, dass auch die Kirche nicht den Kondomgebrauch des Prostituierten diesem gegenüber als gut bezeichnen kann. Sie würde ihn damit auf eine bestimmte moralische Stufe fixieren;132 und wenn er über diese Stufe hinaus kommt, müsste er sich vom Positivurteil einer solcherart toleranten Kirche distanzieren. So wie Jesus seinen Jüngern und den Pharisäern gegenüber den Schöpferwillen Gottes bis zur Überforderung eingemahnt hat, so muss auch die Kirche den Anspruch einer vollen Erfüllung geschlechtlicher Liebe in Partnerschaft, Offenheit für Kinder und Repräsentanz von Christi Liebe ohne Kompromisse benennen und für deren Schönheit werben, gerade auch dann, wenn er nicht aus bloß eigener Kraft, sondern nur mit Gottes Gnade gelebt werden kann. Und die kirchlichen Verantwortlichen werden das können, ohne den Menschen unerträgliche Lasten aufzuladen (Lk 11,46), wenn sie die Scheiternden der Barmherzigkeit des himmlischen Vaters anvertrauen – einer Barmherzigkeit, die zugleich Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit ist.

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Das Voranschreiten innerhalb einer dramatischen Gradualität hat mit der Weitung einer zuvor (oft schuldhaft) eingeschränkten Perspektive zu tun. Zum Beispiel, wenn jemand eine außereheliche Beziehung mit großem Ernst und wachsender Liebesfähigkeit lebt, etwa auf einer langen Auslandsreise. Das „funktioniert“ nur so lange, als die Ehepartnerin zu hause ausgeblendet bleibt. Echte Liebe verlangt aber Wahrheit, und Wahrheit bedeutet, dass keine relevanten Fakten ausgeblendet werden. So kann jemand durch den Weg einer illegitimen Liebe dazu geführt werden, zuvor Ausgeschlossenes zu berücksichtigen. Es wäre hier viel zu harmlos, wenn man von einer Perspektivweitung sprechen würde, in der etwas bisher Ausgeblendetes dazu genommen wird, in einem kontinuierlichen Wachstum von Moralität. Die Berücksichtigung des vergessenen Ehepartners kann dazu führen, dass das neu gewachsene Gute – zumindest gut als Grundlage, von der aus Gott das Gewissen eines gewissenlosen Menschen schärfen kann – zerbrechen muss; und zwar weil es, mit der Bergpredigt gesprochen, auf brüchigem Fundament aufgebaut wurde (Mt 7,26-27; vgl. 1 Kor 3,12-15).]
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Die Dramatik einer wachsenden Moralität kann verglichen werden mit dem Lösen eines Rubik-Würfels: Es kann sein, dass alle Steine, alle Farben richtig liegen, bis auf einen. Das wäre in eingeschränkter Perspektive eine schöne Lösung. Wenn man den Zauberwürfel aber wirklich lösen will, muss man die gesamte vorläufige Ordnung zuvor wieder auflösen. Analog kann man sich ein Lebens-Puzzle vorstellen, mit zahllosen Teilen, die wir zusammenbringen – „integrieren“ – müssen. In diesem Puzzle gibt es einen Eckstein – Jesus Christus. Nur von dieser Mitte her können wir alle Teile zusammenbringen. Oft versuchen wir, Teilbereiche unseres Lebens eigenmächtig auf die Reihe zu bringen, – in einer gewaltsam eingeschränkten Perspektive, die Gewalt erzeugt.133 Wenn wir dann Jesus Christus begegnen, was auch in zahllosen anonymen Formen möglich ist, können wir ihn – bzw. die uns von ihm gezeigten vergessenen Teile – nur integrieren, wenn wir bereit sind, bisher von uns Errichtetes aufzulösen, – selbst dann, wenn es sich als wahr, gut und schön erwiesen hat. Andernfalls müssten wir den Eckstein verwerfen.134 Hier gilt auch das harte Herrenwort: „wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut“ (Mt 12,30). Gnade impliziert hier Gericht, Wachstum erfolgt durch Zerbrechen hindurch, und der Weg zum Leben geht durch den Tod135.

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Ein solches Konzept von dramatischer Gradualität erlaubt es, in einer bürgerlichen Ehe von wiederverheirateten Geschiedenen „Elemente der Heiligung und Wahrheit“136 anzuerkennen, ohne deshalb die ganze Beziehung als gut und vor Gott richtig bewerten zu müssen. Es geht hier um Lebensgestalten, und dabei ist das Ganze mehr als die Summe der Teile. In einer Zweitbeziehung kann alles ‚zusammenpassen‘ und als Ausdruck echter Liebe erscheinen, und dennoch muss es unter Umständen zerbrechen, weil noch andere relevante Teile auftauchen, die bisher ausgeschlossen waren und sich nicht integrieren lassen. Bei wiederverheirateten Geschiedenen sind diese anderen, nicht integrierbaren Teile offenkundig, und dann muss die Kirche darauf hinweisen, dass hier etwas Wesentliches vor Gott nicht zusammenpasst, und dass es deshalb vor Gott nicht gut ist.137 Weiters wird die Kirche die Betroffenen zu Christus hinführen, um das Unheile von ihm „richten“ zu lassen. Seine Liebe und Wahrhaftigkeit, die im Gotteswort offenbart, im Sakrament vergegenwärtigt und durch Menschen der Kirche repräsentiert wird, appelliert an die Betroffenen und gibt ihnen den Mut dazu, fehlerhafte Sinngestalten auflösen und neu zusammensetzen zu lassen. Angesichts vielfältiger Strukturen der Sünde ist es wichtig, dass die Kirche diesen Prozess des Scheidens und Neuintegrierens nicht eigenmächtig durchführt oder generell dekretiert, sondern Spielräume für einen je einmaligen Weg mit Christus offenhält.138

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Die hier nur skizzenhaft entworfene dramatische Gradualität mit ihrer Betonung von Umkehr und Gericht im Blick auf Strukturen der Sünde und auf eine nötige umfassende Integration von allem Guten entspricht in hohem Maße den Vorgaben, die Johannes Paul II. in Familiaris Consortio gegeben hat:

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„Die Ungerechtigkeit, die aus der Sünde stammt – welche auch in die Strukturen der heutigen Welt tief eingedrungen ist –, behindert oft die Familie in ihrer vollen Selbstverwirklichung und in der Ausübung ihrer fundamentalen Rechte; ihr müssen wir uns alle mit einer Bekehrung des Geistes und des Herzens entgegenstellen, indem wir in der Nachfolge des gekreuzigten Herrn unseren Egoismus bekämpfen. Solche Umkehr wird notwendig auch auf die Strukturen der Gesellschaft einen wohltuenden und erneuernden Einfluß ausüben.
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Es bedarf einer fortgesetzten, ständigen Bekehrung, die, obwohl sie die innere Loslösung von allem Bösen und die Annahme des Guten in seiner Fülle erfordert, sich konkret in Schritten vollzieht, in einem dynamischen Prozeß von Stufe zu Stufe entsprechend der fortschreitenden Hereinnahme der Gaben Gottes und der Forderungen seiner unwiderruflichen und absoluten Liebe in das gesamte persönliche und soziale Leben des Menschen. Ein erzieherischer Weg des Wachsens ist also nötig, damit die einzelnen Gläubigen, die Familien und die Völker, ja die ganze Kultur von dem, was sie vom Geheimnis Christi bereits angenommen haben, geduldig weitergeführt werden, um zu einer reicheren Kenntnis und einer volleren Einbeziehung dieses Geheimnisses in ihr Leben zu gelangen.“139]
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6. Was müsste an lehramtlichen Aussagen geändert werden?

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Damit der vorgeschlagene Weg konsequent beschritten werden kann, ist zu prüfen, ob und inwieweit Modifikationen an lehramtlichen Aussagen seit Familiaris consortio notwendig sind. Wenn, dann dürften sie gemäß den vorgelegten Argumenten durchwegs im Bereich einer veränderbaren kirchlichen Lehre liegen. Außerdem muss dabei, wie das vorige Kapitel deutlich machen sollte, nicht von der Grundausrichtung der letzten Päpste abgewichen werden. Ich möchte mich im Folgenden auf die zentrale Aussage in Familiaris consortio 84 beschränken:140

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„Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht.“]
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Ich habe zu zeigen versucht, dass die Kirche unter bestimmten Bedingungen mehr an Widerspruch zulassen kann und gemäß dem Evangelium Christi auch soll, als es gemäß diesem lehramtlichen Text als möglich erscheint. Weil diese Bedingungen – einer stärkeren nicht nur individuellen, sondern auch gemeinschaftlichen Bedeutung des Gerichts in Evangelium und Sakramenten – nicht schon selbstverständlich gegeben sind, steht die hier vertretene Auffassung auch nicht im direkten Gegensatz zum zitierten lehramtlichen Text.141

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Zudem entspricht die Formulierung „Sie können nicht zugelassen werden“ nicht dem lateinischen Originaltext. Dort heißt es: „Ipsi namque impediunt ne admittantur“, sodass eine präzisere Übersetzung lautet:

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Sie stehen insofern selbst ihrer Zulassung im Weg, als ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche sind, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht.“142]
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Hat die deutsche Fassung der Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls hier den lateinischen Originaltext abgeschwächt?143? Dieser scheint mir konfrontativer, aber zugleich offener als die deutsche Übersetzung zu sein und damit dem hier vorgeschlagenen Ansatz besser zu entsprechen. Denn es ist vorstellbar, dass wiederverheiratete Geschiedene ihrer Zulassung im Weg stehen, ohne dass sie deshalb „nicht zugelassen werden können“. Schließlich gibt es auch überwindbare Hindernisse. Das wird ja von Familiaris Consortio eingeräumt, wenn es eine Zulassung zu den Sakramenten erlaubt, falls die Betroffenen „sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben“. Denn dass „ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse ... in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche“ stehen, ist durch eine sexuelle Enthaltsamkeit nicht schon aufgehoben.

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Die Lehre und die indirekt richtende Praxis Jesu, die Kritik von Paulus an einem unwürdigen Kommunizieren und die ephesinische Rückbeziehung der Ehe auf den Bund Christi mit der Kirche bestätigen zwar, dass Lebensstand und Lebensverhältnis von wiederverheirateten Geschiedenen in einem Widerspruch zum Liebesbund Christi und somit auch zum Sakrament der Eucharistie stehen, aber sie zwingen nicht zur Folgerung, dass diese – solange sie nicht strikt enthaltsam leben – „ihrer Zulassung im Weg stehen“, zumindest nicht in einer unüberwindbaren Weise. Vielmehr liefern sie damit sich – und auch die kirchliche Gemeinschaft – einem (auf ihre Rettung zielenden) Gericht aus, wenn sie sich in dieser Hinsicht nicht schon in Buße und Reue Christus übergeben haben, sondern diesen Gegensatz achtlos verdrängen. Der Umstand, dass der Widerspruch zu Christus und Eucharistie, in dem sich wiederverheiratete Geschiedene befinden, eine die ganze kirchliche Gemeinschaft (den gemeinschaftlichen Leib Christi) betreffende Tragweite hat, erlaubt und verlangt es, dass die Kirche hier eine Zulassung überprüft und unter Umständen auch verweigert. Allerdings ist sie zu einer solchen Weigerung nicht generell verpflichtet; und es dürfte zahlreiche Fälle geben, in denen eine solche Weigerung aufgrund des erhobenen biblischen Befundes nicht zu verantworten ist.

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Wie in Kap 3.2 bereits angesprochen, sind viele christliche Gemeinden zumindest in den materiell reichen Regionen in einer schwachen, kraftlosen und „eingeschlafenen“ Verfassung, die nach 1 Kor 11,30 den Rückschluss nahelegen, dass sie sich aufgrund eines „rücksichtslosen“ eucharistisch-gemeinschaftlichen Kommunizieren „das Gericht gegessen“ haben. Und diese Schwächung geht gewiss weiter, als dass sie vorrangig auf den Kommunionempfang durch wiederverheiratete Geschiedene zurückgeführt werden könnte. Das Problem eines achtlosen Kommunionempfangs ist viel weiter und tiefer. Innerhalb dieses weiten Kontextes ist die Frage nach dem Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen zu beantworten.144 Generalisierende Ausschlussregelungen würden das allgemeine Problem einer tiefgreifenden Schuldverstrickung auf bestimmte identifizierte Sünder abschieben und damit den „Tatbestand“ einer Missachtung des gemeinschaftlichen Leibes Christi sogar noch verschärfen. Deshalb sind hier primär andere Wege zu beschreiten: die Schärfung des Bewusstseins von der Gerichtsdimension der Sakramente in Katechese und Homilie, sowie neue Formen einer freiwilligen, öffentlichen Buße.

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7. Fazit

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7.1 Zusammenfassung

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Unsere Orientierung an Jesu Wort und seinem Handeln, wie es das Neue Testament bezeugt, hat ergeben: Die Treue zum Willen Gottes – wonach der Mensch nicht trennen darf, was Gott verbunden hat – ist für die Kirche so bindend wie sie für Jesus Christus war, sodass sie diesen Anspruch nicht herabsetzen darf, nur um Menschen nicht zu überfordern. Menschen, die von Gottes Wort angesprochen worden sind und es dennoch – ganz oder partiell – zurückweisen, werden in einen Prozess des Gerichts geführt, der nicht erst durch ein aktives Richten wirksam gemacht werden muss, – vorausgesetzt, das Wort wird kompromisslos gelebt und verkündet. Ein solches kompromissloses Verkünden und Leben des Wortes Gottes wurde in der Kirche der Neuzeit beeinträchtigt durch eine unausgewogene Wahrnehmung von Gottes Liebe und seinem Gericht, – bis in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts durch das Überwiegen überzogener Gerichtsvorstellungen, die den Blick auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit verstellten; seitdem in einem Umschlag des Pendels zu einer einseitigen Akzentuierung von Gottes Liebe, sodass der Ernst eines Gerichts, dem wir am Jüngsten Tag, aber auch jetzt schon ausgesetzt sind, aus dem Blick geriet. Neuere Theologie – vor allem, aber nicht nur die dramatische Theologie, der diese Studie zuzuordnen ist145 – hat theoretische Voraussetzungen für einen Weg der Mitte erarbeitet, die sowohl das Ausmaß von Gottes Liebe146 als auch die Radikalität seines Gerichts147 in einem positiven Verhältnis zueinander und so beide als maximal vorstellen kann. Von daher angeregt könnte auch für die kirchliche Praxis eine positive Proportionalität zwischen Liebe und Wahrheit bzw. zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in einer Weise sichtbar gemacht werden, dass sich die gegenwärtige kirchliche Polarisierung auf einen starken Weg der Mitte hin überwinden lässt:

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Die von Konservativen eingeforderte Treue der Kirche zum göttlichen Recht muss sich an der Weise orientieren, wie Jesus Christus selber gerichtet hat, – nicht direkt, sondern indirekt, indem Menschen den richtenden Folgen einer intensivierten Begegnung mit Gottes Liebe ausgeliefert werden. Das heißt, dass Christen von der Eucharistie im vollen Sinn (einschließlich Kommunion) als intensiviertem Begegnungsort mit Jesus Christus gerade nicht ferngehalten werden, weil sich das Gericht – als rettendes! – gerade auf diesem Weg vollzieht, effektiver als es durch direkte Maßnahmen erreicht werden könnte.148 Diese höhere Effektivität des indirekten Gerichts setzt allerdings voraus, dass die Botschaft der Liebe und der Barmherzigkeit noch radikaler gelebt wird, – womit nun auch das pastoral-solidarische Anliegen der „Neuerer“ gesteigert aufgegriffen wird. Mit Paulus: Die Kirche muss den Leib Christi, der zugleich ein gemeinschaftlicher Leib ist, berücksichtigen, sonst isst sie sich als ganze das Gericht.149 Die hier vorgeschlagene Wegumkehr – Zulassen zu den Sakramenten statt Fernhalten, damit das Gericht Gottes wirksamer wird – meint also nicht ein Laissez-faire-Prinzip in der (heuchlerischen) Beteuerung, dass Gott „es schon richten“ wird – sondern erfordert eine Verlagerung des pastoralen und kirchenrechtlichen Einsatzes der Kirche, um der Problematik und den Chancen eines indirekt wirkenden Gerichts besser gerecht zu werden. Diese Bemühungen zielen somit auf eine Heiligung der Kirche nicht durch Fernhalten der Unheiligen, sondern durch eine entsprechende Bußbereitschaft der ganzen Kirche, die im Vollzug der Sakramente deutlicher als bisher wird. Als mögliche Konkretisierung habe ich auf die Möglichkeit einer modifizierten Wiedergewinnung der frühkirchlichen öffentlichen Buße hingewiesen.

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Solche grundlegende Änderungen können Wege für die Kirche öffnen, wiederverheiratete Geschiedene zum Empfang der Sakramente (eucharistische Kommunion, Buße, Krankensalbung) zuzulassen, allerdings nicht generell, sondern unter bestimmten Bedingungen.150 Da im Unterschied zu Jesus Christus die Sendung der Kirche – als konkrete Ortskirche – immer begrenzt ist, kann sie Menschen nicht mit der gleichen Radikalität der (sakramentalen) Gottesbegegnung und damit verbunden dem Selbstgericht überlassen wie Jesus es – am extremsten bei Judas – getan hat. Dazu ist nicht nur ihre eigene Liebe zu schwach,151 auch ihre Sendung ist im Unterschied zu jener Christi stets eine begrenzte.152 Daraus ergibt sich die Möglichkeit und Notwendigkeit, im Unterschied zu Jesus Christus doch auch direkt zu richten, – so wie es bereits Paulus getan hat (vgl. 1 Kor 5). Aber dieses direkte Richten – konkret, im Vorenthalten von sakramentaler Kommunion und Versöhnung – darf nur so weit erfolgen, wie zum Schutz der kirchlichen Gemeinschaft wie auch der „Übertreter“ unbedingt nötig ist.

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7.2 Ausblick

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Die hier vorgestellten Überlegungen sind in vielem fragmentarisch. Scharf herausgearbeitet wurde der meist vernachlässigte theologische Zusammenhang von Sakrament und Gericht. Eine Schlagseite kann sich hieraus ergeben, insofern nach einem konventionellen Verständnis Gericht retrospektiv und abschließend urteilend ist. Demgegenüber wäre noch deutlicher der auf Erlösung zielende Prozesscharakter des sakramentalen Gerichtsgeschehens herauszuarbeiten. Es geht um das darin verborgene Potential einer Wandlung von Menschen und der gemeinschaftlich-gesellschaftlichen Verfassung von Menschen durch eine dramatische Begegnungsgeschichte mit Gott, die durch ein unverkürzt vollzogenes Sakrament „punktiert“ wird.

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Das wäre für das „Sakrament Kirche“ ebenso wie für die Einzelsakramente zu entfalten. Was bedeutet „den Leib Christi zu beachten“ („diakrínein tô sôma“: 1 Kor 11,29) positiv für das Sakrament der Eucharistie? Anzusetzen wäre hier bei einer gemeinschaftsbildenden Kraft von Liturgie – für die feiernde Gemeinde, für die mit ihr vergegenwärtigte universal-katholische Kirche und für die dadurch in den Blick genommene ganze Menschheit –, die selbst im Widerstand gegen totalitäre politische Gewalt, uniformierende Globalisierung und individualisierenden Konsumismus einen öffentlichen, politischen Körper herzustellen vermag.153 Erst im Vergleich mit diesem gemeinschaftsstiftenden Potenzial von Eucharistie kann das Ausmaß ihrer unentfalteten Möglichkeiten und ihrer faktisch erfahrbaren Schwächung abgeschätzt werden.

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Auch für das Sakrament der Ehe könnte – ausgehend von obiger Analyse zu Eph 5,25-33154 – die gemeinschaftsstiftende Kraft des „ein Leib in Christus“ theologisch tiefer erschlossen werden. Dem würde eine anspruchsvollere Ehekatechese und Ehevorbereitung entsprechen, welche angesichts der heutigen gesellschaftlichen Diskrepanz zwischen Bindungssehnsucht und Bindungsunvermögen echte Alternativen anbieten kann. Der hohe Anspruch der christlichen Ehe, wie er von Johannes Paul II. in seiner Theologie des Leibes entwickelt wurde, müsste hier weder herabgesetzt noch ängstlich verschwiegen werden. Vielmehr könnte die Kirche auf dieser Grundlage eine Mystagogie in eine Lebensform entwickeln, die Bindungsfähigkeit nicht primär einfordert und sanktioniert, sondern aus der Erfahrung des (personalen und gemeinschaftlichen) Leibes Christi wachsen lässt: in einem dramatischen Begegnungsgeschehen mit Christus, bei welchem Gnade und Gericht auch in der die Liebe Christi repräsentierenden Paarbeziehung wahrgenommen und verarbeitet werden können. Deutlicher würden den Eheanwärtern damit die heilige Kraft und der heilige Ernst des Sakraments der Ehe, gemäß der Variation des mahnenden Pauluswortes: „wer die Ehe schließt, ohne zu bedenken, dass sie Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er die Ehe schließt“, – aber eben ein Gericht, das auf Heil, nicht auf Verdammnis zielt (vgl. 1 Kor 11,29.32).

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Auch das Sakrament der Buße wäre „dramatischer“ zu entfalten durch eine stärkere Wahrnehmung von Strukturen der Sünde, die durch Beichte und Buße nicht wie individuelle Sünden aufgelöst und beendet werden können, sondern einem unter Umständen langdauernden Prozess ihrer Überwindung ausgesetzt werden. Für die konkrete Beichtpraxis würde sich der Hinweis ergeben, dass nicht bloß Einzelsünden, sondern auch Situationen einer Schuldverstrickung vor Gott gebracht werden, wobei die Beichtende es im Einzelnen Gott überlassen kann, die Grenzen zwischen moralischer Schuld und einem schuldmindernden Unvermögen zu ziehen. In einem solchen Kontext würden sich auch für die Absolution eines gebeichteten „objektiven Widerspruchs“ für wiederverheiratete Geschiedene erweiterte Möglichkeiten ergeben, zumal wenn die beichtende Person ihre Reue für die Situation, die sie immer wieder in widersprüchliche Akte treibt (sowie für ihre Schuldanteile, die sie in diese Situation manövrierte) zum Ausdruck bringt.

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Verschiedene Fragen, die hier nur angeklungen sind, wären im Zusammenhang mit den vorgelegten Ausführungen zu klären. Etwa, ob eine eheliche Beziehung so weit zerstört werden und dieses Scheitern – in weitestmöglicher Verantwortung und Versöhnung – so weit aufgearbeitet werden kann, dass der Widerspruch einer gelebten zivilen Zweitehe faktisch nicht mehr schwerwiegend ist,155 – in der Nähe zur ostkirchlichen Vorstellung des „Todes einer Beziehung“.156

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Schließlich noch zur Form der Veröffentlichung: Relevante theologische Vorschläge sollten möglichst vor den beiden kommenden Bischofssynoden publiziert werden. Aufgrund der damit gegebenen Dringlichkeit habe ich mich entschieden, diesen Entwurf zunächst über die schnelle Form des Internet zur Diskussion zu stellen. Er enthält einige neue oder wenig beachtete Aspekte, die erst noch von verschiedenen Seiten beleuchtet werden müssen. Entsprechende Rückmeldungen könnte ich dann für eine überarbeitete Printpublikation berücksichtigen.

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7.3 Ein letzter Blick auf das Gleichnis: Der verlorene Sohn und sein älterer Bruder

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Zum Abschluss ein letzter Blick auf das von Papst Franziskus herangezogene Gleichnis vom verlorenen Sohn: Man stelle sich vor, der abtrünnige Sohn läuft bei seiner Rückkehr dem älteren Bruder über den Weg. Dieser bietet ihm – durchaus wohlmeinend – seine Hilfe an: „Ich weiß, was du tun musst, weil ich ja täglich mit meinem Vater umgehe. So jedenfalls kannst du ihm keinesfalls unter die Augen treten. Du musst erst dies und jenes tun, dann wird er dich aufnehmen. Und: So nahe darfst du ihm mit deiner Schuldgeschichte keinesfalls kommen. Sonst bringst du damit die ganze Familie ins Zwielicht.“ – So hält der ältere Sohn den jüngeren Tag für Tag von seinem Vater fern, ohne zu bemerken, dass er bei allem gutgemeinten Eifer nicht mehr Mittler, sondern Hindernis für den Anderen auf dessen Weg zum Vater ist. — Die Kirche ist immer wieder in Gefahr, für jene, die noch fern, aber bereit sind, sich dem Vater zu nähern, in eine solche Rolle zu rutschen und ihre Sendung mit besten Absichten vom Mittler in Richtung Hindernis zu entstellen. Mit der Vision eines „Kairos der Barmherzigkeit“ und seiner Interpretation des Gleichnisses vom verlorenen Sohn hat Papst Franziskus hier ein Zeichen zu einer Kurskorrektur gesetzt.

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Literatur

193
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Arntz, Klaus: Liebe und Sexualität, in: K. Hilpert (Hg.), Zukunftshorizonte katholischer Sexualethik (QD 241). Freiburg i. Brsg. 2011, 86-111.

194
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Authaler, Theresa u.a.: Herausgefordert. In: Der Spiegel 5/2014. Im Internet: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-124719298.html

195
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Balthasar, Hans Urs von:

196
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—   Theodramatik. Band II: Die Personen des Spiels. Teil 1: Der Mensch in Gott. Einsiedeln 1976.

197
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—   Theodramatik. Band IV: Das Endspiel. Einsiedeln 1983.

198
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Baumert, Norbert: Sorgen des Seelsorgers. Übersetzung und Auslegung des ersten Korintherbriefes. München 2007.

199
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Benedikt XVI: siehe Ratzinger, Joseph Kardinal.

200
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Bormann, Franz Josef: Von der ,Verbotsmoral‘ zur christlichen ,Liebeskunst‘. In: K. Hilpert (Hg.), Zukunftshorizonte katholischer Sexualethik (QD 241). Freiburg i. Brsg. 2011, 454-472.

201
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Bucher, Rainer: Nicht ohne eine gewisse Tragik: Papst Benedikt XVI. und die wiederverheirateten Geschiedenen. Pastoraltheologische Beobachtungen anlässlich eines Dialogs am 2. Juni 2012. In: Concilium 49 (2013), 498-504.

202
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Campodonico, Angelo: „Bonum ex integra causa“. Aquinas and the sources of a basic concept. Im Internet: http://www3.nd.edu/Departments/Maritain/ti00/campodon.htm (letzter Zugriff: 29. 5. 2014).

203
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Cavanaugh, William T.:

204
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—   Being consumed. Economics and Christian Desire. Grand Rapids 2008.

205
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—   The World in a Wafer. A Geography of the Eucharist as Resistance to Globalization. In: Modern Theology (1999), 181-196.

206
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—   Torture and Eucharist. Theology, politics, and the body of Christ. Oxford 1998.

207
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Dietzfelbinger, Johannes: Das Evangelium nach Johannes. Teilband 1. Johannes 1-12. Zürich 2001.

208
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Dobiosch, Hubert: Das Gesetz der Gradualität im Spannungsfeld von Gerechtigkeit und Liebe. In: Ethik der Tugenden. Menschliche Grundhaltungen als unverzichtbarer Bestandteil moralischen Handelns. Festschrift für Joachim Piegsa. St. Ottilien, 89-105.

209
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Ebertz, Michael: Endzeitbeschränkungen – Zur Zivilisierung Gottes. In: E. Arens (Hg.), Zeit denken. Eschatologie im interdisziplinären Diskurs (QD 234). Freiburg 2010, 171-189.

210
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Franziskus, Papst:

211
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—   Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium. Über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute, Vatikan 2013.

212
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—   Pressekonferenz auf dem Rückflug aus Brasilien (28. Juli 2013): http://www.vatican.va/holy_father/francesco/speeches/2013/july/documents/papa-francesco_20130728_gmg-conferenza-stampa_ge.html

213
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Fuchs, Gotthard: Gerichtsverlust. Von der christlichen Kunst, sich recht ängstigen zu lernen. In: KatBl 120 (1995), 160-168.

214
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Fuchs, Ottmar: Das Jüngste Gericht. Hoffnung auf Gerechtigkeit. Regensburg 2007.

215
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Gnilka, Joachim: Das Evangelium nach Markus (Mk 8,27-16,20) (EKK II/2). Neukirchen-Vluyn/Düsseldorf 62008.

216
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Heimbach-Steins, Marianne: Die Idealisierung von Ehe und Familie in der kirchlichen Moralverkündigung. In: K. Hilpert (Hg.), Zukunftshorizonte katholischer Sexualethik (QD 241). Freiburg i. Brsg. 2011, 300-309.

217
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Heyne, Johannes: Ratzingers Theologie in der Erklärung Dominus Jesus, im Internet: http://www.arbeitskreis-katholischer-glaube.com/texte/kampf_heute/Ratzingers%20Theologie%20in%20der%20Erklaerung%20Dominus%20Jesus.htm (letzter Zugriff: 12. 5. 2014).

218
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Höver, Gerhard: Verantwortete Elternschaft – Überlegungen im Hinblick auf eine Theologie des Leibes. In: K. Hilpert (Hg.), Zukunftshorizonte katholischer Sexualethik (QD 241). Freiburg i. Brsg. 2011, 263-278.

219
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Johannes Paul II. / Karol Wojitila:

220
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—   Apostolisches Schreiben Familiaris Consortio, Vatikan 1981.

221
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—   Die menschliche Liebe im göttlichen Heilsplan. Eine Theologie des Leibes. Mittwochskatechesen von 1979 – 1984. Hrsg. von N. Martin. Kisslegg 32011.

222
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—   Liebe und Verantwortung. Eine ethische Studie. München 1979.

223
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Kasper, Walter Kardinal:

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—   Barmherzigkeit: Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens Freiburg u.a. 2012.

225
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—   Das Evangelium von der Familie. Die Rede vor dem Konsistorium. Freiburg i. Brsg. 2014.

226
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—   Zur Besprechung des Buches „Evangelium von der Familie“ von Kardinal Walter Kasper in der „Tagespost", in: Die Tagespost Nr. 44 (15. April 2014), 12.

227
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Koch, Kurt Kardinal: Eucharistie. Herz des christlichen Glaubens. Freiburg/Schweiz 2005.

228
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Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, Vatikan 1994.

229
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Kremer, Jacob: Jesu Wort zur Ehescheidung. Bibeltheologische Überlegungen zum Schreiben der Päpstlichen Glaubenskongregation vom 14.9.1994. In: Th. Schneider (Hg.), Geschieden, wiederverheiratet, abgewiesen? Antworten der Theologie (QD 157). Freiburg i.Br.-Basel-Wien 1995, 52-67.

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Lüdicke, Klaus: Wieso eigentlich Barmherzigkeit? Die wiederverheirateten Geschiedenen und der Sakramentenempfang. In: Herder Korrespondenz 66 (Heft 7) (2012), 335-340.

231
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Martin, Norbert und Renate: Wahrheit gibt es nur im Singular, in: Tagespost online http://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/Wahrheit-gibt-es-nur-im-Singular;art312,150323 (Zugang nur über Abo) bzw. textgleich: „Das Evangelium von der Familie“. Einige Überlegungen zum Referat vom Kardinal Walter Kasper über Ehe und Familienpastoral, im Internet: http://www.zenit.org/de/articles/das-evangelium-von-der-familie (zuletzt eingesehen: 29. 5. 2014).

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Meßner, Reinhard, Feiern der Umkehr und Versöhnung, in: Handbuch der Liturgiewissenschaft, Teil 7,2: Sakramentliche Feiern I/2, 9-240.

233
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Miggelbrink, Ralf: Der Zorn Gottes. Geschichte und Aktualität einer ungeliebten biblischen Tradition. Freiburg i.Br.-Basel-Wien 2000.

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Müller, Gerhard Ludwig Kardinal: Zur Unauflöslichkeit der Ehe und der Debatte um die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente, in: http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/muller/rc_con_cfaith_20131023_divorziati-risposati-sacramenti_ge.html

235
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Niewiadomski, Jozef: Hoffnung im Gericht. Soteriologische Impulse für eine dogmatische Eschatologie. In: ZKTh 114 (1992), 113-126.

236
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Päpstlicher Rat für die Interpretation der Gesetzestexte, Erklärung [zum can. 915 CIC 1983 über die Nichtzulassung zur Kommunion] (2000), im Internet: http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20000706_declaration_ge.html

237
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Ratzinger, Joseph / Papst Benedikt XVI.:

238
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—   Brief an die Priester, Diakone und an alle im pastoralen Dienst Stehenden (8.Dezember 1980), als Beilage in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz ( Hrsg.): Predigten und Ansprachen von Papst Johannes Paul II.bei seinem Besuch in Deutschland sowie Begrüßungsworte und Reden,die an den Heiligen Vater gerichtet wurden.15.bis 19.November 1980.Offizielle Ausgabe (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 25).

239
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—   Licht der Welt. Ein Gespräch mit P. Seewald, Freiburg 2010.

240
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—   Zu einigen Einwänden gegen die kirchliche Lehre über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen (1998), im Internet: http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19980101_ratzinger-comm-divorced_ge.html

241
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—   Zur Theologie der Ehe, in: Theologie der Ehe, Hg. G. Krems / R. Mumm, Regensburg-Göttingen 1969, 81-115.

242
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Rees, Wilhelm: Scheidung und Wiederheirat und die (Un-)Möglichkeit einer liturgischen Feier (Anmerkungen aus kirchrechtlicher Sicht), in: forum iuridicum, Warschau 2 (2003), S. 189-207, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/322.html

243
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Ruster, Thomas und Heidi: ... bis dass der Tod euch scheidet? Die Unauflöslichkeit der Ehe und die wiederverheirateten Geschiedenen. Ein Lösungsvorschlag. München 2013.

244
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Sandler, Willibald:

245
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—   Christus nachfolgen – wie geht das? Biblische Herausforderungen. In: W. Guggenberger / S. Paganini (Hg.), Jesus nachfolgen. Auf der Suche nach christlichen Lebensformen (theologische trends 16). Innsbruck 2010, 77-105, in Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/826.html

246
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—   Der Preis der Erlösung. Skizze einer dramatischen Soteriologie. In: Ders., Skizzen zur dramatischen Theologie, 217-252.

247
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—   Die offen zu haltende Mitte. Negative Theologie in dramatischer Polyperspektivität. In: Ders., Skizzen zur dramatischen Theologie, 71-89.

248
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—   Der verbotene Baum im Paradies. Was es mit dem Sündenfall auf sich hat. Kevelaer 2009.

249
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—   Die gesprengten Fesseln des Todes. Wie wir durch das Kreuz erlöst sind. Kevelaer 2011.

250
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—   Eucharistische Erneuerung. In: Ders., Skizzen zur dramatischen Theologie. Erkundungen und Bewährungsproben. Freiburg i. Br. 2012, 457-487. Vgl. im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/787.html

251
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—   Kairos und Parusie. Kairos als Ereignis des in Christus angekommenen und angenommenen Gottes. In: ZkTh 136 (2014), 10-31. Ausführlichere Fassung im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/1018.html

252
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—   Kreuz-Weg zwischen Aggression und Resignation. Jesu Tod als Paradigma für ein christliches Martyriumsverständnis. In: J. Niewiadomski / R. Siebenrock (Hg.), Opfer - Helden - Märtyrer: Das Martyrium als religionspolitologische Herausforderung (ITS 83). Innsbruck 2010, 311-319. Im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/830.html

253
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—   „Schrecklich ist´s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“. Gratwanderungen zwischen dem liebenden und dem zornigen Gott im Licht einer Erzählung von Dostojewskij. In: Ders., Skizzen zur dramatischen Theologie, 539-572. Ältere Version im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/264.html

254
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—   Skizzen zur dramatischen Theologie, Skizzen zur dramatischen Theologie. Erkundungen und Bewährungsproben, Freiburg i. Br. 2012.

255
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—   Stadt auf dem Berg? Kirche in der Spannung von Vorbild-Auftrag, Solidarisierung mit Sündern und eigener Schuld, In: Ders., Skizzen zur dramatischen Theologie, 379-414. Vgl. im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/496.html

256
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—   Liebe und Wahrheit – ein seltenes Paar (2014). Im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/1051.html

257
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Schnackenburg, Rudolf: Der Brief an die Epheser (EKK X). Zürich 1982.

258
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Schneider, Theodor (Hg.): Geschieden, wiederverheiratet, abgewiesen? Antworten der Theologie (QD 157). Freiburg i.Br.-Basel-Wien 1995.

259
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Schockenhoff, Eberhard:

260
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—   Chancen zur Versöhnung? Die Kirche und die wiederverheirateten Geschiedenen. Freiburg 2011.

261
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—   Die Schwierigkeiten des Rechts mit der Liebe – ein theologisch-ethischer Beitrag zum Verhältnis von Ehe und nichtehelichen Lebensgemeinschaften: Eine Stellungnahme der katholischen Kirche in Deutschland, in: J.M. Scherpe / Badjma Yassari (Hg.), Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht 81, Tübingen 2005, 181-201.

262
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Schrage, Wolfgang: Der erste Brief an die Korinther, 2. Teilband (EKK VII/2), Solothurn 1995.

263
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Schwager, Raymund: Jesus im Heilsdrama. Entwurf einer biblischen Erlösungslehre (ITS 29). Innsbruck, Wien 1990.

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Siebenrock, Roman: Du hast Dich unserem Alltag verschrieben. Die Ehe als Urbild des Bundes und Wurzel der Sakramente: eine theologische Betrachtung. In: W. Guggenberger / N. Wandinger (Hg.), Sakramente – Tote Riten oder Quelle der Kraft? Vorträge der achten Innsbrucker Theologischen Sommertage 2007 (theologische trends 17). 2008, 165-193.

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Theobald, Michael: Das Evangelium nach Johannes. Kapitel 1-12 (Regensburger Neues Testament. Regensburg 2009.

266
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Trummer, Peter: „... dass alle eins sind!“ Neue Zugänge zu Eucharistie und Abendmahl. Düsseldorf 2001.

267
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Virt, Günter:

268
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—   Moral Norms and the Forgotten Virtue of Epikeia in the Pastoral Care of the Divorced and Remarried, in: MELITA THEOLOGICA Journal of the Faculty of Theology University of Malta 63/1 (2013): 17-34.

269
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—   Sexualität und AIDS. In: K. Hilpert (Hg.), Zukunftshorizonte katholischer Sexualethik (QD 241). Freiburg i. Brsg. 2011, 375-387.

270
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Weber, Helmut: Allgemeine Moraltheologie. Ruf und Antwort, Graz 1991.

271
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Weigel, George: Zeuge der Hoffnung. Johannes Paul II. Eine Biographie, Paderborn, Wien u.a. 2003.

272
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West, Christopher: Theologie des Leibes für Anfänger. Einführung in die sexuelle Revolution nach Papst Johannes Paul II., Kisslegg 22006.

273
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Zimmermann, Ruben: Moral Language in the New Testament. The interrelatedness of language and ethics in early Christian writings, Tübingen 2010.

274
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Zulehner, Paul Michael: Geschiedenenpastoral. Positionen und Argumente. In: Th. Schneider (Hg.), Geschieden, wiederverheiratet, abgewiesen? Antworten der Theologie (QD 157), Freiburg i.Br.-Basel-Wien 1995, 299-321.

275
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276
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Anmerkungen

277
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1 Mustergültig dafür erscheint mir Kasper, Das Evangelium von der Familie.

278
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2Franziskus, Pressekonferenz auf dem Rückflug aus Brasilien (28. Juli 2013).

279
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3 Konservative wenden ein, dass der Vergleich mit dem verlorenen Sohn hier nicht passt, weil dieser – im Unterschied zu wiederverheirateten Geschiedenen – wohl nicht laufend weitersündigt. Auf diesen Einwand gehe ich unten in Kapitel 4.3 ein.

280
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4 Evangelii Gaudium, Nr. 47; Hervorhebungen W.S.

281
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5 Dass auch Papst Benedikt unter dieser Spannung litt, zeigt: Bucher, Nicht ohne eine gewisse Tragik.

282
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6 „Die Kirche, die dazu gesandt ist, um alle Menschen und insbesondere die Getauften zum Heil zu führen, kann diejenigen nicht sich selbst überlassen, die eine neue Verbindung gesucht haben, obwohl sie durch das sakramentale Eheband schon mit einem Partner verbunden sind. Darum wird sie unablässig bemüht sein, solchen Menschen ihre Heilsmittel anzubieten“ (Familiaris Consortio 84); „zugleich wendet sie sich mit mütterlichem Herzen diesen ihren Söhnen und Töchtern zu, vor allem denen, die ohne ihre Schuld von ihrem rechtmäßigen Gatten verlassen wurden“ (ebd.). Vgl. dazu: Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen (1994, Nr. 9): „In Übereinstimmung mit dem bisher Gesagten soll ohne Einschränkung der Wunsch der Bischofssynode verwirklicht werden, den sich Papst Johannes Paul II. zu eigen gemacht hat und der mit Einsatz und lobenswerten Initiativen von seiten der Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien aufgegriffen worden ist: nämlich in fürsorgender Liebe alles zu tun, was die Gläubigen, die sich in einer irregulären ehelichen Situation befinden, in der Liebe zu Christus und zur Kirche bestärken kann. Nur so wird es ihnen möglich sein, die Botschaft von der christlichen Ehe uneingeschränkt anzuerkennen und die Not ihrer Situation aus dem Glauben zu bestehen. Die Pastoral wird alle Kräfte einsetzen müssen, um glaubhaft zu machen, daß es nicht um Diskriminierung geht, sondern einzig um uneingeschränkte Treue zum Willen Christi, der uns die Unauflöslichkeit der Ehe als Gabe des Schöpfers zurückgegeben und neu anvertraut hat. Das Mit-Leiden und Mit-Lieben der Hirten und der Gemeinschaft der Gläubigen ist nötig, damit die betroffenen Menschen auch in ihrer Last das süße Joch und die leichte Bürde Jesu erkennen können. Süß und leicht ist ihre Bürde nicht dadurch, daß sie gering und unbedeutend wäre, sondern sie wird dadurch leicht, daß der Herr - und mit ihm die ganze Kirche - sie mitträgt. Zu dieser eigentlichen, in der Wahrheit wie in der Liebe gleichermaßen gründenden Hilfe hinzuführen, ist die Aufgabe der Pastoral, die mit aller Hingabe angegangen werden muß.“

283
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7 In der hier etwas freien deutsche Übersetzung heißt es: „Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch ...“. Die zitierte präzisere Übersetzung findet sich in: Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, Nr. 4. Zur dieser Diskrepanz vgl. unten, Kapitel 6.

284
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8 Eine eindringliche und kontroversielle Wortmeldung in diese Richtung machte bereits auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil Elias Zoghby, melchitischer Patriarchalvikar in Ägypten. Vgl. den vollen Text in: Zulehner, Geschiedenenpastoral, 202-204.

285
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9 Angesprochen auf einen solchen Härtefall, hat Papst Benedikt einem katholischen Familienehepaar folgenden Rat gegeben. „Es scheint mir eine große Aufgabe einer Pfarrei, einer katholischen Gemeinde zu sein, wirklich alles nur Mögliche zu tun, damit sie sich geliebt und akzeptiert fühlen, damit sie spüren, dass sie keine ,Außenstehenden‘ sind, auch wenn sie nicht die Absolution und die Eucharistie empfangen können: sie müssen sehen, dass sie auch so vollkommen in der Kirche leben. Vielleicht ist, wenn schon die Absolution bei der Beichte nicht möglich ist, ein ständiger Kontakt mit einem Priester, mit einem geistlichen Begleiter, wichtig, damit sie sehen können, dass sie begleitet, geführt werden. Sehr wichtig ist es auch, dass sie spüren, dass die Eucharistie wahr ist, dass sie an ihr Anteil haben, wenn sie wirklich in Gemeinschaft mit dem Leib Christi treten. Auch ohne den ,leiblichen‘ Empfang des Sakraments können wir mit Christus in seinem Leib geistlich vereint sein. Das zu verstehen zu geben ist wichtig. Dass sie tatsächlich einen Weg finden, ein Leben des Glaubens zu führen, mit dem Wort Gottes, mit der Gemeinschaft der Kirche, und dass sie sehen, dass ihr Leiden ein Geschenk an die Kirche ist, weil sie so allen dienen, auch um die Stabilität der Liebe, der Ehe zu verteidigen; und dass dieses Leiden nicht nur eine körperliche und psychische Qual ist, sondern auch ein Leiden in der Kirchengemeinschaft für die großen Werte unseres Glaubens. Ich denke, dass ihr Leiden, wenn es wirklich innerlich angenommen wird, ein Geschenk an die Kirche sein kann. Sie müssen wissen, dass sie gerade so der Kirche dienen, im Herzen der Kirche sind.“ (Bucher, Nicht ohne eine gewisse Tragik, 499) — Ernsthaftigkeit und Mitgefühl des Papstes stehen hier außer Zweifel. Dennoch ist eine solche Antwort, wie Rainer Bucher zu Recht anmerkt, gefährlich ambivalent: „Schon psychologisch. Niemand außer den Leidenden selbst kann und darf dem Leiden einen Sinn geben“ (ebd. 500). Hier trifft die Kritik von Walter Kasper: „Manche argumentieren: Gerade die Nichtteilnahme an der Kommunion ist ein Zeichen für die Heiligkeit des Sakraments. Die Gegenfrage lautet: Handelt es sich hierbei nicht um die Instrumentalisierung eines Menschen, der nach Hilfe schreit, wenn wir ihn zum Zeichen für andere machen? Lassen wir ihn sakramental verhungern, damit andere leben?“ (Kasper, Das Evangelium von der Familie, 62).

286
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10 Vgl. dazu Kasper, Das Evangelium von der Familie, 88f. Grundsätzlich v.a. die Arbeiten von Günter Virt; zuletzt ders., Moral Norms and the Forgotten Virtue of Epikeia.

287
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11Müller, Zur Unauflöslichkeit der Ehe und der Debatte um die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente, in: http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/muller/rc_con_cfaith_20131023_divorziati-risposati-sacramenti_ge.html. Müller referiert hier, wie durchgängig in seinem Beitrag, einen Text, den Benedikt XVI. verfasst hatte, als er Präfekt der Glaubenskongregation war (1998): „Epikie und Aequitas canonica sind im Bereich menschlicher und rein kirchlicher Normen von großer Bedeutung, können aber nicht im Bereich von Normen angewandt werden, über die die Kirche keine Verfügungsgewalt hat“ (Ratzinger, Zu einigen Einwänden gegen die kirchliche Lehre über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, Nr. 3).

288
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12 „Natürlich rät die pastorale Klugheit mit Nachdruck, Fälle öffentlicher Verweigerung der hl. Kommunion zu vermeiden“ Päpstlicher Rat für die Interpretation der Gesetzestexte, Erklärung (2000), Nr. 3). Beachte aber die Fortsetzung des Zitats in der folgenden Anmerkung.

289
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13  „Die Seelsorger müssen den betreffenden Gläubigen den wahren kirchlichen Sinn der Norm zu erklären suchen, damit diese sie verstehen oder wenigstens respektieren können. Wenn es jedoch zu Situationen kommt, in denen solche Vorsichtsmaßnahmen keine Wirkung erzielt haben oder nicht möglich waren, muss der Kommunionspender die hl. Kommunion demjenigen verweigern, dessen Unwürdigkeit öffentlich bekannt ist" (Päpstlicher Rat für die Interpretation der Gesetzestexte, Erklärung, Nr. 3.).

290
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14 „Diese Forderung der Unauflöslichkeit kann nicht klar genug und in Kontrast zu heute verbreiteten Meinungen als der entschiedene Wille Jesu eingeschärft werden: Nicht bloß die Wiederheirat, sondern schon jede Ehescheidung widerspricht nach Jesu Wort dem Willen des Schöpfers: ‚Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen!‘“ (Kremer, Jesu Wort zur Ehescheidung, 64)

291
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15 Unter dem Gericht steht dabei nicht nur der Akt der Trennung, sondern Menschen mit ihrer konkreten Geschichte. Dazu kann das Vorleben der Partner (und anderer Beteiligter) zählen, welches eine Trennung unter Umständen unausweichlich gemacht hat.

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16 Zumal wenn dabei die Realität eines Scheiterns gegenüber Gottes Anspruch aus dem Blick gerät, weil dieses – jedenfalls öffentlich – in keiner Weise mehr zum Ausdruck kommt. Damit ist nichts gegen Bestrebungen gesagt, kirchenrechtliche Verfahren zur Eheannullierung zu vereinfachen und für Betroffene leichter zugänglich zu machen. Wohl aber gegen Versuche, die Problematik von wiederverheiraten Geschiedenen durch eine großzügigere Handhabung dieses Instruments zu entschärfen. Es gibt zahllose Fälle, wo das Zerbrechen einer sakramentalen Ehe als Schuld- und Scheiternsgeschichte zu bekennen und auf diesen Wegen eine volle Wiedereingliederung von Betroffenen in die Kirche anzustreben ist.

293
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17 Manche werden hier – ebenso wie zuvor beim Vergleich mit dem verlorenen Sohn – einwenden, dass die Situation von David nicht mit jener von wiederverheirateten Geschiedenen verglichen werden könne, da Batseba ja nun Witwe war und einer Wiederverheiratung formell nichts mehr im Wege stünde. Es wird hier aber zumindest eine Toleranz in Gottes heilsgeschichtlicher Begleitung deutlich, die in Spannung steht zu dem zweiten Argument von Familiaris Consortio 84: „Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung“. Wird durch das Zulassen einer bleibenden Bindung und sogar Fortschreibung der Heilsgeschichte über dieses blutbefleckte Band zwischen David und Batseba, noch dazu bei einem Repräsentanten des Gottesvolks, nicht Irrtum und Verwirrung in die Heilgeschichte gebracht? Dass dem nicht so ist, hängt mit der öffentlichen Reue und Buße von David zusammen. Dieses Moment einer öffentlichen Buße wurde m.E. in der bisherigen Diskussion um pastorale Lösungen für wiederverheiratete Geschiedene zu wenig berücksichtigt. Hier könnten sich neue Spielräume für einen „Kairos der Barmherzigkeit“ öffnen. Vgl. dazu unten, Kapitel 4.5.

294
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18 Joseph Ratzinger schrieb dazu im Jahr 1969: „Dem geschichtlich kanalisierten, verdünnten, aber auch konkretisierten Gotteswillen setzt Jesus den unbedingten Anruf Gottes in seiner Gänze entgegen; er erlöst den Menschen von der Zwielichtigkeit der Kasuistik.... Da Jesus hinter die Ebene des Gesetzes zurückgreift auf den Ursprung, darf sein Wort selbst nicht wieder unmittelbar und ohne weiteres als Gesetz angesehen werden“ (Ratzinger, Zur Theologie der Ehe, 83, zitiert nach: Frankenmölle, Ehescheidung und Wiederverheiratung, 40).

295
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19 Vgl. die „Unzuchtsklausel“, die bei Matthäus in die Antwort Jesu einfügt sind (Mt 19,9) sowie die gleich noch zu besprechende paulinische Ehelehre.

296
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20 Vgl. die Position der Schule von Hillel, wonach eine Frau bereits aufgrund des Anbrennenlassens der Suppe aus der Ehe entlassen werden konnte. Dazu: Gnilka, Das Evangelium nach Markus. Teilband 2, 77).

297
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21 Polarisierung kann in Zusammenhang gebracht werden mit der erbsündigen Situation einer „Seitenblick-Mentalität“, in der Menschen und Menschengruppen ihre individuelle bzw. kollektive Identität durch Abgrenzungen gegenüber definierten Anderen sicherstellen, im Unterschied zu einer glaubend auf Gott hin orientierten „positiv-bezogenen Identität“, welche einheitsstiftend und versöhnend wirkt. Vgl. dazu: Sandler, Die gesprengten Fesseln des Todes, 40-47.

298
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22 Vgl. Gen 1,26: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.

299
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23 Vgl. dazu unten zu Eph5: Kapitel 2.4.

300
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24 Die historisch-kritische Exegese stellt fest, dass der Text lange Zeit an verschiedenen Orten in und außerhalb der Evangelien „nomadisierte“, bis er seinen endgültigen Ort innerhalb des Johannesevangeliums fand. Dieser Befund ergibt, dass der Text nicht antijüdisch ausgelegt werden darf, sondern direkt in die Rigorismus-Auseinandersetzungen der frühen Kirche hinein spricht. Vgl. dazu Theobald, Das Evangelium nach Johannes, Kapitel 1-12, 548-550.

301
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25 Das ist der Sinn von Jesu Schreiben in den Sand, – einer „prophetischen Symbolhandlung“ (Theobald, ebd. 558), deren Sinn von Jer 17,13 her aufleuchtet: „Du Hoffnung Israels, Herr! Alle, die dich verlassen, werden zuschanden, die sich von dir abwenden, werden in den Staub geschrieben; denn sie haben den Herrn verlassen, den Quell lebendigen Wassers.“

302
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26 „... so heißt es jetzt zum zweiten Mal: ‚die in der Mitte stehende Frau‘ [vgl. Joh 8,9 mit 8,3; W.S.]. Doch das hat nun einen anderen Klang: Die zum Demonstrationsobjekt erniedrigt wurde — ihr schenkt Jesus die Würde zurück! ‚Relicti sunt duo, misera et misericordia‘, erklärt Augustinus lapidar (In Joh Ev Tract XXXIII 5): Im Elend der eigenen Verlorenheit vom barmherzigen Gott angeschaut zu werden, das bedeutet, sich selbst auch wieder neu achten zu dürfen!“ (Theobald, Das Evangelium nach Johannes 1-12, 560)

303
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27 Auch in der Auslegung dieser Stelle lässt sich die Polarisierung im Streit um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener verfolgen: Gerhard Ludwig Kardinal Müller, der Präfekt der Glaubenskongregation hat in einer Erläuterung der Stelle hervorgehoben: „Jesus begegnete der Ehebrecherin mit großem Erbarmen, sagte ihr aber auch: ‚Geh und sündige von jetzt an nicht mehr‘ (Joh 8,11). Die Barmherzigkeit Gottes ist keine Dispens von den Geboten Gottes und den Weisungen der Kirche.“ (Ders., Zur Unauflöslichkeit der Ehe) Der Moraltheologe Eberhard Schockenhoff betont zur Stelle hingegen: „Dass Ehebruch Sünde ist, braucht Jesus der Frau nicht einzuschärfen; dies weiß sie selbst am besten. Ihm geht es allein darum, die Frau nicht zu verurteilen und ihr eine Perspektive für ein neues Leben aufzuzeigen“ (Ders., Chancen zur Versöhnung, 109f); er attestiert Jesus ein „auffällige Desinteresse, moralisches Fehlverhalten als solches zu identifizieren“ (Ebd. 110).

304
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28Dietzfelbinger, Johannes I, 236, zitiert nach: Theobald, Das Evangelium nach Johannes 1-12, 561)

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29 CIC, Can. 1752. Dieser letzte Satz des aktuellen kirchlichen Gesetzbuchs der katholischen Kirche wird mit Recht immer wieder als hermeneutisches Prinzip des Kirchenrechts bezeichnet.

306
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30 Wörtlich heißt es: „Wenn sie aber doch geschieden ist ...“ (Aorist), was aber durchaus futurisch ausgerichtet sein kann (im Sinne von: „Wenn es aber vorkommt, dass sich eine Frau geschieden hat“). Vgl. dazu Schrage, Der erste Brief an die Korinther, 2. Teilband, 101. Jedenfalls wird die Spannung zum eingeschärften Herrenwort damit nicht aufgelöst: „Paulus rechnet also damit, daß eine Christin sich unter Umständen trotz des Verbotes Christi von ihrem Ehepartner getrennt hat“ (Kremer, Jesu Wort zur Ehescheidung, 58).

307
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31 Dass diese Frage bei Paulus nicht mehr behandelt wird, kann nicht bedeuten, dass sie nicht erlaubt wäre. Allerdings wäre hier zur Exegese der Kirchenväter mit Ratzinger zu bemerken: „Wohl das Überraschendste am patristischen Befund ist, daß es keinen Versuch gibt, aus Mt 5,32 und 19,9 ein Recht auf Wiederverheiratung bei Trennung der Ehe durch Ehebruch abzuleiten.“ (Ders., zitiert nach: Schneider (Hg.), Geschieden, wiederverheiratet, abgewiesen, 359).

308
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32 Vgl. oben, Kapitel 2.2.

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33 Vgl. v.a. 1 Kor 5,5.

310
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34 Vgl. Familiaris Consortio 3, 13, 20, 25.

311
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35 In dieser Frage gibt es seit Langem exegetische Kontroversen, die auch mit konfessionellen Unterschieden zusammenhängen. Traditionelle katholische Exegesen haben das „großen Mysterium“ auf das Verhältnis von Mann und Frau bezogen, worin das Sakrament der Ehe vorgebildet wäre. Im Unterschied dazu haben protestantische Exegesen das „große Mysterium“ auf das innige Verhältnis Christi zu seiner Kirche bezogen, womit eine direkte Anwendung auf ein „Sakrament Ehe“ Eph 5 widersprechen würde. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich auch katholische Exegeten mehrheitlich der zweiten Position angeschlossen. Vgl. in diesem Sinn Schnackenburg, Der Brief an die Epheser (1982), 260, mit weiterer Literatur. Im Folgenden werde ich eine Deutung vorschlagen, die dem katholischen Eheverständnis entspricht und dabei die Einwände Schnackenburgs berücksichtigt.

312
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36 Bereits gemäß der Schöpfungsordnung ist der Mensch Bild Gottes im gegenseitigen Zueinander: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie“ (Gen 1,27). Die Tragweite von dem, was „neue Schöpfung“ in Christus bedeutet, wird erst voll nachvollziehbar, wenn man berücksichtigt, dass es der Sohn Gottes und Schöpfungsmittler ist, der sich für uns alle hingegeben hat. Zur Bedeutung der Schöpfungsmittlerschaft für die Soteriologie, vgl. Sandler, Die gesprengten Fesseln, 113-119.

313
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37 Von der hier vorgelegten Interpretationen ergibt sich ein direkterer Bezug zum Sakrament der Ehe, als er in den meisten neueren Deutungen, die das „große Geheimnis“ allein christologisch deuten (als ein-Fleisch-Sein von Christus mit der Kirche), möglich ist.

314
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38 Vgl. Schnackenburg zu Eph 5,31: „Wenn nicht V 32 als Deutung angeschlossen wäre, könnte man an die Liebe des Mannes zu seinem ‚Fleisch‘, nämlich seiner Frau denken, und in der Tat ist die Stelle oft unmittelbar auf die Ehe zwischen Mann und Frau bezogen worden. Aber es widerspräche der Struktur der ganzen Eheparaklese, sollte das Verhältnis von Mann und Frau jetzt nach der Schöpfungsordnung und nicht wie bisher nach dem Muster von Christus und Kirche dargelegt werden“ (Schnackenburg, Der Brief an die Epheser, 260). Diesem Einwand Schnackenburgs wird die hier vorgelegte Deutung gerecht, da eben Gen 2,24 nicht einfach zitiert, sondern christologisch transformiert wird. Damit gilt dann auch, was Schnackenburg im Anschluss feststellt: „V 32 ist nicht eine nachträgliche Umdeutung des ursprünglich auf die Schöpfung von Mann und Frau bezüglichen Zitats, so daß die Ehe erst im nachhinein auf das Verhältnis von Christus — Kirche gedeutet würde, sondern von vornherein als Schlüssel zu dem Verständnis anzusehen, das der Verf. der Schriftstelle geben will.“

315
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39 Zu dieser ethisch-paränetischen Ausrichtung vgl. Zimmermann, Moral Language in the New Testament, 45-52.

316
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40 Zur Überforderung vgl. die erschrockene Reaktion der Jünger auf das kategorische Scheidungsverbot Jesu: „Wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es nicht gut zu heiraten" (Mt 19,10).

317
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41 Vgl. dazu Matthias Joseph Scheeben, Die Mysterien des Christentums, 496: „Die christliche Ehe steht in realer, in wesentlicher, innerer Beziehung zum Mysterium der Einheit Christi mit seiner Kirche; sie wurzelt in demselben, ist organisch mit demselben verschlungen und partizipiert daher auch an dem Wesen und dem geheimnisvollen Charakter desselben. Sie ist nicht einfach Symbol dieses Mysteriums oder außerhalb desselben stehendes Vorbild, sondern ein aus der Vereinigung Christi mit der Kirche herausgewachsenes, von ihr getragenes und durchdrungenes Nachbild derselben, indem sie nicht nur jenes Mysterium versinnbildlicht, sondern es wirklich in sich darstellt, und dadurch darstellt, dass es sich in ihr tätig und wirksam erweist“ (zitiert nach Ruster, Bis dass der Tod euch scheidet, 87-88.

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42 In wörtlicher Übersetzung.

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43 Wäre es anfangs anders gewesen, dann wären die zahlreichen und dringlichen Aufforderungen zu einem besseren Leben in neutestamentlichen Schriften nicht nachvollziehbar.

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44 Vgl. dazu Sandler, Der verbotene Baum im Paradies, 34-39.

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45 Die dringenden paulinischen Aufforderungen zu einem Christus entsprechenden Leben – wie hier in Eph 5 – wären damit unnötig.

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46 Vgl. Sandler, Stadt auf dem Berg.

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47 Eph 5 bezieht sich ausdrücklich auf das Taufsakrament; auf das Sakrament der Eucharistie geht er hier nicht eigens ein.

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48 Vgl. dazu unten, Kapitel 5.1.

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49 Ebd., Nr. 84.

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50 Allerdings droht Gott eine solche Ersetzung des Volkes durch ein anderes gelegentlich an. Vgl. Ex 32,10; Num 14,12. Auf den Zusammenhang von alttestamentlicher Bundestheologie und der Problematik von Wiederverheiratung weist hin: Ruster, Bis dass der Tod euch scheidet, 88-89, 125-132.

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51Papst Franziskus, Evangelii Gaudium, Nr. 47, mit Bezugnahme auf Ambrosius und Cyrill von Alexandrien.

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52 In diese Richtung geht Peter Trummer mit seiner Rückbeziehung der Eucharistie auf die jesuanischen Sündermähler. Vgl. in diesem Sinn: Trummer, Dass alle eins sind. Dazu kritisch: Koch, Eucharistie, 44-46.

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53 Vgl. dazu unten, Kapitel 4.

330
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54 Vgl. oben, Kapitel 2.2.

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55 In unmittelbarer Fortsetzung zu Joh 8,15 heißt es in scheinbarem Widerspruch zum Vorausgehenden: „Wenn ich aber urteile, ist mein Urteil gültig; denn ich urteile nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.“

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56 Unmittelbar vorausgehend zur eben zitierten Stelle heißt es: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16).

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57 In der Folge heißt es: „Ebenso ging es Jakobus und Johannes, den Söhnen des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten“ (Lk 5,10).

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58 Dieses indirekte Von-innen-Richten lässt sich auch bei den Synoptikern aufweisen. Vgl. dazu Sandler, Kairos und Parusie, 10-15 (vor allem zur „Antrittspredigt Jesu“ in Lk 4,16-31).

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59 Dieses Gericht ist mit der Ablehnung des Wortes bereits angelegt, auch wenn es unter Umständen erst am Ende der Zeit für den Ungläubigen sichtbar werden wird. Auf diese Weise sind das „ist schon gerichtet“ von Joh 3,18 und das „wird ihn richten am Letzten Tag“ von Joh 12,48 miteinander vereinbar.

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60 Vgl. 1 Kor 10,16f: „Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot."

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61 So die treffende Übersetzung Martin Luthers. – Wenn die Einheitsübersetzung wiedergibt „ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist“, dann verdeckt sie mit dieser Objektivierung die zusammenhängende Doppelbedeutung von christologischem und ekklesiologischem Leib. Vgl. die anders akzentuierende Übersetzung Norbert Baumerts: „Denn der ,Esser‘ und ,Trinker‘ (beim Mahl) ißt und trinkt sich (beim Empfang der Eucharistie) eine Züchtigung, da er den Leib (die Versammlung) nicht achtet.“ (Baumert, Sorgen des Seelsorgers, 177.

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62 Auf diesen problematischen „Kitt“ der Vergemeinschaftung wirkt Gottes Gegenwart wie eine Lauge: „Doch wer erträgt den Tag, an dem er kommt? Wer kann bestehen, wenn er erscheint? Denn er ist wie das Feuer im Schmelzofen und wie die Lauge im Waschtrog“ (Mal 3,2).

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63 Vgl. dazu: Sandler, Eucharistische Erneuerung, 470-474; im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/787.html#ch6

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64 „Sind entschlafen“ (koimôntai) wird von den der Mehrzahl der Exegeten als Euphemismus für den physischen Tod interpretiert, wobei aber sakral-magische Deutungen in Richtung eines phármakon thanátou (Medikament/Gift des Todes) zurückgewiesen werden (vgl. Schrage, Der erste Brief an die Korinther, Band 3, 53). Baumert übersetzt hingegen: „Darum sind unter euch viele (geistlich) schwach und kraftlos und schlafen so manche“ (ders., Sorgen des Seelsorgers, 177). Diese Übersetzung scheint leichter nachvollziehbar. Derartige metaphorische Deutungen werden allerdings sonst kaum angewandt und ausdrücklich zurückgewiesen von Schnabel, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, 665, Anm. 186. Auch wenn man eine solche Interpretation als geistliche Schwäche und geistliches Entschlafen zulässt, besteht kein Grund, die physische Dimension der Schwächung – bis hin zum Tod – auszublenden (wenn man sich auch nicht auf diese fixieren sollte). Denn der individuell-menschliche, körperliche Leib hängt mit dem gemeinschaftliche Leib zusammen wie auch der menschliche Leib mit der geistlichen Ausrichtung. Durch achtloses Kommunizieren werden Mensch und menschliche Gemeinschaft in all ihren Dimensionen geschwächt. Vgl. dazu: Sandler, Eucharistische Erneuerung.

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65 Vgl. oben, Kapitel 3.1.

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66 Vgl. Sandler, Eucharistische Erneuerung, 470-474.

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67Päpstlicher Rat für die Interpretation der Gesetzestexte, Erklärung

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68 Der vatikanische Rat beschreibt den Schaden mit juridischen Kategorien: „es ist ein Verhalten, das die Rechte der Kirche und aller Gläubigen verletzt, in konsequenter Weise den Ansprüchen dieser Gemeinschaft entsprechend zu leben“ (Ebd.).

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69 Das kann aber nicht Gegenstand einer moralisierenden Verurteilung von Einzelnen sein, weil bei vielen das Bewusstsein für solche Problematiken fehlt – wie sehr sie mit der Botschaft des Evangeliums und dem, was man im Sakrament vollzieht, zusammenhängt –, und bei anderen in einer sie deprimierenden Weise das Bewusstsein da ist, ohne dass sie aber sehen würden, wie sie sich aus den Verstrickungen ihrer Täter- und Opferrollen herauskommen könnten. Schuld und Verantwortung spitzen sich dort zu, wo Christen Gottes Gnade erfahren und den Kairos einer von daher möglichen Umkehr missachtet haben.

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70 Hier erhebt sich die schwerwiegende Frage, ob durch einen kategorischen Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen dort, wo konservative Priester dies wirklich hart durchziehen, nicht auch Menschen von den Sakramenten ausgeschlossen werden, die weitgehend schuldlos sind und eine tiefe Sehnsucht nach den Sakramenten haben; und dass auf diese Weise gerade durch ein im Einzelnen Ungerechtes Fernhalten ein eucharistisches Selbstgericht – durch Nichtachten des Leibes Christi – provoziert wird.

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71 Die hier nur vage entworfene Hypothese eines Zusammenhangs zwischen einer latenten Schwächung von Kirche und einem Missachten des gemeinschaftlichen Leibes Christi wäre auf unterschiedliche Weise zu überprüfen. Ist eine solche Schwächung vor allem in reichen Kirchen der nördlichen Hemisphäre gegeben? Und sind die zahlreichen Gemeinden, die sich sozial engagieren, im Durchschnitt „stärker“? Die Frage, was genau unter „schwach“ und „stark“ zu verstehen ist, wäre auch aus biblischen Kontexten (u.a. von 1 Kor 11) zu erschließen.

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72 „Es kommt bisweilen vor, dass die Christgläubigen massenweise und ohne Unterscheidung zum heiligen Tisch hinzutreten. Es ist Aufgabe der Hirten, diesen Missbrauch mit Klugheit und Festigkeit zu korrigieren." (Redemptionis Sacramentum, Nr. 83)

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73 In diesem Sinn trifft das Wort Jesu auch die heutige Situation: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie“ (Joh 8,7).

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74 Ebensowenig, wie Jesus durch sein Wort „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein“ (Joh 8,7) von der Sünde der Ehebrecherin ablenkt.

351
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75 Vgl. 1 Kor 3,12-15: „Ob aber jemand auf dem Grund mit Gold, Silber, kostbaren Steinen, mit Holz, Heu oder Stroh weiterbaut: das Werk eines jeden wird offenbar werden; jener Tag wird es sichtbar machen, weil es im Feuer offenbart wird. Das Feuer wird prüfen, was das Werk eines jeden taugt. Hält das stand, was er aufgebaut hat, so empfängt er Lohn. Brennt es nieder, dann muss er den Verlust tragen. Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durch Feuer hindurch.

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76 Ich sage nicht „stellt sich damit in Widerspruch ...“, da dieser Widerspruch schon früher und unter Umständen gar nicht durch die genannte Person hergestellt worden sein kann. Durch Trennung und Wiederheirat wird dieser bereits bestehende Widerspruch dann nur offen sichtbar gemacht.

353
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77 Mt 19,5 = Mk 10,8. Ob sie nach einer Trennung immer noch ein Fleisch sind, ist heute kontrovers (vgl. die Diskussion um eine mögliche Übernahme der ostkirchlichen Vorstellung des „Todes einer Beziehung“). Der Katechismus der Katholischen Kirche bejaht dies mit aller Schärfe, wenn er bei wiederverheirateten Geschiedenen von einem „fortgesetzten Ehebruch“ spricht. Nach Eberhard Schockenhoff ist diese Position nur so weit zwingend, als sie auf der – fragwürdigen – Augustinische Ehebandlehre aufruht. Vgl. ders., Chancen zur Versöhnung, 11-15.20-23. Im Blick auf Mt 19,6 – „... das darf der Mensch nicht trennen“ – wäre hier zu bedenken: Wenn der Mensch das nicht darf, so setzt das doch voraus, dass er es kann.

354
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78 Der anglikanische Pastor Nicky Gumbel macht in den von ihm entwickelten Alpha-Kursen dieses Faktum drastisch deutlich, indem er Fotos von einem Mann und einer Frau zusammenklebt und dann auseinanderreißt, – womit Teile der beiden Bilder unweigerlich zerstört werden.

355
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79Papst Franziskus, Evangelii Gaudium, Nr. 47; vgl. den Anfang dieses Aufsatzes.

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80 Vgl. dazu Sandler, Kreuz-Weg zwischen Aggression und Resignation.

357
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81 Anlass zur Kritik von Paulus ist eine rücksichtslose, egoistische Praxis bei der Agape. Vgl. 1 Kor 11,20-22.

358
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82 Vgl. dazu: Baumert, Sorgen des Seelsorgers, 67f.

359
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83 Vgl. dazu Sandler, Stadt auf dem Berg.http://theol.uibk.ac.at/itl/496.html

360
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84 Vgl. Familiaris Consortio, Art. 1 und 7.

361
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85 In diese Richtung geht auch Walter Kardinal Kasper, wenn er feststellt: „Die Oikonomia ist kein billiger Weg oder gar Ausweg. Sie macht ernst damit, dass, wie Martin Luther gleich in der ersten seiner Anlassthesen von 1517 formulierte, das ganze Leben des Christen eine Buße, das heißt immer wieder neues Umdenken und Umorientierung (metanoia) ist. Dass wir dies oft vergessen und das Sakrament der Buße als Sakrament der Barmherzigkeit sträflich vernachlässigt haben, ist eine der tiefsten Wunden der gegenwärtigen Christenheit. Der Bußweg (via paenitentialis) ist darum nicht nur etwas für wiederverheiratet Geschiedene, sondern für alle Christen“ (Kasper, Das Evangelium von der Familie, 89).

362
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86 Vgl. dazu Ebertz, Endzeitbeschränkungen – Zur Zivilisierung Gottes.

363
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87 Zum Zusammenhang von zwischen futurischer und präsentischer Eschatologie vgl. Sandler, Kairos und Parusie, 19-24.

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88 Vgl. Niewiadomski, Hoffnung im Gericht

365
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89 Vgl. dazu oben, Kapitel 3.1, die Auslegung von Joh 12,48: „Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn richten am Letzten Tag.“

366
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90 Von daher lässt sich die Aussage des Hebräerbriefs interpretieren: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ Vgl. dazu Sandler, Schrecklich ist's, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

367
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91 Denn die Alternative zum Fegfeuer kann für Menschen, die nicht schon vollkommen gereinigt sind, nur die Hölle sein.

368
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92 Die berechtigte gegenwärtige Betonung von Gericht als Selbstgericht darf also nicht übersehen lassen, dass Christus immer noch Richter bleibt. Allerdings – und das wurde in der Tradition meist übersehen – nicht nur in einer richtenden, sondern in einer rettenden Funktion (zu beidem vgl.: Balthasar, Theodramatik IV, 267-273). Würde er uns nicht halten, könnte niemand das Gericht bestehen. In der Ahnung dieses erschütternden Umstandes sehe ich das berechtigte Anliegen der traditionellen Höllenfurcht; – es ist allerdings im Blick auf Christus eine erlöste Furcht. Was dennoch bleibt, ist die Aussicht auf ein Gericht, dem sich niemand wird entziehen kann. Dessen Härte – und von daher die Dringlichkeit, hier und jetzt alles zu tun, um seinen Abgründen zu entgehen – erscheint mir in weiten Bereichen der gegenwärtigen Verkündigung auf eine geradezu unverantwortliche Weise vernachlässigt zu sein. Dies ist nicht als moralisierender Vorwurf gegen Seelsorger gemeint, sondern als Hinweis auf ein theologisches Defizit, welches es den Verkündigenden schwer macht, das Gericht zu betonen ohne das absolut Zentralste – Gottes grenzenlose Liebe – damit zu verdunkeln.

369
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93 „Nun gibt es zumindest drei Gründe, warum es besser ist, das Lebensziel der Liebe bereits während des Lebens zu erreichen und nicht erst in Gericht und Purgatorium:

1. Die Begegnung mit dem Gott der Liebe in diesem Leben hat zwar auch schon hier die Züge eines brennenden Feuers – in der Erfahrung einer echten Liebesreue –, aber in diesem leiblichen Leben ist es im Vergleich zum Gericht nach dem Tod unvergleichlich milder.

2. Wer vom Feuer der Liebesreue erfasst wird, in dem wächst ein ungeheures Bedürfnis, Verfehltes wieder gut zu machen und auf eine bessere Weise zu leben. Diese Möglichkeit ist hier gegeben, während sie im jüngsten Gericht ausfällt. Denn im Tode kann keine neue Freiheitsgeschichte geschrieben werden. Das Einzige, was der Mensch dort zu seinem Heil tun kann, ist, die Fragmente der irdischen Freiheitsgeschichte so zusammenordnen zu lassen, dass sie in ein endgültiges und restloses Ja zu Gott hin konvergieren.

3. Mit jedem Schritt, den wir uns hier tiefer auf Gottes Liebe einlassen, wird mehr von Gottes wunderbarer Herrlichkeit bereits hier für uns erfahrbar“ (Sandler, Christus nachfolgen – Wie geht das? 90f, bzw. im Internet http://theol.uibk.ac.at/itl/826.html#ch8).

370
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94 Vgl. Ez 3,16-21.

371
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95  Vgl. Hans Urs von Balthasars Theodramatik, sowie die „Innsbrucker Dramatische Theologie“ im Gefolge Raymund Schwagers (vgl. ders., Jesus im Heilsdrama; Sandler, Skizzen zur dramatischen Theologie). Aber nicht nur dort; insgesamt gibt es in der Theologie eine steigende Sensibilität für die Gerichtsdimension der Liebe und die Liebesdimension des Gerichts bei Gott. Vgl. u.a. Miggelbrink, Der Zorn Gottes; Ottmar Fuchs, Das Jüngste Gericht; Gotthard Fuchs, Gerichtsverlust, sowie das Forschungsprojekt „Dramatische Soteriologie“ von Jan Heiner Tück. Dazu im Internet: http://ktf.univie.ac.at/content/site/dg/forschung/article/3508.html mit weiterer Literatur.

372
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96 Jesus konnte so radikal sein, weil er mit seinem Kreuzestod den Menschen bis in die äußerste Gottesferne nachzugehen vermochte. Wegen dieser universalen Heilshoffnung (die dennoch Hoffnung bleibt, nicht Wissen) hat die Kirche mit Recht selbst für Judas niemals definiert, dass er in der Hölle ist. Man kann und darf selbst für ihn noch beten.

373
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97 Zur Sendung Christi und der Kirche vgl. Hans Urs von Balthasar, Theodramatik II/2.

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98 Dem entspricht das Beispiel des Paulus, der in der Gemeinde von Korinth angesichts eines Falles von Blutschande eine „Exkommunikation“ verfügte (1 Kor 5; s.o. Kap. 4.1).

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99 So z.B. über Kardinal Gerhard Ludwig Müller: Authaler u.a., Herausgefordert.

376
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100 Vgl. Nietzsche, Also sprach Zarathustra: WW II, 352f.

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101 Zu dieser dreifachen – durch den Heiligen Geist in der Kirche vermittelten – Wirkung von Erlösung vgl. Sandler, Die gesprengten Fesseln des Todes, vor allem 112-114, online: http://theol.uibk.ac.at/itl/900.html#ch42

378
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102 Familiaris Consortio, Nr. 84.

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103 Vgl. dazu Sandler, Die gesprengten Fesseln, 88-113.

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104 Zu den anderen Möglichkeiten zählen unter anderem: ein konkretes Bemühen um Versöhnung und gerechten Umgang mit dem getrennten Ehepartner, den leiblichen Kindern und anderen Betroffenen; das Bemühen um eine Klärung der irregulären Situation unter Umständen durch ein Ehenichtigkeitsverfahren; durch das Durchlaufen eines Weges öffentlicher Buße (zu Letzterem vgl. unten Kapitel 4.5).

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105 Über Probleme einer Augustinischen Ehebandlehre hinaus sehe ich ein wichtiges Anliegen der Enthaltsamkeitsklausel, für wiederverheiratete Geschiedene das Äußerste, was sie in einer solchen Situation zur Bereinigung der irregulären Situation beitragen können, einzufordern. Hier halte ich es für eine sinnvolle Initiative, diese Forderung des Bestmöglichen festzuhalten, ohne dieses generell festzulegen.

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106 In einem Leserbrief reagierte Walter Kasper auf eine Rezension von Norbert und Renate Martin zu seinem Büchlein „Das Evangelium von der Familie“ (dies., Wahrheit gibt es nur im Singular). Nach einer positiven Würdigung kommt er auf den für ihn heikelsten Punkt in dieser Rezension zu sprechen: „Vollends entlarvend finde ich den letzten Einwand, dass sich diejenigen, welche sich nach einer Scheidung redlich und treu an die Weisung der Kirche gehalten haben, sich als Dummköpfe vorkommen, würde ein Wiederverheirateter von der Kirche ‚vom Ehebruch faktisch freigesprochen.‘ Ganz abgesehen davon dass die Absolution nicht vom Ehebruch, sondern von der Schuld des Ehebruchs freispricht, würde sich ein solcher ‚Dummkopf‘ in der Tat wirklich dumm in die Rolle des brav im hause gebliebenen älteren Sohnes im Gleichnis Jesu begeben, der dem barmherzigen Vater Vorwürfe macht, weil er dem verlorenen Sohn Barmherzigkeit zuteil werden lässt (Lk 15,11-32). Wer so argumentieren würde, hat von Gottes Barmherzigkeit noch gar nichts verstanden.“

Dazu stellt ein traditionalistisch orientierter Blog fest: „Kasper merkt offensichtlich nicht, dass die Sache hier ganz anders liegt als bei Rückkehr des verlorenen Sohnes. Der Pönitent, der an seiner zivilen Zweitehe festhalten will, würde dem verlorenen Sohn gleichen, der nach hause kommt, um den Vater dazu zu nötigen, seinen liederlichen Lebenswandel und die Verschwendung seines Vermögens gutzuheißen. Dass er von zu hause fortgegangen war, das bedauerte er, nicht jedoch das, was er dann erlebte und tat. Er fordert vom Vater weitere Gelder, um seinen Lebensstandard weiterzuleben. Der Vater ist ihm voll Freude entgegengelaufen und wollte ihn umarmen, aber der Sohn zeigte keine Einsicht, dass sein Lebenswandel nicht gut war. Der Vater schickt seinen Sohn wieder fort und geht voller Trauer zurück in sein haus, darauf hoffend, dass sein verlorener Sohn doch noch irgendwann, bevor er in der Fremde stirbt, seinen Fehler einsieht und voller Scham und Reue zu ihm zurückkehrt, damit er ihm verzeihen kann...

Und in der Tat würde sich der ältere Sohn wie ein Dummkopf vorgekommen sein, wenn sein Vater dem heimgekehrten Sohn freundlich zugestimmt und seinen schlechten Lebenswandel gutgeheißen hätte; wenn er ihm weiteres Vermögen mitgegeben hätte, das eigentlich sein Erbteil gewesen wäre. Er hätte das Handeln des Vater wohl nicht verstanden und hätte wahrscheinlich an seinem Verstand gezweifelt. Aber Gott sei Dank nimmt das Gleichnis Jesu vom verlorenen Sohn eine andere Wendung...“ (http://frischer-wind.blogspot.co.at/2014/04/kardinal-kasper-verteidigt-gegenuber.html; zuletzt eingesehen: 29. 5. 2014)

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107 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2384.

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108 Vgl. Familiaris Consortio, Nr. 84.

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109 In der Eucharistie kommt dafür vor allem der Bußteil in Frage.

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110 Ebd.

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111 Die Wirkungen sind viel weiter: Gestärkt durch einen Prozess von Bewusstwerdung, Buße und Umkehr, erholt sie sich von ihrer eucharistischen Schwächung, und in ihr wird eine neue Kraft zur Evangelisierung freigesetzt.

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112 Das bekommen vor allem die Ankläger zu spüren, in der johanneischen Geschichte von der Ehebrecherin die Schriftgelehrten und Pharisäer, im Gleichnis vom barmherzigen Vater der ältere Sohn. – Wie hart reine Liebe sein kann, wird anschaulich in Dostojewskijs Erzählung vom jungen Staretz Sossima in der Begegnung mit einem reichen, angesehenen Mann (in seinem Roman „Die Brüder Karamasoff). Vgl. dazu Sandler, Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

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113 „Niemand dürfte sagen, dass er sich von den Armen fern hält, weil seine Lebensentscheidungen es mit sich bringen, anderen Aufgaben mehr Achtung zu schenken. Das ist eine in akademischen, unternehmerischen oder beruflichen und sogar kirchlichen Kreisen häufige Entschuldigung“ (Evangelii Gaudium, Nr. 201).

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114 Vgl. das Kapitel „Die kanonische Buße“, in: Meßner, Feiern der Umkehr und Versöhnung, 84-134.

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115 Vgl. in diesem Sinn Walter Kardinal Kasper: „Der Bußweg (via paenitentialis) ist darum nicht nur etwas für wiederverheiratet Geschiedene, sondern für alle Christen" (Kasper, Das Evangelium von der Familie, 89).

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116 Es dürfte nicht einfach, aber auch nicht unmöglich sein, diesen Punkt mit einem kirchlichen Anspruch abzugleichen, dass sie Bedingungen für eine volle Wiedereingliederung von wiederverheirateten Geschiedenen stellt.

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117 Auch diese Form setzt eine entsprechende Reife der Ortskirche voraus und muss entsprechend eingeführt werden. Solche Einführung ist an besonderen Bußtagen möglich, – etwa auch in Bußgottesdienst mit Kommunionempfang, in Diözesen, wo eine solche Form zugelassen ist.

394
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118Weigel bezeichnete diese „Theologie des Leibes“ von Johannes Paul II. in seiner Papst-Biographie als „eine der kühnsten Neustrukturierungen der katholischen Theologie in Jahrhunderten“ (ders., Zeuge der Hoffnung, 350.

395
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119 Der Personalismus von Johannes Paul II. entfaltet positive Leitbilder anstelle einer negativen Verbotsethik und eröffnet eine entschieden positive Sichtweise von Sexualität. Vor allem in kirchlich konservativem Umfeld werden weltweit zahlreiche gut besuchte Kurse dazu angeboten. Vgl. West, Theologie des Leibes für Anfänger. Zur Problematik der Idealisierung siehe die folgende Fußnote.

396
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120 Zu solchen Problematiken vgl. die scharfe und bedenkenswerte Kritik von Heimbach-Steins, Die Idealisierung von Ehe und Familie in der kirchlichen Moralverkündigung. Ist es möglich, eine „Theologie des Leibes" im Gefolge von Johannes Paul II. weiterzuentwickeln, welche die Kritik von Heimbach-Steins berücksichtigt. Ich denke, ja.

397
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121Siebenrock, Du hast Dich unserem Alltag verschrieben, 183f. Hilfreich ist auch aus sexualethischer Perspektive: Bormann, Von der ‚Verbotsmoral‘ zur christlichen ‚Liebeskunst‘.

398
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122 Familiaris Consortio, Nr. 84.

399
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123 „Die theologisch-ethische Weiterentwicklung des ‚Gesetzes der Gradualität‘ — im Horizont eines lebensgeschichtlich und vom Gedanken der unwiderruflichen Lebensentscheidung inspirierten Denkansatzes — böte möglicherweise eine pastoraltheologisch verantwortbare Perspektive für die zukünftigen Herausforderungen in der kirchlichen Sexualmoral“ (Arntz, Liebe und Sexualität, 99). Abhandlungen zum Gesetz der Gradualität gibt es nur sehr wenige, was wohl an der Gefahr liegt, sich bei konkreten moraltheologischen Lösungsvorschlägen dem Vorwurf einer „Gradualität des Gesetzes“ auszusetzen. Thematisch liegt Johannes Pauls II. „Gesetz der Gradualität“ nahe an Versuchen, berechtigte Anliegen einer Situationsethik (die einer „Gradualität des Gesetzes“ entspricht) theologisch aufzugreifen (vgl. dazu Dobiosch, Das Gesetz der Gradualität im Spannungsfeld von Gerechtigkeit und Liebe). In diese Richtung gehen Karl Rahners Ansätze zu einer „formalen Existentialethik“, die abgesehen von der Rezeption durch Bernhard Fraling ebenso nur wenig rezipiert wurden. Helmut Weber (ders., Allgemeine Moraltheologie, 129) vermutet, dass das an der geringen Anschaulichkeit und Ergiebigkeit des Rahnerschen Ansatzes liegt, was im Hinblick auf konkrete moraltheologische Fragen zutreffen dürfte.

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124 Vgl. Familiaris Consortio, Nr. 34.

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125 Familiaris Consortio, Nr. 34.

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126 Stellungnahme der katholischen Kirche in Deutschland, in: Schockenhoff, Die Schwierigkeiten des Rechts mit der Liebe, 189.

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127 Vgl. oben, Anm. 123.

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128 Wie im Folgenden deutlich werden wird, trifft diese Kritik nicht Familiaris Consortio, sondern ein Missverständnis dieses Ansatzes.

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129Benedikt XVI., Licht der Welt, 146. Hervorhebung W.S.

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130 Vgl. zu einer Stellungnahme des Vatikansprechers Federico Lombardi: http://www.kath.net/news/29040. Zur Auffassung des Gesetzes der Gradualität bei Kardinal Ratzinger/Papst Benedikt vgl. Virt, Sexualität und AIDS, 382, sowie Höver, Verantwortete Elternschaft.

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131 Eine solche lineare Vorstellung muss diesem Zitat nicht unterstellt werden. Noch als Erzbischof von München und Freising hatte Ratzinger die Bischofssynode von 1980 in einem „Brief an die Priester, Diakone und im pastoralen Dienst stehenden“ kommentiert und dabei das tendenziell dramatischere Verständnis von Gradualität (vgl. dazu unten) nach Johannes Paul II. – mit Bekehrung und Integration als wesentlichen Momenten eines pädagogischen Wachstums – rezipiert. Vgl. dazu Höver, Verantwortete Elternschaft, 278.

408
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132 Nach George Weigel meinte Johannes Paul, „eine ‚Gradualität des Gesetzes‘ erniedrige Männer und Frauen, weil sie suggeriere, es gebe ‚wirkliche Abstufungen und verschiedene Weisen der Vorschrift im göttlichen Gesetz (:..),je nach Menschen und Situation verschieden‘, was die Idee der Gleichheit der Menschen aufhebe“ (Weigel, Zeuge der Wahrheit, 980, Anm. 56.).

409
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133 Es gibt eine „Korrelativität zwischen Lüge als Ausschluss relevanter Fakten und Gewalt als Ausschluss von Menschen“ (Sandler, Die offen zu haltende Mitte, 86), womit sich ein innerer Zusammenhang zwischen Lüge und Gewalt ergibt, die das Johannesevangelium dem Teufel als „Mörder von Anfang an“ und „Vater der Lüge“ zuschreibt (Joh 8,44).

410
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411
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135 Vgl. das für Dostojewskij zentrale Herrenwort: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht“ (Joh 12,24; als Motto seines Romans „Die Brüder Karamasow“). Dostojewskij hat in seinen Romanen zahllose Beispiele gegeben, wo Charaktere durch Zerbrechen hindurch in eine tiefere Gnade gelangt sind. Ein Beispiel ist die Geschichte „Ein seltsamer Gast“ im Roman „Die Brüder Karamasow“. Vgl. dazu die Auslegung in Sandler, Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

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136 Wenn es außerhalb des Sakraments Kirche kirchliche Gemeinschaften gibt, in denen die wahre Kirche nicht „subsistiert“, aber in denen dennoch vielfältige Elemente der Heiligung und Wahrheit zu finden sind (2. Vatikanum, Lumen Gentium 8), müsste es dann nicht analog außerhalb des Sakraments Ehe eheähnliche Beziehungen geben, in denen die wahre eheliche Liebe nicht „subsistiert“, aber dennoch vielfältige Elemente der Heiligung und Wahrheit zu finden sind? In der Moraltheologie gibt es das thomistische Prinzip „Bonum ex integra causa, malum ex quocumque defectu“ – „Das Gute entspringt aus einem umfassend guten Grund, während Böses von jedem Defekt herkommt“ , das einer solchen optimistischen Sicht entgegenzustehen scheint (vgl. dazu: Campodonico, Bonum ex integra causa). Zerstört der Defekt in einem wesentlichen Teilbereich nicht die gesamte Lebensgestalt in all ihren Teilen? Aber wendet man dasselbe Argument auf die Ekklesiologie von Lumen Gentium 8 an, dann würde man in die antiökumenische, traditionalistische Position rutschen, dass es „Elemente der Heiligung und Wahrheit“ in kirchlichen Gemeinschaften außerhalb der römisch-katholischen Kirche nicht geben kann, weil ein Defekt in einem wesentlichen Teil auch die anderen Teile verdirbt. Der Ansatz bei einer dramatischen Gradualität kann hier weiterhelfen, weil er das Positive von „Elementen“ mit dem Negativen einer problematischen Zusammensetzung geschichtlich vermittelt. Damit entspricht er auch der ursprünglichen Bedeutung des genannten thomistischen Prinzips, bei dem es um eine umfassende Integration des Guten von Gott als dem einen, wahren und guten Grund her geht (vgl.: „bonum ex integra causa“; dazu Campodonico, Bonum ex integra causa).

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137 Dabei muss offen bleiben, was nicht gut ist. Es kann ja auch sein, dass die neue Beziehung von Gott gesegnet und die geschiedene Ehe ungültig ist. In dieser Hinsicht ist folgende Aussage von Kardinal Schönborn noch klärungsbedürftig: „Ein Weg der Bekehrung ist notwendig: Das gilt sowohl für wiederverheiratete Geschiedene, als auch für diejenigen, die in homosexuellen Beziehungen leben. Man muss ihnen helfen, einzusehen, dass dies nicht der Plan Gottes ist“ (Schönborn, nach: Stützenhofen kein Präzedenzfall, in: Kurier (17. 5. 2012) im Internet: http://kurier.at/politik/schoenborn-stuetzenhofen-kein-praezedenzfall/787.682; letzter Zugriff: 29. 5. 2014). Auch die Problematik homosexueller Partnerschaften könnte vermutlich mit dem Ansatz einer dramatischen Gradualität behandelt werden, worauf hier aber nicht eingegangen werden kann.

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138 Dies schließt die Möglichkeit ein und nicht aus, dass Christen auf diesem Weg durch kirchliche Repräsentanten begleitet werden.

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139 (Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 9; Hervorhebung von mir.)

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140 Das meiste Spätere sind – teilweise zuspitzende – Einschärfungen dieser Lehre. Vgl. den Überblick zu lehramtlichen Äußerungen in: Rees, Scheidung und Wiederheirat.

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141 Gleichwohl dürfte ein Unterschied darin bestehen, dass ich die dort angesprochene Unmöglichkeit für eine bedingte halte.

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142 Der lateinische Originaltext lautet: „Nihilominus Ecclesia inculcat consuetudinem suam, in Sacris ipsis Litteris innixam, non admittendi ad eucharisticam communionem fideles, qui post divortium factum novas nuptias inierunt. Ipsi namque impediunt ne admittantur, cum status eorum et condicio vitae obiective dissideant ab illa amoris coniunctione inter Christum et Ecclesiam, quae Eucharistia significatur atque peragitur.“ – Mit der angeführten präziseren Übersetzung wurde der Text zitiert in: Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, Nr. 4.

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143 Das ist die Auffassung von Klaus Lüdicke in: ders., Wieso eigentlich Barmherzigkeit, 336.

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144 Diesem Problemkreis einer Schwächung der Gemeinde ist das zweite Argument aus Familiaris Consortio gegen eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zuzuordnen: „Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung“ (ebd. Nr. 84).

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145 Vgl. oben, Anm. .

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146 Vgl. Eph 3,17-19: „Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen. In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, sollt ihr zusammen mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt.“

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147 Vgl. Hebr 10,31: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“ und dazu die Interpretation in Sandler, Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Vgl. auch: ders., Liebe und Wahrheit – ein seltenes Paar.

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148 Hier wäre nüchtern zu fragen, welche positiven Wirkungen denn das Fernhalten von wiederverheirateten Geschiedenen von den Sakramenten in den letzten Jahrzehnten bewirkt haben. Muss man nicht sagen, dass dieser Weg einer direkten Konfrontation gescheitert ist? Z.B. spricht Weigel von Humanae vitae als einem „pastoralen und katechetischen Fehlschlag“ (ders., Zeuge der Hoffnung, 349), weil diese Lehre von einem großen Teil der Christen weltweit abgelehnt wurde und eine Mehrzahl der heutigen Menschen zu dem Schluss führte, die Kirche habe über die Aspekte der menschlichen Sexualität nichts von Bedeutung zu sagen. Diese Situation, mit der laut Weigel Johannes Paul II. zu Beginn seines Pontifikats konfrontiert war, wurde trotz der immensen Bemühungen des polnischen Papstes in den folgenden Jahrzehnten gewiss nicht besser.

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149 Vgl. 1 Kor 11,29 und dazu oben, Kapitel 3.2. Was das bedeutet, wurde im Blick auf die von Papst Franziskus eingeforderte gesteigerte Solidarität mit den Armen verdeutlicht. Siehe oben das Kapitel 4.3.

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150 Über bisherige Neuerungsvorschläge hinaus, die durchwegs für eine bedingte Zulassung plädieren, werden hier nicht nur individuelle Bedingungen auf Seiten der „Übertreter“, sondern auch Bedingungen auf Seiten der Kirche genannt. Sie muss reif dazu werden, wiederverheiratete Geschiedene ohne Ärgernis aufnehmen zu können.

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151 Die Liebe müsste in jedem Fall wie bei Jesus stark genug sein, um einerseits in einer kritischen Solidarität verstockte Sünder in ein Selbstgericht mit Aufdeckung destruktiver Dynamiken zu treiben, andererseits sie in einer kritischen Solidarität aufzufangen, – auf einem Weg kritischer Solidarität, der zum Kreuzweg werden kann. Ein solcher Weg der Kreuzesnachfolge ist auch der Kirche – und d.h. konkret: Christen – aufgetragen, aber nicht für jeden Menschen jederzeit.

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152 Jesus ging einen absolut radikalen Weg der kritischen Solidarität, der gerade in seiner vollkommenen Liebe für seine Gegner die maximale Konfrontation bedeutete. Dieser Weg wurde für ihn zum Kreuz-Weg und zugleich zu einem Weg der Erlösung für jene, die seine Verkündigung zurückgewiesen hatte, „durch ein Feuer hindurch“ (vgl. 1 Kor 3), das er selber – als „gerichteter Richter“ stellvertretend durchlitten hat.

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153 Vgl. dazu Cavanaugh, Torture and Eucharist. Cavanaugh dokumentiert den Widerstand der Kirche Chiles gegen die Folter als totalitäres politisches Instrument, um durch Terror Gemeinschaft im Ansatz zu zerstören. Die Wurzel des erfolgreichen kirchlichen Widerstandes lag in einer Eucharistie, die selbst unter angesichts einer allgegenwärtigen Angst vor Denuntiation die Kraft hatte, Gemeinschaft neu herzustellen. Cavanaugh bezieht sich dabei auf das Liturgieverständnis des ostkirchlichen Theologen Alexander Schmemann: „the original sense of leitourgia was ‚an action by which a group of people become something corporately which they had not been as a mere collection of individuals‘“ (zitiert nach Cavanaugh, Torture and Eucharist, 12). Zur kritischen Auseinandersetzung mit uniformierenden Kräften der Globalisierung und der individualisierenden, gemeinschaftszerstörenden Macht des Konsumismus vgl. Cavanaugh, The World in a Waver, sowie ders., Being Consumed.

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154 Vgl. oben, Kapitel 2.4.

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155 Das müsste nicht bedeuten, dass das Faktum von Scheidung und Wiederheirat nicht schwerwiegend wäre; der schwerwiegende Akt des Ehebruchs könnte vielmehr in der Vergangenheit liegen, sodass es unangemessen wäre, von einem „dauernden öffentlichen Ehebruch“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2384) zu sprechen. Vgl. dazu oben, Anm. 77.

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156 Vorschläge in diese Richtung reichen vom „frühen“ Ratzinger bis zu jüngsten Aussagen von Kardinal Kasper.

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