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Panel 12 – Universität Innsbruck

PANEL 12

Ungleiche Verletzbarkeiten, regulierte Intimitäten, umkämpfte Solidaritäten: Geschlechterpolitische Implikationen und gesellschaftliche Verhandlungen der Corona-Pandemie

Chair: Marina Hilber (Innsbruck)

10.30-12.00

Feministische Perspektiven auf Gewalt in Zeiten von Covid-19

Flavia Guerrini / Heidi Siller (Innsbruck)

Gewalt gegen Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung und umfasst tatsächliche oder angedrohte Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu Schaden oder Leiden bei Frauen führen können. Gleichstellung der Geschlechter wird zudem als wesentlich für die Prävention von Gewalt gegen Frauen gesehen (Council of Europe, 2011). 

Mit Beginn der Corona-Pandemie wurde Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie häusliche Gewalt auch vermehrt in den Medien diskutiert. Dabei wurde wiederholt die Frage gestellt, ob ein Anstieg an häuslicher Gewalt zu beobachten ist, insbesondere infolge des Lockdowns zur Eindämmung der Corona-Pandemie. In diesem Beitrag werden intersektionelle Betrachtungsweisen zu Gewalt gegen Frauen und Corona-Pandemie besprochen, sowie die mediale Darstellung von Gewalt gegen Frauen und spezifisch häusliche Gewalt diskutiert.

Guerrini: Mag.a Flavia Guerrini, PhD, Assistenz-Professorin am Institut für Erziehungswissenschaft und am CGI – Center für interdisziplinäre Geschlechterforschung der Universität Innsbruck. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der historischen Bildungs- und Geschlechterforschung sowie der intersektionellen Perspektiven auf soziale Ungleichheiten und Social Care.

Siller: Mag.a Dr.in Heidi Siller, Psychologin und Senior Scientist an der Gender Medicine & Diversity Unit, Medizinische Universität Innsbruck. Ihre Forschung bezieht sich vor allem auf Gewalt in verschiedenen Settings (z.B. Ausbildung, häusliche Gewalt, Arbeitsplatz) unter intersektionellen und/oder gender-spezifischen Perspektiven, Karriere und Arbeit bei Ärzt*innen, sowie Inkludierung von Gender in (medizinischer) Ausbildung.

Die „Kernfamilie“ als Ort der Sicherheit: Zur biopolitischen Re-/Stabilisierung von Hetero- und Homonormativitäten während der Corona-Krise

Christine Klapeer (Göttingen / Innsbruck)

„Man soll zu Hause bleiben und nur noch mit der Familie in Kontakt sein“, so lautete der allgemeine Appell an die Bevölkerung anlässlich des sich ausbreitenden COVID-19 Virus im Frühjahr 2020. Auch wenn in Deutschland entsprechende Regelungen zugunsten dieser (Kern-)Familie an vielen Stellen vage blieben und (rechtliche) Unklarheiten aufwiesen, so wurde während der Corona Pandemie eines sehr deutlich: In einer gesellschaftlichen Krisensituation wurde (wiederum) die Kernfamilie und entsprechende (hetero-)normative Konzeptionen eines Haushaltes (zwei Eltern mit Kindern) zu einem Ort der Sicherheit, des solidarischen Zusammenhaltes und legitimer (körperlicher) Intimität und Fürsorge erklärt. Gerade weil queere Familien aus diesem Konzept der „sicheren“ (Kern-)Familie jedoch nicht dezidiert ausgeschlossen, sondern unter bestimmten Bedingungen mittlerweile auch eingeschlossen sind/waren, fungiert die Corona-Pandemie geradezu als Brennglas für bereits vorhandene Ambivalenzen in Bezug auf die (sozio-legale) Anerkennung queerer Verwandtschafts- und Familienkonstellationen. Demnach offenbarte sich in dieser Zeit der Krise die konstitutive Wirkkraft einer sogenannten „familialistischen“ Norm und Sozialstruktur besonders deutlich, was im Falle queerer Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse bedeutet, dass ihre zunehmende (partielle bzw. begrenzte) Anerkennung um den „Preis“ ihrer homonormativen „Familialisierung“ angeboten wird. In dem Vortrag werden die Implikationen der Corona-Krise als produktive Momente (im Sinne von Foucault) hinsichtlich der Re-/Produktion und Stabilisierung familialistischer Normen und Subjektivierungsformen den Blick genommen und insbesondere die biopolitische Anrufung der Kernfamilie als (rassisierter) „Ort der Sicherheit“ aus einer queertheoretischen und postkolonialen Perspektive kritisch analysiert.

Christine M. Klapeer, Dr., Politikwissenschaftler*in und Geschlechterforscher*in am Studienfach Geschlechterforschung der Georg-August-Universität Göttingen; im SoSe 2020 Gastprofessor*in am CGI der Universität Innsbruck. Forschungsschwerpunkte: feministische, queere und postkoloniale politische Theorie, transnationale Geschlechter-, Sexual- und Menschenrechtspolitiken, Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit; posthumanistische, politikökologische und feministisch-utopische Perspektiven auf Selbst-/Eigentum, Demokratie und politischer Subjektivität.

Ansteckendes Lachen in Zeiten einer Pandemie

Verena Sperk / Paul Scheibelhofer (Innsbruck)

In diesem Beitrag wird der Bedeutung und Funktion der vielen humorvollen Kommentare und Einwürfe (z.B. Videos, Memes) zur Covid-19-Pandemie nachgegangen. Worüber kann gelacht werden, wo gibt es Grenzen? Warum braucht es in solch einer Zeit möglicherweise gerade dieses grenzüberschreitende Lachen? Stellt es in einer Situation der Isolierung und Vereinzelung eine Möglichkeit dar, – auch global – in Verbindung zu treten? Wie werden durch die Krisensituation augenscheinlich gewordene gesellschaftliche Absurditäten – gerade auch in Bezug auf Geschlechterverhältnisse (z.B. Sorgearbeit) – durch Humor und Komik offengelegt?

Sperk: Verena Sperk ist Universitätsassistentin im Lehr- und Forschungsbereich Kritische Geschlechterforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck. Sie forscht dort zur Frage, wie Komik, Humor und Lachen eine Form der feministischen Intervention darstellen können.

Scheibelhofer: Paul Scheibelhofer ist Assistenzprofessor im Lehr- und Forschungsbereich Kritische Geschlechterforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Kritischen Männlichkeitsforschung, der Migration und der Jugend- und Biographieforschung.

Corona und Geschlecht – eine intersektionale Betroffen-heitsanalyse

Max Preglau (Innsbruck)

Geplant ist ein Beitrag zur ungleichen Betroffenheit durch Covid 19 in Abhängigkeit vom sozialen Geschlecht – unter besonderer Berücksichtigung der Überschneidungen/Intersektionen geschlechtsspezifischer Ungleichheiten mit zwei weiteren zentralen Achsen der Ungleichheit - Klasse und Ethnizität bzw. nationaler Herkunft. In welchen gesellschaftlichen Handlungsfeldern wirkt das soziale Geschlecht als Faktor der Diskriminierung aus und wie und mit welchen Effekten kommen Klasse und Ethnizität/Staatsbürgerschaft dabei ins Spiel? In welchen Konstellationen kommt es dabei zu einer Verstärkung von Nachteilen oder Mehrfachdiskriminierung, gibt es Konstellationen, in denen eine nachteilige Position auf der einen Achse durch eine privilegierte Position auf einer der anderen Achsen kompensiert oder neutralisiert wird?

Hauptaugenmerk gilt den Handlungsfeldern Erwerbsarbeit/Produktion, Familie/Reproduktion und Coronakrisenmanagement und -politik und den dort beobachtbaren Ungleichheiten bei Beschäftigung und Einkommen, bei der Beteiligung an der Sorgearbeit (Home Schooling, Kinderbetreuung) und beim Bezug von Entschädigungs- und Förderleistungen der Politik. Grundlage dafür ist keine eigene Primärerhebung, sondern eine Zusammenschau der Befunde bereits vorliegender Einzelstudien.

Univ. Prof. i.R. Dr. Max Preglau, Mitglied des CIG, vormals Institut für Soziologie der LFU-Innsbruck. Arbeitsschwerpunkte: Kritische Gesellschafts- und Geschlechtertheorien; Sozialstruktur und Sozialer Wandel; Sozial-, Gleichstellungs- und Migrations- und Integrationspolitik. Jüngste Publikation: Das europäische Sozialmodell, in: Bach, Maurizio/ Hoenig, Barbara (Hg.). Europasoziologie. Handbuch für Wissenschaft und Studium. Baden-Baden: Nomos Verlag 2017, S. 252-259.

 

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