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06/22 Tiroler Moderne meets Weinbar: Ausstattung Wein<strong>haus</strong> Happ in Innsbruck, Franz Baumann, 1920er -1950er – Universität Innsbruck

Tiroler Moderne meets Weinbar
Weinhaus Happ in Innsbruck, Franz Baumann, 1927/1928 und 1951/1952

Das Weinhaus „Happ“ unter den Lauben in der Herzog-Friedrichstraße in Innsbruck ist eine Traditionsgaststätte mit einer Geschichte, die über mehrere Jahrhunderte zurückreicht. Aktuell sind Weinhaus und Hotel geschlossen. Eine Neueröffnung im alten aber sanierten Kleid ist geplant. Bauhistorisch ist die Weinstube von großem Interesse, denn der Architekt Franz Baumann zeichnete sich in den 1920er-Jahren für Umbau und Ausstattung verantwortlich.

 

Franz Baumann, Einrichtung Weinstube Happ, Innsbruck. © Archiv für Bau.kunst.geschichte, Nachlass Franz Baumann.

Franz Baumann, Einrichtung Weinstube Happ, Innsbruck. © Archiv für Bau.kunst.geschichte, Nachlass Franz Baumann.

 

Die Geschichte der bekannten Weinstube Happ reicht weit zurück. Seit dem 15. Jahrhundert werden verschiedene Besitzer über die Jahrzehnte benannt.  Bekannt ist auch Martin Juffinger, der die Gaststätte unter dem Namen „Zum Meraner“ 1783 als Bierwirt übernahm. Weitere Besitzerwechsel führten 1874 schließlich zur Übernahme durch Franz Happ, dem das Lokal bis heute seinen Namen verdankt. Berichten zufolge war das haus in derart schlechtem Zustand, dass die Fassade im Mai 1874 zum Einsturz kam und auf die Straße brach. Baumeister Mayr wurde mit der Instandsetzung beauftragt. Nach dem Tod von Franz Happ ging das Weinhaus in den Besitz der Schwester, Marie Pfretschneider, über. Jakob Riedl pachtete die Gaststube und nannte sie „Neuwirt“.  Erst unter Maria Schwarz (geb. Riedl), ab 1921 Besitzerin des hauses, wurde das Lokal in „Weinhaus Happ“ zurück benannt. Sie war es auch, die Franz Baumann für die Umgestaltung von Fassade, Eingangsbereich, Türen und Ausstattung gewann. Zudem wurden die Gasträume erweitert, indem Räumlichkeiten des Nebenhauses mit einbezogen wurden. Das Besitzerehepaar Schwarz war in der Stadt als Kunstliebhaber bekannt. So ist es nicht verwunderlich, dass über die Ausstattung der Gaststuben mit Gemälden von bedeuteten Tiroler Malern hinaus auch eine Fassadenmalerei beauftragt wurde, die von Erich Torggler im Juni 1937 ausgeführt wurde. Den dreigeschossigen Mittelerker zieren Weinmotive und Südtiroler Volksmotive – vom Hl. Urban als Patron des Weinbaus über Halbfiguren, die einen Südtiroler Bauern und ein Mädchen zeigen, bis zu Vogeldarstellungen und Weinranken. Der Stolz der Besitzer auf die Zusammenarbeit mit den bekannten Tiroler Persönlichkeiten zeigt sich im Hinweis auf Torggler und Baumann an der Fassade („Erneuert 1937 durch Archit. F. Baumann. Fresken v. Erich Torggler“)

Franz Baumann bezog sich in seiner Ausstattung der Gasträume nicht auf die gedrungene und rundumvertäfelte Tiroler Stube, sondern wählte ein elegantes Ambiente mit lediglich akzentuiertem Einsatz von Holzeinbauten und dunklen Möbeln. Die Tiroler Moderne war in die Weinstube eingezogen. Nicht kühl, aber sachlich und traditionsverbunden erscheinen die Gasträume bis heute – allen voran die sog. „Baumannstube“. Aquarellierte Perspektivzeichnungen von Franz Baumann im Archiv für Bau.Kunst.Geschichte lassen darauf schließen, dass Baumann zu Beginn der 1950er-Jahre erneut beauftragt wurde und die Ausstattung des Weinhauses überarbeitete. In der Folge wurden z.B. hölzerne Wandpaneele mit Garderobenfunktion angebracht oder die Beleuchtung verändert. Den Zeichnungen nach wollte Baumann die Weinstube mit den für ihn bekannten massiven Stubenstühlen mit gerundeten Rückenlehnen ausstatten. Inwiefern diese tatsächlich zwischenzeitlich in der Weinstube zum Einsatz kamen, ist ebenso interessant und überprüfenswert wie die Frage nach weiteren Veränderungen in den 1950er-Jahren durch den Architekten selbst – 30 Jahre nach der Ausstattung der Weinstube.

 

 

Hinweise:
Text:
Hilde Strobl;
Recherche: Lisa Dinser

Quellen/Literatur:
Bote für Tirol und Vorarlberg, 23.5.1874; Innsbrucker Nachrichten, 5.6.1937, S. 6;
Horst Hambrusch / Joachim Moroder / Bettina Schlorhaufer: Franz Baumann. Architekt der Moderne in Tirol, Wien / Bozen 1998, S. 106–111;
Peter Walder-Gottsbacher, Vom Wirtshaus zum Grand-Hotel. Ein Spaziergang zu Innsbrucks historischen Gaststätten, Innsbruck / Wien / München / Bozen 2002, S. 57;
https://www.meinbezirk.at/innsbruck/c-lokales/ein-traditionsgasthaus-in-der-altstadt-schliesst-die-tueren_a4852396, 31.8.2021.

 

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