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Quitterer Josef: Kreuze im öffentlichen Raum
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Kreuze im öffentlichen Raum

Autor:Quitterer Josef
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:Tiroler Sonntag vom 13. September 2018
Datum:2018-09-22

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Wieso eigentlich das Kreuz? Wir Christen haben doch viel schönere und harmonischere Symbole wie den Fisch, das Lamm, den guten Hirten oder eine Taube, die wir als Erkennungsmerkmal benützen könnten. Warum steht bei uns gerade das Kreuz im Mittelpunkt – ein archaisches Folter- und Hinrichtungsinstrument? Ist es nicht höchst eigenartig, dass eine Religion ein identitätsstiftendes Symbol auswählt, welches mit öffentlicher Demütigung und qualvollem Sterben gleichgesetzt wird? Und braucht man sich dann nicht zu wundern, wenn man so ein Symbol aus öffentlichen Räumen entfernen will?

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Das Kreuz ist mit das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann. Das allein könnte schon ein Grund sein, es zu meiden und aus der Öffentlichkeit zu entfernen. Es soll tatsächlich Eltern geben, die ihren Kindern das grausame Kreuz nicht zumuten wollen und sich deshalb gegen Kreuze in Kindergärten und Schulen wenden. Ein Fisch oder ein Lämmchen an der Wand würden wahrscheinlich weniger Widerstand hervorrufen.

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Das Kreuz ist von hause aus ein öffentliches Symbol, jeder und jede weiß, was damit gemeint ist. Es steht zunächst für Tod, Gewalt, Zerstörung und Leid – und für unseren Glauben daran, dass Gott in der Person Jesu Christi den Tod überwunden hat. Das Kreuz ist kein Geheimzeichen, wie der Fisch – bei dem Eingeweihte erst aus den Buchstaben des griechischen Begriffs über Umwegen erschließen können, dass es ein Symbol für Jesus Christus ist. Das Kreuz ist kein Privatzeichen sondern ein Symbol, das für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Es versteht sich also von selbst, dass das Kreuz überall dort hängt, wo Christinnen und Christen ihren Glauben leben, erklären und sich mit ihm abmühen – in Schulen, Hörsälen, Krankenhäusern und natürlich Kirchen.

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Ist das nicht eine Zumutung für diejenigen, die den christlichen Glauben nicht teilen? Haben sie nicht Recht, wenn sie die Entfernung der Kreuze aus öffentlichen Gebäuden fordern? Wer will schon ständig an die menschliche Katastrophe erinnert werden, die sich vor zweitausend Jahren in Jerusalem abgespielt hat bzw. daran, dass bestimmte Menschen daran glauben, dass Jesus Christus diese Katastrophe überwunden hat? Mit der Begründung, Religion sei Privatsache werden heute Kreuze aus dem öffentlichen Raum entfernt: Aus Hörsälen, Krankenhäusern und Schulen werden sie verbannt, Kirchenkreuze auf Produktverpackungen werden wegretuschiert, ja sogar die Existenz von Gipfelkreuzen wird in Frage gestellt.

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Das Kreuz in der Öffentlichkeit wird zunehmend als störend empfunden. Was ist der Grund dafür? Es geht wohl kaum darum, den Machtanspruch der katholischen Kirche zurückzuweisen. Das Kreuz ist immerhin das Symbol von mehr als 500 zum Teil miteinander konkurrierenden christlichen Kirchen und kann – im Unterschied zur gelb-weißen Kirchenfahne – keiner bestimmten religiösen Gemeinschaft zugeordnet werden. Es muss also einen anderen Grund für die negative Haltung gegenüber dem Kreuz geben.

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Meines Erachtens werden Kreuze deshalb entfernt, weil man überhaupt keine religiösen Bekenntnisse im öffentlichen Raum haben will. Der Glaube an Gott und an Jesus Christus gilt ebenso als Störfaktor wie das öffentliche Bekenntnis zu Allah und seinem Propheten. Religiöse Überzeugungen haben demnach ihren Platz ausschließlich im privaten Bereich und im subjektiven Erleben. Religiöse Bekundungen gelten als peinlich und als politisch nicht korrekt. Wie viele Christinnen und Christen wagen es heute noch, in der Öffentlichkeit (außerhalb der Messfeier) ihren Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod und an die Auferstehung auszudrücken?

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Die Beseitigung religiöser Symbole und Sprechakte aus dem öffentlichen Raum bleibt aber nicht ohne Folgen. Sie führt zu einer religiösen Sprachlosigkeit und dazu, dass Religion dem Bereich der subjektiven Beliebigkeit überlassen wird. Wenn religiöse Überzeugungen keinen öffentlichen Ausdruck mehr finden, werden sie nicht mehr nachvollziehbar und korrigierbar. Eine rein private Religion muss keine Rechenschaft mehr ablegen über ihre Sinnhaftigkeit, ihren Nutzen für das Allgemeinwohl und ihre Vereinbarkeit mit den Grundnormen unserer Gesellschaft. Der Trend zu einer fortschreitenden Säkularisierung des öffentlichen Raums führt gerade nicht dazu, dass Religion verschwindet – im Gegenteil: Das Religiöse, das dann seinen Ort im privaten Gefühlsleben und verschworenen Zirkeln bekommt, manifestiert sich in einer harmlosen Ausprägung in frömmlerischer Gefühlsduselei und in seiner gefährlichen Variante im religiösen Fundamentalismus.

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Die Entfernung der Kreuze und anderer religiöser Symbole aus dem öffentlichen Raum geht einher mit der Unfähigkeit, dasjenige, wovon man religiös überzeugt ist, öffentlich – das heißt sprachlich oder in der Kunst – auszudrücken. Ein abgenommenes Kreuz im Hörsaal wird so zu einer verpassten Gelegenheit, die damit verbundenen Glaubensüberzeugungen in den öffentlichen Diskurs von Vernunft und Wissenschaft einzubringen. Kreuze oder andere religiöse Symbole im öffentlichen Raum sind nicht nur ein Ausdruck persönlicher Glaubensüberzeugungen, sie haben auch eine gesellschaftliche Funktion. Nur eine Religion, die sich in Symbolen und Bekenntnissen in den öffentlichen Raum begibt, setzt sich der kritischen Reflexion aus und ist besser gefeit vor Absolutierungen und religiösen Kurzschlüssen.

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