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Flow durch Kunst und Musik? – Universität Innsbruck
Gruppe von Studierenden bei einem Ausstellungsbesuch
Die Studierenden um Manuela Marin besuchen gemeinsam eine Ausstellung.

Flow durch Kunst und Mu­si­k?

Im Rahmen eines Projektseminars im Sommersemester untersuchten 21 Masterstudierende der psychologie, ob durch Kunst- und Musikrezeption Flow ausgelöst werden kann und wie dieser mit ästhetischen Erfahrungen im Zusammenhang steht.

Die Studie wurde in Kooperation mit den Tiroler Landesmuseen und dem Landeskonservatorium Tirol durchgeführt und konnte dank einer Förderung der Initiative ProLehre des Vizerektorats für Lehre und Studierende erfolgreich umgesetzt werden.
Flow bezeichnet den beglückenden Zustand der völligen Versunkenheit in eine Tätigkeit bei voller Konzentration. Menschen im Flow sind weder unter- noch überfordert in ihrem Handeln und gehen völlig darin auf. Flow wird oft mit Extremsport, der Arbeitswelt und Kunstproduktion in Verbindung gebracht. In diesem Projektseminar unter der Leitung von Mag. Mag. Manuela Marin, MSc wollten Studierende herausfinden, ob Flow durch Kunst- und Musikerleben im sozialen Kontext ausgelöst werden kann, und wie dieser konkret mit ästhetischen Erfahrungen zusammenhängt. Die Daten dafür erhoben sie in zwei Gruppen im Ferdinandeum nach einer Sonderausstellung und bei Konzerten des Tiroler Landeskonservatoriums im Mai. Das übergeordnete Ziel des Projektseminars war es, Studierenden den Forschungsalltag näher zu bringen und eine gemeinsame Publikation anzustreben.

TeilnehmerInnen der VL „Empirische Ästhetik“ im SS 2019 mit LV-Leiterin Manuela Marin

TeilnehmerInnen der VL „Empirische Ästhetik“ im SS 2019 mit LV-Leiterin Manuela Marin

Im Ferdinandeum nahmen 170 BesucherInnen der Ausstellung „Egger-Lienz und Otto Dix - Bilderwelten zwischen den Kriegen“ aus zahlreichen Ländern an der Studie teil. Die Werke der beiden Künstler aus dem deutschsprachigen Raum stellen das alltägliche Leid der Nachkriegszeit und eigene Kriegserfahrungen auf besonders eindrucksvolle und teils schonungslose Weise dar. So wird nicht nur die zwiespältige Faszination für Krieg thematisiert, sondern auch Kriegshinterbliebene wie Witwen, Prostituierte und Kranken sind häufige Motive. Ein Großteil der Werke von Otto Dix ist in Österreich erstmalig zu sehen und einige sind sogar erstmalig ausgeliehen. Die Kuratorin, Dr. Helena Pereña, erklärt ihr Interesse an der Forschungskooperation so: „Die Auswahl der Bilder in der Ausstellung wirkt sehr emotional. Es wird nicht nur an den Intellekt, sondern vor allem an die ‚Eingeweide‘ appelliert. Daher waren wir sehr neugierig, mehr über die Gefühle und Erfahrungen unserer BesucherInnen zu erfahren.“ Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, merkt an: „Ob die Werke der beiden durch eine Generation getrennten Künstler bei diesem Thema Flow erzeugen können, sei dahingestellt. Was einen Flow erzeugen könnte, das sind die Erkenntnisse, die sich aus der vergleichenden Betrachtung der beiden Oeuvres bieten.“

Für die zweite Studie füllten 139 ZuhörerInnen nach 21 Konzerten und Vorspielabenden des Konservatoriums Fragebögen aus, die Flowerleben und ästhetische Erfahrungen erfassten. Die Konzerte waren von hohem Niveau und umfassten viele Musikinstrumente. „Ich bin selbst Musikliebhaberin und spiele ein Instrument. Ich glaube, dass bei mir Musik schon oft Flow ausgelöst hat. Diese Annahme auch bei ZuhörerInnen empirisch zu überprüfen war für mich sehr spannend“, erklärt eine der Studentinnen ihre Motivation, am Projektseminar teilzunehmen. Dr. Nikolaus Duregger, Direktor des Tiroler Landeskonservatoriums, weist auf den Erfolg des Projektseminars hin: “Ich freue mich, dass das Tiroler Landeskonservatorium für diese Studie ausgewählt wurde. Nicht nur, dass die Ergebnisse interessant sind; schon rein durch die Fragestellungen wurde bei den Studierenden wie den ‚normalen‘ KonzertbesucherInnen Bewusstsein gebildet und erweitert, sodass der Nutzen doppelt ist.“

Die im Seminar gelehrten Inhalte bzw. bereits im Studium erworbenen Kenntnisse wurden unmittelbar in die Forschungspraxis umgesetzt. Von der Idee bis hin zur Erstellung eines Manuskriptes für einen Forschungsartikel erarbeiteten die Studierenden alle Schritte des Forschungsprozesses selbst und wurden dabei von vier studentischen MitarbeiterInnen tatkräftig unterstützt (Moritz Hebel-Haug, Jana Müller, Bianca Kreft und Felix Leitner). Dabei lernten die Studierenden als Gruppe effektiv zusammen zu arbeiten und die verschiedenen Aufgabenbereiche zu koordinieren. Dazu gehörten auch die gemeinsame Reflexion, Entscheidungen zu treffen, und die Fähigkeit, konstruktive Kritik zu geben und diese auch aufzunehmen.

Die Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern und der Wissenschafts-Community gewährte ebenso wichtige Einblicke in den realen Forschungsalltag: „Man hat einen Blick hinter die Kulissen der Forschung werfen können und sehr authentische Eindrücke in den Wissenschaftsalltag mit seiner Organisation und seinen Herausforderungen bekommen“ meint ein Seminarteilnehmer. Die jungen ForscherInnen erkennen das als Mehrwert für ihre Zukunft: „Was dieses Seminar für mich so besonders macht, ist, dass daraus etwas wirklich Bleibendes entsteht, nämlich eine Publikation. Wir tragen somit etwas zur wissenschaftlichen Community bei. Auch für den Lebenslauf ist es sicher positiv, eine Publikation vorweisen zu können.“ Eine andere Studierende bemerkte: „Besonders für Musik- und Kunstinteressierte war dieses Seminar sehr spannend, und ich fand es angenehm, mal ‚echte‘ Forschung zu betreiben“. „Es war schön, die Studierenden mit so viel Engagement bei der Sache zu sehen und sie in dieser auch für mich spannenden Zeit zu begleiten“, erklärt Manuela Marin abschließend.

(Pia Dumberger, Johanna Hinterholzer und Katharina von Fürstenberg)

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