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Studien zeigen die Langzeiteffekte von Dürre – Universität Innsbruck
Regenboge über einer Wiese in den Alpen mit Plastikplanen, die einen Bereich abstecken

Ein Regenbogen im Stubaital. Hier wird künstlich Trockenstress erzeugt, indem die Vegetation teilweise überdacht wird.

Stu­dien zei­gen die Lang­zeit­ef­fekte von Dürre

Durch die Temperaturzunahme sind auch in unseren Breiten anhaltende Dürren und Hitzewellen präsenter geworden - der vergangene Sommer tat sein übriges dazu. Was diese Entwicklung für die Ökosysteme bringt, erforscht der Ökologe Michael Bahn in zahlreichen Projekten, die in viele Publikationen in hochrangigen Fachjournalen mündeten.

Spätestens ab der großen Hitzewelle im Jahr 2003 in Europa sei das Thema "Dürre" hierzulande stärker ins Bewusstsein gerückt. Der zuletzt veröffentlichte IPCC-Report geht davon aus, „dass diese Extremwetterereignisse vermehrt auftreten“ und „es noch längere und intensivere Trockenphasen geben wird“, sagt der Forscher vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck im Gespräch mit der APA.

Dem Thema nähert sich die Wissenschaft einerseits mit Beobachtungsstudien etwa im Grasland oder in Wäldern, die in Mitleidenschaft gezogen wurden, oder in Experimenten an. In Letzteren versucht man gezielt, bestimmte Szenarien herbeizuführen und zu analysieren bzw. Bedingungen herzustellen, die in den kommenden Jahrzehnten mit hoher Wahrscheinlichkeit in Ökosystemen einer bestimmten Gegend herrschen werden.

Komplexes Wechselspiel im Boden

Im Boden herrscht ein komplexes Wechselspiel zwischen Pflanzen und Bodenmikroorganismen. Was sich im Boden tut, hat auch starke Auswirkungen auf die Freisetzung von Treibhausgasen - allen voran CO2, aber auch das rund 300 Mal stärker als CO2 wirkende Lachgas (N2O).

Die Verbindungen zur Klimakrise sind in Ursache und Wirkung mannigfach. Die Ereignisse des Jahres 2003 hätten etwa gezeigt, "dass eine einzige solche Hitzewelle vier Jahre an Kohlenstoff-Speicherung zunichte machen" kann. Diese Erkenntnis habe dem Forschungsgebiet einen großen Schub versetzt. Es stellte sich heraus, dass die Kohlenstoffaufnahme von Ökosystemen bei Dürre stark eingeschränkt wird. Folgt auf die Dürre stärkerer Niederschlag, „kommt es zu einem vermehrten Ausstoß von Treibhausgasen aus dem System“, erklärt Bahn: „Das sieht man weltweit.“

Im Bereich der Pflanzen und Mikroorganismen gibt es bekanntlich Gewinner und Verlierer solcher Dürreereignisse. Schnell wachsende Pflanzenarten reagieren zwar empfindlicher, können sich aber auch rascher wieder erholen. Langsamwüchsige Arten sind oft Dürrestress-toleranter, erholen sich aber nicht so schnell. Hat man es jedoch mit sehr starken Dürren zu tun, können auch sehr widerstandsfähige Pflanzen an einen „Kipppunkt“ kommen, von dem aus sie sich nicht mehr erholen können. Im Bereich der Mikroorganismen gelten die Pilze als resistenter, während sich die Bakterien nach einer Dürre rascher vermehren, und dabei Stickstoff freisetzen können, der wiederum den raschwüchsigen Pflanzen zugute kommt.

Diversität erhöht Widerstandsfähigkeit

„Wir sehen also, dass es eine sehr enge Koppelung zwischen Pflanzen und Boden gibt“, so Bahn. Bei all der Komplexität, liegt genau darin auch ein wichtiger Schlüssel, wenn es um den Umgang des Ökosystems mit Trockenheit geht. Diversität - also Artenvielfalt - macht ein System widerstandsfähiger, weil die Chance höher ist, dass mehrere Arten ungünstige Episoden überstehen. Ein artenarmer Bestand oder gar eine Monokultur kann sich hingegen von Extremereignissen deutlich schlechter erholen.

Auch das „Erbe“ von früheren Dürren in Böden hat sich ein internationales Team mit Bahns Beteiligung in einem Experiment angesehen und die Erkenntnisse heuer im Fachblatt „Science Advances“ veröffentlicht. Auf zuvor gestressten Böden war die Produktivität der Pflanzen höher, wenn auch die Artenvielfalt im Boden und darüber größer ist. Verantwortlich dafür könnte auch die Rolle eines weiteren Akteurs – nämlich jene der Krankheitserreger (Pathogene) – in den Böden sein, die nach Dürren eher im Aufschwung sind, dadurch vermutlich die Aktivitäten von dominanten Arten einhegen und damit der Diversität mehr Chancen einräumen. Das Beispiel zeigt auch, wie komplex das Zusammenspiel sein kann.

Die Ökologen beobachten die Auswirkungen aber auch im Freiland: Dort werden etwa Wälder und Wiesen mittels Dächern vom Regen abgeschirmt. „Man kann dann verstehen, in welcher Weise ein ganzes Ökosystem mit seinen zahlreichen Wechselwirkungen auf Dürre reagiert“, erklärt Bahn. In einer Überblicksstudie im Frühjahr in „Nature Ecology & Evolution“ zeigte man aber auch, dass die Produktivitätsverluste, die mit Trockenheit einhergehen, um bis zu 50 Prozent stärker sein können als auf Basis von Experimenten oft angenommen wird. Am besten sei es daher, verschiedene Forschungsansätze von kleinräumigen Experimenten, über Langzeitbeobachtungen in Ökosystemen bis hin zu großflächigeren Analysen von Satellitendaten miteinander zu verknüpfen.

Genauere Klimaprognose- und Ökosystemmodelle

All diese Erkenntnisse sollen dann in der Folge noch genauere Klimaprognose- und Ökosystemmodelle ermöglichen. Auf deren Basis kann man abschätzen, wie es um Niederschlag, Temperaturentwicklung und Treibhausgasgehalt in verschiedenen Regionen in wenigen Jahrzehnten bestellt sein könnte - und diese Begebenheiten schon jetzt simulieren. Bahn vergleicht diesen Ansatz mit einer „Zeitmaschine“. Seit einigen Jahren läuft ein Versuch dazu an der Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein in der Steiermark, der die kombinierte Auswirkung von Dürre, Klimaerwärmung und einer erhöhten Konzentration von CO2 in der Luft untersucht.

Manche Tendenzen zeichnen sich schon ab: Bei höheren CO2-Konzentrationen können Pflanzen vermehrt Wasser sparen, was dem Effekt entgegenwirkt, dass höhere Temperaturen mehr Wasser aus dem Boden ziehen. „Im künftigen Klima kommt es zu einer verstärkten Dürrewirkung, aber zugleich erholen sich die Systeme rascher, weil das vermehrte CO2 von den Pflanzen zum Aufbau von Biomasse genutzt werden kann. Das CO2 puffert also tatsächlich ein wenig den Erwärmungseffekt.“

Während viele Fragen noch offen sind, sei für den Wissenschafter eines klar: Artenreichtum ist eine gute Versicherung gegen verheerende Dürrefolgen. „Diversere Systeme sind resilienter.“ So zeige sich immer wieder, dass man weg müsse von Monokulturen, wie unseren weit verbreiteten Fichtenwäldern. Dafür gebe es auch bereits viel Verständnis in der Bevölkerung. Konfliktbehafteter sei hingegen die Frage der Wassernutzung und drohende Konflikte um das Wasser, wie man sie in Ansätzen aktuell schon im burgenländischen Seewinkel sieht.

Bereitschaft der Bevölkerung vorhanden

Bahn war zuletzt auch in die Arbeit des österreichischen Klimarates eingebunden, bei dem 100 statistisch ausgewählte Menschen mögliche Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2040 erarbeitet haben. Er zeigte sich „sehr beeindruckt“ angesichts des Interesses und Engagement aller Teilnehmern. So habe der Forscher den Eindruck gewonnen, dass die Bevölkerung dazu bereit ist, sich dem Thema Klimawandel und -anpassung aktiv und konstruktiv zu stellen. Bahn: „Die Politik sollte die Bereitschaft der Bevölkerung nicht unterschätzen, Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise mitzutragen.“

(APA Science/red)

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