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Niederbacher Bruno: 24 Neue Adventsimpulse
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24 Neue Adventsimpulse

Autor:Niederbacher Bruno
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2022-11-25

Inhalt

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1.12. Auf der Suche nach dem weiten Meer

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Drei junge Fische schwammen vergnügt im Meer herum. Da sagte einer von ihnen: „Ich habe gehört, es gebe irgendwo da draußen das große, weite Meer. Ich sehne mich danach, es zu sehen. Aber wo ist es?“ Da beschlossen sie, das große, weite Meer suchen. Sie fragten den erfahrensten Fisch ihrer Gegend: „Kannst du uns sagen, wo wir das große, weite Meer finden?“ „Keine Ahnung“, sagte der. „Aber hinter den sieben Korallenriffen haust in einer Höhle ein uralter, urweiser Fisch. Wenn einer es weiß, dann er.“ Da machten sie sich auf die lange Reise. Nach vielen Tagen erreichten sie das letzte der sieben Korallenriffe, und tatsächlich: Vor einer Höhle meditierte der Alte. „Hey du, guter alter Fisch, kannst du uns sagen, wo wir das große, weite Meer finden?“ „Ihr dummen Fische!“, stöhnte der Alte: „In ihm lebt ihr, in ihm bewegt ihr euch, in ihm seid ihr.“ Das sagt uns auch die Hl. Schrift über Gott: „In ihm leben wir, in ihm bewegen wir uns, in ihm sind wir“. Wir brauchen keine Weltreise zu machen, um ihn zu finden. Schließen wir einfach die Augen, spüren wir den Atem, und werden wir uns bewusst: Gott ist da.

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2.12. Glaube

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Die Haltungen des Advents sind: Glaube, Hoffnung und Liebe. Was Glaube ist, lehrt mich der königliche Beamte von Kafarnaum (Joh 4,43-54). Es heißt: „Der Mann glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte, und machte sich auf den Weg.“ Er hat nur dieses Wort der Zusage Jesu. Er hat keinen Beweis. Ist es verlässlich? Er weiß es nicht. Und doch macht er sich mit diesem Wort auf den Weg. Die Bestätigung kommt erst, nachdem er sich auf den Weg gemacht hatte, während er unterwegs war.

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Bei Abraham ist es so, und bei Maria auch. Sie empfängt das Wort Gottes und macht sich damit auf den Weg. Und so ist es auch bei mir, bei uns. Ich habe ein Wort der Zusage Gottes empfangen: dass ich sein geliebtes Geschöpf bin, dass er für mein Heil Sorge trägt. Ich habe keinen Beweis. Ist das Wort verlässlich? Ich weiß es nicht. Trotzdem lasse ich mich darauf ein. Ich mache mich mit diesem Wort auf meinen Lebensweg. Er führt über Gipfel und Täler und sanfte Ebenen, durch Wälder, blühende Wiesen und Wüsten. Ich gehe bei Sonne, Regen und Schnee. Ich versuche durch dieses Wort mein Leben zu deuten, und durch mein Leben verstehe ich dieses Wort mehr und mehr. Es erschließt sich mir, wenn ich mich darauf einlasse. Und wie beim Beamten von Kafarnaum kommt die eine oder andere Bestätigung, während ich auf dem Wege bin: ein Trost, eine Freude, ein Vertrauen, eine Ahnung, dass mein Leben gelingt.

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3.12. Hoffnung

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Die Haltungen des Advents sind: Glaube, Hoffnung und Liebe. Schauen wir heute auf die Hoffnung. Der Advent ist voller Hoffnungsbilder. In der Wüste sprudeln Quellen. Der Lahme springt wie ein Hirsch. Die Zunge des Stummen jubelt. Das Kind spielt vor dem Schlupfloch der Natter. Frauen sind guter Hoffnung… Hoffnung richtet sich auf ein schwer erreichbares Gut, das zu erreichen für möglich gehalten wird: entweder durch eigenes Tun oder durch die Hilfe anderer. Hoffnung ist die Kraft für schwierige Vorhaben. Wer einmal bei sich selbst oder einem geliebten Menschen eine schwere Krankheit erlebt hat, weiß, was es heißt, Hoffnung zu schöpfen. Obwohl die Situation hart und der Schmerz groß ist – es wird erträglich, weil die gute Aussicht da ist: Ich werde es wahrscheinlich schaffen. Und dies besagt auch die christliche Hoffnung. Obwohl manches auf Erden schwer und voller Schmerzen ist – es ist erträglich, weil wir diese gute Aussicht haben, dass Gott uns entgegenkommt und wir mit seiner Hilfe das Heil erlangen.

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4.12. Liebe

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Die Haltungen des Advents sind: Glaube, Hoffnung und Liebe. Heute ein Wort zur Tugend der Liebe. Gemeint ist die Gottes- und Nächstenliebe. Ich merke, dass ich mich da leicht unter Druck setze: „Solltest du nicht besser sein? Streng dich an!“ Aber so wird der Frust nur größer. Ignatius von Loyola hat mir eine bessere Idee gezeigt: „Betrachte, wie sehr du beschenkt worden bist!“ Als ich diese Betrachtung „De amore“ machte, staunte ich, wie viele Menschen meinen Lebensweg säumten, mir ihre Liebe schenkten und sich um mich bemühten: Eltern, Paten, Kindergartentante, Lehrerinnen und Lehrer, Freunde, Mitbrüder…In ihnen allen müht sich und arbeitet für mich Gott, wünscht sich zu geben, so sehr er kann, sagt Ignatius. Als Mutterschoß des Erbarmens wird er im Benedictus besungen (Lk 1,78). Schaue ich darauf, stellt sich wie von selbst Liebe ein, und ich verstehe, wenn Thomas von Aquin Liebe definiert als eine Art Freundschaft zu Gott, die darauf beruht, dass Gott sich uns mitteilt. Und das feiern wir ja an Weihnachten.

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5.12. Die Ernte ist groß

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„Die Ernte ist groß“, sagt Jesus im Advent. Im Reich Gottes gedeiht es prächtig. Es reifen ständig Früchte heran. Auch im Garten deiner Seele. Siehst du sie nicht? Du neigst dazu, das Unkraut zu sehen, die Brennnessel und die Dornen, die Bitterkräuter und den Wermut. Aber sieh' doch das prächtige Gemüse und die köstlichen Früchte des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, die ständig bei dir reifen: einmal wagst du es, dein Leben in Gottes Hände zu legen; einmal erlebst du einen tiefen inneren Frieden; einmal kannst du jemandem verzeihen; einmal kommt dein Talent zum Zug; einmal verbreitest du Freude; einmal verschenkst du Zeit und Mittel ohne zu rechnen; einmal kannst du dich für jemanden hingeben, einmal erlebst du, wie du durch eine schwere Zeit getragen wirst. Die Ernte ist groß.

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6.12. Das Schiff

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Impuls: Der Advent ist voller wunderbarer Bilder. Ein Bild für den Advent Gottes, für sein Kommen zu uns, ist das Schiff. Dies wird besungen in einem der ältesten deutschen Adventslieder: „Es kommt ein Schiff geladen.“ Das mit Gottes Wort reich beladene Schiff kommt zu uns.

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  • Was bewegt es? „Das Segel ist die Liebe“, heißt es im Lied. „So sehr hat Gott die Welt geliebt“, sagt johannes (Joh 3,16). Die Liebe bewegt. Aus Liebe kommt er uns entgegen.
  • Womit kommt er? Das Schiff der Ankunft Gottes ist reichlich gefüllt. „Es trägt ein teure Last.“ „Trägt Gottes Sohn voll Gnade, des Vaters ewigs Wort.“ Dieses Wort ist die Zusage, dass er der Gott mit uns ist, dass wir an seinem göttlichen Leben teilhaben.
  • Ist dieses Wort widerrufbar? Nein. „Der Anker haft auf Erden.“ Gott ist treu. Auf sein Wort ist Verlass. Nichts und niemand kann uns Gottes Hand entreißen.
  • Wie kommt er zu uns? „Das Schiff geht still im Triebe.“ Er kommt nicht mit Lärm und Getöse, er kommt still, sanft und leise. Daher sagt der Psalm (37,7): „Sei still vor dem Herrn und warte auf ihn.“ So lasst uns diesem Schiff des Ankommens des Herrn in Stille entgegenwarten.
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7.12. Ich bin die Tür

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Im Advent wird von Türen und Toren gesungen, die verschlossen waren und sich auftun, und viele öffnen täglich ein Türchen am Adventskalender. Dies ist ein Bild für die Sehnsucht, dass eine Tür sich auftut: zu mir selbst, zu anderen, zu Gott. Seit vielen Jahren betrachte ich das Mosaik in unserer Hauskapelle. Erst vor einiger Zeit ist mir etwas aufgefallen: Jesus steht dort vor dem Eingang in das himmlische Jerusalem. Mit dem Kreuz in der Hand, einem offenen Herzen und einer einladenden Geste steht er da, als ob er sagen würde: „Komm!“ Dieses Bild hilft mir. Es sagt mir: Jesus ist jemand, zu dem ich immer kommen darf. Er ist die Tür (Joh 10,9). Eine Tür, die für mich da ist, die für mich aufgeht. Indem ich mich ihm anvertraue, indem ich meine Freuden und meine Sorgen vor ihm bringe, indem ich Menschen vor ihn trage, indem ich bei ihm verweile, öffnet sie sich. Dann bin ich nicht mehr draußen. Dann bin ich zu Hause. (Vgl. Wolfgang Borchert, Draußen vor der Tür, 34)

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8.12. Wasser aus dem Tempel

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Ein faszinierendes Bild: das Wasser aus dem Tempel (Ez 47). Wohin es fließt, ist Leben; da grünt es und blüht es; da ist es fruchtbar. Dieses Wasser macht auch das salzige Wasser gesund. Das Leben fühlt sich manchmal versalzen an: Trauer, Angst, Schicksalsschläge, Schuld und Tod… Ezechiel sagt mir heute: Dein Leben mit Gott ist wie ein Wasserstrom, in dem Gott sich je und je mitteilt. Lass diesen Strom im Gebet fließen! Er macht dein versalzenes Wasser gesund. Betrachte heute in deiner Meditation, wie dieses Wasser in dich hineinströmt, in jede Faser deiner Seele und deines Leibes, dich wäscht und erquickt.

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9.12. Üben, üben, üben

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Ein Kind fährt mit seinem neuen Roller den Weg entlang. Plötzlich verliert es das Gleichgewicht und fällt hin. Eine Staubwolke geht auf. Wie reagiert es? Schreit es auf und heult über sein Schicksal? Nein. Bekommt es einen Zornanfall und drischt auf den Roller ein? Nein. Gibt es sich dem Selbstmitleid hin und jammert: „Immer trifft es nur mich?“ Nein. All das macht das Kind nicht. Sondern es steht auf, klopft sich den Schmutz von den Kleidern, springt auf den Roller und ruft den Erwachsenen mit einem Lächeln zu: „Ich muss noch üben.“ (vgl. Willi Lambert, Aus Liebe zur Wirklichkeit). Das sagt auch der Advent: Habt Mut! „Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest!“ (Jes 35, 3) Ich lasse mich also von gelegentlichen Misserfolgen nicht allzu stark beeindrucken! Im Leben, bei der Arbeit, im Gebet… sage ich wie dieses Kind: „Ich muss noch üben.“ 

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10.12. Der frische Zweig

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Advent mit dem Propheten Jesaja. Er überrascht mit immer neuen Bildern: Bilder der Härte des Lebens – Bilder der Sehnsucht und der Hoffnung. Er spricht vom Baumstumpf, aus dem ein kleiner frischer Reis hervorsprosst (Jes 11,1). Dieses Bild ist uns vertraut von Liedern: „Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart“ und „Maria durch ein Dornwald ging.“ Der Baumstumpf, die Dornen, was abgestorben scheint, was wir schon aufgegeben haben, was nutzlos in der Landschaft unseres Lebens steht: der Advent wagt darüber ein Hoffnungslied zu singen. Ob wir es glauben können, dass die Begegnung mit dem erlösenden Gott gerade dort möglich wird, wo wir ihm unsere Bruchstückhaftigkeit, Ohnmacht und Armseligkeit hinhalten. Ob wir es glauben können, dass unser Scheitern das Einfallstor der Gnade wird? 

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11.12. Blätter im Wind

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Advent mit dem Propheten Jesaja. Er überrascht mit immer neuen Bildern: Bilder der Härte des Lebens – Bilder der Sehnsucht. Heute sagt er: Wie Laub sind wir alle verwelkt, unsere Schuld trägt uns fort wie der Wind (Jes 64,5). Blätter, die vom Baum gefallen sind, verwelkte Blätter, mit denen der Wind sein Spiel treibt. So mag man sich manchmal vorkommen. Dagegen steht das grüne Blatt, das fest mit dem Baum verbunden ist; wo der Saft der Gnade durch alle Venen fließt. Dass wir uns an Gott festhalten können; dass wir mit ihm in Verbindung bleiben können – das ist die Sehnsucht des Advents. 

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12.12. Adventliches Tun

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Bitten, suchen, anklopfen: das sind Tätigkeiten und Haltungen, die Jesus uns empfiehlt (Mt 7,8). Es sind auch seine Haltungen:

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  • Bitten: Im Hebräerbrief heißt es: „Als er auf Erden lebte hat er mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod retten konnte, und er ist erhört und aus seiner Angst befreit worden.“ (Hebr 5, 7)
  • Suchen: Viele Gleichnisse zeigen, dass Jesus sucht (Mt 18,11-13). Er macht sich auf die Suche nach den Verlorenen, nach uns.
  • Anklopfen: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und mir öffnet, bei dem werde ich eintreten…“ (Off 3, 20)
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Das sind demütige Haltungen, keine herrischen Haltungen. Ein Herr bittet nicht, er befiehlt. Ein Herr sucht nicht, er lässt andere suchen oder bestellt Neues. Ein Herr klopft nicht an, sondern tritt einfach ein. Jesu Haltungen sind demütige Haltungen. Sie respektieren immer die Freiheit des anderen. Mit diesen Haltungen schickt uns Jesus auf den Weg zu den Menschen und zu Gott.

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13.12. Gnadenzeit

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„Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade“ (2 Kor 6,2), hören wir im Advent. Gnadenzeit: Man denkt an Glück, Gesundheit, Strahlen und Lachen. Aber wenn der hl. Paulus diese Zeile schreibt, zählt er auch Düsteres auf: Bedrängnis, Not, Angst, Schläge… Dies ist ein Adventimpuls für mich:

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  • Am Morgen beim Aufstehen möchte ich sagen: Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.
  • Wenn ich zur Arbeit gehe, möchte ich sagen: Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.
  • Wenn mir etwas gelingt, möchte ich sagen: Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.
  • Wenn ich zweifle und nicht weiterweiß, möchte ich sagen: Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.
  • Wenn das Gewissen mich anklagt, möchte ich sagen: Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.
  • Wenn ich jemanden sehe, der mich beleidigt hat, möchte ich sagen: Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.
  • Wenn ich Angst habe, wenn die Trauer kommt, wenn ich nicht schlafen kann, möchte ich sagen: Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.
  • Wenn eine Krankheit mich niederstreckt, möchte ich sagen: Jetzt ist die da, die Zeit der Gnade.
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Alles könnte zur Gnadenzeit werden, zu einer Zeit, in der ich mich Gott ganz überlasse.

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14.12. Das Licht

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Der Advent ist voller wunderbarer Bilder. Eines dieser Bilder ist das Licht. Je kürzer die Tage werden, je mehr die Finsternis sich ausbreitet, desto mehr Lichter zünden wir an. Am Adventskranz werden es immer mehr, und am Ende steht der Christbaum voller Lichter. Der Ersehnte ist wie ein Licht in der Nacht. Möge keine Nacht so finster sein, dass Christus nicht zumindest einen Funken Hoffnung in sie hineinbringen kann. Sein Licht ist kein blendendes Licht, kein aufdringliches Licht. Es ist mildes Licht, zu dem John Henry Newman betet: „Führ, mildes Licht, inmitten Dunkelheit, führ du mich an. Die Nacht ist finster und die Heimat weit; führ du mich an! Hab Acht auf meinen Fuß! Was ferne liegt, verlang ich nicht zu sehn. Ein Schritt genügt.“

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15.12. Warten

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Die Psalmen atmen Themen des Advents: „Mehr als die Wache auf den Morgen warte ich auf dich.“ So steht es im Psalm 130,6. In Wachheit warten zu können, das ist das Um und Auf beim stillen Beten. Denn es tauchen unangenehme Stimmungen und Gedanken auf: bald denke ich an einen Menschen, der mich enttäuscht hat, bald an einen, der mir auf die Nerven geht, bald fühle ich mich einsam, bald unzufrieden mit mir, bald taucht Trauer über den Tod eines geliebten Menschen auf… Dann neige ich dazu, schnell mit dem Beten aufzuhören. „So bringt es eh nichts“, denke ich. Aber die Lektion, die ich gelernt habe, lautet: In Wachheit weiter warten, sich diese Gedanken und Gefühle geschehen lassen, sie wieder loslassen und weiterwarten. Und ich merke: Im Warten kommt die Seele nach. Im Warten komme ich langsam zu mir. Und in dem Maß, wie ich zu mir komme, komme ich auch bei Gott an. „Mehr als die Wache auf den Morgen warte ich auf dich.“

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16.12. Überschatten

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„Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ (Lk 1,35) Das Wort „überschatten“ oder „den Schatten auf etwas werfen“ hat bei uns oft eine düstere Bedeutung: Ereignisse werden von Unfällen überschattet; etwas wirft seinen Schatten voraus. In der Sprache der Bibel ist es jedoch nicht so. Da ist der Schatten etwas Willkommenes. „Im Schatten deiner Flügel finde ich Zuflucht.“ (Ps 57,2) Man denke an einen heißen Sommertag, die Sonne brennt vom Himmel. Da kommt eine Wolke und wirft ihren Schatten auf mich. Was für eine Wohltat! Man kann den Schatten spüren, es ist vielleicht die zarteste Berührung, die man erfahren kann. Und genau so wird Gottes Kommen zu Maria beschrieben: wie die Berührung eines Schattens. Der Höchste, der Größte, der Stärkste berührt auf die sanftestmögliche Weise. Das ist Gott. Was grob ist, was sich aufdrängt, was Angst macht, ist nicht von Gott. Entsprechend empfiehlt Ignatius von Loyola, die inneren Regungen und Geister zu unterscheiden. Und er empfiehlt in den Exerzitien, besonders auf Weihnachten hin: Wir sollen versuchen, die unendliche Sanftheit der Gottheit zu schmecken (Ignatius, Geistliche Übungen 124).

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17.12. Nicht kraftlos

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Da habe ich gerade gelesen: „Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ (Lk 1,37) Als Philosoph schluckt man und denkt: Kann das stimmen? Gibt es nichts, das für Gott unmöglich wäre? Könnte er einen dreieckigen Kreis schaffen oder den zweiten Weltkrieg ungeschehen machen? Die meisten werden sagen: Nein, das kann auch Gott nicht, weil es unmöglich ist. Dann habe ich mir den griechischen Text angeschaut. Und was steht da? Es steht eigentlich etwas anderes da: „Nicht kraftlos ist jedes Wort, das von Gott kommt.“ Gottes Wort ist nicht unvermögend, nicht kraftlos. Wie der Herr bei Jesaja sagt: das Wort, „das meinen Mund verlässt, kehrt nicht leer zu mir zurück, ohne zu bewirken, was ich will, und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe.“ (Jes 55,11) Gottes Wort geht auf. Es ist wie ein Samenkorn, das seine Kraft voll entfaltet. Wie entfaltet es seine Kraft in uns? Schon vorausblickend auf das Kind in der Krippe würde ich sagen: Indem wir mit ihm umgehen wie mit einem kleinen Kind. Ein kleines Kind braucht viel Aufmerksamkeit, es will behutsam in die Arme genommen und geherzt werden. Wenn wir mit Gottes Wort so umgehen, wird es auch in uns seine Kraft zur vollen Entfaltung bringen.

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18.12. Was wäre, wenn…

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Maria ist eine Gestalt des Advents. Aber auch der Mann, den sie liebt, Josef, auch er ist ein adventlicher Mensch. Denn wie wir hörten: Er ist nicht der Mann fürs Grobe. Nein! Er ist fürs Sanfte, fürs Leise. Im Stillen überlegt er und wagt zu träumen (Mt 1,19):

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  • Was wäre, wenn ich Maria nicht die Szene machte…
  • Was wäre, wenn ich mich nicht heimlich von ihr trennte…
  • Was wäre, wenn ich sie jetzt nicht im Stich ließe, sondern einfach bei ihr bliebe und ihr beistünde…
  • Was wäre, wenn…
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Das ist auch ein Wink für mich: nicht dem ersten Impuls zu folgen, sondern abzuwarten, im Stillen zu überlegen, zu träumen: Was wäre, wenn… 

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19.12. Beeilen wir uns

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Maria eilte zu ihrer Kusine Elisabeth (Lk 1,39). Manchmal ist es richtig, langsam zu sein, zu warten, zu verweilen. Manchmal hingegen ist es richtig, sich zu beeilen. Der polnische Dichter Jan Twardowski schreibt einmal: „Beeilen wir uns die Menschen zu lieben, sie gehen so schnell… Sei nicht sicher, dass du Zeit hast.“ Das möchte ich mir besonders vornehmen: Meine Liebe und Wertschätzung Menschen gegenüber jetzt schon auszudrücken, solange sie noch unter uns leben.

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20.12. „Macht euch bereit zu der Hochzeit!“

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So heißt es in dem adventlichen Lied „Wachet auf!“ Eines von Jesu Lieblingsbildern für das Reich Gottes ist die Hochzeit. Warum die Hochzeit? „Hochzeit“ steht für die Erfahrung, geliebt zu werden und zu lieben. Im Reich Gottes zu sein heißt letztlich: Sich von Gott unbedingt geliebt glauben. Der Therapeut Bernd Deininger sagte: „Wir können Gott vertrauen, weil er uns nicht mit Liebesentzug droht.“ Mit diesem Glauben bin ich unterwegs.

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21.12. „Ihr müsset ihm entgegengeh’n.“

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So heißt es in dem adventlichen Lied „Wachet auf!“ Ja, ich gehe Gott entgegen, ich suche ihn. Ich bin auf dem Weg. Mir dies einzugestehen entkrampft. Ich bin noch nicht fertig. Ich muss nicht alles verstehen. Ich muss nicht vollkommen sein. Ich bin unterwegs. Eines der Lieder der US-amerikanischen Rockband Bon Jovi heißt „Livin‘ on a prayer.“ Sie singen: „Wir sind auf halbem Wege dort, nimm meine Hand, ich schwöre, wir schaffen es, Leben auf der Grundlage eines Gebets.“ „Livin‘ on a prayer.“ Ich gehe Gott entgegen im Glauben, dass ich schon auf halbem Wege dort bin und Gott mir entgegenkommt. „Er kommt, kommt, immer kommt er.“ (Rabindranath Tagore)

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22.12. Die Geste der Einladung

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Der Schriftsteller Reinhold Schneider erzählt (Tröstliche Kindheit, in: Das Erbe im Feuer, 1946) von einer Erinnerung aus dem Weihnachtszimmer seiner Kindheit, die ihm den tiefsten Sinn des Festes erschloss. Am Heiligen Abend stand sein Vater im festlichen Anzug in der Tür des Eckzimmers, in dem die Bescherung stattfand, und lud dazu ein einzutreten. Dabei war sein Gesicht „ganz von Liebe umleuchtet“. Seine fürsorgliche Güte sagte sich wortlos aus zwischen den geöffneten Türen. „Mein Vater“, so schreibt Schneider, „hatte nur dieses Wort seines Wesens: einzuladen in die Freude, die seine treue Arbeit bereitete“. Das sei ein Bild des Göttlichen gewesen. Einmal im Jahr hat der Vater unmittelbar die Liebe mitgeteilt, die Gott in diese furchtbare Welt getragen hat. Advent ist der Weg zu dieser Tür, an welcher wir eingeladen werden, an der Freude und Gemeinschaft Gottes des Vaters mit dem Sohn im Heiligen Geist teilzuhaben. Wie Jonathan Edwards sagte: „We are invited to a level of intimacy with God – to join the charmed circle of the Trinity itself“ (aus: Alvon Plantinga, Supralapsarinaism, or ‘O felix culpa’).

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23. 12. Das kleine Kind und der große Gott

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Der Advent führt zum Kind in der Krippe. Warum zum Kind? Kann uns ein kleines Kind etwas über den großen Gott beibringen? Für mich sind es drei Dinge:

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  • Kinder sind in der Regel willkommen. Ihre Geburt macht Freude. Zacharias bricht in Jubel über seinen johannes aus. Und bei Jesu Geburt verkünden Engel eine große Freude. Das lehrt mich das kleine Kind über den großen Gott: Gott macht Freude. Seine Gegenwart verbreitet nicht Angst oder Schrecken, sondern Freude.
  • Kinder lösen bei uns spontan Sympathie und Liebe aus. Wir müssen sie einfach gerne haben. Das lehrt mich das kleine Kind über den großen Gott: Von Gott geht Faszination aus. Er treibt uns nicht mit Drohungen an, sondern zieht uns an wie ein Geliebtes den Liebenden.
  • Neugeborene Kinder sind extrem zart und zerbrechlich. Man muss sie sehr behutsam in die Arme nehmen, und sie brauchen unsere ganze Aufmerksamkeit und Zuwendung. Auch dies lehrt mich das kleine Kind über den großen Gott: Er zeigt sich, wenn wir uns ihm mit ungeteilter Aufmerksamkeit zuwenden, mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzer Kraft.
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24. 12. Das Fenster

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Am 24. Dezember öffnen wir das letzte Fenster des Adventskalenders. Als Kinder wussten wir schon, welches Bild sich dahinter verbarg, und doch waren wir glücklich, es endlich zu sehen: das Bild von Maria und Josef und dem Christkind. Für mich ist dies ein Gleichnis. Advent heißt: Wachsam warten. Und ab und zu öffnet sich das Fenster der Heiligen Nacht, und wir bekommen eine Ahnung davon, wie es ist, dem lieben Gott ins Fenster zu schauen. Milan Kundera (Die Langsamkeit, 7) schreibt: „Wer dem lieben Gott ins Fenster schaut, langweilt sich nicht. Er ist glücklich.“

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