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Mit den folgenden Überlegungen versuche ich, einige Charakteristika eines Theologietyps herauszuarbeiten, der sich als "dramatische Theologie" bezeichnen läßt. Dabei geht es auch darum, die theologische Verwendung des Begriffs "dramatisch" zu erklären und - insbesondere gegenüber der Literatur- und Dramenwissenschaft - zu rechtfertigen. Da ich Theologe ohne literaturwissenschaftliche Fachausbildung bin, ist dieses Unternehmen riskant. Ich wage es trotzdem, weil ich glaube, daß es zwischen theologischer Methodenreflexion und Dramentheorie wichtige Verbindungslinien gibt, die im Grenzland zwischen Theologie und Literaturwissenschaft, welches nun zunehmend erkundet wird, noch weitgehend unerforscht sind. (1) Wenn mir auch die umfassende Kompetenz für eine solche Landerschließung fehlt, so hoffe ich doch, auf die Fruchtbarkeit einer solchen Aufgabe für beide Seiten, für Theologie und Literaturwissenschaften, aufmerksam machen zu können.
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Ich unternehme diesen Versuch in drei Schritten. Erstens stelle ich in einem Überblick einige neuere Entwürfe systematischer Theologie vor, die sich als "dramatisch" bezeichnen. Zweitens versuche ich exemplarisch einige Merkmale dramatischer Theologie zu erschließen. Drittens untersuche ich, ob diese Charakteristika eine Gemeinsamkeit mit dem literarischen Drama (exemplarisch: mit der griechischen Tragödie) aufweisen und solcherart die Rede von einer "dramatischen Theologie" gegenüber den Literaturwissenschaften rechtfertigen.
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Als dramatische Theologie können drei repräsentative Entwürfe aus drei Konfessionen genannt werden: die Theologie des reformierten Karl Barth, des lutherischen Gustav Aulén und des katholischen Hans Urs von Balthasar.(2) Das Grundanliegen einer dramatischen Theologie läßt sich gut aus einer Gegenreaktion auf die liberal-aufgeklärte Theologie begreifen. Deshalb soll der Einstieg durch einen Blick auf die ausdrücklich undramatische Theologie in Adolf von Harnacks "Wesen des Christentums" erfolgen. (3) Harnack läßt sich in diesem populärwissenschaftlich ausgerichteten, um die Jahrhundertwende erschienen Büchlein von der Frage herausfordern, wie Jesus und seine Verkündigung angesichts ihrer historischen Entfernung und Relativität eine aktuelle Relevanz für den modernen Menschen behalten können. Er löst dieses Problem, indem er in einem scharfen Schnitt den bleibenden Kern von der zeitbedingten Schale trennt.(4) So ist für ihn Jesu Reich-Gottes-Verkündigung zwar von harten Spannungen geprägt, die er durchwegs als dramatisch bezeichnet: den Kampf zwischen Gottesreich und Weltreich, den Sieg Gottes und den Untergang dieses Weltreiches, am Ende er selbst als Richter zur Rechten des Vaters.(5) All das ist für ihn aber nur die zeitbedingte Einkleidung einer einfachen und undramatischen Kernbotschaft, nämlich von einem moralisch begriffenen Gottesreich in uns, welches in der Unmittelbarkeit zwischen Seele und Gott gegenwärtig ist und durch die hohen Formen menschlicher Kultur bereits hinreichend assimiliert wurde. »Das Reich Gottes kommt, indem es zu den einzelnen kommt, Einzug in ihre Seele hält, und sie es ergreifen. Das Reich Gottes ist Gottesherrschaft, gewiß - aber es ist die Herrschaft des heiligen Gottes in den einzelnen Herzen, es ist Gott selbst mit seiner Kraft. Alles Dramatische im äußeren, weltgeschichtlichen Sinn ist hier verschwunden... « (6)
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Den schärfsten Einspruch gegen diese akzentuierte theologische Position hat Karl Barth erhoben. (7) In der berühmten Kontroverse zwischen ihm und Harnack geiselte er eine Theologie, die beansprucht, einen neutralen Standpunkt zu haben, von dem aus sie das Wesentliche der christlichen Offenbarung beurteilen könne, als Zuschauertheologie. (8) Diese polemische Metapher läßt bereits eine dramatische Theologie als Gegenentwurf erahnen. Kernanliegen von Barths dialektischer Theologie ist es, Gott als unverfügbares Ereignis für die Theologie wiederzugewinnen. Gegen eine Destillation religiöser Ideen von einem "neutralen" Standpunkt aus betont Barth ein senkrechtes Hereinbrechen des Göttlichen quer durch alle religiösen oder säkularen Bewegungen des Menschlichen. »Wir sind keine unbeteiligten Zuschauer. Wir sind von Gott bewegt ... Die unselige Statik eines konstanten Verhältnisses zwischen Gott und Mensch ist überwunden. Unser Leben gewinnt Tiefe und Perspektive. Wir stehen mitten in einer tragischen, aber auch zielgewissen Reihe göttlicher Taten und Erweisungen.« (9) Gegenüber der Tendenz des von Barth bekämpften Kulturprotestantismus, das Göttliche in das Menschliche aufzulösen, droht hier zunächst das umgekehrte Extrem. Damit wäre aber die Freiheit der Offenbarung als dramatisches, unberechenbares Geschehen auf eine paradoxe Weise erst wieder verloren, wenn nämlich der göttliche Impuls negativ als das ganz andere erschlossen wird. Dramatische Theologie ist erst dort gegeben, wo mehrere Freiheiten auf eine unausdenkbare Weise miteinander interagieren. Barth hat die Freiheit des Menschen innerhalb der göttlichen Offenbarung allerdings später stärker berücksichtigt. Insofern kann man bei ihm von einer »Entwicklung auf ein dramatisches Verständnis der Gottesgeschichte hin« (10) sprechen. Insbesondere für seine späte kirchliche Dogmatik ist eine Bundestheologie zentral, die er nicht zufällig als Entfaltung eines Dramas bezeichnet. (11)
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Eine noch deutlichere, geradezu programmatische Qualifizierung der Theologie als dramatisch findet sich bei Gustav Aulén, dem wohl bedeutendsten schwedischen Theologen unseres Jahrhunderts. (12) Die Grundlagen für sein dramatisches Konzept der Theologie hat der Begründer der Schule von Lund in einer seinerzeit vielbeachteten motivgeschichtlichen Studie über die Grundtypen der Erlösungslehre erarbeitet. (13) Neben den meist ausschließlich diskutierten zwei Grundtypen einer objektiven Erlösungslehre in der Scholastik und einer neueren subjektiven Erlösungslehre beschreibt er unter dem Titel "Christus victor" ein einheitliches Grundmotiv der frühen Soteriologie in der Heiligen Schrift und bei den Kirchenvätern: das Erlösungsgeschehen werde hier in unterschiedlichen Bildern als dramatischer Kampf Gottes gegen das Böse dargestellt. Die beiden anderen Grundtypen hätten die harten Spannungen dieser anschaulich-dramatischen Darstellung entschärft, aber damit auch auf gefährliche Weise ihren religiösen Tiefgang eingeebnet. So kritisiert Aulén die subjektivistische Tendenz in der Soteriologie der liberalen, aufgeklärten Theologie: »Die Kampfperspektive verschwindet. Die göttliche Vaterliebe, die jetzt als zentraler Inhalt der Verkündigung dargestellt wird, wird entdramatisiert und sozusagen geglättet. Man verliert mehr oder weniger den Blick für die harten Bedingungen, unter denen Gottes Liebe in unserer Welt arbeitet und leidet. Damit verliert man zugleich den Blick für das radikale Evangelium.« (14) Von daher kritisiert Aulén ebenso wie Barth (15) scharf Harnacks "Wesen des Christentums". Dieses Werk ist für ihn eine abschließende popular-theologische Zusammenfassung der Aufklärungstheologie, die unmöglich wurde, »seitdem die entwicklungs-optimistische Atmosphäre verschwunden ist, die den Hintergrund der Vorstellung von der unproblematischen Selbstverständlichkeit der göttlichen Vaterliebe bildete« (16). Wenn man die immer neu in die Welt hereinbrechende Problematik des Bösen theologisch ernstnehmen will, muß man auf die sperrigen frühen Formen einer "Kampfsoteriologie" zurückgreifen und dementsprechend eine spannungsreiche dramatische Theologie betreiben. (17) Um die christliche Heilsbotschaft angesichts der aktuellen Problemlagen lebendig zu erhalten, darf eine solche dramatische Theologie sich aber nicht nur auf eine Wiederholung früherer Symbole beschränken, sondern muß auf neue "dramatische" Symbolisierungen der Heils- und Gottesproblematik in der Literatur achten. Aulén bezieht sich dazu vor allem auf zeitgenössische schwedische Romane. Nicht in der Literaturform, sondern in einem komplexen Ringen der Protagonisten um die Sinn- und Gottesfrage findet er dabei das Dramatische, welches für die Theologie aktuell ist. Aulén hat seinen theologischen Begriff von Drama deutlich bestimmt: »Handeln gegen Widerstand bedeutet Drama.« (18) Die Heilsgeschichte Gottes, der in Jesus Christus das Böse bekämpft und besiegt, - jenes Motiv, das für Harnack zum abzuschälenden Kern zählt(19) - ist für Aulén absolut zentral, und zwar als dramatische Theologie.
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Die umfassendste und am stärksten reflektierte Fassung einer dramatischen Theologie wurde von Hans Urs von Balthasar vorgelegt.(20) Nicht nur inhaltlich, sondern auch biographisch wird deutlich, daß Balthasar hierbei von Barth stark beeinflußt ist. Er konnte aber zugleich zeigen, daß das skizzierte Anliegen einer dramatischen Theologie nicht notwendig mit der problematischen Position einer dialektischen Theologie zusammenfällt. Beiden Theologen gemeinsam ist die scharfe Polemik gegen jeden theologischen "Standpunkt außerhalb" des göttlichen Offenbarungsgeschehens. (21) Theologie ist adäquat nur aus einer gelebten Entsprechung gegenüber dem Ruf Gottes möglich. Dementsprechend sind für Balthasar die eigentlichsten Theologen die Heiligen.(22) Zwischen den Alternativen der "Lyrik" einer Spiritualität, die zu Gott betroffen Du sagt, und der "Epik" einer Theologie, die distanziert über Gott in dritter Person referiert, besteht die dritte Möglichkeit einer dramatischen Theologie, die sich vom Zueinander des freien göttlichen Handelns und der menschlichen Antwort in bezeugender Entsprechung oder in sündiger Abweisung bestimmen läßt. (23) Dramatik setzt ein spannungsvolles Verhältnis unterschiedener Freiheiten voraus. Wie die Freiheit des Menschen nicht nur mit, sondern sogar gegen Gott, innerhalb der umgreifenden Freiheit Gottes bestehen kann, ist die herausfordernde Leitfrage für Balthasars Theodramatik. (24) Balthasar ortet mehrere Charakteristika heutiger Theologie, die miteinander in eine dramatische Theologie konvergieren: (25) Offenbarung zugleich als vertikal hereinbrechendes Ereignis (mit Barth gegen jede rationalistische Reduzierung auf eine Idee) und dennoch auch als horizontal-geschichtlich, als praxisbezogen und als dialogisch, als politisch und futurisch. Funktionalität, Rolle, die Problematik der Freiheit und des Bösen sind aktuell gewordene Motive, die in Richtung einer dramatischen Theologie deuten. Nur eine dramatische Theologie könne all diese Tendenzen gleichzeitig wahren, ohne daß sie sich gegenseitig aufheben. (26) Balthasar betrieb wie kein anderer Theologe nicht nur dramatische Anwendung von Theologie, sondern auch explizite Dramentheorie. Besonders relevant für den Grenzbereich zwischen Theologie und Literaturwissenschaften sind dabei seine Prolegomena zur Theodramatik, in denen er unter Berücksichtigung einer umfangreichen Dramenliteratur ein dramatisches Instrumentar zur theologischen Darstellung des Handelns Gottes entwickelt. (27)
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Die Theodramatik H.U. von Balthasars wurde von Raymund Schwager aufgegriffen und in eigenständiger Weise weitergeführt. (28) Er plädiert für eine dramatische Theologie als glücklichen Mittelweg zwischen einer argumentativen Theologie, die in Gefahr steht, die Grundspannungen der menschlichen Existenz und des christlichem Glauben einseitig zu reduzieren und einer narrativen Theologie, welche die Konsistenz des Evangeliums in einen endlos weiterspinnenden Erzählfaden aufzulösen droht. (29) Schwager entwickelt vor allem eine bibeltheologisch ausgeführte Christologie und Soteriologie als dramatische Theologie. In einer ausführlichen Diskussion unterschiedlicher exegetischer Positionen zeigt er die Notwendigkeit »einer Vermittlung durch eine dramatische Exegese, die größere Gruppen von Texten unter zentralen Stichworten zusammenfaßt und nach dem Modell einer konflikthaften Handlung einander zuordnet« (30). Im Sinne dieser Zielsetzung gliedert er das Heilsdrama Jesu Christi in fünf Akte, auf die ich im folgenden ausführlicher eingehen werde.
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Es wäre nun möglich, auf eine sehr abstrakte Weise allgemeine Merkmale herauszudestillieren, welche den genannten dramatischen Ansätzen gemeinsam sind. Damit würde aber der Vorteil einer sauberen Methodik um den Nachteil einer großen Unanschaulichkeit erkauft; und dies wäre zugleich - in jedem nur denkbaren Sinn - ein ausgesprochen "undramatisches" Unternehmen. Anschaulicher ist ein exemplarischer Aufweis von Charakteristika dramatischer Theologie anhand eines einzelnen Entwurfs. Ich halte mich dafür an das Fünf-Akte-Schema von Raymund Schwager. Es bietet den einfachsten Zugang zu einer dramatischen Theologie und dürfte mit seiner Selbstbezeichnung als dramatisch für die Literaturwissenschaft wohl am provokantesten sein.
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Schwager untergliedert die Geschichte Jesu Christi zusammen mit dessen Tod und Auferstehung in fünf Abschnitte. Für den folgenden Aufweis theodramatischer Charakteristika muß ich von der detaillierten, exegetisch reflektierten Ausarbeitung dieses Grundkonzeptes absehen (31) und halte - in Nähe zum Entwurf für ein wirkliches Drama - folgenden strukturierten Handlungsverlauf fest.
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1. Akt: Verkündigung des Gottesreiches: Ein Mann mit dem Namen Jesus tritt auf und verkündigt - in Worten und untermauert durch zeichenhafte Heilungstaten - einen bedingungslosen Neueinsatz des göttlichen Heilswillens. Er sammelt Menschen um sich, um das Reich Gottes bereits hier und jetzt zu verwirklichen.
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2. Akt: Zurückweisung und Gerichtsdrohungen: Nach einigen Anfangserfolgen wächst allerdings auch der Widerstand gegen diese Initiative. Jesus reagiert darauf mit scharfen Warnungen, die aber nicht nur erfolglos bleiben, sondern den Widerstand sogar noch steigern.
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3. Akt: Kreuz: Jesus wird von Anhängern seiner Lehre verraten, ihm wird der Prozeß gemacht, und er stirbt einen schmachvollen Tod.
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4. Akt: Auferstehung: Nach drei Tagen ist der Leichnam des Getöteten verschwunden; er selber tritt überraschend in verschiedenen Kreisen seiner Anhänger erneut auf, um ihnen Versöhnung und Frieden zuzusprechen. Diese Auftritte bleiben begrenzt und hören bald wieder ganz auf.
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5. Akt: Geistsendung:Nach einigen Wochen beginnen seine Anhänger, das Schicksal ihres Meisters auf überraschende Weise neu zu verstehen und treten mit einem bisher ungekannten Mut in der Öffentlichkeit auf. Die von Jesus begonnene Sammlung einer Heilsgemeinschaft wird von der nun beginnenden christlichen Kirche fortgeführt.
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Es soll nun nicht diskutiert werden, inwiefern die Rede von Akten eines Dramas hier angemessen ist. (32) Das Recht, diese theologisch bedingte Strukturierung mit dem Wort "Akte" zu bezeichnen, soll nicht aus dem Vorliegen oder Fehlen einer direkten Analogie zu Bühnendramen beurteilt werden, sondern sekundär aus dem dramatischen Charakter der theologischen Denkform. Dafür sollen im folgenden einige wesentliche Elemente aufgewiesen werden.
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Ein erstes Merkmal dramatischer Theologie ist die "Konfliktorientierung". Es geht dabei um die Frage, wie mit Gegensätzen umgegangen wird. Zunächst: Um welche Art von Gegensätzen handelt es sich?
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Ein Hauptproblem für die systematische Theologie ist es, unterschiedliche Eigenschaften Gottes in Einklang zu bringen, die sich scheinbar nicht miteinander vertragen. Das Theodizeeproblem ist ein wichtiges Beispiel dafür: Wie kann Gott zugleich allmächtig und liebend sein, wenn es Leid in der Welt gibt? Eine andere Grundpolarität, die für die Theologiegeschichte noch brisanter war, ist jene zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes angesichts der Sünde des Menschen. Müßte Gott als Liebender die Sünden der Menschen nicht einfachhin übersehen? Aber würde er damit nicht zugleich sich untreu (denn warum hat er dann die Sünde verboten), und beraubt er nicht die Menschen ihrer Würde, etwa ihrer Möglichkeit, zum Heilsangebot Gottes auch nein zu sagen? Wenn Gott aber (aus diesen und anderen Gründen) als gerecht gedacht wird, dann scheint seine maßlose Liebe nicht mehr vorstellbar. Diese Frage hat von den Kirchenvätern angefangen viele Theologen bewegt und dabei zu sehr gegensätzlichen Extremlösungen geführt. Glaubten Verfechter der göttlichen Barmherzigkeit, daß die Hölle letztendlich leer sein muß, waren manche Verteidiger der göttlichen Gerechtigkeit überzeugt, daß wegen der vielen Sünde in der Welt (und insbesondere der Ursünde Adams) nur ein Teil der Menschheit letztlich die Seligkeit erreichen würde. In der Tendenz entweder zur Allerlösung oder zur Prädestination eines Teils der Menschheit zur Verdammung liegt ein charakteristischer Unterschied zwischen östlichen und westlichen Kirchenvätern. Hans Urs von Balthasar war von diesem Gegensatz sehr betroffen,(33) und im Ringen mit dieser Problematik liegt wohl einer der Sachgründe für die Entwicklung seiner Theodramatik.
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Innerhalb des Schwagerschen Modells spiegelt sich diese Spannung im Übergang vom ersten zum zweiten Akt. Ist der erste Akt von der durch Jesus verkündeten bedingungslosen Barmherzigkeit des göttlichen Heilsangebotes geprägt, so der zweite durch die "Gerechtigkeit" in der Weise von Gerichtsdrohungen gegenüber Menschen, die den Appell zu Umkehr und Versöhnung ablehnten. Vor der theodramatischen Antwort auf dieses Problem lohnt ein Blick auf einige verlockende, aber letztlich unbefriedigende Möglichkeiten, dieses Problem zu bewältigen:(34)
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Textkritisch kann die biblische Textgrundlage kritisiert werden, indem Jesu Gerichtsworte als nachträgliche Einfügungen relativiert werden. (35) Solche Textscheidungen sind aber oft nur scheinbar textanalytisch begründbar und wurzeln eigentlich in einem vorgefaßten Jesusbild. Für wen apriori Gott lieb und Jesus süß ist, können die ihm zugeschriebenen Fluchworte nur unecht sein.
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Spekulativ läßt sich von einem bevorzugten Ansatzpunkt (etwa der absoluten Menschenliebe Gottes) ausgehen, um zu versuchen, so viel Textmaterial als möglich in diese vorgegebene Sicht zu integrieren. Nachdem Theologie wie jede wissenschaft arbeitsteilig vorgehen muß, werden die unerledigten (und von der vorgefaßten Sicht aus unerledigbaren) Anteile leicht an andere Theologen oder Traktate abgeschoben.(36)
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Pluralistisch-narrativ läßt sich - aus dem begreiflichen Eindruck der Gewalttätigkeit von systematisierenden Vereinnahmungen - der Versuch zur umfassenden Synthese prinzipiell diskreditieren und die Botschaft Christi in eine beliebige Anzahl verschiedener, untereinander unvermittelter Erzählungen fassen. Auf die Problematik der sündigen Heilsverweigerung kann eine andere Geschichte erzählt werden als auf die Problematik des univeralen Heilsbedürfnisses, ohne daß die Frage nach der wechselseitigen Kohärenz dieser Erzählungen gestellt wird. (37)
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Im Unterschied zum textkritischen und zum spekulativen Extrem nimmt eine dramatische Methode Widersprüche sehr ernst. Im Gegensatz zum pluralistisch-narrativen Extrem teilt sie diese widersprechenden Stellen aber nicht auf unverbundene Einheiten auf, sondern zielt auf eine Zusammenschau spannungsvoller Momente, die gewährleistet, daß sich diese Momente nicht mehr direkt widersprechen, sondern gemeinsam auf eine als solche nicht erschließbare Mitte verweisen: wie Geometerlinien, die sich in der Ferne an einem nicht direkt zugänglichen Ort schneiden. Auf diese Weise soll Gott in seiner Unerfaßbarkeit aussagbar werden.
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Das bedeutendste Merkmal einer dramatischen Theologie ist ihr Bezug auf Gott als einen Handelnden. Im Heilsdrama geht es nicht nur um eine konfliktreiche Geschichte zwischen Menschen, sondern immer auch zwischen menschlicher und göttlicher Freiheit. Ein handelnder Gott wird dabei aber nicht unkritisch auf eine mythisch-anthropomorphe Weise vorausgesetzt, sondern als solcher aus einer geschichtlich verbundenen Perspektivenvielfalt erschlossen. Ich will das an Schwagers Fünfaktemodell verdeutlichen und schlage dazu das Gedankenexperiment vor, sich diese fünf Akte als Zusammenfassung einer dramatischen Bühnenhandlung vorzustellen:(38)
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Während sich dem Zuschauer im ersten Akt tatsächlich der Eindruck einer göttlichen Heilsinitiative durch einen echten Propheten auftut, muß bereits der zweite Akt den Zuschauer irritieren. Nimmt Jesus mit seinen scharfen Drohworten nicht die anfängliche Verkündigung einer unbedingten Heilsbotschaft zurück? Durch Jesu Fluchtod im dritten Akt scheinen die Zweifel an der Echtheit des Propheten endgültig bestätigt. Als Deutung legt sich nahe: Der Mensch Jesus ist mit einem überzogenen prophetischen Anspruch zwangsläufig gescheitert.
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Die Ereignisse des vierten Aktes (neues Auftreten des Getöteten, "Auferstehungserscheinungen") lassen sich nicht in diese Deutung einfügen. Nach der Darstellung sind für die Jünger weder der Tod noch die Erscheinungen Jesu in ihrer Faktizität bestreitbar, und so bleibt ihnen nur die Annahme einer einmaligen Initiative Gottes: Gott hat diesen Jesus auferweckt und so vor seinen Anhängern beglaubigt.
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Damit gewinnen die vorausgehenden Akte einen neuen Sinn im Rahmen eines "Theodramas" (39): Der erste Akt ist nun doch in seinem urspünglich intendierten Sinn zu belassen: Gott selbst hat eine Heilsinitiative ergriffen, indem er seinen Sohn sandte. Die Gerichtsworte des zweiten Aktes belegen, daß Gott dieses Heil nicht an der Freiheit der Menschen vorbei realisiert, sondern deren Widerstand gegen sein Angebot respektiert. Weil Gott sich in seinem Heilsangebot aber auch selber treu bleibt, dürfen die Gerichtsworte nicht als Rücknahme der göttlichen Heilsinitiative verstanden werden, sondern nur als Warnung vor den äußersten Konsequenzen einer sündigen Verstockung.
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Der dritte Akt zeigt nun auf der Ebene menschlicher Handlung die Reaktion der verstockten Menschen: die Sünde führt konsequent in die handgreifliche Verwerfung Gottes. Es ergibt sich aber zugleich ein neuer Sinn auf der Ebene eines göttlichen Handelns: Gott gibt seine Heilsinitiative (1. Akt) nicht auf, er nimmt aber auch die Gerichtsdrohungen (2. Akt) nicht einfach zurück, sondern trägt in seinem Sohn (stellvertretend!) das angesagte Gericht. "Der Richter wird gerichtet" (K. Barth). Soteriologisch ist der Kreuzestod Jesu zu verstehen als Weg, wie Gott seine Heilsinitiative auch unter Respektierung der sündigen Freiheit der Menschen durchhält.
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In dieser "theodramatischen" (weil von einem konflikthaften Handeln Gottes ausgehenden) Deutung ergibt sich eine bruchlose Gesamtgestalt der ersten vier Akte. Der fünfte Akt thematisiert das unerschrockene Auftreten der Jünger und die damit beginnende Kirchengründung. Als Grundlage für diesen Übergang vom ängstlichen Sichverbergen der Jünger zu ihrem freimütigen Auftritt kann über die Jesuserscheinungen hinaus eine von Gott gewährte Neuerschließung der gesamten Jesusgeschichte genannt werden etwa in Richtung jener Deutung, die eben skizziert wurde. Das entspräche der theologischen Charakterisierung des fünften Aktes als Geistsendung.
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Das Jesusdrama weist also eine bruchlose Handlungslogik auf, wenn es als Theodrama verstanden wird. Dabei muß Gott nicht in anthropomorpher Weise als Bühnengestalt auftreten.Vielmehr legt sich eine Gesamtdeutung nahe, in der Gott sich durch die komplexe Gesamtheit des Geschehens hindurch gegenwärtig setzt: etwa als Bezugsperson der Verkündigung Jesu im ersten Akt, als Auferweckender im vierten Akt und als Deuter des Geschehens für den fünften Akt. Diese verschiedenen Einsätze ergänzen sich wie Linien, die auf ein in sich nicht darstellbares göttliches Aktzentrum konvergieren. So ergibt sich die transzendente Gesamtgestalt des Theodramas.
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Diese Sinndeutung ist allerdings nicht zwingend. Wie bereits gesagt, können die ersten drei Akte auch das tragische Bild eines scheiternden falschen Propheten zeichnen. Und dem Zuschauer des Dramas bleibt die Möglichkeit unbenommen, die restlichen beiden Akte in dieses Deuteschema zu zwingen. Die Erscheinungen des Auferstandenen sind dann etwa wirklich nur "Erscheinungen" der überspannten Zurückgebliebenen. Und die Gründung der Kirche erscheint als gefährliche Ideologisierung. Weil das Jesusdrama den handelnden Gott nicht unmittelbar ins Spiel bringt, schließt es solche negativen Deutungen nie völlig aus. Damit ist das Publikum aber selbst zur Entscheidung gerufen. Es bleibt so nicht als passive Zuschauermasse außerhalb des vorgeführten Stückes, sondern wird selbst darin hineingezogen.
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Charakteristisch für die dramatische Theologie ist eine auf differenzierte Weise festgehaltene Priorität des Handelns Gottes. Die göttliche Offenbarung wird weder einfach anthropologisch-existentialistisch oder hermeneutisch-historistisch eingeebnet, noch wird einfach ein Mythos erzählt vom Eingreifen Gottes in den Ablauf der Welt. Zwischen diesen beiden Straßengräben erschließt sich ein göttliches Handelns indirekt aus der Notwendigkeit, der faktisch-geschichtlichen Abfolge des Jesusereignisses ohne Verkürzung zu entsprechen.
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Damit weist die dramatische Theologie einen Weg zwischen den theologisch unbefriedigenden Alternativen einer "Christologie von unten", welche die Dimension göttlichen Handelns nicht erreicht, und einer unvermittelten "Christologie von oben". In der hier "durchgespielten" Variation ergibt sich der Übergang zwischen beiden von der Peripetie der Auferstehung her. (40)
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Wenn man alle scheinbar unvereinbaren Aspekte des geschichtlichen, in der Bibel festgehaltenen Heilsereignisses Christus ernstnehmen will, müssen neue Sichtweisen und dementsprechend neue Deutungskonzepte gefunden werden. Die verschiedenen theologischen Modelle der Theologiegeschichte können von dieser dramatischen Grundlage her auf eine kritische, immer auf das komplexe Heilsgeschehen rückbezogene Weise rekonstruiert werden. Das gilt für eine Theologie der Erlösung (41) ebenso wie für die Trinitätslehre (42).
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Haben die eben aufgewiesenen Charakteristika der sogenannten dramatischen Theologie eine Gemeinsamkeit mit der Literaturgattung des Dramas, und ist folglich die Rede von einer dramatischen Theologie gerechtfertigt?
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Perspektivenvielfalt und Konfliktorientierung sind zweifellos auch Merkmale des Dramas. Und wenn beides ebenso für epische Literaturgattungen zutreffen mag, so ist die Konzentration auf einen einzigen oder wenige konfliktuelle Zusammenhänge für das Drama am deutlichsten. (43) Schwieriger ist die Frage bezüglich der Merkmale eines Theodramas. Erste Voraussetzung für einen diesbezüglichen Vergleich ist, daß Dramen überhaupt eine transzendent-göttliche Dimension einbeziehen. Wieweit dies für jedes Drama auf eine zumindest implizite Weise geschieht, sofern in ernsthafter Weise die menschliche Sinnfrage thematisiert wird, soll hier zunächst offenbleiben. Ich beschränke mich für die gestellte Frage im folgenden auf die griechische Tragödie als wirkmächtigste Urform des abendländischen Dramas. Daß in der griechischen Tragödie eine transzendente Dimension im Spiel ist, ist nicht nur inhaltlich, sondern auch aus ihrem Entstehungszusammenhang unbestreitbar. Ob diese transzendente Dimension in der Weise eines christlich-personalen Gottes, als mythisch-polytheistische Vielfalt oder nur als unpersonales Fatum in das dramatische Geschehen der Tragödie hereinbricht, soll im Moment ebenfalls noch offenbleiben. Ich beziehe mich zunächst nur auf den Umstand, daß in der Tragödie sowohl echt menschliches Handeln als auch ein irgendwie göttliches Wollen und Handeln im Spiel ist, - als eine Wirkmacht, die menschliches Wollen, Tun und Planen transzendiert und dennoch in einer Weise sinnvoll und spezifiziert ist, daß es als Wollen qualifiziert werden muß.
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Die theologische Sicht der Theodramatik stellte dabei den Anspruch, daß sowohl die menschliche als auch die göttliche Dimension als Freiheit deutlich würden, ohne daß sich beide Dimensionen gegenseitig behindern. Es soll nun geprüft werden, ob eine ähnliche Sicht auch charakteristisch für die griechische Tragödie ist.
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Dazu werde ich die griechische Tragödie zuerst nach der in ihr aufscheinenden menschlichen Freiheit und Würde befragen und in einem zweiten Schritt die für sie charakteristische Eigenart eines göttlichen Handelns untersuchen.
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Der Mensch steht innerhalb einer unauflöslichen Doppeltheit von Größe und Elend. Der Horizont absoluter Mächte läßt die bedeutenden, lebens- und weltgestaltenden Taten aus der Fülle seiner alltäglichen Verrichtungen hell herausleuchten. Zugleich mit der Verantwortung seiner Lebensgestaltung gerät aber auch die Gefahr seines spektakulären Scheiterns in den Blick. Wo diese Bedrohungen in ihrer vollen Härte thematisiert werden, droht die Größe des Menschlichen wieder relativiert zu werden. Die Gewalt eines scheiternden Schicksals scheint zu machtvoll zu sein, als daß sie vom Menschen selbst in Gang gesetzt werden konnte. So erscheint sie leicht als ein Verhängnis, das im Letzten einer ihn transzendierenden, göttlichen Dimension zuzusprechen ist. Den Menschen im Horizont göttlicher Mächte zu thematisieren, bedeutet somit zugleich die Chance, seine Größe darzustellen, wie auch die Gefahr, ihn als Spielball dieser Mächte mißzuverstehen.
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Hans Urs von Balthasar legte auf diesen prekären Zusammenhang zwischen menschlichem und göttlichem Handeln großen Wert. Er hat die Unüberbietbarkeit des Christlichen an der Geglücktheit dieser Vermittlung aufgewiesen, die unterschiedlichen philosophischen Lösungen im Hinblick darauf kritisiert und die Bedeutung der griechischen Tragödie von daher erschlossen. Wo die Philosophien das menschliche Elend thematisierten, konnten sie es nicht aushalten, sondern tendierten dazu, das Menschliche zu relativieren oder es in einen göttlichen und einen irdischen Anteil zu zerspalten. Nicht so die griechische Tragödie: sie thematisierte stets das Scheitern an Helden, deren Größe sich daran zeigte, daß sie den Konsequenzen ihres Unglücks nicht feige auswichen, sondern sie bis ins Äußerste austrugen. Ihr Scheitern stellt diese ihre Größe nicht in Frage, sondern bringt es vielmehr voll zur Geltung. Auch wenn ihr Schicksal Teil eines sie überschreitenden Verhängnisses ist, sind sie alles andere als ein bloßer Spielball des Geschehens. Sie sind aktiv handelnd und werden auch selber schuldig. Ihr Scheitern ergibt stets auch einen immanenten Sinn, wenngleich es von daher nicht hinreichend erklärt werden kann und eine rein immanente Klärung der Tragödie fern liegt. In dieser unauflösbaren Doppeltheit von Eigenverantwortung und die eigene Verantwortung überschreitendem Gesamtverhängnis liegt das Wesen des Tragischen.
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Die griechische Tragödie spielt wesentlich vor dem Horizont eines transzendent-göttlichen Wollens, und gerade dadurch wird das Profil des Menschlichen in Helle und Schatten, Größe und Elend am deutlichsten. Das spiegelt sich in der Wirkung, welche die Tragödie auf das Publikum ausübt. Sie bewirkt Erschütterung - Jammer und Schaudern (éleos und phóbos) eben dadurch aber auch Erhebung und Befreiung (Katharsis). (44) Diese Eigenart einer umfassenden Ernstnahme des Menschlichen im »Vollgewicht der endlichen Existenz« vor dem offenen Horizont des Göttlichen hat die griechische Tragödie nach Balthasar allein mit dem Christentum gemeinsam und erhebt sie über alle anderen Versuche kultureller Daseinsbewältigung.(45) Sie entspricht dem religiös-kultischen Kontext der antiken Tragödienspiele und macht diese laut Balthasar zu einem geradezu sakramentalen Geschehen. (46) Die Tragödie ist derart die höchste Präfiguration des Christlichen und Jesus Christus in seinem Geschick von Tod und Auferstehung »das Erbe aller Welttragik« (47). Die Betroffenheit des Publikums angesichts der großen Tragödien ist eine bedeutende Vorschattung jener Bewegung, welche die Christen seit jeher angesichts des siegreichen Kreuzes erfahren haben.
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Werden in dieser Sicht Balthasars aber nicht wesentliche Gegensätze im Gottesbild zwischen Griechentum und Christentum überspielt? - ein unbarmherziges, anonymes Fatum der Griechen gegenüber dem personalen Gott von Juden und Christen, sowie die griechische Tragik im Gegensatz zum christlichen Heilsoptimismus? Die religiöse Wurzel der griechischen Tragödie ist zwar unbestritten, doch diente deren Transzendenzbezug keineswegs als unmittelbarer Anknüpfungspunkt für ein christliches Gottesverständnis. Zwar nahmen bestimmte Tragödien (vor allem die sophokleische Antigone) seit jeher für die christliche Theologie den Rang einer besonders hochrangigen Vorschattung des Christlichen ein. Aber gerade der darin sich aussprechende Transzendenzbezug wird als unchristlich kritisiert. Setzt die klassische Tragödie nicht einen mit dem Christentum unvereinbaren pantragischen Horizont voraus, (48) wenn sie den nicht oder kaum Schuldigen an einem erbarmungslosen und unabänderlichen tragischen Schicksal zerbrechen läßt?
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Umgekehrt kann ein solches Verständnis der Tragödie das Christentum mit seinem personalen Gott und dem unleugbar sich durchhaltenden Heilsoptimismus nur als "Tod der Tragödie" betrachten, wie es durch George Steiner auf pointierte Weise geschehen ist. (49) »Es hat selbst in der Mittagszeit des Glaubens keine spezifisch christliche Tonart des tragischen Dramas gegeben. Das Christentum ist eine antitragische Weltanschauung.« (50) Der Horizont eines letztlich gerechten und erbarmenden Gottes scheint die Tragödie entweder gar nicht oder nur als gebrochene fortbestehen zu lassen.
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Gegenüber einer solchen Sichtweise läßt sich die Voraussetzung in Frage stellen: Kann eine pantragische Deutung den antiken Tragödien gerecht werden? Man könnte dagegen als erstes auf den liturgischen Kontext der Tragödienspiele hinweisen. Welchen Sinn konnte es haben, eine ausschließlich tragische Sicht nicht nur dem Publikum, sondern den Göttern vorzutragen? sie zu erfreuen? oder sich damit gegen ihre unbarmherzige Gewalt aufzulehnen? (51) Zweitens läßt sich der Nachweis versuchen, daß eine pantragische Sicht grundsätzlich jeder Tragik ihre Spitze bricht.(52) Drittens kann auf die aristotelische Dramentheorie Bezug genommen werden. Wenn Aristoteles als Hauptkennzeichen für die Tragödie Schrecken und Schauder nennt, dann scheint dies zunächst eine pantragische Interpretation zu stützen. Aber wie kann von daher jene Wirkung der Tragödie herrühren, die Aristoteles als Katharsis (Reinigung oder Läuterung) bezeichnete? Sind die üblichen Deutungen (entweder moralisch oder medizinisch) wirklich befriedigend, zumindest was die damit angesprochene, für den Zuschauer erfahrbare Betroffenheit betrifft? Wäre nicht eine Deutung der griechischen Tragödie angemessener, nach der das Zerbrechen des Helden nicht endgültig und ausschließlich fatal ist, sondern sein tragischer Fall zugleich die Ahnung einer sich im Letzten auch durchhaltenden Größe weckt, die dann freilich nicht mehr am Protagonisten ablesbar, sondern an einer im letzten doch gnädigen transzendenten Macht erahnbar wäre? (53) Die aristotelische Katharsis enthielte dann das positive Moment einer ahnungsvollen religiösen Hoffnung. Wolfgang Schadewaldt, dessen Katharsis-Interpretation wohl nur gegenüber moralisch-überschwenglichen Deutungen »desillusionierend« ist,(54) stellt fest: »... der Befreiung in der Seele des Zuhörers entspricht die objektive Lösung am Ende, die bewirkt, daß man trotz allem Schrecklichen doch das Bewußtsein eines vielleicht fernen, aber unerschütterbaren Sinnhorizontes hat, des Horizonts des Göttlichen. 'Und in alledem ist nichts, was nicht Zeus ist', heißt es am Schluß der Sophokleischen Trachinierinen. Dieser Wiederherstellung eines bleibenden, großen, göttlichen Sinnzusammenhangs ist die Katharsis zugeordnet, und das ist doch wohl etwas Positives.« (55)
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Die Größe der griechischen Tragödie bestünde dann darin, daß sie den absoluten Horizont einer im Letzten nicht ungnädigen Transzendenz sozusagen im Modus ihrer Abwesenheit für den Zuschauer vergegenwärtigte. Die aristotelische Katharsis wäre aus dieser letztlich positiven Sicht deutbar. Ein undramatisch begriffenes Christentum könnte dann tatsächlich diesem Ernst, der vor den äußersten Erschütterungen menschlichen Daseins nicht haltmacht, nicht gerecht werden. Aber ein dramatisch verstandenes Christentum, wie wir es als Theologie bei Balthasar in großer Nähe zur griechischen Tragödie entwickelt finden, wäre die angemessene Explikation (was nicht heißt: die Auflösung) dieser Ahnung. Die griechische Tragödie gewinnt hier den Charakter einer machtvollen suchenden Christologie (Rahner), die durch ihre dramatisch-christliche Explikation sich selber verständlicher, aber damit noch keineswegs überflüssig gemacht würde.
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Auch wenn das "Daimonion" der griechischen Tragödie im Verhältnis zum christlichen Gottesbild noch vielfach ambivalent ist, so bleibt es in einer Weise unfestgelegt, daß es eine Weiterführung in ein christliches Verständnis nicht verstellt. Der transzendente, den Menschen übergreifende Wille setzt sich nämlich innerhalb der griechischen Tragödie kaum je direkt in Szene. Kein Gott greift ein, um den Frevler zu erschlagen. (56) Vielmehr bedient sich der unerbittliche, schicksalshaft-transzendente Wille für seine Durchsetzung des menschlichen Willens. Tragik besteht darin, daß der Mensch im krampfhaften Versuch, dem angekündigten Schicksal zu entrinnen, dasselbe heraufbeschwört. (57) In dieser Indirektheit der Durchsetzung eines transzendenten Wollens besteht m.E. eine Parallele dazu, wie das göttliche Handeln in einer dramatischen Theologie erschlossen wird. Erst auf der Grundlage dieser Gemeinsamkeit kann man dann sagen, daß das christliche Heilsdrama die Tragödie geradezu umkehrt, indem es die tragischen Verhängnisse zwar übernimmt und auch nicht einfach auflöst, aber sie letztendlich in eine positive Peripetie münden läßt, in die glückliche Wendung einer felix culpa, wenn sich das gottgewollte Heil nicht nur trotz, sondern gerade durch das sündige Handeln der Menschen seine Bahn bricht.
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Daß durch diese glückliche Wendung die Tragik des Kreuzes nicht aufgelöst werden muß, zeigt die dramatische Theologie in ihrer indirekten Thematisierung des Göttlichen. (58) Jesu Auferstehung ist kein Happy End, dem ein abschließendes, glattes Gottesbild entnommen werden könnte, sondern die Gestalt der göttlichen Herrlichkeit erscheint nur aus einer Zusammenschau aller Akte des Dramas. Die Indirektheit, mit welcher die griechische Tragödie die göttlich-daimonischen Mächte handeln läßt, ist deshalb durch die christliche Überbietung keinesfalls aufgehoben. Hier erweist sich die Tragödie als bleibend relevant für eine dramatische Theologie.
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Hat die Suche nach Gemeinsamkeiten zwischen Christentum und Tragödie überhaupt noch eine aktuelle Bedeutung, wenn es fraglich ist, ob die Tragödie als repräsentative Form des Dramas in die heutige Zeit überlebt hat?
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Eine solche Diagnose gibt die scharfe Aussage Friedrich Dürrenmatts: »Die Tragödie setzt Schuld, Not, Maß, Übersicht, Verantwortung voraus. In der Wurstelei unseres Jahrhunderts, in diesem Kehraus der weißen Rasse, gibt es keine Schuldigen und keine Verantwortlichen mehr. Alle können nichts dafür und haben es nicht gewollt. Es geht wirklich ohne jeden ... Uns kommt nur noch die Komödie bei. Unsere Welt hat ebenso zur Groteske geführt wie zur Atombombe.« (59) Verkürzt ließe sich behaupten: Wenn nach Steiner die Tragödie am Christentum zerbricht,(60) so starb nach Dürrenmatt die Tragödie mit dem Christentum. Es können zwar weiterhin Dramen verfaßt werden, aber nur mehr in den Formen der Tragikomödie und Groteske, die darin übereinkommen, daß solches Theater seine Ernsthaftigkeit im Umgang mit den letzten Herausforderungen menschlicher Existenz verloren hätte.
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Aber ist nicht das im neueren Drama immer wieder aufgeführte Verzweifeln am Fehlen eines solchen Horizonts noch einmal gerade als Verzweifeln der suchende Hinweis auf diesen Horizont? Das wäre zwar nicht mehr die Vergegenwärtigung des Transzendenten "sub contrario" mit ihrer kathartischen Wirkung, aber vielleicht in einer gleichsam doppelten Brechung der Schmerz am Fehlen eines Horizontes. Das nachtragische Drama würde immer noch den stummen Aufschrei einer beklemmenden Leere auf der Bühne darstellen und im Zuschauer aufbrechen lassen.
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Damit wäre aber auch ein positiver Bezug zu einer dramatische Theologie wieder möglich. Denn für diese ist eine gewisse Indirektheit der Thematisierung des transzendenten Gottes ohnehin zentral. So bleibt für den Theologen die Herausforderung bestehen, auch heutige "nachtragische" Dramen, auch und gerade dort, wo sie sich vollständig gott-los gebärden, ohne deshalb banal zu werden als kreative Versuche der Thematisierung der Transzendenz ernstzunehmen, und zwar für eine Welt, der die geläufigen Worte, mit denen das letzte bergende Geheimnis thematisiert wurde, zerbrochen sind.
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Anmerkungen:
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1. Neben den noch darzustellenden Entwürfen dramatischer Theologie ist von besonderem Interesse: Theodramatik. Das Drama als Denkmodell in der neueren Theologie. Tagungsprotokoll 72/91 zu einer theologischen Fachtagung der Evangelischen Akademie Iserlohn 12.-14. Juli 1991. Dieses nicht öffentlich publizierte Heft ist erhältlich über die Evangelische Akademie Iserlohn, Berliner Platz 12, 5860 Iserlohn.
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2. Vgl. Hans-Wilhelm Pietz, Konvergenzen auf Theodramatik hin oder: Wie kommt es zur dramatischen Denk- und Darstellungsart in der Dogmatik? In: Theodramatik-Tagungsprotokoll (s.o.) 5-31.
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3. Adolf von Harnack, Das Wesen des Christentums, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 1977; erstmals publiziert: 1899.
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4. »Es sind hier nur zwei Möglichkeiten: entweder das Evangelium ist in allen Stücken identisch mit seiner ersten Form: dann ist es mit der Zeit gekommen und mit ihr gegangen; oder aber es enthält immer Gültiges in geschichtlich wechselnden Formen. Das letztere ist das Richtige. ... Wer einen frischen Blick für das Lebendige und wahre Empfindung für das wirklich Große besitzt, der muß es sehen und von den zeitgeschichtlichen Hüllen unterscheiden können« (ebd. 19f; vgl. 43.).
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5. »Auch Jesus ist, wie alle in seinem Volke, die es ernst und tief meinten, durchdrungen gewesen von dem großen Gegensatz des Gottesreiches und des Weltreiches, in welchem er das Böse und den Bösen regieren sah. Das war keine blasse Vorstellung, kein bloßer Gedanke, sondern lebendigste Anschauung und Empfindung. Darum war ihm auch gewiß, daß dieses Reich vernichtet werden und untergehen müsse. Dies aber kann nicht anders geschehen als durch einen Kampf. Kampf und Sieg stehen in dramatischer Schärfe und in großen, sicheren Zügen vor seiner Seele, in jenen Zügen, in denen sie die Propheten geschaut hatten. Am Schlusse des Dramas sieht er sich selbst zur Rechten seines Vaters und seine zwölf Jünger auf Thronen sitzen und richten die zwölf Stämme Israels; so anschaulich, so ganz in den Vorstellungen seiner Zeit stand das alles vor ihm. Man kann nun so verfahren - und nicht wenige unter uns verfahren so -, daß sie diese dramatischen Bilder mit ihren harten Farben und Kontrasten für die Hauptsache erklären und für die Grundform der Verkündigung Jesu, der alle übrigen Aussagen einfach unterzuordnen seien ...; maßgebend sei allein die dramatische Zukunftserwartung. Ich vermag mich dieser Betrachtung nicht anzuschließen« (ebd. 41f).
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6. Ebd. 43.
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7. Vgl. dazu H.-W. Pietz, a.a.O. 13-18, dem ich hier wichtige Anregungen verdanke.
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8. K. Barth, Fünfzehn Antworten an Herrn Professor von Harnack, in: ders., Theologische Fragen und Antworten. Gesammelte Vorträge, 12.
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9. K. Barth, Der Christ in der Gesellschaft,in: Anfänge der dialektischen Theologie Teil 1, hg. J. Moltmann, München: Kaiser-Verlag 1962, 19; vgl. ebd. 9f.
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10. H.-W. Pietz, a.a.O. 16.
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11. »Vom Sein, Handeln und Reden Jesu Christi kann man nur im Blick auf besondere Ereignisse reden: nur in Form von Erzählung einer Geschichte und je und je sich zutragender Geschichten. Christologie als Darstellung dieses seines Seins, Handelns und Tuns kann, soll es sich dabei um etwas Besseres als um eine dunkle Metaphysik handeln, in allen ihren Teilen und unter jedem denkbaren Aspekt nur die Entfaltung eines Dramas sein« (K. Barth, Kirchliche Dogmatik IV,3 154; zitiert nach H.-W. Pietz a.a.O. 17).
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12. Vgl. H.-W. Pietz a.a.O. 19-24.
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13. G. Aulén, Christus Victor. An historical study of the three main types of the idea of the Atonement. Authorized translation by A.G. Hebert. London: S.P.C.K. Large Paperbacks 1975 (Original auf schwedisch 1931). Vgl. ders., Die drei Haupttypen des christlichen Versöhnungsgedankens, in: ZSTh 8 (1930) 501-538.
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14. G. Aulén, Das Drama und die Symbole. Die Problematik des heutigen Gottesbildes. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht 1968, 232.
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15. Trotz auffälliger sachlicher Parallelen bezieht sich Aulén kaum ausdrücklich auf Karl Barth.
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16. Aulén, Das Drama und die Symbole 257.
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17. Vgl. a.a.O. 220-300.
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18. A.a.O. 220.
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19. Vgl. oben, Anm. 5.
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20. Vgl. H.U.v. Balthasar, Theodramatik. 5 Bände. 1973-1983.
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21. Vgl. H.U.v. Balthasar, Theodramatik II/1 48-55.
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22. »Die Heiligen sind die authentischen Interpreten des Theodramas. Ihr in dramatischer Existenz dargelebtes Wissen muß bei der Deutung als maßgeblich beachtet werden, nicht nur für das Lebensdrama der Individuen, sondern letztlich auch für die "Freiheitsgeschichte" der Völker und der Menschheit im ganzen« (H.U.v. Balthasar, Theodramatik II/1 13).
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23. Vgl. H.U.v. Balthasar, Theodramatik II/1 50f.
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24. »Soll Drama sein, müssen Freiheiten einander gegenüberstehen. Soll Theodrama sein, ist dessen erste Voraussetzung, daß "neben" oder "innerhalb" der absoluten göttlichen Freiheit andere, nichtgöttliche, geschaffene Freiheit existiert, die in einem wahren Sinn am Selbststand der göttlichen Freiheit teilnimmt, sowohl in der Entscheidung für Gott wie in der gegen ihn« ( H.U.v. Balthasar, Theodramatik II/1 56).
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25. Vgl. H.U.v. Balthasar, Theodramatik I, 23-46.
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26. Vgl. H.U.v. Balthasar, Theodramatik II,1 69.
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27. H.U.v. Balthasar, Theodramatik I.
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28. Schwagers Interesse an einer dramatischen Theologie kündigt sich schon an in: Das dramatische Kirchenverständnis bei Ignatius von Loyola, Zürich-Köln: Benziger 1970. Für seinen dramatischen Ansatz am bedeutendsten ist: Jesus im Heilsdrama. Entwurf einer biblischen Erlösungslehre (IThS 29). Innsbruck: Tyrolia 1990. Eine kritische Auseinandersetzung erfolgte in: Dramatische Erlösungslehre. Ein Symposium. Herausgegeben von J. Niewiadomski und W. Palaver (IThS 38). Innsbruck: Tyrolia 1992.
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29. Vgl. Schwager, Jesus im Heilsdrama 27f.
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30. A.a.O. 29.
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31. Vgl. a.a.O. 41-203.
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32. Für ein eigentliches Drama müßte man wohl streng zwischen chronologischem Handlungsverlauf und Bühnenhandlung unterscheiden und dürfte nur bezüglich letzterer von verschiedenen Akten sprechen.
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33. Vgl. W. Löser, Im Geiste des Origenes. Hans Urs von Balthasar als Interpret der Theologie der Kirchenväter. Frankfurt 1976.
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34. Diesen kritisch vorgeführten Alternativen lassen sich bestimmte theologische Methoden zuordnen, deren grundsätzliche Bedeutungen hiermit keineswegs abgelehnt wird. Es geht hier vielmehr um Verkürzungen, die aus einer einseitigen Überspannung dieser Methoden resultieren.
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35. Vgl. die Diskussion Schwagers mit verschiedenen exegetischen Positionen in: Jesus im Heilsdrama 77-83.
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36. "Das ist die Problematik jeder populären Aktualisierung der Jesusbotschaft, von Harnacks "Wesen des Christentums" bis zu den heute wieder boomenden Jesusbüchern.
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37. Der Ansatz einer narrativen Theologie hat seine bleibende, vor allem kerygmatische Bedeutung. Er wird nur dort problematisch, wo er gegen eine systematische Theologie ausgespielt wird. Vgl. Schwager, Jesus im Heilsdrama 23-25.
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38. Dieser Vorschlag dient der Veranschaulichung und erhebt nicht den Anspruch auf eine systematische Klärung der Struktur von (Schwagers) dramatischer Theologie. Vgl. oben Anm. 32.
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39. Man beachte, wie sich hier der Übergang von einer "Christologie von unten" zu einer "Christologie von oben" aus dem Gang des Dramas selber nahelegt.
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40. Vgl. die vorige Anmerkung. Der Überschritt zur theo-logischen Glaubensperspektive wird nur aus einer Zusammenschau aller Akte ermöglicht. Dies schließt aber nicht aus, daß für den durch die Offenbarung Angesprochenen der Auslöser für diesen Perspektivwechsel in einem ganz bestimmten Akt liegt. Ob eine Christologie (als Erlösungslehre) stärker plausibel ist, die auf das öffentliche Wirken Jesu zentriert ist, oder aber auf das Kreuz oder die Auferstehung, hängt von der (epochalen) Erfahrungswelt der Angesprochenen ab. Eine Mehrfalt von Christologien kommt von daher nicht nur im Neuen Testament und in der Theologiegeschichte vor, sondern ist auch grundsätzlich berechtigt. Dramatische Theologie versucht, dieser Pluriformität gerecht zu werden und einen Beitrag zu ihrer Integration und wechselseitigen Übersetzbarkeit zu leisten.
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41. Die theologische Deutekategorie Stellvertretung legte sich bereits nahe. Ebenso können andere Interpretamente wie Opfertod, Satisfaktion usw. vom dramatischen Zusammenhang her kritisch rekonstruiert werden.
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42. Das Handeln Jesu kann in Bezug und dennoch in Unterscheidung zu einem göttlichen Handeln (besonders 4. Akt) gewonnen werden. Die Erschließung dieses Zusammenhanges geschieht durch den Heiligen Geist (5. Akt), der in dieser Deute-Initiative vom göttlichen Handeln und dem Handeln Jesu nochmals unterscheidbar ist.
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43. Näherhin müßte hier allerdings die klassische geschlossene Dramenform vom offenen Drama unterschieden werden. Vgl. V. Klotz, Geschlossene und offene Form im Drama, München: Carl Hanser Verlag 111985.
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44. Vgl. Aristoteles, Poetik 6.
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45. Vgl. H.U.v. Balthasar, Die Tragödie und der christliche Glaube, in: ders., Spiritus Creator. Skizzen zur Theologie III. Einsiedeln: johannes Verlag 1967, 347-365.
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46. »Das Drama, das die Menschensituation als ein sakrales Symbol, für einen Augenblick übersehbar geworden, ins Licht der Wahrheit hält - der absoluten, zwischen Gott und Mensch geltenden Wahrheit -, ist etwas wie ein Sakrament, das etwas wie Gnade und Erlösung in sinnhafter Gestalt enthält. Sie liegt nicht in der Bewältigung und Aufhebung der Grundwidersprüche des Daseins; sie liegt darin, daß ein solch furchtbares, vom Schmerz geformtes Sein überhaupt im Götterlicht und Götterdunkel stehen darf. Das ist die unbegreifliche Kraft des griechischen Herzens: daß es im Licht wie im Dunkel des Absoluten Ja sagt zu diesem Dasein« (ebd. 352).
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47. Vgl. ebd. 356.
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48. Zur Charakterisierung der Tragödie als pantragisch ist neben der Tendenz von G. Steiner die "geschlossen tragische Weltsicht" nach einer Typisierung von Albin Lesky zu beachten (vgl. H.U.v. Balthasar Theodramatik I 398f.).
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49. G. Steiner, Der Tod der Tragödie. Ein kritischer Essay, München - Wien: Langen - Müller 1962.
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50. Ebd. 273; vgl. a.a.O. 7.
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51. Vgl. H.U.v. Balthasar ebd. 351.
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52. Vgl. H.U.v. Balthasar TD I, 397-408. Balthasar versuchte dies nicht nur für antike Tragödie, sondern insgesamt für das Drama zu zeigen.
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53. Der den tragischen Knoten lösende deus ex machina (etwa in der euripideischen Iphigenie auf Tauris) wäre dann die anschauliche Ausgestaltung dieser hoffenden Ahnung, die auch in den anderen Tragödien - wenn auch auf verdeckte Weise - vorhanden wäre und diese derart von ausschließlich erschütternden und als solche verfemten Trauerspielen unterschiede.
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54. W. Schadewaldt, Die griechische Tragödie. Tübinger Vorlesungen Band 4. Frankfurt: Suhrkamp-Taschenbuch 1991, 10.
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55. Ebd. 32.
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56. Umgekehrt fehlt ein helfendes direktes Eingreifen von Göttern ("deus ex machina") zwar nicht völlig, ist aber in der antiken Tragödie doch eher die Ausnahme und wurde z.B. von Aristoteles kritisiert (vgl. Poetik 15). Damit ist die Figur des deus ex machina nur im Hinblick auf die in unserem Kontext und in der Aristotelischen Poetik interessierende tragisch-indirekte Form kritisiert, nicht aber in ihrem berechtigten Anliegen. Zu letzterem vgl. oben Anm. 53.
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57. Die zahlreichen Kindesaussetzungen, die in der griechischen Mythologie mit dem Ziel vorkommen, die Realisierung drohender Orakel zu unterbinden, zeigen dies deutlich (Paris, Perseus, - Ödipus ist nur der bekannteste Fall).
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58. Vgl. oben, Kapitel 2.3.
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59. F. Dürrenmatt, Theaterprobleme, zitiert nach H.U.v. Balthasar TD I 75.
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60. Allerdings sieht G. Steiner im Christentum keineswegs den einzigen Grund für den Tod des Dramas.
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