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Kronreif Franz: Jenseits des Dialogs
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Jenseits des Dialogs
(Erfahrungen in der Begegnung der Fokolar-Bewegung mit Atheisten)

Autor:Kronreif Franz
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2012-05-22

Inhalt

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Hinweis: Lesen Sie auch die anderen Beiträge zum Dies Academicus 2012:

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Meine Aufgabe ist es, meine Erfahrung des Dialogs zwischen Christen und Atheisten zu reflektieren. Die Aufgabenstellung ist insofern zutreffend, als Dialog keine Denksportaufgabe, kein Wettstreit und keine Koalitionsverhandlung ist, sondern eben in sich Erfahrung. Es ist ein Fahren, wie etwa mit dem Rad über das Tiroler Mittelgebirge: man bricht auf und kommt woanders an. Unterwegs er-fährt man eine ganze Menge an Wetter, Landschaft und Menschen. So ist auch der Dialog zwischen Christen und Atheisten Erfahrung im Sinn von Aufbruch, gemeinsamer Wegstrecke und Ortsveränderung.

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Vier Atheisten in Assisi

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Wie gerät ein Architekt in einen weltanschaulichen Dialog? Vor 14 Jahren hat sich sozusagen «zufällig» ein Kontakt zwischen der Fokolar-Bewegung, der ich angehöre, und der Kommunistischen Partei Österreichs ergeben. Daraus wuchsen ein fruchtbarer, beständiger Dialog mit einem Teil der Parteiführung und eine persönliche Freundschaft mit Walter Baier, der bis 2006 den Vorsitz in der KPÖ innehatte. Es entstanden gemeinsame Projekte, zuletzt ein gemeinsamer Auftritt beim Weltsozialforum in Dakar 2011. Vorläufiger medial wahrgenommener Höhepunkt des Dialogs war, dass Walter Baier im vergangenen Oktober von Benedikt XVI. als einer der 4 atheistischen Intellektuellen zur Friedenswallfahrt nach Assisi eingeladen worden ist. Bemerkenswert seine Antwort auf die provozierende Frage eines Schweizer Journalisten bezüglich der Beweggründe dafür: «Auch dem Papst kann man nicht von vorneherein absprechen, dass er ein Mensch guten Willens ist.» Walter Baier resümiert all die Jahre des Dialogs mit der Fokolar-Bewegung so:

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«Wir stimmen auch heute nicht in allem überein. So wie auch unter heutigen MarxistInnen Meinungsunterschiede bestehen, so gibt es sie auch zwischen uns. Wir sind geblieben, was wir am Beginn unserer gemeinsamen Erfahrung waren, nämlich Fokolare und KommunistInnen. Doch soweit es mich betrifft, kann ich auch sagen, dass ich durch den Dialog auch im Hinblick auf meine kommunistische Weltanschauung bereichert worden bin.»[1]

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360° Dialog der Fokolar-Bewegung

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Die Gespräche mit Walter Baier sind in einen größeren weltweiten Zusammenhang eingebettet. Die Fokolar-Bewegung ist in der katholischen Kirche entstanden und mittlerweile in 180 Ländern auf der Welt vertreten. Ihr Leitstern ist ein Wort Jesu aus den Abschiedsreden bei johannes: «[…] sie sollen eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir.»[2] Dieses Wort wird u.a. auf verschiedenen Dialog-Schienen umgesetzt: dem Dialog innerhalb der eigenen Kirche, zwischen den christlichen Konfessionen, mit Menschen nicht-christlicher Religionen sowie mit Menschen nicht-religiöser Weltanschauung. Z.B. gibt es in der Nähe von Augsburg seit den 1960er Jahren ein ökumenisches Lebenszentrum. In Algerien ist die Bewegung zu 95% muslimisch. Seit fast 30 Jahren gibt es in der Zentrale der Fokolar-Bewegung bei Rom auch ein Zentrum für den Dialog mit Menschen nicht religiöser Weltanschauung, also mit Agnostikern und Atheisten. Seit 2007 ist dieser Dialog auf Weltebene mein Aufgabenbereich.

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Atheisten innerhalb der Fokolar-Bewegung

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Etwa 120 nichtreligiöse Menschen  gehören zum inneren Kreis der Fokolar-Bewegung, mit etwa 1.000 weltweit besteht ein regelmäßiger Kontakt, oft in Form von gemeinsamen Projekten und um die 8.000 von ihnen halten sich gewissermaßen im Dunstkreis der Fokolar-Bewegung auf und nehmen fallweise an ihren Veranstaltungen teil. Wenn die Zahl auch noch vernachlässigbar klein erscheint, möchte ich doch das Augenmerk auf die 120 Atheisten – vom Handwerker bis zum Professor - lenken, die zum Innenbereich der Bewegung gehören und die deren Ziele und Geistigkeit in den Grenzen der eigenen Weltsicht teilen. Die 2008 verstorbene Fokolar-Gründerin Chiara Lubich bezeichnet die Mitglieder mit nicht religiösen Überzeugungen als notwendigen Bestandteil, ohne den die Fokolar-Bewegung nicht vollständig wäre. Mit ihnen übersetzen wir in einem mehrjährigen Prozess die Grundpfeiler der Fokolar-Spiritualität in säkulare Sprache, damit sie weitgehend auch für Nichtglaubende verständlich und zugänglich sind, ohne damit die im Evangelium gründende Wurzel zu verwässern. Das mag nach einer unmöglichen Quadratur des Kreises aussehen. Dass ich nicht von einer bloßen Wunschvorstellung spreche, soll ein Beispiel belegen. Die Wiege der Fokolar-Bewegung in Albanien ist die Wohnung von Luan und Donika Omari. Luan ist Professor für Verfassungsrecht, Donika Journalistin. Gemeinsam haben sie die geistlichen Schriften von Chiara Lubich ins Albanische übersetzt. Jetzt aber kommt’s: Luan Omari ist der Neffe des ehemaligen Diktators Enver Hoxha, der stolz darauf war, Albanien als den weltweit ersten atheistischen Staat ausgerufen zu haben. Mittlerweile ist auch Luan Omari – wie Walter Baier – zum geschätzten atheistischen Gesprächspartner des päpstlichen Kulturrates geworden.

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Ich halte die Dialog-Initiative von Kardinal Ravasi, den «Vorhof der Völker» - für eine gute Sache. Allerdings klingt in mir Walter Baiers Frage nach: «Wann dürfen wir auch ins Wohnzimmer?» In aller Bescheidenheit halte ich fest, dass in der Fokolar-Bewegung die Atheisten im Wohnzimmer sitzen.

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Ein kenotischer Dialog

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Es stellt sich die Frage, wie denn ein solcher kontinuierlicher Dialog mit ihnen und noch mehr ihre Beheimatung in einer überwiegend katholischen Bewegung funktionieren kann. Die Aussage eines Toningenieurs in einem französischen Medienkonzern führt uns zur Wurzel. Der Pariser Atheist – er gehört zum harten Kern der Gruppe – bringt dazu eine Aussage Chiara Lubichs ins Spiel: «Die Atheisten sind in Jesu Schrei am Kreuz abgebildet: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘ [3]» Und hängt die Frage an: «…und Jesus wollt ihr doch wohl lieben und nicht bekehren.» Er spricht damit einen mystischen Text Lubichs an und berührt so in der Tat die Basis des Verhältnisses von Glaubenden und Nichtglaubenden in der Fokolar-Bewegung. Ausgehend vom Paulus-Wort «Ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten»[4] schreibt Chiara Lubich:

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 «Ich habe nur einen Bräutigam[5] auf Erden: Jesus den Verlassenen. Ich habe keinen Gott außer ihm. In ihm ist das ganze Paradies mit der Trinität und die ganze Erde mit der Menschheit.
Was sein ist, ist also mein, sonst nichts. Und sein ist das Leid der ganzen Welt – und deshalb auch mein.
Ich werde durch die Welt gehen und ihn suchen, in jedem Augenblick meines Lebens. Was mir weh tut, ist mein. Mein ist das Leid, das mich im Augenblick berührt. Mein ist das Leid der Menschen neben mir (das ist mein Jesus). Mein ist alles, was nicht Friede oder Glück, was nicht schön, liebenswert, heiter[6] ist … - kurz: all das, was nicht Paradies ist. Denn auch ich habe mein Paradies, doch es ist das Paradies im Herzen meines Bräutigams. Ein anderes kenne ich nicht.
So wird es sein in den Jahren, die mir bleiben: dürstend nach Schmerz, Angst, Verzweiflung, Schwermut, Trennung, Verbannung, Verlassenheit und innerer Qual, nach … allem, was er ist, und er ist die Sünde, die Hölle.[7]
So trockne ich die Flut der Bedrängnis in den Herzen vieler, die mir nahe sind, und durch die Gemeinschaft mit meinem allmächtigen Bräutigam auch in manchen, die fern von mir sind. Ich werde vorübergehen wie Feuer, das verzehrt, was vergehen muss, und nur die Wahrheit bestehen lässt.
Aber dazu ist es nötig, wie er zu sein: Er zu sein, je im Jetzt des Lebens.»[8]

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Das ist kein runder, beschaulicher Text. Lubich bricht ihn in einem späteren Text in die Alltagswirklichkeit herunter:

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«Das Maß der christlichen Liebe ist im gekreuzigten und verlassenen Jesus zu finden. Um die Nächsten zu lieben, ist es nötig, alles zur Seite zu stellen, sogar die höchsten geistlichen Dinge; so hat auch er aus Liebe zu uns sogar die Verlassenheit vom Vater durchlitten […]. Nur eine Liebe, die sich an diesem Maß orientiert, kann die Einheit in Fülle verwirklichen.»[9]

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Die Kenosis, die Entäußerung der der zweiten göttlichen Person, wie Paulus sie im Philipperhymnus beschreibt, wird zum Maßstab jeder menschlichen Begegnung und insbesondere für die Begegnung zwischen Glaubenden und Atheisten und gilt für beide Seiten.

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«Er war Gott gleich, / hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich / und wurde wie ein Sklave / und den Menschen gleich. / Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich / und war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz.»[10]

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In ihrem Buch «der Schrei» rückt Lubich Jesus am Kreuz in die Nähe der Atheisten:

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«In seiner Gottverlassenheit wird Jesus zum Gekreuzigten derer, die sich zu keinem religiösen Glauben bekennen; denn für sie wurde er – wie gesagt – gleichsam ‚einer ohne Gott‘»[11]

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Der Gründerin der Fokolar-Bewegung ist schließlich selbst die Erfahrung der Atheisten zu Eigen geworden. In den letzten vier Lebensjahren ist sie in eine «Gottesfinsternis» eingetaucht. In fragmentarischen Notizen der Jahre 2004 – 2008 lesen wir:

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«Gott ist weit fortgegangen, […] er entfernt sich bis zum ‚Horizont des Meeres‘, hinter dem Horizont verschwindet er und ist nicht mehr zu sehen.»[12]

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«Wozu habe ich gelebt, wenn mein Ideal [Gott] nicht mehr existiert.»

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«Das ist Teilhabe an der Gottverlassenheit Jesu, ähnlich der Hölle, die in der Abwesenheit Gottes besteht. […] In jenen Tagen wurde ich an das Weizenkorn erinnert, das sterben muss. Ich empfand mich als Tote, ver­las­sen, in der Hölle. Nie hätte ich gedacht, dass daraus Früchte erwachsen könnten.»[13]

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Atheisten erkennen in ihr sozusagen eine von ihnen. So sagt der Philosoph und frühere Bürgermeister von Venedig, Massimo Cacciari, nach Chiaras Tod in einem Interview:

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«Wie kann man die Beziehung zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden bei Chiara Lubich definieren? Der Nichtglaubende lebt beständig im Glaubenden und der Glauben­de beständig im Nichtglaubenden. Wenn ein Nicht-Glaubender denkt, ist er ein Nicht-Glau­bender auf der Suche […]. So ist auch der Glaubende kein befriedeter Glaubender, nicht locker drauf, bewegungsfaul, sitzend, im Besitz der Wahr­heit. Auch er ist beständig auf der Suche, jeden Morgen muss er sich den Glauben neu erobern. Daher ist der Binde­strich, der den Glauben­den und den Nicht-glaubenden in ihrer Distanz, in ihrem Unterschied ganz stark verbindet, eben die Suche, der eigene Zweifel. […]»[14]

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Ein trinitarischer Dialog

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Dialog in diesem Sinn ist für Cacciari keine gepflegte Salonveranstaltung. Wenn er nach dem Maß der Entäußerung, der Kenosis Christi am Kreuz geführt wird, wurzelt er im dreifaltigen Gott:

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«Chiaras Mystik ist trinitarisch; sie liebt den Gott, der Bezie­hung ist, der in sich Beziehung ist und der also - da er in sich Beziehung ist - uns verpflich­tet, uns bestimmt, Beziehung zu sein. Wir treten nicht in Beziehung, wir sind keine Identitäten, die in Bezie­hung treten, sondern wir selber sind in onto­logi­scher Weise Beziehung.»[15]

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Auch mein russischer Freund Juri Pismak schöpft für sein Leben aus der Geistigkeit Lubichs. Pismak ist Professor für theoretische Physik an der staatlichen Universität in St. Petersburg. Noch zu Sowjet­zeiten ist er im Zuge eines Studentenaustausches in der Schweiz zur Fokolar-Bewegung gestoßen. Er bezeichnet sich selber als «wissenschaftlicher Atheist», um zu sagen, dass Gott einfach nicht in sein wissenschaftliches Weltbild passt. Wenn ich mit ihm und seiner Familie gemeinsam den Urlaub verbringe, besuchen alle zusammen mit mir die hl. Messe. Er hat sich dann auch schon einmal als «gläubiger Atheist» geoutet. Er brauche einen Glauben, wenn auch nicht einen Glauben an Gott. Als Physiker interessiere ihn das Unendliche, das auch Angst mache. In Anlehnung an den zuvor zitierten Text von Chiara Lubich habe er gelernt, auch das Schwierige zu lieben und Liebe führe ihn auch als Physiker zu neuem Verständnis – auch des Unendlichen.

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Ich fragte ihn einmal im Vertrauen, wie er reagieren würde, wenn ich aufhörte an Gott zu glauben. Seine Antwort hat mich überrascht: «Das täte mir Leid. Du würdest etwas von deiner Identität verlieren und das wäre ein Verlust für mich und unsere Beziehung.»

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Als Erläuterung mag dienen, was der italienische Architekt Moreno Orazi schildert:

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«Sie [Chiara Lubich] hat praktisch ein kleines Wunder vollbracht und uns Nicht-Glauben­de der Liebe Gottes teilhaftig gemacht. […] Gott antwortet nicht dem Einzel­nen, sondern der in der Liebe verbundenen Gemeinschaft, jenseits der Identität von Glaube und Kultur eines jeden. So spricht Gott zu allen […]. Um noch klarer zu sein: ich bin nicht gläubig und nehme als solcher an der Dialogerfahrung innerhalb der Fokolar-Bewegung teil. Da­bei kann ich etwas von der mystischen Erfahrung erah­nen, die Gläubigen widerfährt. Mehr noch: ich kann in gewisser Weise an ihrem Glau­bensleben teil­neh­men. Und um­ge­kehrt: die Gläubigen […] können die Tiefe meiner säkularen Weltsicht erfah­ren, meine Werte, meinen gesellschafts­bezogenen Ansatz. Das alles in höchstem wechsel­seitigen Respekt, ohne Proselytis­mus, ja sogar in der Wertschätzung der Unterschiede.»[16]

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Wir leben inmitten von Umbrüchen. Vor dem Horizont kenotisch gelebter Gemeinschaft ist selbst die Wasserscheide zwischen Theisten und Atheisten nicht mehr das, was sie einmal war.

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Dialog-Kontaminierung

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Wo hat die Er-Fahrung des Dialogs mit Atheisten mich persönlich hingeführt? Zum Ersten ist ein Dialog des Lebens, der das Denken einschließt, auf der eben geschilderten Basis in sich ein genuin religiöses Ereignis, unabhängig davon ob man religiöse oder säkulare Gespräche führt. Zum Zweiten – als Konsequenz daraus - hat dieser Dialog mich selber tiefer in die zentralen Inhalte meines Glaubens geführt. Ich bin nicht mehr derselbe wie zuvor. Ich würde mich als durch und durch säkularen Menschen, vielleicht sogar fast als Atheisten beschreiben, der täglich eineinhalb Stunden der expliziten Gottesbegegnung widmet und daraus sein Leben zu gestalten bemüht ist.

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Literatur

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Baier, Walter: Sich in der Welt verändern. In: Baier, Walter; Oberegelsbacher, Karin (Hrsg.): Dialog. Wien : Fokolar-Bewegung, 2009, S. 55-56

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Cacciari, Massimo: Ricordando Chiara. 2009. Videoaufzeichnung CSC, liegt am inter­nationalen Zentrum der Fokolar-Bewegung auf.

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Folonari, Eli: Testimonianza su Chiara Lubich e le sue «notti». In: Nuova Umanità (2010) Nr. 189, S. 361 – 375

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Lubich, Chiara: Der Schrei der Gottverlassenheit. Verlag Neue Stadt, 2001. - 978-3-87996-537-3

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Orazi, Moreno: Contaminazioni da dialogo. In: Città Nuova (2010) Nr. 6/2010, S. 72 - 73

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Tobler, Stefan: Jesu Gottverlassenheit als Heilsereignis in der Spiritualität Chiara Lubichs. Gruyter, 2003. - 978-3110177770

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Anmerkungen

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[1]           Baier 2009, S. 56

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[2]           Joh 17, 22f

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[3]           Mk 15,35

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[4]           1Kor 2,2

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[5]           Das italienische Wort ‚Sposo‘ kann sowohl als ‚Bräutigam‘ wie als ‚Gemahl‘ übersetzt werden.  In der normalen Diktion Chiara Lubichs ist eher die ‚Vermählung‘ als die ‚Verlobung‘ gemeint.

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[6]           Passendere Übersetzung statt heiter: «unbeschwert»

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[7]           In früheren Veröffentlichungen wurde das Wort ‚Hölle‘ weggelassen (vgl. Lubich 1995, S. 27)

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[8]           Lubich, Chiara zitiert in Tobler 2003, S. 116, in leicht divergierender Übersetzung auch in: Lubich 2001 (der Schrei), S. 51f  bzw. Lubich 1995, S. 27

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[9]           Tobler 2001, S. 267 zitiert Chiara Lubich

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[10]          Phil 2, 6-8

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[11]          Lubich 2001, S. 97

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[12]          Folonari 2010, S. 34f

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[13]          Folonari 2010, S. 35

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[14]          Cacciari in «ricordando Chiara»

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[15]          Ebd.

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[16]          Orazi 2010, S. 72 - 73

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