Mitteilungsblatt (22. Stück)
Studienjahr 2021/2022
Ausgegeben am 23. Februar 2022
22. Stück
Inhalt
296. Curriculum für den Universitätslehrgang Angewandte Ethik an der Universität Innsbruck
Anlage zum Mitteilungsblatt der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck vom 23.02.2022, 22. Stück, Nr. 296
Beschluss der Curriculum-Kommission an der Katholisch-Theologischen Fakultät vom 17.01.2022, genehmigt mit Beschluss des Senats vom 20.01.2022:
Aufgrund des § 25 Abs. 1 Z 10a und 11 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, idgF, und des § 38 Satzungsteil „Studienrechtliche Bestimmungen“, wiederverlautbart im Mitteilungsblatt der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck vom 3. Februar 2006, 16. Stück, Nr. 90, idgF, wird verordnet:
Curriculum für den Universitätslehrgang
Angewandte Ethik
an der Universität Innsbruck
§ 1 Qualifikationsprofil
(1) Der Universitätslehrgang (ULG) „Angewandte Ethik“ dient der Grundausbildung in Ethik sowie der anwendungsorientierten Vermittlung ethischer Kenntnisse und Kompetenzen in den Qualifikationsbereichen in einem der beiden Aufbaumodule zur angewandten Ethik: Nachhaltigkeit, Umweltethik und Tierethik bzw. Bioethik, Medizinethik und Pflegeethik.
(2) Der ULG bietet eine wissenschaftlich fundierte Ergänzung der Berufsvorbildung und eine berufliche Zusatzqualifikation in Philosophie mit Schwerpunkt Ethik.
(3) Die Absolventinnen und Absolventen
- haben fundierte wissenschaftliche und praxisrelevante Kenntnisse im Bereich der Ethik,
- haben Reflexions- und Informationskompetenz im ethischen Argumentieren und in systematisierten Formen der ethischen Entscheidungsfindung,
- sind fähig, in wissenschaftlich und argumentativ vertretbarer Form ihren eigenen Standpunkt in kritischer Konfrontation mit unterschiedlichen Positionen zu begründen und darzulegen,
haben bei Wahl von Modul A ein vertieftes Wissen im Bereich der Ethik der Nachhaltigkeit, Umweltethik und Tierethik,
- haben bei Wahl von Modul B ein vertieftes Wissen im Bereich der Bioethik, Medizinethik und Pflegeethik,
- haben die Kompetenz zu ethisch orientierter Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
§ 2 Umfang, Dauer und Struktur
(1) Der ULG dauert zwei Semester, umfasst 19 Semesterstunden (SSt) bei 30 ECTS-Anrechnungspunkten (ECTS-AP) und gliedert sich in ein verpflichtendes Grundmodul sowie in ein zu wählendes Aufbaumodul A oder B.
(2) Das Grundmodul „Grundlagen der Ethik“ umfasst 10 SSt/15 ECTS-AP.
(3) Das Aufbaumodul A „Qualifizierungsbereiche Ethik der Nachhaltigkeit, Umweltethik, Tierethik“ und das Aufbaumodul B „Qualifizierungsbereiche Bioethik, Medizinethik, Pflegeethik“ umfassen jeweils 9 SSt/15 ECTS-AP.
(4) Der ULG wird von der Universität Innsbruck (LFU) sowie von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen (PTH) in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen (FUB) durchgeführt. Die Lehrveranstaltungen finden an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen statt.
§ 3 Zulassung und Aufnahme
(1) Die Zulassung zum ULG setzt ein abgeschlossenes oder laufendes Diplomstudium, Bachelorstudium oder anderes Studium an einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung, die Reifeprüfung bzw. ein internationales Äquivalent oder eine Berufsausbildung mit nachgewiesener mindestens dreijähriger Berufserfahrung, bevorzugt in einem der Qualifikationsbereiche der beiden Aufbaumodule, voraus.
(2) Über die Aufnahme in den ULG entscheidet die Leiterin oder der Leiter des ULG nach fachlicher Eignung sowie ausgewogener Zusammensetzung der Gruppe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Informationen über die Modalitäten der Bewerbung und das Auswahlverfahren werden auf der Homepage der Universität Innsbruck veröffentlicht.
(3) Personen, die in den ULG aufgenommen wurden und die Lehrgangsgebühr entrichtet haben, werden vom Rektorat der Universität Innsbruck als außerordentliche Studierende zugelassen.
(4) Bis zu 15 Studierende der Freien Universität Bozen können im Sinne des Rahmenabkommens zwischen der Freien Universität Bozen, dem Konservatorium Claudio Monteverdi und der PTH Brixen vom 07.04.2014 ausgewählte Lehrveranstaltungen im Umfang bis zu maximal 12 ECTSAP als Wahlfach belegen und entrichten dafür keine Lehrgangsgebühren. Die Auswahl der Studierenden erfolgt durch die Lehrgangsleitung. Die Auswahl der Lehrveranstaltungen erfolgt zu Beginn des ULG im Einvernehmen mit der Lehrgangsleitung.
§ 4 Lehrveranstaltungsarten
1. Vorlesungen verbunden mit Übungen (VU) dienen zur praktischen Bearbeitung konkreter Aufgaben eines Fachgebiets, die sich im Rahmen des Vorlesungsteils stellen. Teilungsziffer: 50
2. Übungen (UE) dienen zur praktischen Bearbeitung konkreter wissenschaftlicher Aufgaben eines Fachgebiets. Teilungsziffer: 50
3. Seminare (SE) dienen zur vertiefenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung im Rahmen der Präsentation und Diskussion von Beiträgen seitens der Teilnehmenden. Teilungsziffer: 20
4. Exkursionen (EX) tragen außerhalb der Universität und ihrer Einrichtungen zur Veranschaulichung und Vertiefung der Studieninhalte bei. Teilungsziffer: 20
§ 5 Pflicht- und Wahlmodule
(1) Es ist folgendes Pflichtmodul im Ausmaß von insgesamt 15 ECTS-AP zu absolvieren:
1. |
Pflichtmodul: Grundlagen der Ethik |
SSt |
ECTS-AP |
Lehrende der |
a. |
VU Methodologie Einführung in die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens und Schreibens, Grundlagen der Argumentationsanalyse und Entscheidungsfindung, besonders im Bereich der Ethik |
1 |
1,5 |
LFU |
b. |
VU Grundbegriffe und Grundpositionen der Ethik Einführung in die wichtigsten Moral- und normativen Theorien wie Utilitarismus, Gesinnungsethik, Deontologie, Teleologie, Tugendethik, Situationsethik und andere, Analyse der klassischen Positionen und Argumentationsfiguren in der Ethik sowie der gängigsten Ansätze in der angewandten Ethik |
2 |
3 |
PTH |
c. |
VU Ethik und Anthropologie Einführung in Hauptfragen der philosophischen Anthropologie (Was/Wer ist der Mensch? Leib-Seele-Problem, Freiheits- und Willenskonzepte, Geschlechtlichkeit und andere), die allgemeine Bedingungen für das Verständnis ethischen Handelns thematisieren |
2 |
3 |
LFU |
d. |
VU Ethik im Spannungsfeld von Moral, Politik und Recht Darstellung und Analyse der historischen, sozialen, kulturellen und psychologischen Bedingtheit von Moralität sowie des Verhältnisses von Moral und Recht; Einführung in die Menschenrechte, Konzepte der Menschenwürde und Positionen des rechtsethischen Diskurses; Analyse wichtiger rechtlicher Dokumente, etwa des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin („Oviedo-Konvention“) sowie der Allgemeinen Erklärung über Bioethik und Menschenrechte der UNESCO |
2 |
3 |
PTH |
e. |
VU Ethik im Spannungsfeld von Religionen und Kulturen Analyse ethischer Gehalte wichtiger Religionen, ihrer Bedeutung für die säkulare Ethik in einem weltanschaulich und kulturell pluralen Kontext sowie ihrer Konflikt- und Friedenspotenziale; Einführung in unterschiedliche friedensethische Ansätze sowie das Projekt Ethos der Weltreligionen |
2 |
3 |
PTH |
f. |
UE Kommentierte Lektüre klassischer Texte der Moralphilosophie Hinführung zur eigenständigen Lektüre und sachgerechten Interpretation klassischer Texte der Moralphilosophie |
1 |
1,5 |
PTH |
|
Summe |
10 |
15 |
|
|
Lernziel des Moduls: Die Studierenden können ethisch relevante Fragestellungen identifizieren und mit ihrem erworbenen philosophischen Grundwissen über Ethik und philosophische Anthropologie verknüpfen. Sie erkennen mögliche Einflüsse kultureller und rechtlicher Kontextbedingungen sowie religiöser und sonstiger Hintergrundüberzeugungen auf die moralische und ethische Urteilsbildung. Sie haben die Kompetenz zur methodengeleiteten Auslegung klassischer Texte der Moralphilosophie und zur sachgerechten Anwendung neuerer normativer Dokumente. |
|||
|
Anmeldungsvoraussetzung/en: keine |
(2) Es ist eines der beiden Wahlmodule im Ausmaß von insgesamt 15 ECTS-AP zu absolvieren:
1. |
Wahlmodul: Nachhaltigkeit, Umweltethik, Tierethik |
SSt |
ECTS-AP |
Lehrende der |
a. |
VU Nachhaltigkeit Überblick über Konzepte und Modelle von Nachhaltigkeit als übergeordnetem Prinzip, welches soziale, ökologische und wirtschaftliche Erfordernisse auf lokaler, nationaler und globaler Ebene in eine Gesamtperspektive integriert; Einblick in die inhaltliche und existentielle Bedeutung des Prinzips der Nachhaltigkeit für ein verantwortungsvolles Handeln auf wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Ebene; Einführung in die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der Agenda 2030, besonders in den Bereichen von land- und forstwirtschaftlichen Nutzungssystemen, bei der Produktion und beim Konsum von Nahrungsmitteln; Ansätze der Erziehung zur Nachhaltigkeit |
2 |
3 |
LFU |
b. |
VU Umweltethik Einführung in Hauptpositionen im Bereich Umweltethik und Naturschutz unter Berücksichtigung verschiedener deskriptiver und normativer Verständnisse von „Natur“, „Biodiversität“ und „Artenschutz“; Eigenarten und Eigengesetzlichkeiten von Wildnis und landwirtschaftlichen Kulturräumen; Hauptaspekte von Klimaerwärmung und Umweltgerechtigkeit; ethische Implikationen von menschlichen Eingriffen in die ökologischen Zusammenhänge sowie von Natur- und Artenschutz; Spannungen zwischen Artenschutz und Habitatpflege sowie zwischen Arten- und Individualschutz in den Bereichen Fischerei, Jagd und Forstwirtschaft |
2 |
3 |
PTH |
c. |
VU Tierethik Einführung in verschiedene tierethische Ansätze und Positionen im Spannungsfeld zwischen Tierrecht, Tierschutz und menschlichen Interessen; Analyse tierethischer Problemstellungen in der Landwirtschaft, in der haus- und Heimtierhaltung, im Jagdwesen und in der Fischerei; spezielle ethische und rechtliche Aspekte hinsichtlich des Tierschutzes, u. a. im Bereich der Forschung an Tieren; Konsumethik und ihre Bedeutung für eine an Tiergesundheit und -wohlbefinden orientierte Landwirtschaft |
2 |
3 |
PTH |
d. |
EX Besuch eines ausgewählten Projekts in Südtirol Kritische Auseinandersetzung mit der Praxisrelevanz der behandelten Lehrinhalte anhand eines ausgewählten Projektes (z. B. Best-Practice-Beispiele; Umweltprojekte; Projekt Dolomiten UNESCO des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz u. a. gegen „Overtourism“ in den Dolomiten), Verfassung eines wissenschaftlichen Reflexionsberichts im Umfang einer Seminararbeit |
1 |
2 |
PTH |
e. |
SE Lektüreseminar Wahlmodul 1 Hinführung zur Analyse, sachgerechten Einordnung und eigenständigen kritischen Beurteilung unterschiedlicher Zugänge zu ethischen Fragestellungen und unterschiedlicher ethischer Positionen anhand klassischer und neuerer Texte aus den jeweiligen Qualifikationsbereichen |
2 |
4 |
LFU |
|
Summe |
9 |
15 |
|
|
Lernziel des Moduls: Die Studierenden kennen zentrale Begriffe und wichtige Positionen der Tier- und Umweltethik sowie die verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeitsproblematik. Sie können dieses Wissen auf praktische Kontexte und Problemstellungen anwenden und begründete Vorschläge zur verantwortbaren wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsfindung und zur individuellen Lebensgestaltung entwickeln. |
|||
|
Anmeldungsvoraussetzung/en: positive Beurteilung des Pflichtmoduls 1 |
2. |
Wahlmodul: Bioethik, Medizinethik, Pflegeethik |
SSt |
ECTS-AP |
Lehrende der |
a. |
VU Bioethik Überblick über die Grundfragen und Problemfelder der Ethik der Medizin, des Gesundheitswesens und der Lebenswissenschaften; vertiefende Auseinandersetzung mit ausgewählten ethischen Fragen am Lebensbeginn (künstliche Befruchtung, Präimplantationsdiagnostik, Pränataldiagnostik, Abtreibung) und am Lebensende (Sterbehilfe, assistierter Suizid, Palliativmedizin, Organspende u. a.) |
2 |
3 |
LFU |
b. |
VU Medizinethik Einführung in die wichtigsten medizinethischen Fragestellungen, die ethische Dimension ärztlichen Handelns und die prinzipienorientierte Medizinethik („principlism“); vertiefende Auseinandersetzung mit Problemfeldern wie Arzt-Patienten-Verhältnis, Advance Care Planning, Patientenverfügung, Allokation im Gesundheitswesen, Gen-Ethik; konkrete Modelle der klinischen Ethikberatung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen |
2 |
3 |
LFU |
c. |
VU Pflegeethik Vertiefende Fragestellungen des Menschenbildes und der Ethik, die im Bereich relevant werden: Verständnis von Gesundheit und Krankheit, Autonomie und Verlust von Autonomie, insbesondere unter Berücksichtigung von Genderaspekten, Palliative Care, Hospiz, Spiritual Care, Sterbebegleitung, Implementierung ethischer Reflexion in Medizin- und Pflegeinstitutionen |
2 |
3 |
PTH |
d. |
EX Besuch eines ausgewählten Projekts in Südtirol Kritische Auseinandersetzung mit der Praxisrelevanz der behandelten Lehrinhalte anhand eines ausgewählten Projektes (z. B. EURAC Research CHRIS-Studie/Cooperative Health Research in South Tyrol – Kooperative Gesundheitsforschung in Südtirol), Verfassung eines wissenschaftlichen Reflexionsberichts im Umfang einer Seminararbeit |
1 |
2 |
PTH |
e. |
SE Lektüreseminar Wahlmodul 2 Hinführung zur Analyse, sachgerechten Einordnung und eigenständigen kritischen Beurteilung unterschiedlicher Zugänge zu ethischen Fragestellungen und unterschiedlicher ethischer Positionen anhand klassischer und neuerer Texte aus den jeweiligen Qualifikationsbereichen |
2 |
4 |
LFU |
|
Summe |
9 |
15 |
|
|
Lernziel des Moduls: Die Studierenden erkennen die mögliche ethische Relevanz von Arbeitsabläufen, Umfeldbedingungen und Entscheidungen im Bereich des Gesundheits- und Pflegewesens. Sie können aufgrund ihres Wissens um wichtige Problemstellungen, Begriffe und Positionen der Bio-, Medizin- und Pflegeethik und um die Zusammenhänge von Fragen des Menschenbildes mit ethischen Fragen begründete Entscheidungs- und Gestaltungsvorschläge entwickeln. |
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Anmeldungsvoraussetzung/en: positive Beurteilung des Pflichtmoduls 1 |
§ 6 Prüfungsordnung
(1) Jedes Modul wird durch die positive Beurteilung der einzelnen Lehrveranstaltungen in Form von Lehrveranstaltungsprüfungen abgeschlossen.
(2) Die Leiterinnen und Leiter der Lehrveranstaltungen haben vor Beginn jedes Semesters die Studierenden in geeigneter Weise über die Ziele, die Inhalte und die Methoden ihrer Lehrveranstaltungen sowie über die Inhalte, die Methoden, die Beurteilungskriterien und die Beurteilungsmaßstäbe der Lehrveranstaltungsprüfungen zu informieren.
§ 7 Abschlusszeugnis
Nach erfolgreichem Abschluss wird den Absolventinnen und Absolventen des Universitätslehrgangs ein Abschlusszeugnis ausgestellt.
§ 8 Inkrafttreten
Dieses Curriculum tritt mit 1. Oktober 2022 in Kraft.
Für die Curriculum-Kommission
Ao. Univ.-Prof. Dr. Dr. Winfried Löffler
Für den Senat:
Univ.-Prof. Mag. Dr. Walter Obwexer