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Sandler Willibald: Christus nachfolgen - Wie geht das?
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Christus nachfolgen - Wie geht das?
(Biblische Herausforderungen)

Autor:Sandler Willibald
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:Jesu Ruf in die Nachfolge ist radikal und bringt seine Jünger an die Grenze zur Überforderung. Doch immer wieder in der Kirchengeschichte haben Menschen ihm auf kompromisslose Weise entsprochen. Was konnte Menschen dazu motivieren, dass sie alles weggaben, um Jesus nachzufolgen? Wo liegt der Unterschied zwischen Radikalität und Fanatismus? In einem zweiten Teil wird begründet, dass die Aufforderung zu radikaler Christusnachfolge für jeden Menschen bedeutsam ist. Eigentlich ist sie bereits in der Taufe begründet. Der dritte Teil entfaltet, welche Schritte in eine vertiefte Jesusnachfolge führen können. Wesentlich ist dabei eine Vorordnung der Kontemplation vor der Aktion. Wir müssen mit Jesus Christus tief vertraut werden, um seinen Ruf vernehmen und ihm folgen zu können.
Publiziert in:Text zum Vortrag auf den Innsbrucker Theologischen Sommertagen 2009.
Datum:2009-09-08

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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1. Radikale Nachfolge

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1.1 „Wenn du vollkommen sein willst ..."

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Jesus hat Menschen in seine Nachfolge gerufen, und dieser Ruf war radikal. Von den Aposteln wird berichtet, dass sie auf Jesu Ruf hin alles stehen ließen und ohne Besitz und Familie mit ihm umherzogen. Dieser Ruf Jesu konnte die Grenze zur Überforderung überschreiten, wie wir in der Erzählung vom reichen Jüngling erfahren:

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„Es kam ein Mann zu Jesus und fragte: Meister, was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Er antwortete: Was fragst du mich nach dem Guten? Nur einer ist «der Gute». Wenn du aber das Leben erlangen willst, halte die Gebote! Darauf fragte er ihn: Welche? Jesus antwortete: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen; ehre Vater und Mutter! Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Der junge Mann erwiderte ihm: Alle diese Gebote habe ich befolgt. Was fehlt mir jetzt noch? Jesus antwortete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach. Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen." (Mt 19,16-22)]
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Trotz seiner Härte hat Jesu Nachfolgeruf bis heute Menschen erreicht. Sie fanden sich von ihm persönlich ins Innerste angerufen und sind ihm kompromisslos gefolgt. Der ägyptische Wüstenvater Antonius hatte den Text vom reichen Jüngling im Evangelium gehört, er verstand ihn als Gottes Antwort auf sein Suchen und setzte ihn radikal um.1 Der heilige Franziskus schlug den Text in der Bibel auf und verstand ihn als göttliche Bestätigung für seinen Wunsch einer totalen Hingabe.2 Und gewiss wurde dieser Text noch für viele andere zum persönlichen Nachfolgeruf, - nicht nur für bekannte Heilige. Schauen wir uns ein Beispiel aus dem US-amerikanischen Pittsburgh des beginnenden 20. Jahrhunderts genauer an:

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1.2 Ein Beispiel radikaler Nachfolge

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„Maurice Reuben erzählte, daß er einer wohlhabenden Familie entstammte und daß ihm alles, was die Welt bieten konnte, zur Verfügung gestanden habe. Das Geldverdienen war die Hauptsache seines Lebens gewesen. Er war Direktor der Firma Salomon & Reuben, eines der größten Warenhäuser Pittsburghs. Aber das Leben eines seiner Kunden machte einen so tiefen Eindruck auf ihn, daß er eines Tages zu ihm sagte: »Sie müssen schon als glücklicher Mensch auf die Welt gekommen sein.« - »Ja«, antwortete der Kunde, »bei meiner zweiten Geburt. Ich nahm den Herrn Jesus Christus als meinen Erlöser an, und dadurch wurde ich zum zweitenmal geboren: nämlich aus Gott. Vor dieser zweiten Geburt war ich nicht glücklicher als Sie.« Reuben war von diesem Zeugnis so bewegt, daß er ein Neues Testament kaufte. Beim Lesen beeindruckte ihn dann besonders die Tatsache, daß alle, die Jesus nachfolgten, Juden waren: johannes der Täufer, der auf Jesus als das Lamm Gottes hinwies; Petrus, Jakobus und johannes, die führenden Jünger - und andere. Dann kam er zu der Geschichte vom reichen Jüngling. Es war ein dramatisches Zusammentreffen: Ein junger Jude des zwanzigsten Jahrhunderts, voll religiöser Unruhe, las von der Begegnung des Heilands mit einem reichen Juden des ersten Jahrhunderts. Reuben sah die Begebenheit so an: Jesus hatte zu dem reichen Jüngling gesagt, er solle alle seine Habe verkaufen, um das ewige Leben zu ererben. Wie konnte er, Reuben, dann die Gabe des ewigen Lebens erhalten, ohne die gleiche Bedingung zu erfüllen? Dies war für ihn der kritische Punkt. Wenn er Jesu Jünger werden wollte, mußte er bereit sein, alles aufzugeben. Es war aber nun zu spät, sich zurückzuziehen; er hatte es erkannt, und er mußte folgen [...]
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Reuben setzte sich mit dieser Forderung gründlich auseinander und überschlug die Kosten. Vielleicht würde seine Frau ihn verlassen, sein Bruder ihn aus dem Geschäft weisen und kein einziger Jude ihn verstehen. Sein Entschluß stand dennoch fest: er wollte dabei bleiben, selbst wenn er alles verlieren würde. Dann geschah es eines Tages, auf dem Weg zum Warenhaus, daß er eine Stimme die Worte aus johannes 14,6 zu ihm sagen hörte: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.« Blitzartig ging ihm die Wahrheit auf; er nahm Christus als seinen Erlöser an und drang im selben Augenblick zum ewigen Leben durch. Nach diesem Erlebnis konnte er nicht anders: er mußte seinem Bruder und anderen davon erzählen. Nach dem Willen seines Vaters sollte er, falls er seine Religion wechselte, sein ganzes Erbe verlieren. Aber sein Bruder bot ihm siebzigtausend Pfund an - nämlich seinen Anteil am Geschäft -, wenn er wegziehen und sich im Westen Amerikas, in Montana, niederlassen würde. Reuben erwiderte jedoch: »Ich habe das Heil in Pittsburgh gefunden, und ich will auch in Pittsburgh davon Zeugnis ablegen.«
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Spät abends an diesem Samstag kamen Detektive und brachten ihn zur Polizeistation. Am Montag darauf besuchten ihn zwei Ärzte in seiner Zelle und befragten ihn über die Stimme, die er gehört hatte. »Zweifeln die etwa an meinem Verstand?« fragte er sich. Zwei Stunden später führten ihn zwei Wärter in einen Raum, in dem sich bereits neunundzwanzig geistesgestörte Personen befanden. Die Bitterkeit seiner Lage übermannte ihn. Bis dahin hatte er noch den inneren Sieg behalten; dies aber schien mehr, als er ertragen konnte. Er fiel vor seiner Pritsche auf die Knie und schüttete dem Herrn sein Herz aus. Wie lange er so betete, wußte er später nicht mehr. Er vergaß sich selbst dabei völlig und hatte eine Vision von Golgatha. Er wurde Zeuge jeder Einzelheit der Kreuzigung. Über dem Leiden des Heilands vergaß er seine eigenen Leiden, und während er so auf das Kreuz blickte, sagte der Herr zu ihm: »Muß ich das Kreuz allein tragen, und alle Welt geht frei aus?« Mit gebrochenem Herzen antwortete Reuben da: »Nein; es gibt ein Kreuz für jeden, und es gib auch ein Kreuz für mich.« Von dieser Stunde an war er ein neuer Mensch. Anstatt über seinen Aufenthalt an diesem Ort länger zu klagen, begann er nun für die anderen neunundzwanzig Insassen zu beten, und zum Herrn sagte er: »Laß mich leiden für Dich. Was Du auch immer für mich an Leiden zulassen wirst - nie wieder will ich klagen.«
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Zwei Wochen später besuchte ihn sein Bruder und machte ihm Vorwürfe wegen seiner Unvernunft, sich an einen solchen Ort gebracht zu haben. »Willst du nicht endlich Vernunft annehmen?« sagte er. »Schau, daß du hier herauskommst, und komm nach Montana.« - »Gilt dieses Angebot denn noch immer? Dann ist nicht mein Gesundheitszustand, sondern irgend etwas anderes die Ursache, daß ich hier eingesperrt bin!« mutmaßte Reuben daraufhin scharfsinnig. Ein paar gläubige Freunde, mit denen er in Verbindung stand, veranlaßten sodann, daß die Angelegenheit untersucht wurde. Nach sechs Wochen wurde er schließlich entlassen. Die Sache kam alsdann vor Gericht. Der Richter befragte den Arzt, warum dieser Mann als geistesgestört eingewiesen worden war. »Weil er eine Stimme gehört hat«, erklärte der Arzt. »Hat nicht auch der Apostel Paulus eine Stimme gehört?« entgegnete der Richter, der ein Christ war. »Dies ist eine Schande für die amerikanische Flagge«, rief er und legte Reuben nahe, alle diejenigen zu belangen, die etwas mit dem Fall zu tun hatten. »Ich werde nie jemanden verklagen«, erwiderte Reuben. »Etwas anderes werde ich aber tun: ich werde für sie alle beten.« Darauf ging er durch den Gerichtssaal und bot seinem Bruder die Hand. Dieser wandte ihm jedoch den Rücken. Er trat auf seine Frau zu, aber auch sie tat dasselbe. Welch einen Frieden aber hatte er in seiner Seele!
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Er mietete dann einen kleinen Raum in Chicago, wo er allein mit dem Herrn lebte und viele Menschen für Ihn gewann. Dort blieb er zwei Jahre: Während dieser ganzen Zeit konnte er sich kaum einmal eine ordentliche Mahlzeit leisten. Ein Jahr später kam seine Frau, um ihn in einer Zeltlager-Versammlung zu hören, und bekehrte sich. Damals sah er zum erstenmal seinen kleinen Jungen, der nach der Trennung von seiner Frau geboren war. Seine Frau war nunmehr gewillt, wieder mit ihm zusammenzuleben, wenn er nur wie andere Christen seinen Unterhalt auf normale Weise verdienen wollte. Sein Herz schlug zärtlich für den kleinen Jungen, und diese Prüfung war noch größer als die erste. Die Forderung seiner Frau erschien so vernünftig, aber er wußte, daß der Herr ihn aus der Welt heraus in dieses besondere Glaubensleben gerufen hatte. Er schrie zu Gott, aber die einzige Antwort, die er erhielt, war: »Zurück nach Ägypten.« Das genügte; von neuem umfing er das Kreuz. Er brachte seine Frau und das Kind zur Bahn. Es war eine teuer erkaufte Erfahrung. Aber als der Zug die Station verließ, schien es, als ob Gott seine Seele mit aller Freude des Himmels erfüllte. Er sah seine Frau in den nächsten drei Jahren nicht wieder. Dann wurde auch ihr in einer Zeltversammlung der wahre Sinn des Kreuzes offenbart. Nun gab sie folgendes Zeugnis: Wenn sie auch vorher das opfervolle Leben ihres Mannes nicht hatte teilen wollen, so war sie doch jetzt bereit, ihr Brot von Tür zu Tür zu erbetteln, wenn es nach Gottes Willen und zu Seiner Ehre so geschehen sollte. Sie lebten von da an wieder zusammen, und sie wurde eine gesegnete Mitarbeiterin ihres Mannes."3]
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Diese Geschichte ist Teil der Biographie eines walisischen Bergmanns - Rees Howells -, den das Lebenszeugnis des konvertierten Juden zu einer radikalen Lebenswende führte, und der später bei den Erweckungen in Wales und Südafrika eine bedeutende Rolle spielen sollte.

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1.3 Das Gleichnis von der Perle - und eine Gegengeschichte

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Was kann einen Menschen zu solch radikaler Nachfolge bewegen? Diese Frage bricht auf an den Lebensgeschichten eines Maurice Reuben und Rees Howells, von Franziskus und Antonius und bei den Jüngern, die auf den Ruf Jesu hin alles stehen ließen und Jesus folgten. Halten wir uns für eine Antwort zunächst an den ausführlichen Text über Reuben: Den Anfang bildete nicht eine radikale Aufforderung, sondern eine Erfahrung von göttlicher Fülle. Für Reuben war es das Lebensbeispiel eines seiner Kunden, dessen glückliche Ausstrahlung ihn in Unruhe versetzte. Für die Jünger der Evangelien war es die Begegnung mit Jesus, die ihnen eine Erfahrung der Fülle erschloss, die ihnen bisher unbekannt war. Derartige verheißende Erfahrungen sind das, was Jesus im Gleichnis als Schatz und Perle bezeichnet:

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„Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker. Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie." (Mt 13,44-46)]
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Ein solches Verhalten mag riskant sein, es ist aber nicht unvernünftig. Doch bedarf es einer Entscheidung, eines mutigen Schrittes, der auch misslingen kann. Das zeigt uns die Geschichte vom reichen Jüngling. Die Aufforderung, er soll all seinen Besitz weggeben, wäre für ihn so unzumutbar wie für jeden von uns, - wenn ihr nicht etwas Entscheidendes vorangegangen wäre: eine intensive Begegnung mit Jesus, die Markus mit den Worten beschrieb: „Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte..." - Die Erfahrung von diesem liebenden Blick ist die eigentliche Grundlage für jeden echten Nachfolgeruf. Diese Erfahrung von Gottes Liebe befähigt zum Schritt in die Nachfolge und macht deshalb den Ruf zur radikalen Nachfolge zumutbar. Im Vergleich zu dieser wahren Fülle ist jeder irdische Reichtum hohl. Und weil der reiche Jüngling das spürte, ging er traurig weg.

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Immer wieder hat es in der Geschichte des Christentums Versuche einer radikalen Nachfolge ohne diese begründende Heilserfahrung gegeben. Wenn Heilige wie Helden gefeiert werden, dann kann das Menschen dazu verführen, es ihnen gleich tun zu wollen. Oder wenn Heiligengeschichten von den Gnadenfüllen schwärmen, mit denen Heilige überhäuft wurden, dann kann die Sehnsucht nach diesen Gnaden Menschen dazu verlocken, gleiche Wege einschlagen zu wollen. Gute geistliche Begleiter werden hier bremsen, während unerleuchtete Prediger die Mittel einer unzulänglichen Motivation gezielt einsetzen, um ihren seichten Moralismus zu unterfüttern. Wer sich unberufen auf den Weg der Nachfolge begibt, gerät in große Gefahr, sich in eine gefährliche Perversion des Gleichnisses vom Schatz und der Perle zu verfangen:

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Ein Mann hatte einen ansehnlichen Besitz, und - im Blick auf das schöne biblische Gleichnis vom Schatz und der Perle - sagte er sich: So wie dieser biblische Mann will ich meinen ganzen Besitz weggeben. Dann werde ich dafür gewiss eine wundervolle Perle bekommen. Er ging hin, gab seinen ganzen Besitz weg und trat in einen Orden ein. Dort aber fand er die verheißene Perle nicht. Im Gegenteil: Anstatt Freude und Liebe zu finden, begann er neidisch zu werden auf alle Menschen, die ein Strahlen im Gesicht hatten, - Zeichen der echten Perle - ohne dass sie so viel weggegeben hatten wie er. Und um nicht ganz wie ein Narr dazustehen, beschloss er so zu tun, als hätte er die Perle gefunden. Als Prediger wurde er recht erfolgreich. Nicht wenige folgten seinen Versprechungen und traten in denselben Orden ein. Aber als geistlichem Führer kam ihm sein Neid in die Quere: Ein echtes Strahlen war für ihn unerträglich, und ohne es sich ganz einzugestehen, tat er alles, dass seine Schüler auch nicht mehr hätten als er: eine ansehnliche Kopie der wahren Perle.]
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Die Pointe des biblischen Gleichnisses besteht darin, dass der Mann zuerst die Perle gefunden hat, um dann alles dafür wegzugeben. So kann die Perle für das stehen, was sie eigentlich bedeutet: eine unverdiente Gnadenerfahrung. Wenn jemand viel weggibt, um so diese Perle zu erhalten, dann ist er damit nicht nur erfolglos, er blockiert sogar eine mögliche Gnadenerfahrung. Oft will Gott uns beschenken, aber er kann es nicht, weil wir dieses Geschenk nicht als freie Liebesgabe annehmen würden, sondern als etwas, worauf wir einen Anspruch haben. Wir verwechseln die Gabe mit dem Geber und schneiden uns so von Gott und der Fülle seines Heils ab. Die Gabe wird uns zum Gericht.4 So ist der religiöse Leistungsmensch mit seiner versuchten radikalen Nachfolge unter Umständen schlimmer dran als jemand, der gar nichts gegeben hat.

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1.4 Der Weg der Christusnachfolge zwischen Gnade und eigenem Tun

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Dieser Unterschied, auf den alles ankommt, ist theoretisch leicht einsichtig, - in der Praxis aber oft nur schwer zu unterscheiden. Denn unser Lebensweg zwischen Heil und Unheil verläuft nicht nur in einer Pfeilrichtung zwischen Gnadenerfahrung und eigenem Tun, sondern in einer fortgesetzten Spiralbewegung zwischen beidem. Dass ein Mensch eine umstürzende Gotteserfahrung macht und daraufhin in einem radikalen Willensakt sein ganzes Leben umwirft, ist ein Grenzfall. Selbst wenn das Ereignis eines befolgten Rufes spektakulär ist und ein ganzes Leben bestimmen kann, gibt es vorher und nachher viele Erfahrungen und Entscheidungen, die für das Verhältnis zu Gott ausschlaggebend sind. Nachfolge ist wesentlich ein Weg, und der besteht aus vielen Stationen. Eine Gnadenerfahrung ermöglicht einen Schritt im Glauben. Und wenn dieser Schritt getan wird, dann werden dadurch neue und tiefere Gnadenerfahrungen möglich. Auf diese Weise geht also auch ein eigenes Tun der Erfahrung von Gnade voraus, und so ist es jederzeit möglich, dass Gnadenerfahrungen auch als Verdienst gesehen werden und so den eigenen Stolz nähren. Dass man damit auf die Nase fällt, ist nur eine harmlose Folge dieses Irrwegs, - sie führt schnell in die Haltung demütigen Empfangens zurück. Weit schlimmer ist eine Selbstimmunisierung gegen Gottes Gnade, wie sie in unserer Gegengeschichte von der Perle anklingt.5 Die gute und die schlechte Geschichte von der Perle markieren nur die Extrempositionen in einem weiten Kontinuum, in dem der Christus Nachfolgende sich bewegt, - irgendwo zwischen Stolz und reiner Dankbarkeit. Und die rechte Unterscheidung kann zuweilen schwierig sein; wie ist sie überhaupt möglich?

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Exemplarische Geschichten radikaler Nachfolge können uns hier weiterhelfen, - wenn sie genau genug sind, und wenn wir genau genug hinschauen. Schauen wir uns die Bekehrungsgeschichte von Maurice Reuben nochmals an. Kurz zusammengefasst besteht sie in einer massiven Erfahrung von Gottes Wort, auf die Reuben kompromisslos antwortet. Was zeigt uns, dass Reuben mit diesem Schritt nicht den Weg der schlechten Perlengeschichte gegangen ist? Dass er einem Menschen mit glücklicher Ausstrahlung begegnet ist, hätte ihn ja auch auf die Spur der schlechten Perlengeschichte bringen können: Er hätte dann alles weggegeben, um auch so glücklich zu werden wie der Mann, den er getroffen hätte. Ein solches Verhalten wäre aber ziemlich unwahrscheinlich gewesen und hätte dem nüchtern kalkulierenden Kaufmann in keiner Weise entsprochen. Wer wirft denn schon alles weg, nur weil er einmal einen glücklichen Menschen trifft? Die Geschichte wird erst dadurch nachvollziehbar, dass sie nicht von einer, sondern von mehreren Gnadenerfahrungen begleitet wird, - auf die hin Reuben jeweils mit größter Konsequenz reagiert.

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G (=Gnadenerfahrung):
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Reuben begegnet einem glücklichen Menschen, der bezeugt, dass sein Glück von einer Christusbekehrung herrührt. Reuben wird von diesem Zeugnis bewegt.
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T (=Tun):
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Reuben kauft sich ein Neues Testament und beginnt es mit großer Aufmerksamkeit zu lesen.
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G+R (=Gnadenerfahrung, verbunden mit Ruf):
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Reuben wird von den Texten sehr angesprochen (vor allem davon, dass die Jesus Nachfolgenden Juden sind); dann stößt er auf die Geschichte vom reichen Jüngling. Er spürt, dass sie ihn betrifft.
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T: „Reuben setzt sich mit dieser Forderung gründlich auseinander und überschlägt die Kosten." Er entschließt sich, dem Ruf zu entsprechen.
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G: Reuben hört eine Stimme: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich" (Joh 14,6), begleitet von einer blitzartigen Einsicht.
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T: „Er nahm Christus als seinen Erlöser an ..."
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G: „... und drang im selben Augenblick zum ewigen Leben durch."
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T: Reuben bezeugt seine Erfahrungen. Dadurch gerät er in zunehmende Schwierigkeiten.
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V1 (= 1. Versuchung):
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Ein Weg tut sich ihm auf: er könnte den christlichen Weg gehen, ohne alles zu verlieren, - indem er nach Montana geht.
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T: Kompromisslos folgt er dem Weg, der sich ihm gezeigt hat: alles weggeben und in Pittsburgh von Christus Zeugnis ablegen. Schließlich gerät er in eine verzweifelte Lage und schüttet Gott sein Herz aus.
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G+R: Reuben hat eine starke Erfahrung vom Gekreuzigten auf Golgatha. Er wird gefragt, ob er bereit ist, in eine Schicksalsgemeinschaft mit dem Gekreuzigten einzutreten.
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T: Reuben willigt aus ganzem Herzen ein.
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G: „Von dieser Stunde an war er ein neuer Mensch. Anstatt über seinen Aufenthalt an diesem Ort [Psychiatrie] länger zu klagen, begann er nun für die anderen neunundzwanzig Insassen zu beten"
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G+T: Reuben wird aus der Psychiatrie entlassen und bekommt Recht zugesprochen. Bei alldem agiert er selber in vernünftiger aber zugleich barmherziger Weise.
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G: Sein Versöhnungsangebot wird zwar von seinem Bruder und seiner Frau ausgeschlagen; „welch einen Frieden aber hatte er in seiner Seele."
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T(+G): Zwei Jahre lang folgt er in äußerster Armut seinem Ruf.
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G: Er begegnet seiner Frau, die zur Bekehrung kommt. Sie will - zusammen mit ihrem gemeinsamen Kind - wieder mit ihm leben...
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V2 (= 2. Versuchung):
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... wenn er nur wie andere Christen seinen Unterhalt auf normale Weise verdienen wollte. „Sein Herz schlug zärtlich für den kleinen Jungen, und diese Prüfung war noch größer als die erste. Die Forderung seiner Frau erschien so vernünftig, aber er wußte, dass der Herr ihn aus der Welt heraus in dieses besondere Glaubensleben gerufen hatte."
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T: „Er schrie zu Gott..."
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R: „... aber die einzige Antwort, die er erhielt, war: „Zurück nach Ägypten"
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T: „Von neuem umfing er das Kreuz. Er brachte seine Frau und das Kind zur Bahn ..."
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G: „Aber als der Zug die Station verließ, schien es, als ob Gott seine Seele mit aller Freude des Himmels erfüllte."
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P (=Prüfung):
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Er sah seine Frau in den nächsten drei Jahren nicht wieder.
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E: Dann kommt auch seine Frau zu einer tiefen Glaubenserfahrung. „Sie lebten von da an wieder zusammen, und sie wurde eine gesegnete Mitarbeiterin ihres Mannes".
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Reubens Verhalten war radikal, aber nicht fanatisch, - auch wenn er für die meisten seiner Mitmenschen (auch für seine Frau) als verrückt und fanatisch erscheinen musste. Der schmale Gratweg zwischen Radikalität und Fanatismus wird markiert durch fortlaufende Gnadenerfahrungen, die seinen Weg rechtfertigen und bestätigen. Offenbar geriet Reuben auch nicht auf die Abwege einer stolzen Leistungsethik. Vor dieser Gefahr wurde er bewahrt, weil er den Kreuzweg einer radikalen Entmächtigung - in Armut und Verachtung - geführt wurde. Wäre er stattdessen sogleich von Bewunderern für seinen radikalen Weg umgeben gewesen, so wäre das wohl eine gefährliche Versuchung gewesen.

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Was wir an Reubens Geschichte an Wegerfahrungen der Gnade aufzeigten, ließe sich auch an anderen Lebensgeschichten radikaler Nachfolge zeigen. Und wir finden es in den Evangelien, die die Nachfolge der Jünger als einen Weg beschreiben. Die Initiative zur gelingenden Nachfolge geht stets von Jesus selber aus: er ist es, der die Menschen beruft.6 Wenn jemand aus eigenen Stücken in die Nachfolge wollte, machte Jesus ihn auf die Unleistbarkeit der Anforderungen aufmerksam.7 Und diese Vorgängigkeit der Berufung durch Jesus gilt nicht nur für den Anfang, sondern auch für spätere Phasen des Nachfolgewegs.

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Das wird vor allem bei Petrus deutlich. Als er Jesus als Messias bekennt, erfährt er eine unvergleichliche Bestätigung seiner vorrangigen Berufung. Wenig später will er mit der eben errungenen Autorität Jesus davon abhalten, nach Jerusalem zu gehen und dort zu sterben. Daraufhin ruft ihn Jesus harsch auf den Weg der Nachfolge zurück: „Geh hinter mich, Satan" (Mt 16,23)8, und zwar mit genau denselben Worten („opíso mou"), mit denen er Petrus anfänglich berufen hatte.9 Später will Petrus - nun im entgegengesetzten Extrem - eigenmächtig Jesus in sein Leiden nachfolgen, und Jesus sagt ihm, dass er das jetzt noch nicht kann. Sein dreimaliger Verrat konfrontiert Petrus auf erschütternde Weise mit seinem eigenen Unvermögen, bis er schließlich vom Auferstandenen erneut in die Nachfolge gerufen wird.10

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Christus nachfolgen - wie geht das? - Unsere bisherigen Überlegungen haben uns bereits auf den zentralsten Punkt gebracht: Wir können es nicht aus eigener Kraft und Anstrengung, sondern nur mit Gottes Gnade. Was aber können wir dann noch von uns her tun, wenn wir diese Gnade nicht verspüren? Müssen oder dürfen wir uns dann untätig zurücklehnen? Heißt das dann vielleicht, dass wir gar nicht zur Nachfolge Christi berufen sind, schon gar nicht zur radikalen Nachfolge?

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Bevor wir untersuchen, was wir zur Nachfolge tun können, wenn doch das Entscheidende von Gott kommt, müssen wir uns also der grundsätzlicheren Frage stellen, wer denn überhaupt zur Jesusnachfolge berufen ist.

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2. Die Dringlichkeit einer radikalen Nachfolge für jeden Christen

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Nachfolge Christi ist ein Weg - nach christlichem Verständnis: der Weg -, der uns das eigentliche Ziel unseres Lebens - die himmlische Herrlichkeit Gottes - erreichen lässt. Die Frage, ob und wie Nachfolge Christi einzelne Menschen - und vor allem: mich selber - betrifft, müssen wir im Blick auf unser eigentliches und letztes Lebensziel beantworten. Auf dieses ist deshalb zuerst einzugehen.

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2.1 Jeder Mensch ist dazu bestimmt, in Gottes Herrlichkeit einzugehen

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Nach christlichem Verständnis befindet sich jeder Mensch auf einem Weg, der nur ein akzeptables Ziel hat: „in den Himmel zu kommen",11 also in Gottes ewige Herrlichkeit einzugehen. Diese alte Katechismuswahrheit ist einigermaßen in Verruf geraten von der Religionskritik her, dass Christen jenseits-, statt diesseitsorientiert wären, und dass sie auf ihr eigenes Heil fixiert wären, statt auf die Liebe anderer.12 Beides sind aber Zerrformen und Missverständnisse, die keineswegs notwendig mit der Annahme eines himmlischen Lebensziels verbunden sind. Wir brauchen nur ernst zu nehmen, dass das Gottesreich wesentlich aus reiner, nicht berechnender Liebe besteht: Heil als Vollendung von Gottesliebe, die mit Nächstenliebe, Selbstliebe und einem dankbar-staunenden Umgang mit der Schöpfung nicht konkurriert, sondern sie fundiert. Damit stellt sich das christliche Prinzip so dar: Das Lebensziel eines jeden Menschen besteht darin, lieben zu lernen, - so, dass er/sie in Gottes ewige Herrlichkeit eingehen kann, die ganz Liebe ist.

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Dieser Grundsatz ist aus zwei Gründen höchst plausibel: Erstens wissen wir, dass wir im Tod nichts mitnehmen können. Was an der Schwelle des Todes Bestand hat, ist allein, wie viel ich in meinem Leben geliebt habe. Dass wir mit anderen Präferenzen leben, hängt eigentlich nur daran, dass wir die Realität des Todes verdrängen. - Zweitens gibt es keine Möglichkeit, in Gottes Herrlichkeit zu gelangen, wenn man nicht restlos auf eine reine Liebe hin geläutert ist. Denn Gott ist Liebe (1 Joh 4,8), und deshalb kann kein Mensch Gott sehen und am Leben bleiben, es sei denn er ist vollkommen rein. Deshalb muss Jesaja bei seiner Gottesvision sich erst mit glühender Kohle die Lippen reinigen lassen (Jes 6,6f), und deshalb ruft Petrus nach seiner ersten Jesusbegegnung erschütternd aus: „Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder" (Lk 5,8).

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Wenn man die Triftigkeit dieses Liebesprinzips mit der durchschnittlich gelebten Realität vergleicht, kann man leicht zur erschreckten Frage kommen: „Wer kann dann noch gerettet werden?"13, - also genau die Frage, die die Jünger an Jesus stellten, nachdem der reiche Jüngling traurig davongegangen war. Jesu Antwort - „Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich" - wird durch seine Kreuzeshingabe eingeholt. Damit beweist Gott einen grenzenlosen Selbsteinsatz zur Rettung des Sünders, der uns zur Hoffnung auf eine endgültige Rettung für jeden Sünder nicht nur ermächtigt sondern sogar verpflichtet.14 Wenn wir auf unsere durchschnittliche Lieblosigkeit und Herzenshärte schauen, müssten wir um das Heil eines jeden fürchten; wenn wir aber auf den restlosen Einsatz Gottes für unsere Erlösung schauen, dürfen wir für das Heil eines jeden - jeden anderen und auch für uns - hoffen. Aber die schlussendliche Erlösung des Sünders erfolgt „wie durch Feuer hindurch" (1 Kor 3,15). Das Ziel einer vollkommen Liebesfähigkeit muss auch vom schlimmsten Sünder erreicht werden, soll er gerettet werden, - und dies kann nur geschehen in einer Begegnung mit dem Gott der Liebe, - in Jesus Christus, der sich mit allen Opfern der Welt verbunden hat.15 Damit die Rettung des Sünders möglich ist, muss diese Begegnung mit dem Gott der Liebe im Sünder ein Ja bewirken: - ja zu Gott, zu seiner Liebe und damit zu all seinen Geschöpfen, auch jenen gegenüber, denen gegenüber der Sünder in seinem Leben schuldig geworden ist. Dieses Ja muss sich in seine ganze Lebens- und Schuldgeschichte hinein auswirken, in einer Transformation, die von schmerzhafter Reue begleitet ist. Wir haben eine gewisse Vorstellung von den Schmerzen einer echten Liebesreue,16 wenn etwa ein Mensch, der sein Kind misshandelt hat, zu echter Liebe bekehrt ohne Beschönigung zurückblickt auf das, was er angerichtet hat. Von solchen Vorstellungen her erhalten wir eine Ahnung von dem, was den Sünder im Fegfeuer erwartet, - wenn auch mit dem Ausgang, ihn das Ziel seines Lebens letztlich in reinem Glück erreichen zu lassen, so dass wir das Fegfeuer letztlich nicht fürchten müssen, sondern erhoffen dürfen.

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Aus solchen Überlegungen ergibt sich ein dramatischer Ernst und eine große Dringlichkeit für unser jetziges Leben. Diese Dringlichkeit wird in heutiger Katechese meistens unterschlagen. Wir müssen sie wiedergewinnen, ohne in die Angstgespenster früherer Höllen- und Gerichtspredigten aufzuwecken.

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Wir können das Gemeinte mit einem einfachen Bild beschreiben: Das Leben ist wie eine Schule, deren zentrales Unterrichtsfach - selbstlose Liebe in allen Lebensbereichen - so anspruchsvoll ist, dass wir im Blick auf den Lehrstoff fürchten müssten, dass alle durchfallen werden. Wir haben aber einen wunderbaren Lehrer. Im Blick auf ihn - und durch das Zeugnis anderer, die die Schule bereits absolviert haben (Heilige) und die wissen, wozu dieser Lehrer fähig ist - dürfen wir voller Zuversicht darauf vertrauen, dass jeder erfolgreich durch die Schule kommen wird. Und das, obwohl wir viele Schüler um uns herum sehen, die sich mit allem möglichen befassen, nur nicht mit dem Stoff der Schule. Wir wissen nämlich, dass jene, die im Schuljahr17 den Stoff nicht bestehen, die Möglichkeit zu einer Wiederholungsprüfung haben. Diese und die Vorbereitung darauf - in den Ferien nach dem Schuljahr - sind beinhart, in einem Privatunterricht ganz allein mit dem hervorragenden Lehrer, und deshalb dürfen wir darauf vertrauen, dass auch die faulsten Schüler das Klassenziel erreichen.

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2.2 Warum radikale Nachfolge der leichtere Weg ist

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Nun gibt es zumindest drei Gründe, warum es besser ist, das Lebensziel der Liebe bereits während des Lebens zu erreichen und nicht erst in Gericht und Purgatorium:

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1. Die Begegnung mit dem Gott der Liebe in diesem Leben hat zwar auch schon hier die Züge eines brennenden Feuers18 - in der Erfahrung einer echten Liebesreue -, aber in diesem leiblichen Leben ist es im Vergleich zum Gericht nach dem Tod unvergleichlich milder.

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2. Wer vom Feuer der Liebesreue erfasst wird, in dem wächst ein ungeheures Bedürfnis, Verfehltes wieder gut zu machen und auf eine bessere Weise zu leben. Diese Möglichkeit ist hier gegeben, während sie im jüngsten Gericht ausfällt. Denn im Tode kann keine neue Freiheitsgeschichte geschrieben werden. Das Einzige, was der Mensch dort zu seinem Heil tun kann, ist, die Fragmente der irdischen Freiheitsgeschichte so zusammenordnen zu lassen, dass sie in ein endgültiges und restloses Ja zu Gott hin konvergieren.

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3. Mit jedem Schritt, den wir uns hier tiefer auf Gottes Liebe einlassen, wird mehr von Gottes wunderbarer Herrlichkeit bereits hier für uns erfahrbar.19

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2.3 Welchen Weg wählen?

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Von daher erscheint der Weg einer radikalen Christusnachfolge, wie wir ihn exemplarisch bei Maurice Reuben angeschaut haben, nicht mehr als so maßlos.20 Berücksichtigt man das letzte Ziel des Menschen und den Umstand, dass alles, was hier an Liebe zu Gott fehlt, im Fegfeuer nachreifen muss, dann erscheint Reubens Kompromisslosigkeit als angemessen. Doch nicht erst der Blick auf ein zukünftiges Gericht, sondern die bereits gegenwärtigen Erfahrungen von Gottes Herrlichkeit bestätigten für ihn die Richtigkeit seines Weges.

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Mit Hilfe eines weiteren Bildes können wir den Lebensweg einer radikalen Christusnachfolge mit einem durchschnittlichen Leben vergleichen: Es ist wie mit zwei Routen auf einer Bergtour. Beide Routen müssen den gleichen Höhenunterschied bewältigen. Die eine geht am Anfang gemütlich den Niederungen entlang, um am Schluss beinahe senkrecht zum Ziel anzusteigen; die andere ist am Anfang sehr steil, führt dann aber flacher in Höhen mit oft schöner Aussicht bis zum Ziel. Welche Route würden Sie wählen?

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Wer in wackerer Bergsteigermanier antwortet: „natürlich die steile zuerst", bekommt allerdings Probleme. Was ist, wenn man die steile Anfangsetappe gar nicht schafft, - wenn man es also wie der reiche Jüngling gar nicht fertig bringen würde, alles wegzugeben, um Christus nachzufolgen? Und was, wenn man es doch schaffen würde, aber diese steile Anfangsroute gar nicht die richtige ist, - denn nicht alles was steil und schwierig ist, ist deshalb schon richtig. Darauf sind wir ja schon gekommen: Wenn jemand aus Furcht vor dem Jüngsten Gericht und in Erwartung himmlischer Freuden21 bereits für jetzt „alles verkauft, um die Perle zu gewinnen", - dann kann das genau in die Perversionen unserer Gegengeschichte führen.

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Eine dritte Vorgehensweise bietet sich an: Sie bemühen sich um den besten aller Bergführer und bitten ihn, dass er sie nicht schont, sondern wirklich den besten Weg führt. Damit haben wir in bildhafter Konkretheit das eingeholt, was Nachfolge Christi eigentlich besagt. Sie besteht nicht zuerst in der wilden Entschlossenheit, mit aller Kraft draufloszulaufen, sondern ist eben Nachfolge. Und die beginnt damit, dass man sich zuerst mit jener Person vertraut macht, der man folgen will.

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Diese Reihenfolge wird von den Evangelien klar hervorgehoben: „Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben." (Mk 3,14-15) Wenn Jesus Jünger in die Nachfolge ruft, dann ist das Erste, dass er sie bei sich haben wollte. Erst in der Folge wird er sie zu verschiedenen Taten aussenden.22

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3. Christusnachfolge konkret

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3.1 Unsere Ausgangssituation für die Frage nach der Nachfolge Christi

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3.1.1 Wir (Christen) sind immer schon auf dem Weg der Nachfolge

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Fragen wir, wie Nachfolge Christi für uns konkret ausschauen kann, dann müssen wir zunächst berücksichtigen, dass wir nicht am Punkt Null anfangen. Als Christen stehen wir in einem Nachfolgeverhältnis, auf das wir durch unsere Taufe bereits symbolisch festgelegt wurden. Nach biblischem Verständnis ist Taufe ein Zeichen radikaler Nachfolge Christi: Sie steht für ein Sterben und Auferstehen mit Christus, das uns unseren Begierden und Ängsten sterben und mit Christus leben lässt (Röm 6), sodass „nicht mehr ich lebe, sondern Christus in mir" (Gal 2,20). Was das Sakrament der Taufe bedeuten kann, wenn es voll eingeholt wird, hat John Wesley bei seiner Überfahrt nach Amerika erlebt, als er während eines lebensgefährlichen Sturmes auf einige wiedergeborene Christen stieß, die ohne jede Sorge schienen. Auf seine erstaunte Frage, ob sie sich denn nicht vor einem Schiffbruch fürchteten, sagten sie, dass sie schon vor längerem mit Christus gestorben seien und deshalb vor dem Tod keine Angst hätten.

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Wenn Christen sich die Frage der radikalen Christusnachfolge stellen, geht es also nicht einfach um einen Neubeginn, sondern um ein tieferes Hineinkommen in einen Weg, den man eigentlich schon eingeschlagen hat. Dem entspricht das biblische Verständnis von Nachfolge, das für die Jünger nicht nur ein anfänglicher Nachfolgeruf ist, sondern ein Ruf, der sie immer neu und immer tiefer auf den Weg Jesu hin- und zurückführt.23 Immer neu begegnen wir dem Ruf Christi, und wo er sich ereignet, werden für uns verschiedene Intensitäten der Christusnachfolge möglich. Eine Gnadenerfahrung hat etwas von dem Märchen an sich, das einen oder drei Wünsche freistellt: man kann sich idiotisch wenig oder sehr viel wünschen. So versetzt uns auch eine Gnadenerfahrung in eine Freiheit Gott gegenüber, der wir in unterschiedlicher Radikalität entsprechen können. Wenn Maurice Reuben nach Montana gegangen wäre und so seinen Besitz gerettet hätte, wäre ihm der Weg zum Christsein wahrscheinlich auch offen gestanden; die Intensität seiner späteren Gnadenerfahrungen und das Ausmaß, in dem Gott ihn verwenden konnte, wären ihm aber verschlossen geblieben.

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3.1.2 Wie wir durch Sünde beeinträchtigt sind

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Dass wir Gottes Gnaden und seinen Ruf meist nur sehr wenig wahrnehmen, hängt mit einer Grundsituation der Sünde zusammen, in die wir alle mehr oder weniger verstrickt sind. Wir können gewiss sein, dass kein menschliches Leben ohne Gottes Ruf und ohne Gnadenerfahrung ist. Beides ist nur nicht jederzeit verfügbar. Und wir müssen davon ausgehen, dass wir zu einem gewissen Maß blind und taub geworden sind, beides wahrzunehmen. Das ist die Situation der Sünde, die uns alle mehr oder weniger gefangen hält und die mit den Kategorien moralischer Schuld nur unzureichend beschrieben wird. Eine Hülle liegt über jedem Herzen, die sein Schlagen in Liebe behindert und den Blick des Herzens verstellt. Es ist eine Schutzhülle, die wir von Kindheit an aufgebaut haben, um uns gegen Verletzungen zu schützen. Es ist eine dicke Schicht von Maskierungen, von einem Image, dessen Pflege einen großen Teil unserer Kräfte in Anspruch nimmt. Es ist ein mit Reichtum, Macht und Ansehen ausgestattetes Ersatz-Ich, dessen Pflege unsere Begierden anfacht und dessen Gefährdungen uns in Sorgen und Ängste stürzen.

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Erfahrungen der Gnade leuchten wie durch Ritzen aus dieser Schale hervor, - und deshalb haben sie auch etwas Beunruhigendes an sich. Sie bedrohen die Ich-Fassade, die wir mühsam aufgebaut haben. Im Vergleich zu den Dingen, die unseren verdorbenen Geschmack locken, können sie schal und abgeschmackt wirken. Oder wir beachten sie gar nicht, weil unsere Aufmerksamkeit an anderes gefesselt ist. Oder sie erinnern uns an frühere Scheiternserfahrungen, wo wir den Lockungen der Gnade gefolgt und auf die Nase gefallen sind, wo wir geistliche Fehler gemacht und vielleicht geistlichen Missbrauch erfahren haben. Das gebrannte Kind scheut das Feuer, - das gilt auch für das Feuer der Gotteserfahrung.

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3.2 Zwei Schlüssel für die Christusnachfolge

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Nachfolge Christi gründet ganz in der Initiative Jesu Christi bzw. seines göttlichen Vaters.24 Durch die Begegnung mit Jesus werden Menschen in eine Situation der Gnade (Kairos) versetzt und befähigt, dem Ruf in die Nachfolge zu entsprechen. Beides ist nur möglich durch Gottes Gnadeninitiative, denn - wie Jesus sagt: „Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir führt" (Joh 6,44).

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3.2.1 Erster Schlüssel: Kairós - Erfahrung von Gnade

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Die Evangelien beschreiben das Auftreten Jesu als einen Kairós, d.h. als eine zeitlich begrenzte Gnadensituation, in der ein Zugang zu Gott offensteht, der bisher versperrt wurde. Durch die Begegnung mit Jesus werden Menschen in eine Situation des anbrechenden Gottesreichs versetzt: Vermittelt durch Jesus wird Gottes Gegenwart in einer Weise erfahrbar, dass auch die anderen Grundbezüge von Interpersonalität, Weltbezug und Selbstbezug in einer ungekannt heilen Weise aufleuchten: Sünden werden vergeben, soziale Ausgrenzungen überwunden, Krankheiten geheilt und dämonische Fixierungen überwunden. Gott leuchtet so in einer Weise auf, die die bisherige Welt aus den Fugen bringt; und Menschen sind vor die Entscheidung gestellt, dieser neu aufbrechenden Wirklichkeit glaubend zu entsprechen, oder sie zurückzuweisen, um die bisher vertraute und unter Umständen profitable Weltordnung nicht zu gefährden. Analoge Kairos-Erfahrungen kennen wir auch heute. Es sind Gnadenerfahrungen, die nicht nur durch geistlich erhebende Erlebnisse gekennzeichnet sind, sondern unter Umständen auch durch eine Wahrnehmung von Unangenehmem - zum Beispiel Versagen, Leid oder sogar Tod - in einer neuen Qualität.25 Und Gnadenerfahrungen können auch in „Tunerfahrungen“ bestehen: Ich erfahre mich plötzlich in eine Situation versetzt, in der ich mich auf ungewohnt positive Weise verhalte, - zum Beispiel in einer untypisch geduldigen Weise mit einem Menschen, den ich als unsympathisch abgelehnt habe. Sobald ich mir dieses Wandels bewusst werde, bin ich frei, der neuen Spur weiter zu folgen oder sie abzulehnen, um in meine bisherige negative Haltung zurückzukehren.

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3.2.2 Bergpredigt - eine Ethik des Kairós

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Von solchen gnadenhaften Tunerfahrungen her lassen sich die Gebote der Bergpredigt verstehen. Als allgemeine Moralgesetze sind sie unerfüllbar, aber sie werden erfüllbar - und dann auch für Christen verbindlich - aus Tunerfahrungen der Gnade heraus. Wie die unmittelbar vorausgehende Kairós-Ansage und die Seligpreisungen belegen, stehen die Gebote der Bergpredigt ganz unter dem Vorzeichen eines gnadenhaften Kairós. Dass ein boshaft verletzter Mensch die andere Backe hinhält, ist unter alltäglichen Bedingungen unzumutbar und unter Umständen falsch. Unter den Bedingungen einer gnadenhaft-kairologischen Tun-Erfahrung, wenn ich mich in die Situation versetzt erfahre, dem Feind in einer liebend-vergebenden Haltung begegnen zu können, kann und soll dieser gnadenhafte Impuls aufgegriffen und in freiem Willensentscheid weitergeführt werden. Damit können Teufelskreise der Unversöhntheit überwunden werden.

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Auf diese Weise ist die Bergpredigt eine Ethik der Nachfolge Christi, der die Gebote der Bergpredigt nicht nur gepredigt, sondern uns auf seinem Weg zum Kreuz bis in die letzte Konsequenz vorgelebt hat. Diese Ethik besteht nicht aus allgemeinen Regeln, sondern aus einem Ruf, der seine je besondere Zeit (Kairós) hat, und in einer persönlichen Vertrautheit mit Jesus Christus gründet.

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3.2.3 Zweiter Schlüssel: Ruf in die Nachfolge

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So wie die Gottesliebe mit Nächstenliebe und Selbstliebe, so hängt auch die Gottesbeziehung mit Interpersonalität und Selbstbezug, aber auch mit einem achtsamen Weltverhältnis zusammen. In all diesen Bereichen - und nicht nur auf eine explizit religiöse Weise - ist eine kairologische Gnadenerfahrung (d.h. eine zur Gottesbeziehung freisetzende Gnadenerfahrung, die ihre begrenzte Zeit hat) möglich. Solche Erfahrungen tragen eine Aufforderung in sich, unser Leben zu ändern. So ist Gnadenerfahrung oft mit der Erfahrung eines Rufs verbunden, der die Nachfolge Christi in eine bestimmte Richtung festlegt. Es kann sich hierbei um eine Gewissenslast handeln, bisher vernachlässigte moralische Gebote zu befolgen; es kann sich aber auch um einen Ruf handeln, etwas Bestimmtes zu tun, das sonst nicht für alle Menschen verpflichtend ist, - zum Beispiel sich in einer unverhältnismäßigen Weise für eine bestimmte Person einzusetzen. Oder es kann sich sogar um die Berufung zu einer bestimmten Lebensform handeln, zum Beispiel um eine Priesterberufung oder um die Berufung zu einem radikalen Lebensweg, wie wir es bei Maurice Reuben gesehen haben.

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3.2.4 Gottes Plan mit uns

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Das christliche Verständnis von Nachfolge setzt voraus, dass es nicht nur allgemeine Gebote gibt, sondern auch Weisungen, die für ganz bestimmte Menschen in bestimmten Situationen vorgesehen sind.26 Es gibt einen Plan oder eine Sendung, die Gott mit jedem von uns hat. Christus nachfolgen bedeutet, dass wir bereit sind, diesem Plan Gottes mit uns kompromisslos zu folgen, so wie Christus sich vom Heiligen Geist den Plan seines göttlichen Vaters für ihn zeigen ließ.27 Auf diese Weise werden Menschen an verschiedene Orte hingestellt und in unterschiedliche Rollen versetzt, die sich miteinander zum Leib Christi ergänzen können.28 So ermöglicht der Heilige Geist - Gottes weisende und bewahrende Gegenwart in uns - die Bildung von Gemeinschaft und Kirche sowohl in Einheit und Unterschiedenheit von vielen. Nicht einzelne Menschen repräsentieren damit die Person und Sendung Jesu Christi, sondern die Kirche als ganze, das heißt, die vom Heiligen Geist zusammengefügte Gesamtheit der Menschen, die sich auf Gottes Willen in Jesus Christus einlassen.

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3.2.5 Nachfolge statt Nachahmung

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Deshalb ist die Nachfolge Christi auch von einer Jesusnachahmung unterschieden. Nachfolge bezieht sich nicht direkt auf das, was Jesus für sich gesagt und getan hat, sondern auf das, was er wesentlich ist, nämlich seine Beziehung zum Vater und von daher seine Hingabe (Proexistenz) für alle Menschen.29 Jesus nachfolgen heißt, sich selber so vom Willen des göttlichen Vaters - der ihm durch den Heiligen Geist zugesagt wurde - bestimmen zu lassen, wie es Jesus getan hat. So unterscheidet sich eine „Geist-volle" Nachfolge von einer geistlosen Nachahmung. Sie gründet wesentlich in einer Hörens- und Gehorsamsbeziehung.

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3.2.5 Der versäumte Ruf

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Wenn eine Gnadenerfahrung mit einem Ruf verbunden ist und der Mensch diesem Ruf nicht folgt, dann kann dadurch die Gottesbeziehung blockiert werden. Der von Gott angesprochene Mensch fällt also nicht bloß in die vorherige Situation zurück, sondern in eine schlimmere Lage. In den Evangelien sehen wir das am reichen Jüngling, der traurig wegging. Es ist anzunehmen, dass er seinen Reichtum nicht mehr in der gleichen unschuldigen Weise genießen konnte wie vorher.

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Es gibt aber noch weit schlimmere Folgen eines versäumten Kairós. Menschen, die den Kairós der Jesusbegegnung erlebten und den damit verbundenen Ruf zu Umkehr und Glaube30 verweigerten, verfielen in eine Verstocktheit und Herzenshärte, die sie zu Feinden Jesu und Gottes machte.31

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3.2.5 Ein verhängnisvolles Missverständnis

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Der Ernst eines versäumten Kairós wurde von Christen und auch geistlichen Lehrern oft so verstanden, dass Gott einen ganz bestimmten Plan mit jedem von uns hat, den wir erfüllen oder verfehlen können und hinter dem wir mehr oder weniger zurück bleiben. Eine solche starre Auffassung von Berufung kann Menschen in Resignation und Verzweiflung treiben. So gibt es nicht wenige verheiratete Männer, die das Gefühl haben, eine Berufung zum Priester ausgeschlagen zu haben und deshalb zeitlebens und unkorrigierbar abseits von Gottes Plan zu leben.

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Demgegenüber dürfen und müssen wir uns Gottes Pläne mit den Menschen viel flexibler vorstellen. Auch mit seinem Ruf ist Gott ein Hirte, der uns auf allen Wegen bis in die Verlorenheit der Sünde nachgeht. Wohin auch immer wir uns verlaufen haben - und sei es mit schlimmster Lebensschuld im Gefängnis: Gott hat immer einen Plan für uns bereit, sodass eine radikale Hinkehr zu ihm unser Leben noch zu einer wunderbar gelungenen Gesamtgestalt führen kann: zu der letztendlichen das ganze Leben umfassenden Feststellung: „Es war gut so", - ein Bekenntnis, das wesentlich für das himmlische Heil ist, nicht zur eigenen, sondern zu Gottes Verherrlichung.

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3.2.6 Zwischenbilanz

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Damit eröffnet sich uns ein weites Spektrum für die Nachfolge Christi. Es gibt unterschiedliche Intensitäten der Nachfolge nicht nur allgemein, sondern konkret für uns, und zwar immer wieder neu. Wenn Christus, der „himmlische Bergführer",32 uns seine Hand entgegenstreckt, können wir uns viel oder wenig auf ihn einlassen. Der Blick auf das Ziel einer vollkommenen Liebe, das wir auf jeden Fall erreichen müssen und auf das Wunderbare, das es bedeutet, legt es uns dringend nahe, jeweils das Maximum zu wählen und Nachfolge so radikal wie möglich zu leben. „Müht euch mit Furcht und Zittern um euer Heil! Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus" (Phil 2,12f).

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Und dennoch brauchen - und dürfen! - wir nicht resignieren, wenn wir wieder einmal hinter den uns eröffneten Möglichkeiten zurückgeblieben oder sogar total gescheitert sind. Das Grundprinzip der Nachfolge Christi besteht darin, jederzeit alles vor ihn zu bringen, - damit er es transformiert, heilt und uns somit erneut Möglichkeiten eröffnet. Jesu Aufforderung, dass wir nicht nur siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal unserem Bruder vergeben sollen (Mt 18,21), gründet in einem unbegrenzt vergebenden Verhalten Gottes zu uns.

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3.3 Was wir konkret tun können, um tiefer in die Nachfolge Christi zu kommen

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3.3.1 Grundprinzip: Vertraut werden mit Jesus

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Nachfolge ist ein nach-gehendes Folgen gegenüber einem vorausgehenden Ruf Gottes, und zwar nicht nur anfänglich - sodass wir dann auf eigene Faust den vermeintlichen Ruf zu verwirklichen suchen könnten -, sondern durchgehend und jederzeit. Deshalb besteht das Grundgebot der Nachfolge Christi nicht in einem bestimmten moralischen Tun, sondern im Bemühen, mit Jesus Christus in eine möglichst innige Gemeinschaft zu kommen.

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Das Markusevangelium macht diese Priorität ganz deutlich: „Und Jesus setzte zwölf ein, (1.) die er bei sich haben (2.) und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten" (Mk 3,14) Der Ruf in die Nachfolge beginnt mit einem tiefen Vertrautwerden mit Jesus, dann erst kommen die Werke der Nachfolge.33

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3.3.2 Kontemplation vor Aktion

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Nachfolge Jesu beginnt also damit, dass man sich mit Jesus vertraut macht. Sie gründet nicht in Aktion, sondern in Kontemplation. Sie steht nicht im Zeichen der Marta, die sich viele Sorgen und Mühen macht (Lk 10,41) und „Pizzas backt, die Jesus nicht bestellt hat", sondern im Zeichen der Maria, die zu den Füßen Jesu sitzt, seine Gegenwart genießt und ihm zuhört.

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Von hier ergibt sich die Antwort auf unsere oben gestellte Frage:34 Wenn Nachfolge mit dem Ruf und der Erfahrung von Gnade beginnt, was können wir dann dazu tun, wenn wir beides nicht verspüren? Das heißt dann nicht, dass wir keinen Ruf haben und dass wir deshalb nichts tun dürfen oder brauchen.35 Es heißt aber auch nicht, dass wir auf eigene Faust draufloslaufen sollen.36 Vielmehr sollen wir alles tun, um ‚das Licht der Lampe zu sehen und die Stimme des Bräutigams zu hören'.37

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3.3.3 Zeit für Jesus - sich von brennenden Menschen anstecken lassen - Schriftlesung - Gebet

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Dieses Grundprinzip lässt sich in eine Reihe von konkreten Hinweisen zur Jesusnachfolge ausfalten:

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viel Zeit investieren, um einfach mit Jesus vertraut zu werden;

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die Gemeinschaft mit Menschen suchen, die Jesus nachfolgen und deren Herz für ihn brennt;

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Schriftlesung, um Jesus besser kennen zu lernen und sich die machtvolle Sprache biblischen Betens anzueignen;

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viel Zeit für Gebet, indem man alles vor Jesus bringt, ihm für alles dankt, um alles bittet und jederzeit Gott Lobpreis bringt.

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Wer diesen Vollzügen über längere Zeit viel Raum in seinem Leben lässt, wird merken, wie sich das Leben verwandelt. Die Haltung des Gebets, des Dankens und Lobpreises in der Gegenwart Gottes und Jesu Christi beginnt mehr und mehr auf den Alltag überzugreifen. Ohne besondere Anstrengung wachsen wir in ein „Beten ohne Unterlass" (1 Thess 5,17) hinein. Vom ersten Gedanken am Morgen bis zum Einschlafen am Abend ist Jesus das erste, was gegenwärtig ist, und mehr und mehr betrachten wir alles von Gott her.

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3.3.4 Lebenshingabe

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So wachsen wir in eine gelebte Christozentrik hinein - alles dreht sich um die eine Mitte Jesus Christus -, die immer tiefer von einer Entscheidung zur Lebenshingabe begleitet ist: „Heiliger Geist, übernimm du die Führung über mein Leben." - „Jesus, bitte zeig mir deinen Willen für mein Leben." - „Ganz gleich, wo du mich hinführst, ich will diesen Weg gehen."

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Hier hat nun die radikale Christusnachfolge, wie wir sie an der Geschichte vom Reichen Jüngling und am Lebensbeispiel des Maurice Reuben angeschaut haben, ihren Platz. Es geht nicht um ein faktisches Weggeben von allem Besitz, denn das ist uns erst erlaubt, wenn wir von Jesus dazu ausdrücklich gerufen sind. Vielmehr geht es um eine Besitzübergabe an Gott, die eine logische Konsequenz der Lebensübergabe ist: „Alles was ich bin, alles was ich habe und alle Beziehungen, die du mir geschenkt hast, gehören dir." - Es geht um eine tägliche Übergabe, um je neu das mir Zugemessene von Gott zu übernehmen. So wird das, was ich bin und kann, die Beziehungen, in denen ich stehe und die Dinge, die ich besitze, täglich neu zu einem nicht selbstverständlichen Geschenk, das ich von Gott empfange. Eine große Dankbarkeit beginnt mein Leben zu durchfluten und eine große Unabhängigkeit gegenüber jeder Art von Verlusten, die das Leben bringen kann.

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Ob Jesus das, was ich ihm täglich gebe und verspreche, auch wirklich beansprucht, indem er mich vielleicht auf einen Weg buchstäblichen Verzichts führt, ist seine Sache. Mit der Zeit wird mein Vertrauen so wachsen, dass ich diese Möglichkeit nicht mehr fürchte, sondern sogar erbitte: „Jesus, führe mich den steileren Weg, der mich dem Ziel am besten näherbringt. Aber du weißt, was für mich am besten ist. Nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen."

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3.3.5 Von Kontemplation zur Aktion

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Das kontemplative Bei-Jesus-Sein - wie Maria zu Jesu Füßen - verläuft dann richtig, wenn es zweckfrei und absichtslos ist. Es ist ein Genießen von Gottes Gegenwart, das bereits ein Stück der himmlischen Seligkeit vorwegnimmt, es gehört also zum Ziel und nicht (bloß) zum Mittel unseres Lebensweges. Das heißt, wir dürfen es uns erlauben, uns einfach in Seiner Gegenwart auszustrecken. Dieses Loslassen fällt uns leistungsorientierten Europäern nicht leicht. Immer wieder meldet sich ein schlechtes Gewissen, ob wir denn so in Untätigkeit verbleiben dürfen und nicht endlich die Hemdsärmel hochkrempeln müssen, um etwas zu tun in der Nachfolge Christi. Hier gilt es, die scheinbare Untätigkeit auszuhalten, um unser Bleiben in ihm (Joh 15,4) auszuhalten. Wir müssen mit ihm verbunden bleiben, denn getrennt von ihm können wir nichts vollbringen (Joh 15,5).

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Paradoxerweise bringt gerade diese Absichtslosigkeit des Bei-Jesus-Seins etwas hervor, das uns im angestrengten Gebet verschlossen bleibt: Wir beginnen, Gottes Ruf für unser Leben wahrzunehmen. Und das ist der Punkt, wo das Tun der Nachfolge in voller Effektivität einsetzen kann.

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3.3.6 Christliches Handeln im Normalfall und im Sonderfall

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Auch wenn wir uns auf einem Weg der Kontemplation in eine vertiefte Christusnachfolge einlassen, fällt das christliche Tun nicht aus. Es gibt die christlichen Gebote und die täglichen Verpflichtungen, die wir nicht weniger gewissenhaft ausführen werden als jeder andere Mensch, auch wenn wir durch eine gelebte Christozentrik zunehmend frei werden von den sie begleitenden Sorgen, Ängsten und Begierden. So gibt es den Normalfall des christlichen Tuns, mit seinen Anforderungen, aber auch mit seinen Grenzen. Auch wenn wir radikal Christus nachfolgen wollen, heißt das nicht, dass wir uns für jeden bedürftigen Menschen verausgaben müssen. Auch als radikale Christen dürfen wir an einem Menschen in Not vorbeigehen. Allerdings wird die Not anderer, die uns begegnet, Gegenstand des Gebets werden. Selbstverständlich gehört es zu dem Alles, das wir täglich vor Gott bringen. Und dieses Vor-Gott-Bringen ist mit der selbstverständlichen Bereitschaft verbunden, mich von Gott senden zu lassen. Mit dem wachsenden Gespür für Gottes Ruf kann ich ihn fragen: „Ist es dein Wille, dass ich mich für diesen Menschen einsetze?", oder sogar: „Erlaubst du, dass ich mich für diesen Menschen einsetze?"

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So gibt es im Handeln aus der Nachfolge den Normalfall, der durch die zweite Tafel des Dekalogs bestimmt ist, und den Sonderfall, der als besonderer Ruf aus der Vertrautheit mit dem Gott Jesu Christi erwächst. Zum Normalfall gehört es, dass ich an einem Bedürftigen vorbeigehen kann, zwar nicht ohne Gebet aber ohne tatkräftig zu helfen. Zum Sonderfall kann es gehören, dass ich einen bestimmten Bedürftigen sogar für eine bestimmte Zeit bei mir in der Wohnung aufnehme, - aber ohne jede Verpflichtung, es mit jedem Menschen gleich oder mit diesem Menschen immer so zu halten.

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3.4 Die Unverzichtbarkeit einer radikalen Nachfolge

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Es gibt unterschiedliche Intensitäten in der konkreten Gestalt der Nachfolge. Nicht jeder Mensch ist von Gott dazu gerufen, wie Maurice Reuben Besitz und Familie hinter sich zu lassen. Aber im christlichen Auftrag zu einer radikalen Lebensübergabe gibt es keine unterschiedlichen Intensitäten. Jedem Christen ist die Bereitschaft abverlangt, alles Christus zu übergeben. Diese Ganzhingabe haben wir in unserer Taufe, die eine Taufe auf den Tod und die Auferstehung Jesu Christi ist, bereits symbolisch im Voraus vollzogen. Die Wirkung dieses Sakraments besteht in einer Befreiung von der Erbsünde (mit all ihrer Schuldverstrickung in Ängsten und Begierden) und in einer Gewinnung der heiligmachenden Gnade, - also jener Gnade, die ausreicht, dass wir in die himmlische Vollendung der Liebe Gottes eingehen können. Dieses Sakrament ist nicht nur wirksam, sondern auch fruchtbar, das heißt auf eine erfahrbare Weise wirksam, wenn wir das Symbolisierte auch für unser Leben einholen. Dadurch, dass wir alles Jesus übergeben, um es täglich neu von ihm als Geschenk oder Lehen zu erhalten, kommen wir in eine große Freiheit gegenüber den Verstrickungen dieser Welt in Sorgen, Ängsten und Begierden. „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht." (Mt 11,28-30)

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Diese Erfahrung der Entlastung und des leichteren Jochs Jesu kann man bereits in einem geringeren Maße machen, wenn man sich ein kleines Stück auf Jesus einlässt, und in einem höheren Maße, wenn man sich ihm tiefer anvertraut. Es gibt aber auch Gaben, die sich einem erst erschließen, wenn man die Lebenshingabe radikal vollzogen und das Mit-Christus-Sterben der Taufe bewusst eingeholt hat. Jesus spricht davon in einem seltsamen Gleichnis mit einer noch seltsameren Folgerung:

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„Wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und rechnet, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen? Sonst könnte es geschehen, dass er das Fundament gelegt hat, dann aber den Bau nicht fertigstellen kann. Und alle, die es sehen, würden ihn verspotten und sagen: Der da hat einen Bau begonnen und konnte ihn nicht zu Ende führen. Oder wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, solange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden. Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet. " (Lk 14,28)]
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Ein Mensch, der Christus nachfolgen will und dazu steht (d.h. seinen Entschluss nicht ängstlich vor den anderen verbirgt), gerät in Situationen wie der Turmbauer oder der König im Gleichnis. Immer wieder wird er in Situationen kommen, die ihn eigentlich überfordern und ihm offenbar Inkonsequenzen abverlangen, - zum Beispiel angesichts der Not seiner Mitmenschen. Sich nicht selber zu überfordern und zu seinen Grenzen zu stehen ist hier ein hilfreicher Ratschlag heutiger Lebenshilfe. Sie rät zu einer Nüchternheit, die in einem gewissen Gegensatz steht zu radikalen christlichen Nachfolgeambitionen, die allzu schnell in ein Burnout führen können. Angesichts der Radikalität der Evangelien ist es zunächst erstaunlich, einen solchen Ratschlag der Kräfteeinschätzung und des rechtzeitigen Kompromisses aus dem Munde Jesu zu hören. Aber wenn man das Gleichnis in dieser Richtung deutet, wird die Schlussfolgerung völlig unverständlich, die Jesus aus diesem Gleichnis zieht: „Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet." - Jesu weist also auf Möglichkeiten hin jenseits von vorschnellen Kompromissen, die sich erst dann erschließen, wenn man bereit ist, alles zu geben. Eine Konkretisierung dieser Möglichkeiten habe ich am Ende des vorhergehenden Kapitels genannt: Wenn ich mein ganzes Leben Jesus übergeben habe, dann kann ich ihn fragen, ob er es will oder erlaubt, dass ich diesem Bedürftigen hier helfe. Entgegen den vorschnellen Befürchtungen eines schlechten Gewissens wird die Antwort häufig lauten: Nein. Sie kann aber auch in einzelnen Fällen lauten: Ja.

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3.5 Radikale Nachfolge und das Leben der Kirche

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Wie gehen diese Anleitungen zu einer radikalen Christusnachfolge mit dem Leben der Kirche zusammen? Zweifellos führt der beschriebene Weg der Kontemplation, der Begegnung mit brennenden Menschen, der Bibellesung, des Gebets und der Selbsthingabe nicht aus dem Leben der Kirche hinaus, denn all das ist in den Vollzügen der Liturgie, der Diakonie, der Verkündigung und der christlichen Gemeinschaft tief verankert. Nur ist es in der alltäglichen Praxis oft so verflacht, dass Christen für eine radikale Nachfolge in der Kirche oft nicht viel Hilfe finden. Wie in früheren Zeiten, so braucht die Kirche auch heute Glutnester von Gruppen und Gemeinschaften, die die Kirche immer neu dazu bringen, das auch zu vollziehen, was sie eigentlich ist: Gemeinschaft von Menschen, die auf Christus getauft, mit ihm gestorben sind, um mit und in ihm zu leben: Menschen mit einer ungeahnten Kreativität und Effektivität in dieser Welt, weil sie nicht von dieser Welt sind.

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Anmerkungen

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1
Athanasius beschreibt die Reaktion des Antonius, nachdem er Mt 19,21 beim Gottesdienst gehört hatte: „Dem Antonius aber war es, wie wenn ihm von Gott die Erinnerung an diese Heiligen geworden sei und als ob um seinetwillen jene Lesung der Schriftstelle geschehen; er ging sogleich aus der Kirche und schenkte seine Besitzungen, die er von den Vorfahren hatte, den Einwohnern des heimatlichen Ortes - es waren dreihundert Hufen, fruchtbar und sehr schön; denn er wollte nicht, daß sie auch nur im geringsten ihm und seiner Schwester lästig fielen. Seine gesamte übrige bewegliche Habe verkaufte er und brachte so ein schönes Stück Geld zusammen; dies gab er den Armen und legte nur eine geringe Summe mit Rücksicht auf seine Schwester beiseite." (Des Heiligen Athanasius Leben des Heiligen Antonius, aus dem Griechischen übersetzt von Dr. H. Mertel, BKV 31, 15) - Als er wenig später beim Gottesdienst Mt 6,34 hörte („Sorgt euch nicht um das morgen"), gibt er auch den letzten Rest weg.

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2
Vgl. Die Fioretti des heiligen Franziskus, 2,20.

141
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3 N. Grubb, Die Lebensgeschichte von Rees Howells. Fürbitte ändert die Welt. Leun 1993, 25-29.

142
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4 Vgl. Röm 1,18-32. Nach dem johannesevangelium gewährt Jesus frei das Geschenk der Brotvermehrung, weist aber die nachfolgend erhobenen Ansprüche der Menschen zurück (vgl. Joh 6,26).

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5 In der Praxis gibt es also nicht nur den reinen Gläubigen aus dem biblischen Perlengleichnis und den Verirrten aus unserer Gegengeschichte, sondern subtile Zwischenlagen zwischen beiden. Das geht so weit, dass Paulus selbst dem Mose - dem demütigsten aller Menschen (Num 12,3) - unterstellen konnte, dass er mit der Hülle, die er zur Beruhigung der Israeliten nach dem Verlassen des Bundeszeltes über sich werfen musste, nicht den Glanz verdeckte, sondern das Verblassen des Glanzes. Vgl. 2 Kor 3,13.

144
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6 Im Gegensatz zur Praxis bei den Rabbinen, nach denen sich die Schüler ihren Rabbi aussuchten.

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7 „Da kam ein Schriftgelehrter zu ihm und sagte: Meister, ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann." (Mt 8,19-20)

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8 Die Einheitsübersetzung schreibt hier ungenau: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen." ...

147
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9 Vgl. Mt 4,18f.

148
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10
Vgl. Joh 21,19.

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11 Vgl. die erste Frage aus dem Katechismus der Bistümer Deutschlands („grüner Katechismus") aus dem Jahr 1956, S. 6: „Wozu sind wir auf Erden? Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben."

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12 Damit würde ihr moralisches Engagement durchwegs entwertet: Sie würden andere Menschen nicht um ihrer selbst willen lieben, sondern um Verdienste zu erwarten für den Himmel. Vor allem Nietzsche hat die Christen in dieser Hinsicht angegriffen.

151
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13 Vgl. Mk 10,26 (par. Mt 19,25; Lk 18,26)

152
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14 Vgl. dazu Willibald Sandler, Der Preis der Erlösung, Innsbruck 2009, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/825.html

153
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15 Vgl. die Weltgerichtsrede in Mt 25,39-46, sowie weiterführend: Józef Niewiadomski, Hoffnung im Gericht. Soteriologische Impulse für eine dogmatische Eschatologie. In: ZKTh (1992), 113-126.

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16 Vgl. die traditionelle Unterscheidung zwischen Liebesreue und Furchtreue, zum Beispiel im Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 1452f.

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17 Diese Schule dauert nur ein Jahr, - die für das menschliche Leben steht.

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18 Vgl. Willibald Sandler, „Schrecklich ist's, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen". Gratwanderungen zwischen dem liebenden und dem zornigen Gott im Licht einer Erzählung von Dostojewskij. In: W. Sandler / N. Wandinger (Hg.), Der unbequeme Gott. Vorträge der zweiten Innsbrucker Theologischen Sommertage 2001 (theologische trends 11). Thaur 2002, 47-84, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/264.html

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19 Vgl. die Glückserfahrungen, die die Schritte der Christusnachfolge von Maurice Reuben begleiteten, s.o. Kapitel 1.4, die kursiv gedruckten Teile in der systematisierenden Zusammenstellung.

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20 Zwar könnte man in Frage stellen, ob Reuben wirklich in allem den Weg der größeren Liebe gegangen ist. Wenn die Radikalität seiner Entscheidungen aber darin bestand, dass er in jedem Moment Gottes Willen wählen wollte, dann erscheint diese Radikalität im Hinblick auf das Lebensziel als angemessen.

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21 - Also aus den oben genannten drei Gründen dafür, dass der Weg der radikalen Nachfolge der bessere Weg ist.

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22
Vgl. Martin Hasitschka, „Kommt, mir nach!" Nachfolge Jesu in den Evangelien und ihre aktuelle Bedeutung, Vortrag auf den Innsbrucker Theologischen Sommertagen 2009: „Wozu die Zwölf bestimmt sind, dazu sind im Grunde alle bestimmt, die Jesus nachfolgen, alle, die das zum Reich Gottes gehörende Volk bilden. Die erste und wichtigste Bestimmung eines Jüngers Jesu liegt darin, dass er ‚mit ihm ist' (Mk 3,14) und in der Gemeinschaft mit ihm lebt. Darin wurzelt die zweite Bestimmung, nämlich die Sendung Jesu fortzuführen und wie er das Reich Gottes zu verkünden und Menschen von ihren Krankheiten zu heilen. Beide Bestimmungen gehören innerlich zusammen."

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23 Vgl. den Rückruf in die Nachfolge, den Petrus von Jesus mehrfach erfuhr, dazu oben, Kapitel 1.4.

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24 „‚Er ruft die herbei, die er wollte.' Man kann sich nicht selbst zum Jünger machen - es ist ein Ereignis der Erwählung, ein Willensentscheid des Herrn, der wiederum in seiner Willenseinheit mit dem Vater verankert ist." (Benedikt XVI, Jesus von Nazareth, Band 1, Freiburg 2007, 207)

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25
Vgl. Karl Rahner, Über die Erfahrung der Gnade. In: Schriften zur Theologie, Bd. III. Zur Theologie des geistlichen Lebens. Einsiedeln-Zürich-Köln 1956, 105-109.

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26
Das ist schon im Alten Testament so. Wenn Gott Abraham aus seiner jüdischen Heimat hinausruft, dann ist das ja kein allgemeines Gebot, sondern ein besonderer Ruf.

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27 Vgl. Joh 5,19: „Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht. Was nämlich der Vater tut, das tut in gleicher Weise der Sohn."

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28 Vgl. 1 Kor 12.

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29 Hans Urs von Balthasar hat das deutlich herausgearbeitet, indem er die Person Jesu Christi von seiner Sendung her (vom Vater her, zu den Menschen hin) verstanden hat. Vgl. ders., Theodramatik. Band II: Die Personen des Spiels. Teil 2: Die Personen in Christus. Einsiedeln 1978.

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30 Vgl. summarisch Mk 1,15: „Die Zeit (Kairós) ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!"

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31
Zum versäumten Kairós vgl. W. Sandler, Der Preis der Erlösung (s. Anm. 14).

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32 Vgl. oben, Kapitel 2.3.

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33 Vgl. oben, das Ende des 2. Kapitels.

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34 Vgl. oben, Ende des 1. Kapitels.

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35 In der christlichen Tradition ist das als der Irrweg des Quietismus beschrieben worden.

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36 Das ist der Straßengraben des Aktivismus und Moralismus.

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37 Vgl. Offb 18,23.

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