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Räte für <strong>social</strong>-Media-Plattformen – Universität Innsbruck
Soziale Medien

Braucht jede Plattform und jedes Land einen eigenen Rat? Das finden die Wissenschaftler:innen weniger sinnvoll. Ihre Ergebnisse sprechen für eine übergreifende Kommission, die sich auf die Gewährleistung der Menschenrechte im Internet konzentriert. 

Räte für social-Media-Platt­for­men

Ein Forschungsteam um Matthias Kettemann veröffentlichte politische Handlungsempfehlungen für die Umsetzung von unabhängigen Gremien zur Kontrolle von social-Media-Plattformen. Es hat ein Jahr lang untersucht, wie demokratische Werte und die Menschenrechte im digitalen Raum geschützt werden können.

Die Wissenschaftler:innen schlagen sogenannte Plattformräte (eng: social Media Council/SMC) als sinnvolles Beratungsinstrument für private Plattformunternehmen vor. Sie können die Interessen von Bürger:innen, Industrie und Politik bei wichtigen Entscheidungsfragen in Punkten wie Diskriminierung, Meinungsfreiheit oder Desinformation vertreten. Das Forschungsprojekt Plattform://Demokratie wird von der Stiftung Mercator gefördert und vom Institut für Theorie und Zukunft des Rechts der Universität Innsbruck, dem Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI), und dem Alexander von Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) durchgeführt.

Für Professor Wolfgang Schulz, Medienrechtsexperte und Forschungsdirektor am HIIG und HBI, steht fest: „Soziale Medienplattformen wie Facebook, TikTok oder Twitter haben private und mächtige Kommunikationsordnungen geschaffen. Mit eigenen Nutzungsbedingungen und algorithmischen Moderationspraktiken kontrollieren sie, was auf ihnen gesagt werden darf und was nicht.“ Schulz zufolge wird dabei nicht danach gefragt, „wer bei diesen Entscheidungen die Interessen der Plattformnutzer:innen und die der breiten Öffentlichkeit vertritt.“

Aus diesem Grund haben 35 Forschende aus sechs Kontinenten in dem von der Stiftung Mercator geförderten Forschungsprojekt untersucht, welche Modelle der Rückbindung von privaten Ordnungen an gesellschaftliche, ethische und moralische Werte weltweit schon existieren. Dafür sichteten sie verschiedene Beratungsgremien wie Medien-, KI- und Fernsehräte in Afrika, Asien, Australien, Europa und den amerikanischen Kontinenten. Anschließend analysierten sie, wie diese die Öffentlichkeit gegenüber privaten Akteuren in Bereichen wie Medienordnung, Internet, Jugendschutz und Schule vertreten. „Es gibt bisher kein Patentrezept, um die Demokratie im digitalen Zeitalter zu sichern“, sagt Professor Matthias C. Kettemann, „ja nicht einmal ein geteiltes Bewusstsein darüber, was das Problem ist”. Für den Leiter des Forschungsprojektes hat die Untersuchung hier wichtige Erkenntnisse geliefert: „Unsere regionalen Studien konnten zeigen, dass weltweit Modelle gesellschaftlicher Rückbindung funktionieren. Es gibt also ein echtes Bedürfnis dafür, mächtige Kommunikationsakteure – wie Plattformen – dabei zu beraten und zu kontrollieren, wie sie Regeln setzen und diese algorithmisch durchsetzen.“ Kettemann fasst zusammen: „Plattformräte sind ein tragfähiges Instrument, um die großen sozialen Medien in wichtigen gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen zu beraten.“

Die Ergebnisse der Untersuchung kommen zu einer Zeit, in der auch die deutsche Bundesregierung diese Idee voranbringen möchte. In ihrem Koalitionsvertrag findet sich das Ziel, Plattformräte als Gremien weiterzudenken, die sich staatliche Verteter:innen, Expert:innen und ausgewählten zivilgesellschaftlichen Akteur:innen zusammensetzen sollen. „Kompromisse im Design der Räte müssen dabei aber sorgfältig abgewogen werden“, betont Projektmitarbeiterin Josefa Francke. „Sie müssen fair und inklusiv besetzt sein und man muss sicherstellen, dass ihre Mitglieder Zugang zu ausreichendem Fachwissen haben.“

Braucht jede Plattform und jedes Land einen eigenen Rat? Das finden die Wissenschaftler:innen weniger sinnvoll. Ihre Ergebnisse sprechen für eine übergreifende Kommission, die sich auf die Gewährleistung der Menschenrechte im Internet konzentriert.  Sie könnte – nach dem Vorbild der Venedig-Kommission des Europarats – das Fachwissen in diesem Themenfeld bereitstellen. Besonders, so Professor Wolfgang Schulz, „wenn es um Entscheidungen geht, die Plattformen und die öffentlichen Interessen in besonderer Weise berühren“. Zum Beispiel die Frage, wie Personen des politischen Lebens, wie Donald Trump, behandelt werden sollten. Oder ob und wie Plattformen mit bestimmten Medieninhalte am besten umgehen. Müssen sie etwa ihre Empfehlungssysteme auf Vielfalt ausrichten? Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sind wegweisend für kommende Testfälle in der Politik, sowohl in Europa als auch global.

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