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Das Wassermanagement des antiken Arles – Universität Innsbruck
Zwei Pfeiler eines römischen Aquädukt

Brücke des römischen Aquädukts in Arles

Das Was­ser­ma­na­ge­ment des anti­ken Arles

Mithilfe von Karbonatfragmenten haben Forschende aus Mainz, Oxford und Innsbruck die komplexe Geschichte des Aquäduktsystems von Arles entschlüsselt. Am Institut für Geologie wurden dafür hochaufgelöste Isotopenmessungen an den Kalkkrusten durchgeführt, mit denen die Verwendung dieser Wasserleitungssysteme über die Zeit zu verfolgen kann.

Kalkablagerungen, die sich in den Aquädukten, Becken und Bleirohren des antiken Aquäduktsystems von Arles in der Provence abgesetzt hatten, sowie Klumpen von Aquäduktkarbonat, die als Baustoff im Dach der sogenannten Konstantinsthermen verwendet wurden, ermöglichten die Untersuchung der komplexen Geschichte dieser antiken Infrastrukturbauwerke. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Geoarchaeology veröffentlicht.

Wie Tonbandgerät, das über Jahrhunderte aufzeichnet

„Wir haben die hochaufgelösten Isotopenmessungen an den Kalkkrusten gemacht, die sich in dem Aquädukt gebildet haben und die der Schlüssel sind, um die Verwendung dieser Wasserleitungssysteme über die Zeit verfolgen zu können – gewissermaßen wie ein Tonbandgerät, das über Jahrhunderte aufgezeichnet hat“, erzählt Christoph Spötl vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck. „Ohne die Karbonatarchive des Aquädukts wäre es unmöglich, diese Zusammenhänge zu rekonstruieren“, sagt der Geoarchäologe Cees Passchier von der Universität Mainz. „Da die Ablagerungen jedoch stark mit Ton kontaminiert sind, können sie mit herkömmlichen Datierungsmethoden zeitlich nicht eingeordnet werden. Stattdessen analysierten wir stabile Sauerstoff- und Kohlenstoffisotope aus den Karbonaten und korrelierten die Isotopenprofile, um die Zeitpunkte ihrer gleichzeitigen Ablagerung zu ermitteln“, ergänzt Gül Sürmelihindi, ebenfalls von der Universität Mainz. „Dadurch konnten wir die gleichen Jahresschichten in den Karbonaten identifizieren und so ihre relativen Ablagerungszeiträume und damit den historischen Zeitpunkt der Umbauten und Veränderungen am Wasserversorgungssystem von Arles bestimmen."

Schnittfläche einer Kalkkruste mit den gut sichtbaren Ablagerungsschichten in unterschiedlichen Brauntönen.

Karbonatprobe aus dem Dach der römischen Bäder in Arles 

Mit Karbonaten zum vollständigen Bild

„Diese Studie zeigt deutlich, wie ein römisches Aquädukt über mehrere Jahrhunderte hinweg funktionierte und von den Römern zu verschiedenen Zeiten umgebaut, effizient gewartet und modifiziert wurde. Damit ist es eines der deutlichsten Beispiele für ein nachhaltiges Wassermanagementsystem der Antike", sagt Sürmelihindi. „Im Gegensatz zu früheren Studien, in denen wir uns meist mit einem einzelnen Aquädukt befassten, haben wir hier die komplexe Wasserversorgung des antiken Arles, bestehend aus mehreren Aquädukten, einem Becken und verbundenen Wasserstrukturen in der Stadt, untersucht“, ergänzt Passchier, ebenfalls von der Uni Mainz. Während einige Zusammenhänge zwischen verschiedenen Elementen des städtischen Wasserversorgungssystems schon länger vermutet wurden, gelang es den Forschenden nun, dieses Bild anhand von Archivmaterial aus dem Arleser Wassersystem zu bestätigen und die lange Lebensdauer des römischen Aquädukts von Arles nachzuweisen.

Ab dem Jahr 3 v. Chr. versorgte ein Aquädukt von der Südflanke der Alpilles die Stadt Arles mit Wasser. Fast 100 Jahre später wurde jedoch ein weiteres Aquädukt von der Nordseite derselben Hügel gebaut, dessen Wasser mit dem des südlichen Gegenstücks in ein bestehendes Becken des ursprünglichen Aquädukts floss. Mit der Eröffnung des nördlichen Aquädukts erhielt das südliche eine neue Funktion: Es wurde nun umgeleitet, um einen riesigen 16-rädrigen Wassermühlenkomplex im benachbarten Barbegal anzutreiben, wie die Forscher in einer früheren Studie bestätigten – ebenfalls durch die Analyse von Karbonaten.

Römische Ruine

Die römischen Bäder in Arles. Im Vordergrund sind Betonblöcke aus der kollabierten Decke zu sehen, in denen die Forschenden Karbonate aus einem älteren Aquädukt fanden.

Wie die Forschenden weiterhin herausfanden, diente das Becken ursprünglich als Sammelbecken vor einer Aquädukt-Arkadenbrücke: Solche Becken wurden eingelassen, damit sich Sand und andere Schwebstoffe absetzen konnten. Das nördliche Aquädukt wurde später improvisiert hinzugefügt. Dies erkannten die Forschenden daran, dass die architektonischen Reste an einem höheren Punkt in das Becken münden. Ein weiteres Puzzleteil lieferten eingestürzte Deckenstücke der Konstantinsthermen in Arles, deren Wasserlieferant bislang unbekannt war. „In diesen eingestürzten Deckenfragmenten des nördlichen Aquädukts fanden wir ebenfalls Aquäduktkarbonate. Offenbar wurde das Aquädukt beim Bau der Thermen im frühen 4. Jahrhundert n. Chr. auf Befehl Kaiser Konstantins restauriert und die abgeplatzten Karbonate als Baumaterial für das Dach der Therme verwendet“, so Sürmelihindi. Auf diese Weise konnten die Forschenden die bislang unbeantwortete Frage beantworten, wie das Bad mit Wasser versorgt wurde und bis wann die römische Wasserleitung in Betrieb war – zumindest bis zur Erbauung der Therme, denn für deren Bau wurde das aus der Wasserleitung gewonnene Karbonat verwendet. Höchstwahrscheinlich war die Wasserleitung bis weit ins 5. Jahrhundert n. Chr. in Betrieb, also bis zur Ankunft der einfallenden Franken und Burgunder.

Auch die Rolle der im 19. Jahrhundert entdeckten großen Bleirohre aus römischer Zeit, die quer durch das Flussbett der Rhone verliefen, war lange umstritten. Wohin transportierten diese Rohre das Wasser? Auch diese Frage konnten die Forschenden mithilfe von Karbonaten klären: In den Bleirohren fanden sich Ablagerungen mit ähnlicher Isotopenzusammensetzung wie in den Aquädukten des Nord- und Südarms. Dies bestätigte, dass ein umgekehrter Siphon des Aquädukts von Arles das gegenüberliegende Viertel Trinquetaille versorgte.

Publikation: The Roman Water Management of Arles as Read in Aqueduct Carbonate Archives. Gül Sürmelihindi, Cees Passchier, Andrew Wilson, Christoph Spötl. Geoarchaeology 2025. DOI: 10.1002/gea.70020

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