Veranstaltungen
Vortrag an der WFO - Heinrich Kunter in Bozen - 14.12.2022.
Am 14.12.2022 hielt Projektmitarbeiter Mag. Stefan Schwitzer an der Wirtschaftsfachoberschule Heinrich Kunter in Bozen für die 3., 4. und 5. Klasse mit Schwerpunkt sport einen Vortrag zu verschiedenen projektrelevanten Themen.
Nach einer groben Einführung in das Strafrecht und einer kurzen Vorstellung des Forschungsprojektes wurden mit den Schülern insbesondere die strafrechtliche Verantwortlichkeit für das Auslösen einer Lawine sowie die Eigenverantwortung und deren strafrechtliche Relevanz behandelt. Abschließend wurde die mit dem G.v.D. Nr. 40/2021 erlassene Reform zu den Sicherheitsmaßnahmen im Wintersport vorgestellt und die wichtigsten Neuerungen auch im Hinblick auf die anstehende Wintersaison besprochen.
Durch diesen Vortrag konnten die Schüler einen ersten Einblick in das Strafrecht und dessen Relevanz für den Bergsport erhalten. Ziel dabei war es, sie auf die bei sportlichen Aktivitäten am Berg bestehenden Rechtsfragen aufmerksam zu machen und ihnen hierzu wichtige und nützliche Informationen auch für ihr zukünftiges Verhalten am Berg mitzugeben.
Zum Bericht der WFO Bozen auf deren Homepage.
Am 10.-11. November 2022 fand an der Universität Innsbruck die Tagung „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung. Herausforderungen für die Gesellschaft und das Recht“ statt. Diese vom Institut für Italienisches Recht, Universität Innsbruck, organisierte Veranstaltung bettet sich in das im Herbst 2020 gestartete Forschungsprojekt „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung (M_Risk)“ ein, das mit dem Jahr 2022 zu Ende geht. Für die wissenschaftliche Leitung zeigten sich verantwortlich Margareth Helfer (UniIbk), Alessandro Melchionda (UniTn), Klaus Schwaighofer (UniIbk) und Kolis Summerer (UniBz).
Forschungsprojekt
Im Rahmen des zweijährigen Euregio-Forschungsprojektes mit den Partnern Universität Innsbruck (Leadpartner), EURAC Research Bozen, der Freien Universität Bozen, der Universität Trient sowie weiteren wichtigen lokalen und regionalen technisch-alpinen Partnern (ÖAV, AVS, CAI/SAT, AINEVA, Agentur für Bevölkerungsschutz und Amt für Geologie der Autonomen Provinz Bozen) wurden bei Bergunfällen häufig auftretende Rechtsfragen näher untersucht. Insbesondere die rechtliche Beurteilung von Naturkatastrophen, wie Lawinen, sowie die Frage der strafrechtlichen Relevanz der Eigenverantwortung spielten eine zentrale Rolle.
Tagung
Die Tagung als wissenschaftliche Abschlussveranstaltung des Forschungsprojektes wurde mit der Vorstellung der geleisteten Projektarbeit und der erzielten Ergebnisse eingeleitet. Im Vordergrund stand dabei die strafrechtliche Haftung für Unfälle am Berg und die Skizzierung neuer Erkenntnisse und Lösungsansätze, um konkurrierende rechtliche Verantwortlichkeiten am Berg besser und gerechter auseinanderdividieren zu können. Auch wurden die Ergebnisse einer empirischen Umfrage zur Risikowahrnehmung am Berg präsentiert, die von EURAC Research Bozen in Zusammenarbeit mit den anderen Projektpartnern durchgeführt worden war.
Es folgte eine Diskussionsrunde mit verschiedenen Stakeholdern aus Tirol, Südtirol und dem Trentino mit Kompetenzen in den Bereichen Bevölkerungsschutz, Gefahren am Berg und deren Absicherung und Prävention. Auch Einzelfälle aus der juristischen Praxis sowie aktuelle Ereignisse wurden dabei thematisiert. Näher beleuchtet wurde ein Vorfall, der sich im Frühjahr am Pragser Wildsee ereignet hatte. Eine Vielzahl an Menschen hatte trotz Warnung die bereits zu dünne Eisdecke betreten, so auch eine Frau mit Kleinkind, die dann in den See einbrach und nur unter sehr schwierigen Verhältnissen von der Bergrettung aus dem eisigen Wasser gerettet werden konnte. Obgleich dieses tragischen Ereignisses war am folgenden Tag dasselbe Bild zu sehen: Viele Menschen auf dem dünnen Eis des Pragser Wildsees.
Im Rahmen der Diskussion wurden verschiedene Fragen aufgeworfen und näher erörtert: Welche sind die Voraussetzungen für eigenverantwortliches Handeln? Welche Rolle spielt die Risikowahrnehmung? Braucht es mehr Information? Was nützt Aufklärung, wenn diese beim Empfänger nicht ankommt? Braucht es die Sperrung bestimmter Wege bzw. Gebiete, wenn diese zu gefährlich scheinen? Oder würde die Einführung von „Rangern“, die ein bestimmtes Gelände überwachen bzw. kontrollieren, Abhilfe schaffen? In letzterem Fall würde es allerdings notwendig sein, die Obhutspflichten möglichst präzise zu formulieren, um ein Überfrachten der Position mit Haftungsgarantien zu vermeiden.
Im zweiten Panel am Donnerstagnachmittag diskutierten RichterInnen, StaatsanwältInnen und AnwältInnen der drei involvierten Euregio-Länder unterschiedliche Rechtsfragen zu Bergunfällen und lieferten damit einen interessanten Einblick in die lokale und teils sehr unterschiedliche Rechtsprechungspraxis.
Das dritte und vierte Panel war der Vertiefung der zentralen strafrechtlich relevanten Themen zu konkurrierenden Verantwortlichkeiten am Berg gewidmet. Dies erfolgte in rechtsvergleichender Perspektive unter Einbeziehung von ReferentInnen aus Italien, Österreich, Deutschland und der Schweiz. Im Vordergrund standen Themen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für das Auslösen von Naturkatastrophen (Lawinen) sowie die Relevanz der Eigenverantwortung im Strafrecht als Kriterium für die Haftungsbegrenzung Dritter am Berg (Pistenbetreiber, Skilehrer, Berg- und Tourenführer, Führer aus Gefälligkeit, Lawinenkommissionen, Wegehalter, Rodelbahnbetreiber). Interessant war der Einblick in die bestehenden unterschiedlichen nationalen Regelungen der verschiedenen Länder des Alpenraums sowie der Austausch und die Diskussion dazu.
Lawine und Strafrecht: wann?
Zur strafrechtlichen Verantwortung für das Auslösen einer Lawine wurde an die im Rahmen des Projektes geleistete Forschungstätigkeit angeknüpft. Die italienische Regelung ist gegenüber den österreichischen, den deutschen und den Schweizer Bestimmungen die einzige, die eine strafrechtliche Verantwortung bereits bei Vorliegen einer abstrakten Gefährdung einer unbestimmten Anzahl von Personen bejaht. Während dazu allerdings in den letzten Jahren die sog. Lehre des anthropisierten Geländes als Auslegungsmaßstab erarbeitet wurde, die eine angemessene, auch an andere nationale Regelungen angenäherte Interpretation zuließ, hat hier insbesondere eine jüngere Rechtsprechungslinie des italienischen Kassationsgerichtshofs eine erneut strengere Richtung vorgegeben. Gemäß dieser könne das Bestehen einer abstrakten Gefährdung nicht bereits deshalb verneint werden, als es sich dabei um ein nicht-anthropisiertes Gelände handle und sich somit im betroffenen Gebiet keine Skipisten, Straßen oder Ähnliches befänden. Denn auch andere Personen könnten – wie der Lawinenauslöser selbst – in dieses Gebiet vorgedrungen und entsprechend durch die Lawine gefährdet worden sein. Diese Interpretation weicht deutlich von der oben genannten Lehre des anthropisierten Geländes ab, wonach das Vorliegen von Elementen bestehender Anthropisierung im Gefahrenbereich der Lawine durchaus ein valides Kriterium für die Bestimmung darstellt, ob im Einzelfall eine abstrakte Gefährdung gegeben ist oder nicht. Denkt man nun aber die vom italienischen Höchstgericht zuletzt gewählte Argumentationslinie zu Ende, so wird eine abstrakte Gefährdung auch immer dann zu bejahen sein, in denen eine Person eine Lawine in einem weit abgelegenen Gebiet verursacht hat, insofern auch andere Skitourengeher, Schneeschuhwanderer usw. in dieses Gelände vorgedrungen hätten sein können. Nicht zuletzt in Anbetracht dieser Rechtsprechung besteht weiterhin Diskussionsbedarf, um die strafrechtliche Regelung von Lawinenauslösungen in Italien auch unter einem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt angemessen auszugestalten.
Eigenverantwortung am Berg im Rechtsvergleich
Das Thema der Eigenverantwortung wurde unter Berücksichtigung verschiedenster Aspekte diskutiert. In Österreich, Deutschland und der Schweiz ist das Prinzip der Eigenverantwortung im Strafrecht als verantwortungsausschließender bzw. -begrenzender Faktor grundsätzlich anerkannt. Gegenstand der Diskussion sind vorwiegend allein die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um von eigenverantwortlichem Verhalten sprechen zu können.
Die italienische Rechtsordnung zeigt sich nach wie vor zurückhaltend, auch wenn sich Teile der Rechtslehre und der Rechtsprechung dazu immer mehr öffnen. Vor allem auf der Ebene der erstinstanzlichen Gerichte wird häufiger auf die Eigenverantwortung gesetzt, um insbesondere in Fällen, in denen das Unfallopfer wesentlich selbst zum Unfall beigetragen hat, die Verantwortung und somit die Haftung des Dritten ausschließen zu können.
Erfreulich zeigt sich auch die Richtung, die jüngst vom italienischen Gesetzgeber mit der Verabschiedung der Reform der Sicherheit im Wintersport im Jahr 2021 eingeschlagen wurde. An verschiedenen Stellen zeigt sich dabei ein klares Bekenntnis zur rechtlichen Relevanz eigenverantwortlichen Verhaltens am Berg.
Alpinpolizei in Österreich: ein Vorzeigemodell für Italien?
Ein weiteres, rege diskutiertes Thema betraf die Unterschiede zwischen Italien und Österreich in Bezug auf Ermittlungsaktivitäten bei Bergunfällen. So besteht in Österreich eine auf die Aufklärung von Unfällen im alpinen Gebirge spezialisierte Einheit der Gerichtspolizei, die sog. Alpinpolizei. Im italienischen Polizeisystem gibt es keine vergleichbare Einheit. Außer Zweifel stand am Ende der Diskussion dazu die Sinnhaftigkeit und Wichtigkeit, die eine derartige Spezialeinheit für die Beweisermittlung und -erhebung mit sich bringen könnte.
Klimawandel und erhöhtes Restrisiko
Ein sich durch die gesamte Veranstaltung ziehendes Thema waren die mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen der Bergwelt und die damit verbundenen auch zugespitzten Haftungsfragen. Die klimatische Entwicklung wird die Situation am Berg weiter verändern bzw. verschärfen; die bestehenden Gefahren werden zunehmen, das Restrisiko steigen. Dies wird sich unmittelbar auf die rechtliche Analyse von Bergunfällen auswirken. Aktuelle Ereignisse, wie z. B. der Gletscherbruch an der Marmolata, zeigen die leider dramatische Aktualität dieser Thematik.
Resümee und Ausblick
Aus den spannenden Vorträgen und der lebhaften Diskussion mit dem juristischen und technisch-alpinen Fachpublikum konnten wichtige weiterführende Erkenntnisse für die Thematik gewonnen werden. Wesentlich dafür war die sehr konstruktive und positive Stimmung, die den Meinungsaustausch während der gesamten Tagung begleitet und geprägt hatte.
Die im Rahmen der Tagung erzielten Ergebnisse werden gemeinsam mit den zentralen Beiträgen der im März 2022 an der EURAC Research in Bozen organisierten Tagung in einen Tagungsband einfließen und in der ersten Jahreshälfte 2023 veröffentlicht werden. Neben weiterer bereits geleisteter und in unmittelbarer Zukunft anstehender Disseminationstätigkeit soll dies Wissenschaft, Rechtsprechung und Rechtspraxis sowie die Bevölkerung dies- und jenseits des Brenners für die untersuchten Problemfelder und die erzielten neuen Erkenntnisse sensibilisieren. Ziel ist es, eine Risikokultur zu etablieren, die zu mehr Sicherheit in den Bergen beitragen kann.
Projektveranstaltung: "Responsabilità e percezione del rischio negli sport in montagna".
Am 18 November 2022 findet in der "sala filarmonica" in Rovereto eine Projektveranstaltung statt. Die Projektmitarbeiter*innen stellen dabei sowohl die Ergebnisse der im Rahmen des Projekts durchgeführten empirischen Untersuchung als auch das Projekt an sich vor. Die Veranstaltung, welche in Zusammenarbeit mit dem SAT (Società Alpinsti Tridentini) organisiert wurde, richtet sich speziell an Mitglieder der Alpenvereine aber auch an die breite Öffentlichkeit.
Wo: Sala filarmonica, Corso Rosmini 86 Rovereto.
Wann: 20:30 Uhr.
Am 10.-11. November 2022 findet in Innsbruck die Abschlusstagung des Forschungsprojekts „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung“ statt.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wird die in den letzten beiden Jahren geleistete Forschungsarbeit und die dabei erzielten Ergebnisse präsentiert. Außerdem werden aktuelle Themen, wie etwa der tragische Felssturz an der Marmolata, juristisch aufgearbeitet und diskutiert. Im Tagungsblatt weiter unten finden sie alle wichtigen Informationen zu den Vortragenden, den Themen und den Uhrzeiten.
Anmeldungen an: stefan.schwitzer@uibk.ac.at
Lawine & Strafrecht in Italien und Österreich - ELSA - Italian Affairs - Vol. 2: Naturgefahr Berg, Risikomanagement & Verantwortung.
Am 11. Oktober fand der zweite Teil der Vortragsreihe in Zusammenarbeit mit ELSA - Italian Affairs statt.
Programm: Eingangs gab Prof. Margareth Helfer einen Kurzen Einblick in das Forschungsprojekt. Anschließend stellten Mag. Stefan Schwitzer und Elias Beltrami die rechtstheoretischen Aspekte des eigentlichen Veranstaltungsthemas vor: Lawine & Strafrecht. Es wurden sowohl das österreichische als auch das italienische Strafrecht rund um das Thema der fahrlässigen Lawinenauslösung behandelt.
Im nachfolgenden Teil bekamen die Teilnehmer einen spannenden Einblick in die Rechtsprechung zu konkreten Fällen, welche sich im Zusammenhang mit Lawinenunglücken ereignet haben. Während Richter Stefan Tappeiner vom LG Bozen die italienische Strafrechtspraxis zu solchen Sachverhalten vorstellte, präsentierte Richter Norbert Hofer vom LG Innsbruck Lawinenereignisse, welche von österreichischen Gerichten entschieden wurden.
Im Anschluss an die Vorträge waren alle Teilnehmenden herzlich eingeladen Fragen zu stellen. Es ergab sich eine spannende Diskussion rund um das Thema.
Accompagnamento in montagna - Pericoli naturali e responsabilità penale
Am 30. September 2022 findet an der Universität Trient die Veranstaltung "Accompagnamento in montagna - Pericoli naturali e responsabilità penale" statt, bei der verschiedene strafrechtliche Fragestellungen zur Führung von Personen am Berg behandelt und diskutiert werden.
Die im Rahmen des Forschungsprojektes "Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung" von der Universität Trient organisierte Veranstaltung wird in Präsenz abgehalten. Für eine Teilnahme ist eine Anmeldung mittels Online-Formular (s. obigen Link) erforderlich.
Für die Teilnahme an dieser Veranstaltung werden von der Anwaltskammer Trient Nr. 3 Bildungsguthaben zuerkannt.
Unter diesem Link sind die Unterlagen zum Vortrag von Richter Riccardo Crucioli abrufbar: L'accompagnamento in montagna - le ordinanze.
Save the Date!
Am 10.-11. November 2022 findet in Innsbruck die Abschlusstagung des Forschungsprojekts „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung“ statt.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wird die in den letzten beiden Jahren geleistete Forschungsarbeit und die dabei erzielten Ergebnisse präsentiert. Außerdem werden aktuelle Themen, wie etwa der tragische Felssturz an der Marmolata, juristisch aufgearbeitet und diskutiert.
Anmeldungen an: stefan.schwitzer@uibk.ac.at
Weitere Informationen folgen.
Workshop in Sexten mit externen Stakeholdern
Am 25. Mai fand in Sexten ein von der EURAC Research organisierter Workshop statt. Anlass dieser Veranstaltung war der Informationsaustausch mit externen Stakeholdern, unter diesen sich u.a. Mitglieder der Bergrettungsdienste, Vertreter der Tourismusvereine, Bergführer und der Vizebürgermeister von Sexten, Christoph Anton Rainer befanden.
Bei den einleitenden Vorträgen stellten Margareth Helfer (Projektleiterin) und Stefan Schwitzer das Projekt kurz vor und schilderten die rechtlich relevanten Fragestellungen rund um das Projektthema.
Im Anschluss daran präsentierten Fabio Carnelli und Silvia Cocuccioni die Ergebnisse der empirischen Untersuchung vom Sommer/Herbst 2021. Hauptaugenmerk lag hierbei auf den im Raum Sexten durchgeführten Interviews. Als besonders interessant stellte sich der anschließende Vergleich zwischen den Ergebnissen der Interviews und des Online-Fragebogens heraus.
Durch den im Rahmen dieser Veranstaltung stattgefundenen Austausch mit den externen Stakeholdern konnten wichtige Erkenntnisse erzielt werden, die es nun gilt in die weitere Projekttätigkeit einzubauen.
Bericht zur Tagung „Naturgefahren, Risikowahrnehmung und strafrechtliche Haftungsfragen am Berg“ - 17.-18.03.2022 in Bozen
Am 17.-18.03.2022 fand an der EURAC Research in Bozen die Tagung „Naturgefahren, Risikowahrnehmung und strafrechtliche Haftungsfragen am Berg“ statt. Organisiert wurde diese Veranstaltung von der Universität Innsbruck im Rahmen des EUREGIO- Forschungsprojekts „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung“, das von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol - Abteilung Innovation, Forschung, Universität und Museen über die Ausschreibung „Research Südtirol/Alto Adige 2019“ gefördert wird. Projektpartner sind, neben zahlreichen technischen Partnern, die Universitäten Innsbruck, Bozen und Trient sowie das Forschungszentrum EURAC Research.
Gegenstand der Tagung waren einerseits die Themen Naturgefahren, Verhalten im alpinen Gelände und Risikowahrnehmung bei Ausübung sportlicher Aktivitäten am Berg, andererseits die Untersuchung strafrechtlicher Haftungsfragen, die bei Bergunfällen auch und v.a. in Bezug auf diese Themen auftreten. Zentral ist dabei insbesondere die Frage, ob ein eigenverantwortliches Verhalten des verunglückten Bergsportlers zu einem Ausschluss strafrechtlicher Verantwortlichkeit von etwaigen Dritten führen kann.
Die rege Teilnahme vor Ort und über Online-Streaming zeigten, wie aktuell und brisant das Thema ist. Unter den Teilnehmer*innen befanden sich insbesondere Rechtsanwälte, Alpinisten, Geologen und Ingenieure aus dem In- und Ausland, sowie schließlich zahlreiche Bergbegeisterte. Es zeigt sich, dass Haftungsfragen am Berg längst nicht mehr nur ein in juristischen Fachkreisen diskutiertes Thema sind, sondern das Thema auch von ganz allgemeinem Interesse ist.
Der erste Tagungstag war technisch-alpinistischen und juristischen Inhalten gewidmet. Vertreter*innen verschiedener Organisationen und Projektpartner setzten sich mit den Gefahren am Berg in den verschiedensten Situationen auseinander und schilderten dabei Erfahrungen aus erster Hand. Im Zuge der am Runden Tisch stattfindenden Diskussion wurden schließlich zentrale Aspekte der Risikowahrnehmung aus den verschiedensten Blickwinkeln genauer diskutiert, auch anhand spannender Fälle aus der Rechtspraxis und im grenzüberschreitenden Kontext.
Wesentlicher Bestandteil des ersten Tagungstages war darüber hinaus die Vorstellung erster Ergebnisse einer im Sommer/Herbst 2021 immer im Rahmen des Projekts durchgeführten empirischen Untersuchung zur Risikowahrnehmung am Berg. An den Umfragen, von denen eine vor Ort im Raum Sexten (Südtirol) und die andere mittels Online-Fragebogen im EUREGIO-Raum durchgeführt wurde, nahmen insgesamt knapp 4.000 Personen teil. Diese kombinierte Untersuchung ist von grundlegender Bedeutung, da sie direkt auf das Verhalten und die Entscheidungsprozesse von Personen bei Ausübung von Bergsportaktivitäten abzielt und als solche eine rechtlich präzisere Analyse von Unfällen am Berg ermöglicht.
Am zweiten Tag dominierten juristische und rechtsvergleichende Fragestellungen. Insbesondere wurde das Thema der Eigenverantwortung und der möglichen Einordnung des eigenverantwortlichen Verhaltens der verletzten Person im Strafrechtsaufbau analysiert. In der österreichischen Rechtslehre und Rechtsprechung ist das Prinzip der Eigenverantwortung (auch Autonomieprinzip genannt) als Strafausschließungsgrund mehrheitlich anerkannt. Die Diskussion beschränkt sich daher in erster Linie auf die Voraussetzungen bzw. die Grenzen der Anwendbarkeit dieses Prinzips. In Italien ist man davon aktuell noch relativ weit entfernt, wenn sich auch gerade in den letzten Jahren zeigt, dass das Prinzip der Eigenverantwortung von einem Teil der Rechtslehre und in einzelnen Gerichtsentscheidungen durchaus anerkannt wird und dessen vermehrte Berücksichtigung fordert. In diesem Zusammenhang wichtig zu erwähnen ist, dass die bislang zögerliche Haltung Italiens sich dadurch erklären lässt, dass diese einerseits auf den unterschiedlichen Aufbau der Strafrechtssysteme im deutsch- und italienischen Rechtsraum zurückzuführen ist. Andererseits resultiert das Bestehen teils gegensätzlicher Meinungen zum Thema in einer Unsicherheit über die korrekte dogmatische Einordnung des Eigenverantwortlichkeitsprinzips im italienischen Strafrecht.
Wie sich im Zuge der Tagung gezeigt hat, ist gerade der interdisziplinäre Austausch zur Haftung am Berg sehr interessant und insbesondere lohnend für die weitere Projektarbeit mit Abschluss Ende 2022, in die auch die Datenauswertung der Umfragen und deren rechtliche Einordnung fallen wird. Die Komplexität der Risikowahrnehmung im alpinen Raum bleibt dabei zentrales Thema. Denn wie sowohl in den gehaltenen Vorträgen als auch in den stattgefundenen Diskussionen hervorgehoben wurde, hängt diese von einer Reihe von Variablen ab (wie z.B. der Persönlichkeit, der Ausbildung und der Erfahrung des Bergsteigers oder etwa auch davon, ob der sport einzeln oder in der Gruppe ausgeübt wird). Darüber hinaus scheinen die im Rahmen der empirischen Untersuchung erhobenen Daten darauf hinzudeuten, dass Unterschiede in der Risikowahrnehmung vor Ort (während der sportlichen Betätigung) und jener außerhalb des spezifischen Kontextes der Ausübung einer bestimmten sportart (z.B. zu Hause bei der Planung einer Wanderung usw.) bestehen. All dies ist einerseits aus rechtlicher Sicht von grundlegender Bedeutung, denn nur unter Bezugnahme auf die tatsächlich bestehende Risikowahrnehmung kann ein Bergunfall rechtlich korrekt eingeordnet und bewertet werden. Andererseits ist es auch aus praktischer Sicht wichtig zu verstehen, wie das Risiko bei Ausübung von sportlichen Aktivitäten am Berg wahrgenommen wird, um daran anknüpfend auch die Art der Information und Aufklärung über Risiken noch effizienter zu machen. Gerade das Wissen um Wahrnehmungsverzerrungen vor Ort ist wichtig, um hier anzusetzen und präventiv tätig zu werden, um noch gezielter die Sicherheit am Berg zu erhöhen und Bergunfälle weiter zu verringern.
Die Gesamtanalyse der erhobenen Daten und die daraus erzielten abschließenden Forschungsergebnisse werden im Herbst auf der Abschlusstagung des Forschungsprojekts am 10.-11.11.2022 an der Universität Innsbruck vorgestellt werden.
Hier zur Aufzeichnung der Tagung:
https://www.youtube.com/watch?v=pqBvHCgSes8
https://www.youtube.com/watch?v=xeXQCg7XX74
Workshops mit praxiserfahrenen Experten
Am 3. März 2022 fanden zwei online-Workshops mit Projektpartnern und weiteren praxiserfahrenen Experten statt.
Gegenstand des Zusammentreffens war die Vorbereitung der Tagung: „Naturgefahren, Risikowahrnehmung und strafrechtliche Haftungsfragen am Berg“, welche vom 17.-18. März in der EURAC Bozen stattfinden wird.
Aufgrund der vielen Teilnehmer aus unterschiedlichen Ländern wurden zwei Workshops abgehalten. Neben den internen Projektpartnern nahmen folgende Experten teil: Michael Larcher (ÖAV); Giovanni Galatà (SAT); Peter Warasin (AVS); Ernst Winkler (Bergrettung Südtirol AVS); Thomas Mair (Bergrettung Südtirol AVS); Volkmar Mair (Amt für Geologie und Materialprüfung der Autonomen Provinz Bozen); Igor Chiambretti (AINEVA); Willigis Gallmetzer (Agentur für Bevölkerungsschutz der Autonomen Provinz Bozen); Carlo Ancona (ehemaliger Richter am Landesgericht Trient); Klaus Schwaighofer (Institut für Strafrecht Universität Innsbruck).
Konkret wurden den Teilnehmern die ersten Ergebnisse des Fragebogens zur Risikowahrnehmung am Berg vorgestellt, welcher letzten Herbst durchgeführt wurde. Durch die langjährige Erfahrung der teilnehmenden Experten konnten die erhobenen Daten aus einer praxisnahen Perspektive betrachtet werden. Die anschließende Diskussion ergab deshalb wichtige Impulse für die finale Auswertung der Ergebnisse, die bei der Tagung vorgestellt werden sollen.
Tagung: Naturgefahren, Risikowahrnehmung und strafrechtliche Haftungsfragen am Berg
Am 17.-18. März 2022 findet an der EURAC Research in Bozen die im Rahmen des Forschungsprojektes „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung“ vom Institut für Italienisches Recht an der Universität Innsbruck (Leadpartner des Projektes) organisierte Tagung zu den Themen Naturgefahren, Sicherheit und Risikowahrnehmung bei der Ausübung sportlicher Aktivitäten am Berg statt.
Bei dieser Veranstaltung werden die Ergebnisse einer letzten Herbst durchgeführten Umfrage vorgestellt und diese einer ersten rechtlichen Einordnung unterzogen. Außerdem werden verschiedene, bei Bergunfällen auftretende rechtliche Fragestellungen behandelt und diskutiert. Neben der Teilnahme in Präsenz kann die Tagung auch per Streaming mitverfolgt werden.
Einschreibung für die Teilnahme in Präsenz bis 14.03.2022 mit E-Mail an Stefan.Schwitzer@uibk.ac.at
Anmeldung zum online-Streaming unter folgendem Link:
https://scientificnet.zoom.us/webinar/register/WN_wEBah593S5KuWTx6Bf7_PA
Vortragsreihe ELSA Innsbruck - Italian Affairs - Vol. 1: Naturgefahr Berg, Risikomanagement & Verantwortung
Am 15. Juni 2021 fand eine von ELSA Innsbruck - Italian Affairs organisierte Veranstaltung zum Projekt „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung“ statt.
Prof. Margareth Helfer und Mag. Stefan Schwitzer stellten den Teilnehmer*innen dieses Forschungsprojekt näher dar. Neben den Eckdaten zum Projekt wurden insbesondere Grund, zentrale Inhalte und Ziele dargelegt. Darüber hinaus wurde die bereits getätigte Forschungsarbeit sowie anstehende nächste Arbeitsschritte geschildert.
Im Anschluss an die Präsentation hatten die Veranstaltungsteilnehmer*innen die Möglichkeit, Fragen an die Vortragenden zu stellen und mit diesen diverse Aspekte betreffend das Forschungsprojekt zu diskutieren. Dabei wurden mehrere spannende Fragen strafrechtlicher Verantwortung und zivilrechtlicher Haftung bei Bergunfällen aufgeworfen und anhand konkreter Fallbeispiele näher ausgeführt.
Eine Frage wurde zum tragischen Unfall am Lago Maggiore gestellt. Im Zuge der Diskussion konnte eine erste strafrechtliche Einordnung der problematischen Aspekte erfolgen. Darauf hingewiesen wurde schließlich, dass es sich um ein laufendes Verfahren handle und die Entscheidung der Richter abzuwarten sei. Es bleibe spannend den Strafprozess weiter zu verfolgen.
Im Herbst ist eine weitere Veranstaltung von ELSA Innsbruck - IA geplant. Dabei wird wiederum auf das Thema Naturgefahr Berg eingegangen. Im Vordergrund wird dabei die Diskussion konkreter Fälle und der unterschiedlichen rechtlichen Ansätze zur Bewertung der strafrechtlichen Haftung stehen.
Workshop zur Rechtsprechung im Bereich strafrechtliche Verantwortung am Berg
Am 11. Juni 2021 fand im Rahmen des Projekts M_Risk ein Workshop über die Rechtsprechung zur strafrechtlichen Verantwortung am Berg statt. Neben den Projektmitarbeitern der Universität Innsbruck, der Freien Universität Bozen und der Universität Trient nahmen an dieser Veranstaltung zudem Experten aus der italienischen Rechtsprechung teil. Konkret wurden Carlo Busato (Präsident der Strafsektion des LG Bozen), Stefan Tappeiner (Richter am LG Bozen) und Carlo Ancona (ehemaliger Richter am LG Trient) eingeladen.
Aufgrund der eingetretenen Besserung der epidemiologischen Situation konnte der Workshop in hybrider Form abgehalten werden: Einige Teilnehmer konnten in Innsbruck zusammentreffen, andere wurden telematisch zugeschaltet. Gegenstand dieser Veranstaltung, die von Margareth Helfer (Projektleiterin) moderiert wurde, war eine Diskussion über verschiedene Aspekte zur Thematik der Eigenverantwortung im Strafrecht und zur Rechtsprechungstätigkeit bei Bergunfällen. Stefania Rossi trug über die strafrechtliche Relevanz eigenverantwortlichen Handelns bei Bergunfällen, Matteo Leonida Mattheudakis über die Eigenverantwortung des Opfers in anderen Bereichen (wie z. B. im Straßenverkehr) und schließlich Stefan Schwitzer und Elias Beltrami über das eigenverantwortliche Handeln des Opfers im Strafrecht aus einer rechtsvergleichenden Perspektive unter Heranziehung der italienischen, österreichischen und deutschen Rechtsordnung vor.
Anschließend folgten Beiträge der einzelnen Richter, die dabei ihre beruflichen und persönlichen Erfahrungen in die Diskussion einbrachten. Der Workshop wurde mit Beiträgen von Alessandro Melchionda (Projektkoordinator für die Universität Trient), Kolis Summerer (Projektkoordinatorin für die Freie Universität Bozen) und Domenico Rosani (Mitglied Projektteam der Universität Innsbruck).
Dieser impulsreiche und überaus interessante Austausch mit den Richtern konnte wertvolle Denkanstöße für die zukünftige Projektarbeit liefern. Aufgrund des einschlägigen Erfolges dieser Veranstaltung ist im Laufe des Projektes ein weiterer Workshop mit Vertretern aus der Rechtsprechung geplant. Bei diesem wird man dann bereits die Gelegenheit haben, erste Ergebnisse aus der empirischen Projektforschung in die rechtliche Analyse miteinfließen zu lassen.
Videokonferenz mit der Euregio-Arbeitsgruppe Fit4Co
Am 4. März 2021 fand ein Treffen mit der Euregio-Arbeitsgruppe Fit4Co statt, die auf Verwaltungsebene an verschiedenen Initiativen arbeitet, um ein bewusstes Verhalten in den Bergen zu fördern und u. a. dadurch mehr Sicherheit am Berg zu erreichen. So wird derzeit an einer Sensibilisierung der Gesellschaft in Bezug auf Eigenverantwortung und sozialen Medien, insbesondere den teils gefährlichen Auswirkungen von Posts gearbeitet.
Bei diesem Treffen wurde der Euregio-Arbeitsgruppe das Forschungsprojekt M_Risk vorgestellt und die bereits durchgeführte Projektarbeit sowie die nächsten Schritte dargelegt. Anschließend fand ein sehr spannender Austausch statt, im Rahmen welchem Erfahrungen geteilt sowie beidseitiges Interesse für eine zukünftige Zusammenarbeit geäußert wurde.
Kick-off-Veranstaltung zum Forschungsprojekt "Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung"
Am Donnerstag, den 19. November 2020 fand die Kick-off-Veranstaltung des Forschungsprojektes „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung“ statt. Aufgrund der epidemiologisch angespannten Situation und der dadurch ergriffenen Maßnahmen musste die Veranstaltung telematisch abgehalten werden.
Die Kick-off-Veranstaltung wurde mit einer kurzen Vorstellungsrunde begonnen. Die einzelnen Projektpartner und -mitarbeiter stellten sich vor und legten kurz ihre Erwartungen zum Projekt dar.
Anschließend führte Prof. Helfer, Projektleiterin, in das Projekt ein. In ihrer Präsentation legte sie den Forschungsgegenstand, dessen rechtliche und soziale Relevanz sowie die Ziele des Projektes dar.
Im Anschluss daran stellte Mag. Rosani, Projektmitarbeiter, den Zeitplan des Projektes und die einzelnen Arbeitsmodule vor.
Es folgte eine Diskussions- und Feedbackrunde, im Laufe derer einzelne wesentliche Aspekte des Forschungsprojektes angeschnitten und besprochen wurden. Die bereits dadurch gewonnen Impulse werden in die Forschungstätigkeit einfließen. Eine nähere Auseinandersetzung damit lässt innovative Erkenntnisse zum Projektgegenstand erwarten.