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Puzzlestück zur Geburtenkontrolle bei invasiver Fischart entdeckt – Universität Innsbruck
Ein weiblicher Moskitofisch

Ein weiblicher Moskitofisch der Gattung Gambusia.

Puzz­le­stück zur Gebur­ten­kon­trolle bei inva­si­ver Fischart ent­deckt

Einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Dunja Lamatsch von der Universität Innsbruck ist es gelungen, das W-Geschlechtschromosom des weiblichen Moskitofischs auf molekularer Ebene zu entschlüsseln. Damit könnte in Zukunft die Ausbreitung dieser äußerst invasiven Fische gebremst werden.

Als Neobioten werden Tier- und Pflanzenarten bezeichnet, die durch den Menschen in Gebiete gebracht wurden, in denen sie ursprünglich nicht heimisch waren. Problematisch und kostspielig werden sie dann, wenn sie sich etablieren können, heimische Organismen verdrängen und damit eine enorme Gefahr für die ursprüngliche Artenvielfalt bedeuten. Dann werden sie als invasiv bezeichnet. Insbesondere durch die Klimakrise finden invasive Arten immer bessere Temperaturen und Bedingungen vor, um sich auszubreiten und werden zu einem zunehmenden ökologischen und wirtschaftlichen Problem.

Einem internationalen Team aus Österreich, Deutschland, Frankreich, den USA und Australien unter der Leitung von Dunja Lamatsch vom Forschungsinstitut für Limnologie, Mondsee, der Universität Innsbruck, ist nun ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Geburtenkontrolle für eine der invasivsten Fischarten weltweit gelungen: die Entschlüsselung des Geschlechtschromosoms des weiblichen Moskitofischs.

Kleine Tiere, großer Schaden

Eine weitere kürzlich veröffentlichte Studie schätzte die Kosten, die durch invasive Arten zwischen 1980 und 2019 weltweit verursacht wurden, auf 1,2 Milliarden US-Dollar. Sie rangieren damit an zweiter Stelle, gleich nach den global zu beziffernden Sturmschäden. Die sogenannte „Unionsliste“, auf der die invasivsten Arten in der EU gelistet werden, wurde 2022 gleich um fünf Fischarten erweitert, zwei davon sind Moskitofischarten.

Der kleine lebendgebärende Moskitofisch der Gattung Gambusia ist im Osten und Süden der Vereinigten Staaten heimisch. Seinen Namen führt er wegen seiner Vorliebe auf Mückenlarven, die die gefährliche Krankheit Malaria übertragen können. „Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurden Gambusen in 62 Ländern zur biologischen Mückenbekämpfung ausgesetzt, in 55 Ländern haben sie sich etabliert“, erklärt Dunja Lamatsch. „Die Folgen waren dramatisch: Die Fische beschränkten sich nicht darauf, Mückenlarven zu fressen, sie dezimierten auch Gelege von seltenen Fisch-, Amphibien- und Wirbellosenarten und wurden damit zur Gefahr für die dort heimische Artenvielfalt. Um künftig diese Auswirkungen zu verringern, muss ihre weitere Verbreitung in standortfremden Gebieten gestoppt werden.“

Entschlüsselung der Chromosomen

Eine Möglichkeit, die weitere Ausbreitung des Moskitofisches zu stoppen, ist die Geburtenkontrolle. Um Ansätze dafür zu finden ist es allerdings notwendig, mehr über die Fortpflanzung dieser Tiere zu wissen, z.B. über die Entstehung ihrer Geschlechtschromosomen . Bei menschlichen Geschlechtschromosomen unterscheiden sich das X- (weiblich) und das viel kleinere Y-Chromosom (männlich) sehr deutlich. Viele Fischarten haben jedoch gleich große Geschlechtschromosomen, die nicht an ihrer Form erkannt werden können. Manche Gambusenarten haben ebenfalls eine XX/XY Geschlechtsbestimmung wie beim Menschen, andere haben eine ZW/ZZ Bestimmung, das Weibchen hat also zwei unterschiedliche Geschlechtschromosomen und das Männchen zwei gleiche. Diese unterschiedliche Entwicklung bei Gambusen ist erst 2-7 Mio. Jahre alt, was in der Stammesgeschichte einem relativ kurzen Zeitraum entspricht.

Das internationale Forschungsteam um Dunja Lamatsch konnte nun die molekulare Struktur des größeren W-Geschlechtschromosoms des weiblichen Moskitofisches entschlüsseln. Die Wissenschafter:innen verwendeten vermeintlich funktionslose, sich wiederholende Sequenzen, um die Entwicklung des W-Geschlechtschromosoms nachzuvollziehen. Dieser wichtige Schritt ermöglicht es herauszufinden, wie Geschlechtschromosomen entstehen, um in Zukunft bei der Bekämpfung der invasiven Moskitofische Erfolg zu haben.

 

Publikation
Müller S., Du K., Guiguen Y., Pichler M., Nakagawa S., Stöck M., Schartl M., Lamatsch D.K. (2023). Massive expansion of sex–specific SNPs, transposon related elements, and neocentromere formation shape the young W-chromosome from the mosquitofish Gambusia affinis. BMC BIOLOGY 21: 109, https://doi.org/10.1186/s12915-023-01607-0

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